Überschreitung Sichelchamm - Schiffberg - Gamsberg
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Heute besuche ich meine letzten Gipfel in der Alviergruppe. Das unbestrittene Wahrzeichen, den Gamsberg, habe ich dabei bewusst bis zum Schluss aufgehoben. Hier darf sich der verwöhnte Alpinwanderer nach Belieben austoben: Nordflanke, Ostgrat, Westkamin, Fauler Gang, Goldloch oder gar Zürcher Couloir - der Fantasie und den Schwierigkeiten sind kaum Grenzen gesetzt. Und das Programm lässt sich beliebig nach Osten oder Westen ausweiten. Selber entscheide ich mich für den Zustieg via Gulms, sprich die vorgängige Überschreitung von Sichelchamm und Schiffberg. Oh mein Gott, diese rassige Gratwanderung hätte dem Gamsberg beinahe noch die Show gestohlen...
Um 8:30 geht's los vom grossen Parkplatz oberhalb des Voralpsees (1123m), bei dem ich noch kurz vorbei schaue (wäre nicht nötig, aber da ich schon mal hier bin). Es herrscht Ruhe vor dem Sturm an diesem prächtigen Auffahrtstag. Auf meiner Route hingegen werde ich während Stunden keiner Menschenseele begegnen. Zuerst heisst es auf guten, etwas matschigen Wegen ein paar Höhenmeter über die Alp Naus vernichten, bis auf Gulms (1837m) die Stöcke in den Rucksack wandern. Nun kann das Feuerwerk beginnen: bis zum Gamsbergsattel werde ich mich praktisch ohne Unterbruch im T5/6-Bereich bewegen. Der luftige Einstieg in die Hundsegg-Route ist mit verblassten blauen Punkten markiert und befindet sich wenige Meter rechts der Kante. Anschliessend ist die Routenfindung offensichtlich und häufig sind mehrere Linien möglich. Kraxelgelände im Wechsel mit leichter Kletterei (max. II, meist T5). Den knackigen Aufschwung zur Hundsegg (P. 2141) könnte ein starker Kletterei direkt angehen (III+?, zwei Haken). Die Normalroute führt aber links (nördlich) rum. Ich passe nicht auf und hole mir in der Randkluft beim Altschneefeld prompt die ersten Kratzer. Aber kaum eine T6-Tour, von der ich unversehrt nach Hause komme... Ihr hättet meine Arme nach dem Hochhus sehen sollen... Auf dem Sichelchamm (2269m) muss ich kurz pausieren, der Tempolauf von vorgestern steckt mir immer noch in den Knochen. Gemäss Gipfelbuch standen heute bereits zwei Gruppen oben; der (lohnende) Südgrat ist auch fast schon zur Modetour geworden.
Der Abstieg in die Schifflochlücken wird dagegen eher selten gemacht. Er ist deutlich weniger schön und heikler als die Hundsegg. Das (Gras-)Gelände ist sehr steil und schlecht gestuft, gehobene T6, bei Nässe Finger weg. Wobei, im Aufstieg hätte ich hierüber wohl nicht viele Gedanken verloren. Kurz vor der westlichen Lücke liegt noch ein mühsames Schneefeld, das nur mit Pickel zu überwinden ist. Die Steigeisen bleiben dagegen den ganzen Tag unbenutzt - und das am 21. Mai... tsssss. Aber natürlich wusste ich aufgrund meiner Tour auf Förenchopf & Co. drei Tage zuvor um die guten (aperen) Verhältnisse im Gebiet. Das ist unter normalen Umständen keine Tour für die Nebensaison. Der Weiterweg in die östliche Schifflochlücke und hoch zum Schiffberg (2195m) entpuppt sich dann als regelrechtes Sahnehäubchen. Aus der Distanz erscheint die Westflanke als senkrechte Wand. Ja, der Grashang ist wiederum sehr steil (T6), aber so gut gestuft, dass ich fast schon hochrenne.
Im "Sterenbergsattel" deponiere ich mein Gepäck und schaue kurz auf dem höchsten Punkt der Wissen Frauen (2110m) vorbei. Man möge mir verzeihen, dass ich nicht alle Köpfe bis P. 1940 überschritten habe - aber selbst ein Gipfelsammler wie ich hat (mentale) Grenzen. Zurück im Sattel geht's an die Querung der Gamsberg SE-Wand entlang bis zum Westkamin - danke
ossi für die Inspiration. Dank Wildspuren geht das im ohnehin nur mässig geneigten Gelände ganz angenehm. Der Einstieg ist übrigens nicht zu verfehlen und kann vom Sichelchamm bestens eingesehen werden (Topo). Im Kamin darf / muss dann wieder richtig ins Gras gebissen werden - T6 in ihrer reinsten und schönsten Form. Oben kurz vor dem Ausstieg wird gar an der T6+ gekratzt. Trailrunning Schuhe mögen auf Hikr und generell (auch bei mir) in Mode sein, hier wären sie fehl am Platz: maximales Profil, maximale Sohle bitte! Und dann steht man in der gigantischen SE-Flanke vom Gamsberg und hat die Wahl zwischen Tausenden von Linien - herrlich! Die Schwierigkeiten sind recht homogen, homogen hoch: selbst bei idealer Routenwahl dürfte man die T6 bis zum Gipfelgrat kaum verlassen. Die letzter Meter in luftigem Gehgelände über den Grat zum Hauptgipfel vom Gamsberg (2385m). Erster Mai-Eintrag im Buch überhaupt, untrügliches Zeichen für einen lausigen Winter und fantastischen Frühling in dieser Gegend. Die nächsten 90 Minuten wird ausgiebig verpflegt, genossen, sinniert und gelesen.
Für den Abstieg wähle ich nicht die Normalroute durch den Ostkamin ("Doppelgleis"), sondern deren Variante über den Ostgrat. Der Clubführer bezeichnet sie zu unrecht als "ausgesetzt" und "extrem brüchig". Das ist masslos übertrieben. Natürlich, ein Grat ist luftig, aber weder ist er messerscharf, noch fliegt einem alles um die Ohren. Tatsache ist, dass kaum geklettert werden muss und ich alles vorwärts abgestiegen bin (T5+/II-). Zumindest für den Aufstieg möchte ich diese Variante jedem trittsicheren Alpinwanderer ans Herz legen. Und dann, im "Gamsbergsattel", findet die rassige Überschreitung ein Ende. Dank Altschnee kann ich fast bis Ober Länggli (1774m) bequem abrutschen. Die wenigen Meter Gegenanstieg zum Schlösslichopf lohnen sich alleweil, hier rum ist angenehmer und auch schneller als über Unter Länggli. Zurück beim Parkplatz dann das böse Erwachen mit Motorenlärm und Kindergebrüll (bitte keine unnötigen PM, auch mein Kind weiss, wie man brüllt...).
Zeiten (kum)
1:30 Gulms
2:30 Sichelchamm
3:10 Schiffberg
3:35 Wissi Frauen (retour)
4:30 Gamsberg
5:55 Voralp
Um 8:30 geht's los vom grossen Parkplatz oberhalb des Voralpsees (1123m), bei dem ich noch kurz vorbei schaue (wäre nicht nötig, aber da ich schon mal hier bin). Es herrscht Ruhe vor dem Sturm an diesem prächtigen Auffahrtstag. Auf meiner Route hingegen werde ich während Stunden keiner Menschenseele begegnen. Zuerst heisst es auf guten, etwas matschigen Wegen ein paar Höhenmeter über die Alp Naus vernichten, bis auf Gulms (1837m) die Stöcke in den Rucksack wandern. Nun kann das Feuerwerk beginnen: bis zum Gamsbergsattel werde ich mich praktisch ohne Unterbruch im T5/6-Bereich bewegen. Der luftige Einstieg in die Hundsegg-Route ist mit verblassten blauen Punkten markiert und befindet sich wenige Meter rechts der Kante. Anschliessend ist die Routenfindung offensichtlich und häufig sind mehrere Linien möglich. Kraxelgelände im Wechsel mit leichter Kletterei (max. II, meist T5). Den knackigen Aufschwung zur Hundsegg (P. 2141) könnte ein starker Kletterei direkt angehen (III+?, zwei Haken). Die Normalroute führt aber links (nördlich) rum. Ich passe nicht auf und hole mir in der Randkluft beim Altschneefeld prompt die ersten Kratzer. Aber kaum eine T6-Tour, von der ich unversehrt nach Hause komme... Ihr hättet meine Arme nach dem Hochhus sehen sollen... Auf dem Sichelchamm (2269m) muss ich kurz pausieren, der Tempolauf von vorgestern steckt mir immer noch in den Knochen. Gemäss Gipfelbuch standen heute bereits zwei Gruppen oben; der (lohnende) Südgrat ist auch fast schon zur Modetour geworden.
Der Abstieg in die Schifflochlücken wird dagegen eher selten gemacht. Er ist deutlich weniger schön und heikler als die Hundsegg. Das (Gras-)Gelände ist sehr steil und schlecht gestuft, gehobene T6, bei Nässe Finger weg. Wobei, im Aufstieg hätte ich hierüber wohl nicht viele Gedanken verloren. Kurz vor der westlichen Lücke liegt noch ein mühsames Schneefeld, das nur mit Pickel zu überwinden ist. Die Steigeisen bleiben dagegen den ganzen Tag unbenutzt - und das am 21. Mai... tsssss. Aber natürlich wusste ich aufgrund meiner Tour auf Förenchopf & Co. drei Tage zuvor um die guten (aperen) Verhältnisse im Gebiet. Das ist unter normalen Umständen keine Tour für die Nebensaison. Der Weiterweg in die östliche Schifflochlücke und hoch zum Schiffberg (2195m) entpuppt sich dann als regelrechtes Sahnehäubchen. Aus der Distanz erscheint die Westflanke als senkrechte Wand. Ja, der Grashang ist wiederum sehr steil (T6), aber so gut gestuft, dass ich fast schon hochrenne.
Im "Sterenbergsattel" deponiere ich mein Gepäck und schaue kurz auf dem höchsten Punkt der Wissen Frauen (2110m) vorbei. Man möge mir verzeihen, dass ich nicht alle Köpfe bis P. 1940 überschritten habe - aber selbst ein Gipfelsammler wie ich hat (mentale) Grenzen. Zurück im Sattel geht's an die Querung der Gamsberg SE-Wand entlang bis zum Westkamin - danke

Für den Abstieg wähle ich nicht die Normalroute durch den Ostkamin ("Doppelgleis"), sondern deren Variante über den Ostgrat. Der Clubführer bezeichnet sie zu unrecht als "ausgesetzt" und "extrem brüchig". Das ist masslos übertrieben. Natürlich, ein Grat ist luftig, aber weder ist er messerscharf, noch fliegt einem alles um die Ohren. Tatsache ist, dass kaum geklettert werden muss und ich alles vorwärts abgestiegen bin (T5+/II-). Zumindest für den Aufstieg möchte ich diese Variante jedem trittsicheren Alpinwanderer ans Herz legen. Und dann, im "Gamsbergsattel", findet die rassige Überschreitung ein Ende. Dank Altschnee kann ich fast bis Ober Länggli (1774m) bequem abrutschen. Die wenigen Meter Gegenanstieg zum Schlösslichopf lohnen sich alleweil, hier rum ist angenehmer und auch schneller als über Unter Länggli. Zurück beim Parkplatz dann das böse Erwachen mit Motorenlärm und Kindergebrüll (bitte keine unnötigen PM, auch mein Kind weiss, wie man brüllt...).
Zeiten (kum)
1:30 Gulms
2:30 Sichelchamm
3:10 Schiffberg
3:35 Wissi Frauen (retour)
4:30 Gamsberg
5:55 Voralp
Tourengänger:
Bergamotte

Communities: T6
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Kommentare (8)