Gori und Jöri, zwei Hörner und ein Grat


Publiziert von 360 Pro , 28. Juni 2012 um 19:46.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Davos
Tour Datum:27 Juni 2012
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   Flüela-Gruppe 
Aufstieg: 1350 m
Abstieg: 1100 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Davos Dorf, Tschuggen
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Wägerhus/Abzw. Jöriseen

Seit ich zusammen mit Anna und Stani das Gorihorn *verpasst habe, stand dieses immer irgendwo weit oben auf der Liste meiner Gipfelziele und habe es mir heute vorgenommen. Wer einen Blick auf die Karte wirft, stellt fest, dass das Gorihorn eigentlich über seinen verlängerten Südgrat mit dem Flüela Wisshorn "verbunden" ist. Diese verlockende Linie wollte ich mir ursprünglich als Ganzes anschauen, allerdings entpuppte sich dieses Unternehmen als allzu kühner Plan, insbesondere bei einem öV Zeitfenster von lediglich gut 8 Stunden und unerwarteten technischen Schwierigkeiten auf dem Grat.
 
Da ich schon im Voraus ahnte, dass ich bei der Umsetzung der gesamten, geplanten Tour wohl etwas an die zeitlichen Grenzen stossen würde, "erfand" ich - um etwas Zeit zu sparen, aber doch eine Überschreitung des Gorihorns machen zu können - für den Aufstieg zum Gorihorn eine "gekröpfte" Westgrat Variante. Diese beinhaltet nicht wie im SAC Führer den gesamten Westgrat vom Isenfürggli, sondern lediglich ab P. 2924, mit vorgängigem Aufstieg über den Schutthang südwestlich davon. Über die Schwierigkeiten des gesamten Grates zwischen Gorihorn und Flüela Wisshorn fand ich nicht allzu viel Literatur, ausser in meinem alten SAC Führer (1985): ein "ZS" von der Jöriflüelafurgga "über den stark gegliederten Grat zum Gipfel". Ein "ZS" traue ich mir normalerweise nicht einfach so zu, allerdings ist bekannt, dass in dieser Ausgabe des Clubführers ein "ZS" durchaus auch einmal ein "T4" sein kann (z.B. *hier). Also geh ich mal schauen...
 
 
Ich steige kurz nach 9 in cff logo Davos Dorf, Tschuggen aus dem Bus und mache mich alsbald auf den markierten Weg Richtung Isenfürggeli. Auf einer Höhe von ziemlich genau 2500m verlasse ich den Weg in östlicher Richtung, um kurz darauf in nördlicher Richtung in ein kleines Tälchen einzubiegen. Ich folge der Rinne welche wieder in östliche Richtung dreht. Auf einer Höhe von ca. 2700m steche ich den steilen Schutthang Richtung P. 2924 hinauf, zu oberst hat es ein paar einfache Felspartien (T4/I). Nun geht es weiter einfach auf dem W-Grat bis kurz vor den Gipfelaufbau. Dieser Aufschwung sieht von Weitem viel schwieriger aus als dass er es ist, ein bisschen Hand an den Fels anlegen muss man aber doch (T5-). 
 
Nach einer Gipfelrast mit Verpflegung mache ich mich nun auf den Weg Richtung Süden. Bis vor P. 2905 folge ich den Wegspuren (Normalweg) und anschliessend dem Grat entlang weiter. Den nächsten schwierig aussehenden grossen Gratbuckel umgehe ich relativ einfach auf einem breiten Grasband auf der Ostseite. Rückblickend muss ich feststellen, dass der Buckel aber wohl ohne allzu grosse Schwierigkeiten auch überklettert werden könnte. Weiter geht es dem Grat oder leicht östlich davon bis zum fast senkrechten Aufschwung zum P.2874 des Gorigrates. Hier nun stehe ich vor einem für mich unlösbaren Problem. Der Fels weist leider nicht allzu viele gute Griffe auf und zudem habe ich bei der Schlüsselstelle auch "ungesund" viel Luft unter den Füssen. Mit etwas Zureden an einem guten Tag würde ich mir die Sache schon zutrauen, allerdings weiss ich zu diesem Zeitpunkt nicht, ob weiter oben ein noch schwierigerer Absatz kommt und ich allenfalls diese Stelle wieder abklettern muss. Beim Gedanken daran entschliesse ich mich, diese Stelle irgendwie zu umgehen.
 
Bei dieser Umgehung verschenke ich jedoch knapp 200Hm und steige dazu vom tiefsten Punkt vor dem Aufschwung direkt in westlicher Richtung über Schrofen zur darunterliegenden Mulde ab und dieser folgend in südlicher Richtung. Sobald als möglich kraxle ich danach wieder zum Grat auf. Eine Umgehung zuvor erwähnten schwierigen Stelle auf der Ostseite des Gorigrates kann ich nicht ausmachen oder wenn, wäre der Umweg wohl sogar mit noch mehr Höhenverlust verbunden. Zusammen mit dem langen Versuchen und Werweissen am unlösbaren Aufschwung verliere ich mehr als eine Stunde der kostbaren Zeit und beschliesse schon jetzt, dass es heute mit dem Flüela Wisshorn nichts wird.
 
Nach dem Besteigen des hübschen Gorigrat Gipfelkopfs von Süden (T5,II) und auf Grund der Tatsache, dass ich ja nicht mehr unter "Zeitdruck" stehe, möchte ich mir die vermeintliche Schlüsselstelle nun auch noch von oben anschauen und gehe deshalb zuerst nochmals Richtung Norden. Meine Inspektion ergibt, dass es wirklich die einzige schwierige Stelle wäre, denn oberhalb dieser löst sich alles in Wohlgefallen auf. Bei einer nächsten Begehung hätte ich wohl etwas mehr Mut und würde die ein/zwei schwierigen, luftigen Kletterzüge irgendwie hinmogeln. Auf meinem Weiterweg Richtung Süden entdecke ich auf der Westseite des Gorigrat Gipfelkopfs dann noch eine weitere Aufstiegsmöglichkeit auf diesen Kopf, die etwas weniger ausgesetzt ist, als jene von Süden.
 
Der Fortsetzung von hier Richtung Süden gestaltet sich dann wieder einfacher und kann mit "genussvolle Gratwanderung" umschrieben werden. Dabei überschreite ich das Jörihorn (P. 2845.4, auf der aktuellen swissmap ist es wohl fälschlicherweise bei P. 2874 angeschrieben) und die Jöriflüelafurgga und laufe auch noch weiter zu P.2771. Obwohl der Grat weiter bis zur Winterlücke eigentlich machbar aussieht, beschliesse ich hier schon abzubrechen und den Abstieg zum Wägerhus durchs Müllersch Tälli einzuläuten. Da es bis ca. 2500m noch ordentlich Schnee hat, gestaltet sich dieser Abstieg - dort wo es steil genug ist - rutschend und knieschonend, weiter unten folge ich dann dem markierten Wanderweg.
 

Fazit: Die geplante Gratwanderung vom Gorihorn zum Flüela Wisshorn (mit vorgängigem Auf- und nachträglichem Abstieg zu Bushaltestellen) ist bei einem Zeitfenster von gut 8h etwas gar aggressiv und wird zudem noch dadurch erschwert, dass der Grat zwischenzeitlich nicht gerade Gehgelände ist :-)

Tourengänger: 360


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen

T4+
T4-
5 Aug 18
Jöriseenrunde & Jörihorn · cardamine
WS-
11 Jan 24
Powdern am Jörihorn · rhenus
T4-
T3+
10 Okt 20
Jörihorn 2845 m · StefanP
T4-
18 Sep 21
Isentällispitz 2986 m · StefanP

Kommentare (2)


Kommentar hinzufügen

Henrik hat gesagt: ...das lese ich ja nicht gerade oft bei dir..
Gesendet am 28. Juni 2012 um 20:09
> "ungesund" viel Luft unter den Füssen

Da hätten dann die Wassertropfen auf den Gräsern wohl dir die Stirn kühlen können..aber das war ja noch zu Beginn des Unterfangens.

Hesch wiieder emol scheeni Helgge mitbrocht.

Ciao

silberquäki

360 Pro hat gesagt: Sprachkurs für Ostschweizer
Gesendet am 29. Juni 2012 um 07:04
Danke Henrik,

Do ich vo Der (und eigentlich no vo Der) immer mol wieder s'Wort "Helgge" läsä, das aber susch no niä ghört ha, muäsi jetzt doch mol noofrögä. Isch das än Baseldüschtä Usdrock för "Foti"?

Dankä för d'Nochhilfestond im Baslerdütsch,
360

PS: Sogar google kennt onder "Helgge Basel" eigentlich in erschter Linie Diich.


Kommentar hinzufügen»