Alviergrat von Sargans nach Walenstadt


Publiziert von flexa , 5. August 2020 um 01:08.

Region: Welt » Schweiz » St.Gallen
Tour Datum:12 Juli 2020
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Alvier Gruppe   CH-SG   Churfirsten 
Zeitbedarf: 1 Tage 5:15
Aufstieg: 6682 m
Abstieg: 6742 m
Strecke:44.58 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:SBB Sargans
Zufahrt zum Ankunftspunkt:SBB Walenstadt

Ziel der Tour:

Begehung des Alviergrates von Sargans und Gonzen bis Nideri und Walenstadt. Der Alviergrat beschreibt zusammen mit den Churfirsten einen grossen Bogen über den Walensee und das Seeztal. Während man die Churfirsten alle über Wanderwege erreichen kann, gibt es auf dem Alviergrat immer wieder Kletterpassagen. Ausserdem stellt auch die Orientierung eine Herausforderung dar, obwohl der Weg meist den Grat entlang führt und gut dokumentiert ist.

Es gibt für die lange Tour und die Einzelabschnitte viele detaillierte und inspirierende Berichte, meist in Gegenrichtung aber dennoch gut für die Vorbereitung geeignet. Insbesondere gibt es bei diesem Bericht neben der Beschreibung der Etappen auch sehr hilfreiche Skizzen.


Wegbeschreibung:

Nach Anreise mit dem letzten Zug des Tages beginnt die Tour am Sonntagmorgen 1:24 in Sargans. Vorbei am Schloss und dem Bergwerk geht es über den Wanderweg hinauf Richtung Gonzen. Kurz vor der Gonzenleiter ist der Wanderweg etwas verschüttet und muss vorsichtig überquert werden. Die Leiter selbst stellt kein Problem dar, allerdings lässt sich der folgende Wanderweg durch den dunklen Wald nicht gleich finden. Auf dem Älpli muss man sich auf der zertrampelten Wiese zwischen den schlafenden Kühen hindurch manövrieren.

Über die Rieterhütten geht es hinauf zum Gonzen, der in der ersten Dämmerung erreicht wird. Auf dem Rückweg fülle ich in der scharfen Kurve kurz vor P.1520 unterhalb der Alp Riet Wasser auf und folge dem Wanderweg hinab Richtung Lauzboden und Vormsweg. Am tiefsten Punkt bei etwa 1400m führt Weg durch hohes Gras, Schuhe und Hose sind schnell vom Morgentau durchnässt.

Oben zweige ich nach links ab und steige die schönen Wiesen der Flidaböden hinauf. Gegen Ende orientiert man sich links an einer Steinmauer, um dann über den Rücken entlang der Kante auf die Girenspitz aufzusteigen. Im Abstieg folge ich dem Weg auf der Nordseite der Girenspitz und steige nach der Senke durch die Felsen rechtshaltend Richtung Gauschla (erst der schwarze, dann der rote Weg hier im Bild). Am Ende des Aufstiegs komme ich durch die Wolkendecke, über grüne Schafweiden geht es weiter zum Gipfel.

Auf der Gauschla wie auf den anderen Gipfeln der Tour kann man einen grossen Teil des Alviergrats überblicken, der von dort wie eine gemütliche Wiesenwanderung ausschaut, sich in den Abstiegen und Furrgeln aber felsig, schroff und teilweise heikel zeigt.

Über die westliche Gratflanke nach der Gauschla kommt man von links in die Scharte mit dem Klemmblock und dann rechts hoch auf die Abgelöste Gauschla. Nach dem Abstieg durch die felsige Rinne folge ich dem Grat bis zum Ende bei P.2229 und erreiche über die sonnigen Platten den Wanderweg zum Alvier.

Nach dem Alvier bleibe ich zum Chli Alvier und danach direkt an der Kante, muss diese aber etwa 100m nördlich des Chli Alviers verlassen und über Platten absteigen. Die Platten waren schön trocken und die Reibung der Schuhe ausreichend. Ich bin immer an den Stufen lang um was zum Festhalten zu haben. Bei Nässe sollte man vorher absteigen.

Durch die Senke geht es auf dem schmalen Grat, oben etwas rechts haltend hinauf zum Chrummenstein. Nach dem Doppelgipfel muss ich etwas suchen um die richtige Stelle für den Abstieg zu finden. Neugierige Ziegen begleiten mich zu einer Rinne (etwa 60m östlich entfernt vom Grat, oberer Einstieg bei 47.118164, 9.405355), die nach unten steiler wird und in einen Spreizkamin mündet. Eine ähnliche Rinne wartet nach der Malunfurggel gleich gegenüber beim Aufstieg zum Gärtliegg. Danach geht es unkompliziert zum Gärtlichopf und Gross Fulfirst. Man kann die ganze Zeit am Grat bleiben, nur kurz vor dem Gross Fulfirst muss man einen Felsen rechts umgehen. Danach steige ich aus Versehen den falschen Grat ab (nach Nordosten Richtung Glännlichchopf), erst nach 300m kehre ich um und quere zum Chli Fulfirst.

Für den Abstieg vom Chli Fulfirst (im Aufstieg hier und hier beschrieben und skizziert) lasse ich mir Zeit, zumal es etwas bewölkt ist und die Rinne nicht bis unten einsehbar ist. Ausserdem ist es noch früh genug, notfalls wieder aufzusteigen und eine nördliche Umgehung über das Loch zu machen. Schon der obere Einstieg in die Rinne ist ziemlich brüchig und man muss suchen um auf das Gras zu kommen. Danach geht es auf der linken Seite (in Abstiegsrichtung gesehen) eigentlich recht gut vorwärts, die linke Hand an den Steinen und mit dem Stock rechts auf dem Gras abstützend. Weiter unten hin wird die Rinne steiler, und ich beginne die Querung nach links aus der Rinne heraus (Foto 1, Foto 2). Anfangs ist die Querung gestuft, griffig, und halbwegs fest, später werden die Steine aber ziemlich lose. Am Ende klettere ich um die Ecke herum und komme ein paar Meter oberhalb der Scharte heraus. Jetzt muss man bei jedem Schritt vorsichtig prüfen welche Griffe/Tritte halten, eventuell wäre es besser gewesen die Rinne vor der Querung trotz der Steilheit etwas weiter abzusteigen.

Der Weiterweg über die Fulfirstchöpf ist vergleichsweise unkompliziert, entweder auf dem Grat oder leicht rechts davon. Insgesamt gibt es mindestens 6 Chöpf beziehungsweise Erhebungen (Foto 1, Foto 2), teilweise mit sehr imposanten Steilwänden Richtung Tal. Nach dem einfachen Weg hinauf zur Isisizer Rosswies und zum Sichli muss nun Richtung Gamsberg abgestiegen werden. Ich steige 50m nördlich des Sichli-Gipfels etwa 100 Höhenmeter direkt ab und quere hinab zum Sattel des Gamsberg-Ostgrats.

Über den Ostgrat erreicht man in klarer Linie den Ostgipfel des Gamsberg. Schwieriger wird die Orientierung beim Abstieg vom Gamsberg über die Nordflanke. Nach Suche zwischen Ost- und Westgipfel wähle ich eine deutliche Rinne nahe des Ostgipfels für den Abstieg und halte mich dann links – anscheinend aber nicht weit links genug. Gegen Ende des Abstiegs steige ich eine Felsstufe (etwa III) in gutem und festen Fels ab. Im Nachhinein stelle ich fest, dass die normale Route etwas weiter links/westlich verläuft, eventuell schon von Anfang an.

Nun geht es kurz (250m) zum Kamm der Wissen Frauen hinauf und dann zur Scharte zwischen Gamsberg Westgrat und Schiffberg. Auf dieses imposante Segel geht ein spannender Grat auf der Ostseite hinauf und auf der Westseite steiles aber nach meinem Empfinden gut gestuftes Gras wieder hinunter (andere Einschätzung z.B. hier). Die Linie hinab zum Scheffloch (siehe Skizze hier) und hinauf zum Sichelchamm ist klar, aber erfordert zum jetzigen Zeitpunkt Motivation. Beim folgenden Abstieg Richtung Hundsegg gehe ich zunächst zum P.2141, wo es nicht weiter geht. Ein Stück zurück kann ich den blauen Punkten folgen, die durch Rinnen und dicken Klee direkt oberhalb der Hundsegg hinführen, die untere Variante in diesem Bild. Eine kurze Stufe etwas links, und man ist auf der Hochebene Gulms.

Nun könnte die Tour und die Schwierigkeiten eigenlich vorbei sein. Über das Nausner Obersess ist der Wanderweg nah und würde noch weit aber einfach über Höchst und Nideri ins Tal führen. Das ist auch mein Ziel, allerdings führen nun zwei Fehlentscheidungen zu einer unangenehmen Nacht, die ich hier nicht vorenthalten möchte.
Zunächst halte ich mich links um auf dem Hang Stelli direkt zum Höchst hinüberzuqueren. Da es von dort Richtung Norden steil hinunter geht und ich keinen Abstieg sehe, entscheide ich mich über den Stellisatz zu gehen. Ich steige links hinauf und gehe entlang der Felsen bis zu einem Durchschlupf (47.141242, 9.352343). Über Föhren und anstrengendes Gestrüpp steige ich leicht rechts haltend kurz ab und dann wieder aufwärts zum Stellisatz (47.142190, 9.352184). Um weiter Richtung Höchst zu gelangen steige ich ca. 50m ab und quere zu einer unbewachsenen Scharte hinter dem Stellisatz (47.142460, 9.351688). Die Distanz zum Höchst ist nur 300m, aber Grat ist viel zu dicht bewachsen. Daher erwäge ich den Abstieg aus der Scharte nach Norden, um zum Wanderweg zu queren. Es ist nur 10m hoch, aber zu heikel. Die Stufe ist erdig und jeder Stein den ich anfasse ist lose.
Da es spät wird entscheide ich mich nun abzubrechen und möglichst schnell über Brüschegg nach Plätz abzusteigen. Erst führt ein steiles Bachbett, dann steile Hänge und zunehmendes Gestrüpp Richtung Tal. Ich komme bis auf knapp unter 1500m (47.138868, 9.346453), aber der Hang endet oberhalb einer Felsstufe im Gestrüpp. Die ersten Kühe sind vielleicht 20-30m tiefer, aber im Dunkeln ist Weiterweg (trotz Lampe) zu heikel. Auch eine mögliche Querung Richtung Nordwesten, in weniger steiles Gelände endet vor dem tiefen Bachbett, das mir im Dunkeln zu heikel ist.
Daher entscheide ich mich schweren Herzens für die Umkehr, etwas rechts vom Abstieg hinauf zum Stellisatz, dann zurück zum Durchschlupf und schliesslich zu P.1837 auf Gulms. Dieser Teil des Wegs ist sehr langsam (nasse Wiesen und Gestrüpp). Auch das Wasser wird knapp und kann erst im Bach unterhalb von Gulms aufgefüllt werden.
Im Nachhinein hätte ich spätestens auf dem Stellisatz oder der Scharte danach Richtung Gulms umkehren sollen – die Karte zeigt eigentlich wie steil es unterhalb von Brüschegg wird.  Insgesamt kostet diese Stelli-Runde ab dem Durchschlupf 4:17 Stunden, ab Gulms (P.1837) sogar über 5 Stunden und 500-600 Höhenmeter Auf- und Abstieg. Ich denke aufgrund der Anstrengung hätte die Tour ohne den Verhauer am Stelli mit direktem Abstieg von Gulms sogar 6 Stunden weniger gedauert.

Der Abstieg zum Nausner Obersess erfolgt nun in der Nacht, mit vielen überwachsenen Löchern und wieder mal zwischen schlafenden Kühen. Beim Aufstieg zum Höchst mache ich immer wieder Pausen und beim Abstieg nach Nideri setzt die Dämmerung ein. Auf dem Weg nach Walenstadt erlebe ich den zweiten Sonnenaufgang der Wanderung.


Zusammenfassung:

Es war ein eindrücklicher Tag, dessen Fülle von Höhe- und auch Tiefpunkten mich noch lange beschäftigt.

Die technischen Hauptschwierigkeiten waren sicherlich die Abstiege, nicht nur beim Chli Fulfirst, sondern auch Abgelöste Gauschla, Chrummenstein, Sichli, Gamsberg Nordflanke, Schiffberg und Sichelchamm. Dabei galt es häufig auch, den richtigen Anfang für den Abstieg zu wählen. Bei den Aufstiegen sind vor allem die tollen Grate zum Chrummenstein und Gamsberg-Ostgipfel, sowie die Rinne zum Gärtliegg hervorzuheben – leichter als die Abstiege, klare Orientierung und einfach schön.

Auf jeden Fall sollten genügend Reserven da sein, ich war öfter unfreiwillig in schwierigerem Gelände als der einfachsten Variante gelandet (z.B. Abstieg Gamsberg Nordflanke). Falls die Zeit knapp wird gibt es eigentlich vor jedem Gipfel die Möglichkeit nach Nord-Osten abzusteigen, die meisten Gipfel werden auch vom Tal aus gemacht. Richtung Süd-Westen ist es deutlich steiler, wie ich bei meinem riesigen Verhauer am Ende der Tour einprägsam lernen durfte.


Durchgangszeiten:

01:24 Start Bahnhof Sargans
02:49 Anfang Gonzen-Leiter
04:29 Gonzen
07:03 Girenspitz
07:43 Gauschla
07:57 Abgelöste Gauschla
08:56 Alvier
09:16 Chli Alvier
10:20 Chrummenstein
10:56 Ende Spreizkamin
11:46 Gärtliegg
12:03 Gärtlichopf
12:46 Gross Fulfirst
13:26 Chli Fulfirst
14:25 Scharte zu Fulfirst Chöpf
14:46 - 15:19 Fulfirstchöpfe
15:24 Rosswies
15:39 Sichli
16:13 Gamsberg Sattel
16:39 Gamsberg Ostgipfel
16:51 Gamsberg Westgipfel
18:19 Kamm Gamschopf
18:32 Schiffberg
18:47 Scharte zum sichelchamm
19:19 Sichelchamm
20:27 Talboden nach Sichelchamm
20:33 Gulms P.1837 (zweiter Durchgang 5:05 Stunden später)
-------
20:55 Durchschlupf Anfang Stelli-Runde (zweiter Durchgang 4:17 Stunden später)
21:18 Scharte hinter Stellisatz
22:12 Tiefpunkt Brüschegg knapp unter 1500m
00:33 Stellisatz
01:12 Durchschlupf nach Stelli-Runde
01:38 Gulms P.1837 nach Stelli-Runde
-------
02:35 Nausner Obersess
04:11 Höchst
04:48 Nideri
06:38 Bahnhof Walenstadt


Tourengänger: flexa
Communities: T6, Monstertouren


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Kommentare (2)


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schnafler hat gesagt: chapeau
Gesendet am 5. August 2020 um 08:47
Läck Flexa, da hast du aber einen hingelegt. Grosse Gratulation! Toll dokumentiert auch!!

flexa hat gesagt: RE:chapeau
Gesendet am 2. Dezember 2020 um 11:27
Vielen Dank!


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