Neue Route für den Redertenstock (2295 m)
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Die Flanke Brünnelistock - Redertenstock im Oberseetal und deren Verlängerung bis zum Ochsenchopf über dem Klöntal ist ja sehr steil. So steil, dass nur zwei Übergänge (Sulzboden zu einem namen- und kotenlosen Punkt unter dem Rossalpelispitz und Ober Längenegg zur Torberglücke) überhaupt bekannt sind, und auch die sind recht heikel.
Trotzdem wollte ich versuchen, einen Direktanstieg zum Redertenstock zu finden.
Die Idee war, kurz vor dem Lachengrat via das steile Tälchen rechts vom östlichen Vorgipfel auf das vergleichsweise gut begehbare Band auf rund 2100 m zu gelangen und von dort den Grat nördlich des Rederten-Gipfels zu erreichen. Aber das war mit Lawinenschnee gefüllt, das war mir dann doch zu heikel. Noch wusste ich ja nicht, was noch kommen würde ..
Also probierte ich die erste Rinne gleich südlich des Lachengrates. Das geht zuerst gut, dann steigert sich das Gelände durch die ganze, nach oben offene Tx-Skala. Irgendwann passiert man den "Da oben MUSS es weitergehen, zurück kommst du da nie mehr"-Punkt.
Zuerst wurde ich von einem, am Schluss von sechs Steinböcken, die auf einer benachbarten Rippe standen, beobachtet. Immer wieder hörte ich Click-Geräusche. Kommunizieren auch Steinböcke? Bisher kannte ich das nur von Gemsen, die bei einer überraschenden Störung mit einer Art Meckern ihre Missbilligung ausdrücken.
Die Querung zur "Steinbock-Rippe" habe ich noch geschafft, aber dort ging gar nichts mehr. Noch nicht einmal einen Hinweis, wies weitergehen könnte. Also doch zurück und den Beweis antreten, dass es den 'Point-of-no-return' nicht gibt.
Auf knapp 1900 m drunten sah ich auf der Alp weit unter mir eine Herde von über 20 Gemsen. Gemsen weiden gerne auf Alpen, nachdem das Vieh ins Tal getrieben wurde. Weidegang sorgt dafür, dass ständig frisches, proteinreiches Gras nachwächst. Das mögen sie lieber als das dürre Herbst-Heu in den steilen Hängen.
Als sie mich - vermutlich beim Queren einer Geröllhalde - hörten, haben sie sich trotz grosser Distanz verzogen. Wie alle Huftiere mögen sie es nicht, wenn sie eine potentielle Gefahr über sich haben.
Noch war mein Vorhaben nicht komplett misslungen. Nächste Rinne, nächster Versuch. Das ist jene, wo auf der "alten" Karte die Kote P. 1890 steht. Auf der Online-Karte ist die nicht mehr eingetragen.
Hier geht es im Gerinne der Runse wie auf einer Treppe hinauf, das ist bis auf rund 2100 m kaum ein T4. Dann wirds zunehmend steiler, schuttiger, felsiger, aber alles in allem nicht mehr als ein T5. Zuoberst benutzt man zwischen den Bändern kurze, gutgegliederte Verschneidungen und gelangt so auf ca. 2250 m auf den Verbindungsgrat zwischen Mutteri und Rederten.
Dort schluckt man erst einmal leer - denn auf der andern Seite gehts praktisch vertikal runter. Doch der Grat zum Rederten ist mit Ausnahme einer eher akrobatischen Einlage gut begehbar.
Normalerweise wäre ich dort via Westgrat auf den Gipfel gestiegen. Aber dafür quert man am Anfang ein etwas abschüssiges Band, in welchem Schnee lag. Klar hatte ich die Eisen dabei, aber solche Schneereste tendieren zum Abrutschen - und das wäre dort wenig vorteilhaft.
Also durch die Flanke absteigen. Der völlig vereiste Schnee in der Nordflanke zwang mich dazu, im glatten Fels zu bleiben. Dann habe ich den Gipfelaufbau umrundet, wobei ich doch noch Gelegenheit bekam, das Montieren der Steigeisen zu üben. Ohne die Eisen hätte ich wohl ins Wägital absteigen müssen.
Anschliessend auf dem - langen - Grat via Lachenstock - Zindlenspitz bis unter den Rossalpelispitz, das sind rund 3.5 km Luftlinie! Den unscheinbaren Lachenstock habe ich dann doch noch bestiegen, sonst wärs ja eine Bergtour ohne Gipfel geworden ..
Beim Einstieg ins Couloir der Abstiegsroute Richtung Oberseetal bestätigte sich meine Vermutung: Voller Schnee. Also nochmals Eisen montieren und vorsichtig runter. Prompt bin ich mal mit dem Tal-Bein bis auf den Grund durchgesackt, was eine sehr unvorteilhafte Gewichtsverteilung ergibt.
Die Route ist übrigens mit blauen Markierungen versehen. Sie sind zwar spärlich, was bei diesem Gelände auch kaum anders zu machen ist, aber man bekommt doch von Zeit zu Zeit die Bestätigung, noch 'on track' zu sein.
Die Querung zu den Runsen und der anschliessende Abstieg war, na ja, weniger attraktiv. Das Sommergras liegt am Boden, ist aber noch frisch genug, dass die Schuhe kaum Halt finden. Zudem hatten wir vor 10 Tagen jede Menge Schnee und der ist nicht geschmolzen, sondern abgerutscht - eindrückliche Lawinenkegel zeugen davon. Und nach dem Schnee kam Starkregen und hat die Hänge noch mit Dreck und Kies überzogen.
Ich brauchte für die rund 800 Höhenmeter fast zwei Stunden. Und "dank" dem ständigen Treten und Scharren auf dem rutschigen Grund habe ich mir den ersten Muskelkater der Saison eingehandelt. Na ja, es wird auch gleich der letzte sein.
Folgerung: Ja, es gibt einen direkten, attraktiven und gar nicht so schwierigen Anstieg vom Obersee- oder Klöntal zu Mutteri- und/oder Redertenstock!
Und das Wetter war schön und warm, die Fernsicht ausgezeichnet - unter dem Strich war es eine lohnende Tour.
Und das Wetter war schön und warm, die Fernsicht ausgezeichnet - unter dem Strich war es eine lohnende Tour.
Tourengänger:
PStraub

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