Von Zermatt nach Zinal - Weisshorn Schali- & Nordgrat
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"Was lange währt wird endlich gut" und "Unverhofft kommt oft". Mit diesen abgedroschenen Phrasen lässt sich die Tour übers Weisshorn etwas plump aber treffend zusammenfassen. Erste, weil die Tour schon lange auf meiner Wunschliste stand und man in Zinal nach einer ebenso langen Tour auf einen wunderschönen Tag zurückblicken kann, Zweite, weil wir dank der aktuellen Hitzewelle, trotz des schneereichen Frühlings, schlussendlich dann aber ziemlich spontan auf dem Gipfel standen...
Das Weisshorn muss ich hier keinem mehr vorstellen. Jeder, der seine perfekte Gestalt mit seiner vergletscherten Nordostflanke schon einmal aus dem Goms oder von einem Gipfel der Berneralpen gesehen hat, versteht die Faszination, die von diesem Berg ausgeht. Schali- und Nordgrat zählen für sich genommen schon zu den grossen Anstiegen im Wallis. Kombiniert ergibt sich wohl eine der schönsten Grattouren der Alpen überhaupt.
Eigentlich wäre für diese Tage ja eine längere Überschreitung im Eis und Firn der Berneralpen geplant gewesen. Mit den Prognosen von Temperaturen bis 37° war aber ziemlich schnell einmal klar, dass das nichts wird. Beim suchen nach einem neuen Tourenziel kam mir so das Weisshorn wieder in den Sinn. Mit etwas Glück könnten die schwierigen Felspassagen bereits trocken sein und in dieser Höhe sollte es am Morgen trotz den Temperaturen auch noch abstrahlen. Die Rothornhütte hat noch nicht geöffnet. Ein Anruf in der Cabane de Tracuit ergibt, dass das Weisshorn in dieser Saison noch nicht gemacht wurde, aber allein am letzten Sonntag um die 100 Menschen (!!!) auf dem Bishorn standen. Da sollte ja immerhin die letzte Etappe gut gespurt sein...
Trotzdem, ob unser Tourenziel so früh in der Saison wirklich eine gute Idee ist, sind wir uns auch bei der Anfahrt nach Zermatt noch nicht sicher. Die erfolgt dann wieder einmal, wie die Rückreise von Zinal ebenfalls, mit den fast schon traditionellen Zugausfällen und Verspätungen im Wallis von Seiten der SBB.
Im Aufstieg in der Dämmerung auf bekanntem Weg zur Rothornhütte, sehen wir viel Wild und die letzten Menschen bis zur Tracuithütte. Der Winterraum der Rothornhütte ist wirklich gemütlich, die Nacht entsprechend ruhig und entspannt.
Am nächsten Morgen hat's draussen vor der Hütte immer noch 10° (auf 3200 Metern!). Unsere Zuversicht für die kommenden zwei Tage bestärkt das nicht gerade. Da der Firn um die Hütte aber einigermassen abstrahlen konnte, gehen wir trotzdem los. Im Unter Äschjoch erwartet uns ein wunderbarer Sonnenaufgang. Unter der eindrücklichen Ostwand des Zinalrothorns brechen wir dann aber leider langsam durch die Schneedecke, was eine teils mühsame und anstrengende Spurerei zum Hohlichtpass zur Folge hat.
Es folgt erst Firn zum Schalihorn Südgipfel, dann ausgesetzte, etwas brüchige aber interessante und schöne Kletterei über den Nordgipfel hinunter zum Schalijochbiwak. Die Verhältnisse sind nicht perfekt aber eigentlich ganz gut. Prima Sache war das! Die Zuversicht fürs Weisshorn steigt.
"Sönnele, schlofe, chille ond choche", so lässt sich in etwa der Nachmittag im Biwak zusammenfassen. Eigentlich ganz gemütlich, so ein Hitzetag, wenn man auf 3800 Metern ist...
Dann gehts endlich los zum Weisshorn. Pünktlich zum Sonnenaufgang stehen wir auf dem Schaligrat. In wunderschöner Kletterei in bestem Gneis geht es anhaltend steil und exponiert höher. Damian steigt die Schlüssellänge souverän vor, für mich ist's so dann im Nachstieg ein echter Genuss. Bis auf 4100 Meter kommen wir recht zügig voran, dann verfranzen wir uns im Bereich des "Aufschwungs aus rötlichen Felsen" kurz etwas. Die Orientierung ist allgemein nicht ganz einfach am Grat. Oberhalb unterbrechen immer wieder scharfe Fingrätchen die trockenen Felspartien. Zwar bis auf den letzten Aufschwung vor dem Gipfel alles ohne Steigeisen und interessant zu klettern, braucht aber halt auch entsprechend Zeit. So sind die Zeitangaben aus dem Führer heute für uns für einmal nicht einzuhalten. Auf den letzen Bus in Zinal wird's so wohl nicht reichen.
Speziell in Erinnerung bleiben wird mir auch ein Kamin im oberen Viertel. Athletische Kletterei und ein kleines Bächlein vom Schneefeld oberhalb, das für "Erfrischung" sorgt.
Um halb Eins stehen wir beim Gipfelkreuz. Endlich geschafft! Wobei wir die Tatsache, dass wir auf dem Gipfel stehen relativ emotionslos zur Kenntnis nehmen. Der Abstieg über den Nordgrat ist noch lang und immer noch anspruchsvoll. Dieser ist zu unserer Überraschung dann tatsächlich frisch gespurt. Vorsicht verlangt der Firnteil aber trotzdem, die Ostseite ist bereits etwas aufgeweicht. Der Felsteil zieht sich dann noch einmal recht in die Länge und wartet mit ähnlich exponiertem Gelände wie am Schaligrat auf. Auch mental noch einmal anspruchsvoll, nachdem man sich bereits den ganzen Tag in schwierigem und ausgesetzten Gelände meist oberhalb der 4000er-Marke bewegt hat. Dann, endlich, legt sich der Grat zurück und geht in leichtes Gelände über. Kurze Zeit später können wir uns zum Bishorn gratulieren, auf dem wir vor ein paar Jahren schon einmal gemeinsam gestanden haben. Mittlerweile hat sich die einzige grössere Wolke im gesamten Alpenraum über Weiss- und Bishorn geschoben und beginnt etwas eigenwillig munter zu nieseln und graupeln, während rundherum eitel Sonnenschein herrscht.
Nach gut 14 1/2 Stunden erreichen wir die Cabane de Tracuit. Fünf Minuten später würde in Zinal der letzte Bus fahren... Bleibt die Frage, ob wir hier oben oder unten im Dorf schlafen wollen, um so am Morgen den ersten Bus zu erwischen. Wir entscheiden uns für's Dorf. Gemütlich und mit vielen Pausen geht es also runter nach Zinal, welches wir wiederum in der Dämmerung erreichen, uns müde aber glücklich in eine Wiese hinter dem Dorf legen und nach dem strengen Tag schnell einmal einschlafen.
Facts
Zum Schluss möchte ich noch an die legendäre Transalpine Grächen-Zinal von André Georges und Erhard Loretan im Februar und März 1986 erinnern. 33 Viertausender und 10 Dreitausender in einem Zug. Am Weisshorn hatten sie mit Wind, Nebel und einem halben Meter Neuschnee zu kämpfen... Der Eintrag im Hüttenbuch des Schalijochbiwaks ist immer noch stiller Zeuge dieser Leistung.
Das Weisshorn muss ich hier keinem mehr vorstellen. Jeder, der seine perfekte Gestalt mit seiner vergletscherten Nordostflanke schon einmal aus dem Goms oder von einem Gipfel der Berneralpen gesehen hat, versteht die Faszination, die von diesem Berg ausgeht. Schali- und Nordgrat zählen für sich genommen schon zu den grossen Anstiegen im Wallis. Kombiniert ergibt sich wohl eine der schönsten Grattouren der Alpen überhaupt.
Eigentlich wäre für diese Tage ja eine längere Überschreitung im Eis und Firn der Berneralpen geplant gewesen. Mit den Prognosen von Temperaturen bis 37° war aber ziemlich schnell einmal klar, dass das nichts wird. Beim suchen nach einem neuen Tourenziel kam mir so das Weisshorn wieder in den Sinn. Mit etwas Glück könnten die schwierigen Felspassagen bereits trocken sein und in dieser Höhe sollte es am Morgen trotz den Temperaturen auch noch abstrahlen. Die Rothornhütte hat noch nicht geöffnet. Ein Anruf in der Cabane de Tracuit ergibt, dass das Weisshorn in dieser Saison noch nicht gemacht wurde, aber allein am letzten Sonntag um die 100 Menschen (!!!) auf dem Bishorn standen. Da sollte ja immerhin die letzte Etappe gut gespurt sein...
Trotzdem, ob unser Tourenziel so früh in der Saison wirklich eine gute Idee ist, sind wir uns auch bei der Anfahrt nach Zermatt noch nicht sicher. Die erfolgt dann wieder einmal, wie die Rückreise von Zinal ebenfalls, mit den fast schon traditionellen Zugausfällen und Verspätungen im Wallis von Seiten der SBB.
Im Aufstieg in der Dämmerung auf bekanntem Weg zur Rothornhütte, sehen wir viel Wild und die letzten Menschen bis zur Tracuithütte. Der Winterraum der Rothornhütte ist wirklich gemütlich, die Nacht entsprechend ruhig und entspannt.
Am nächsten Morgen hat's draussen vor der Hütte immer noch 10° (auf 3200 Metern!). Unsere Zuversicht für die kommenden zwei Tage bestärkt das nicht gerade. Da der Firn um die Hütte aber einigermassen abstrahlen konnte, gehen wir trotzdem los. Im Unter Äschjoch erwartet uns ein wunderbarer Sonnenaufgang. Unter der eindrücklichen Ostwand des Zinalrothorns brechen wir dann aber leider langsam durch die Schneedecke, was eine teils mühsame und anstrengende Spurerei zum Hohlichtpass zur Folge hat.
Es folgt erst Firn zum Schalihorn Südgipfel, dann ausgesetzte, etwas brüchige aber interessante und schöne Kletterei über den Nordgipfel hinunter zum Schalijochbiwak. Die Verhältnisse sind nicht perfekt aber eigentlich ganz gut. Prima Sache war das! Die Zuversicht fürs Weisshorn steigt.
"Sönnele, schlofe, chille ond choche", so lässt sich in etwa der Nachmittag im Biwak zusammenfassen. Eigentlich ganz gemütlich, so ein Hitzetag, wenn man auf 3800 Metern ist...
Dann gehts endlich los zum Weisshorn. Pünktlich zum Sonnenaufgang stehen wir auf dem Schaligrat. In wunderschöner Kletterei in bestem Gneis geht es anhaltend steil und exponiert höher. Damian steigt die Schlüssellänge souverän vor, für mich ist's so dann im Nachstieg ein echter Genuss. Bis auf 4100 Meter kommen wir recht zügig voran, dann verfranzen wir uns im Bereich des "Aufschwungs aus rötlichen Felsen" kurz etwas. Die Orientierung ist allgemein nicht ganz einfach am Grat. Oberhalb unterbrechen immer wieder scharfe Fingrätchen die trockenen Felspartien. Zwar bis auf den letzten Aufschwung vor dem Gipfel alles ohne Steigeisen und interessant zu klettern, braucht aber halt auch entsprechend Zeit. So sind die Zeitangaben aus dem Führer heute für uns für einmal nicht einzuhalten. Auf den letzen Bus in Zinal wird's so wohl nicht reichen.
Speziell in Erinnerung bleiben wird mir auch ein Kamin im oberen Viertel. Athletische Kletterei und ein kleines Bächlein vom Schneefeld oberhalb, das für "Erfrischung" sorgt.
Um halb Eins stehen wir beim Gipfelkreuz. Endlich geschafft! Wobei wir die Tatsache, dass wir auf dem Gipfel stehen relativ emotionslos zur Kenntnis nehmen. Der Abstieg über den Nordgrat ist noch lang und immer noch anspruchsvoll. Dieser ist zu unserer Überraschung dann tatsächlich frisch gespurt. Vorsicht verlangt der Firnteil aber trotzdem, die Ostseite ist bereits etwas aufgeweicht. Der Felsteil zieht sich dann noch einmal recht in die Länge und wartet mit ähnlich exponiertem Gelände wie am Schaligrat auf. Auch mental noch einmal anspruchsvoll, nachdem man sich bereits den ganzen Tag in schwierigem und ausgesetzten Gelände meist oberhalb der 4000er-Marke bewegt hat. Dann, endlich, legt sich der Grat zurück und geht in leichtes Gelände über. Kurze Zeit später können wir uns zum Bishorn gratulieren, auf dem wir vor ein paar Jahren schon einmal gemeinsam gestanden haben. Mittlerweile hat sich die einzige grössere Wolke im gesamten Alpenraum über Weiss- und Bishorn geschoben und beginnt etwas eigenwillig munter zu nieseln und graupeln, während rundherum eitel Sonnenschein herrscht.
Nach gut 14 1/2 Stunden erreichen wir die Cabane de Tracuit. Fünf Minuten später würde in Zinal der letzte Bus fahren... Bleibt die Frage, ob wir hier oben oder unten im Dorf schlafen wollen, um so am Morgen den ersten Bus zu erwischen. Wir entscheiden uns für's Dorf. Gemütlich und mit vielen Pausen geht es also runter nach Zinal, welches wir wiederum in der Dämmerung erreichen, uns müde aber glücklich in eine Wiese hinter dem Dorf legen und nach dem strengen Tag schnell einmal einschlafen.
Facts
- Karte
- S IV, lange, ernsthafte, Tour in steilem, festem Gneis und über exponierte Firngrate. Bereits der Zustieg ins Schalijochbiwak, bietet eine ernsthafte und anspruchsvolle Hochtour (ZS+,IV,8-9h von der Rothornhütte). Die Route sollte möglichst trocken sein, Ein Rückzug vom Grat bei schlechten Verhältnissen ist schwierig.
- 10-16h vom Schalijoch zur Cabane de Tracuit.
- Route: Ist in der Literatur und im Netz bereits ausführlich beschrieben. Am Schalihorn hält man sich so weit als möglich an die Gratkante. Die Flanken sind sehr brüchig! Auch am Schaligrat entfernt man sich nie weit vom Grat. Die Topos aus dem Silbernagel-Führer sind teilweise etwas rudimentär.
- Material: 40m Einfachseil, reduziertes Set Keile, Set mit kleinen und mittleren Friends zusätzlich zur üblichen Hochtourenausrüstung.
- Biwak (9 Plätze) ist gut ausgerüstet (Wolldecken, Geschirr, Mehrere Kocher und Gaskartuschen (Primus & Camping Gas)
- Fotos: Für einmal hatte ich keine eigene Kamera mit auf Tour. Die super Bilder sind alle von Damian (Homepage). Merci!
Zum Schluss möchte ich noch an die legendäre Transalpine Grächen-Zinal von André Georges und Erhard Loretan im Februar und März 1986 erinnern. 33 Viertausender und 10 Dreitausender in einem Zug. Am Weisshorn hatten sie mit Wind, Nebel und einem halben Meter Neuschnee zu kämpfen... Der Eintrag im Hüttenbuch des Schalijochbiwaks ist immer noch stiller Zeuge dieser Leistung.
Tourengänger:
jfk

Communities: 4000er auf Abwegen, Die 48ig - 4000er der Schweiz, ÖV Touren, Die 50ig höchsten 3000er der Schweiz, Verhältnisse , Alle CH-Alpengipfel mit ≥400Hm Prominenz
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