Bristen über den Westgrat
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Seit Jahren steht der Bristen auf meiner Wunschliste. Aber jedes Jahr habe ich mit diesem Projekt zu lange gewartet, bis die Träume jeweils unter dem Schnee begraben wurden. Nun endlich habe ich die Chance beim Schopf gepackt und die markante Urner Pyramide bestiegen. Und erst noch über den wohl äusserst selten begangenen W-Grat von Meitschligen her.
In Meitschligen (648m) habe ich etwas Mühe den Einstieg zu finden. Dieser ist bei der Materialseilbahn zu suchen, die in der Zwischenzeit um ein paar Meter verschoben oder auf der Karte falsch eingezeichnet wurde. Ist man auf dem richtigen Pfad, werden die Höhenmeter geradezu unverschämt vor die Füsse gelegt. Entsprechend schnell erreiche ich über Vreniberg (1144m) die schön gelegene Alp Bristenberg (1391m).
Hier das nächste Problem. Gemäss Führer heisst die nächste Station Oberstafel, doch weder auf der Karte noch im Gelände lässt sich ein Pfad zu dieser verfallenen Alp ausmachen. So steche ich direkt in den Wald hinein. Zum Glück ist dieser nicht allzu dicht und schon bald stosse ich auf so etwas wie einen Pfad. Doch dieser verläuft sich immer wieder in Himbeerplantagen und anderem Gestrüpp, teilweise garniert mit umgestürzten Bäumen. Aber folgt man der Devise „je steiler desto richtiger“ findet man immer wieder zurück auf den Pfad und erreicht so die Ruine der Alp Oberstafel (1663m). Alternativ konsultiert man vorgängig eine Karte älteren Datums (z.B. die Version von 1973) und versucht sich an dem dort noch eingezeichneten Weg zu orientieren…
Doch dieser Kampf durch das Gestrüpp war nur ein Vorgeschmack auf das, was jetzt noch kommen soll. Gemäss Führer gelangt man von hier gegen Südosten zum breiten Gratrücken des Bockeggen. Doch in diese Richtung ist nur ein völlig überwucherter Steilhang auszumachen. Nun beginnt der wahre Urwald: Vom Schnee plattgedrückte Farnteppiche über einer undefinierbaren steinigen Unterlage, sumpfiges Steilgras, moosige Felsstufen und dichte Erlenstauden wechseln sich ab. Dschungel -Feeling pur, es empfiehlt sich eine vorgängige Malaria-Impfung. Selten treffe ich auf Wildwechsel, aber diese Spuren enden scheinbar im Nichts, als ob die Paarhufer schon die Technik des Beamens beherrschen. Nach etwa 150 Höhenmetern ändert sich die Vegetation und nach einem Tauchgang im Legföhrenmeer habe ich diese botanische Hölle überwunden. Keine Ahnung, wie man diese Stelle besser meistern oder Umgehen könnte.
Auf dem breiten Gratrücken des Bockeggen stosse ich wieder auf Pfadspuren und auch einige Reste von Steinmauern. Die weitere Route ist nun durch den Grat gegeben. Dieser ist anfänglich noch graslastig, später nimmt der Fels überhand. Der Hauptgrat ist allerdings nicht allzu deutlich, etliche Rippen und Gräte stossen von links und rechts dazu. Je höher ich steige, desto öfter muss ich in die schuttigen Flanken ausweichen. Insbesondere die Nordseite ist wegen dem Restschnee etwas heikel. Die Steigeisen habe ich allerdings vergebens mitgeschleppt.
In diesem Gewirr von Gräten und Runsen verliere ich langsam den Überblick, wie weit ich mich schon dem Gipfel genähert habe. Doch dann erspähe ich plötzlich auf der nächste Gratkuppe einen Steinmann und zwei andere Berggänger. Und tatsächlich stehe ich nach einer kurzen, aber anspruchsvoller Gratkletterei viereinhalb Stunden nach dem Start auf dem Bristen (3072.2m). Insgesamt würde diese Route mit T6- II bewerten, für den obersten Gratabschnitt ist WS eventuell treffender. Klettertechnisch ist eigentlich nur der letzte Abschnitt etwas anspruchsvoll.
Die beiden anderen Bergsteiger begeben sich schon bald auf den Abstieg, so dass ich den Gipfel alleine für mich geniessen kann. Ich kann mich am gebotenen Panorama und den Tiefblicken fast nicht satt sehen. Doch nach etwa einer Stunde mache auch ich mich auf den Abstieg. Für diesen Wähle ich wie die beiden vor mir den Nordostgrat. Auf dieser Route liegt deutlich mehr Schnee, doch dank den Spuren ist dies kein Problem und vereinfacht auch die Wegfindung. Beim Rot Bristen (2762m) hole ich die beiden anderen Bristen-Besteiger wieder ein.
Bei Pt 2374 verrät ein Blick auf die Uhr, dass es noch zu früh ist für einen direkten Abstieg. So ein Prachtstag in den Bergen muss einfach noch intensiv genossen werden. So bleibe ich weiter auf dem Grat und hänge noch den Lauchergrat (2327m) dran. Eine ziemlich ausgesetzte Angelegenheit, aber ganz nach meinem Geschmack (T5+/T4-). Den letzten felsigen Zacken wie auch das Abklettern in die Scharte davor schenke ich mir allerdings. Stattdessen steige ich in der steilen Ostflanke ab und traversiere in dieser zum Laucherlückli. Beim schiefen Kreuz auf dem Chli Bristen (2184m) geniesse ich nochmals kurz das herrliche Panorama und schaue staunend zum Bristen zurück.
Der Bergweg führt dem Bristensee entlang zur Bristenhütte. Dort treffe ich wieder auf die anderen beiden bekannten Gesichter, welche auf der sonnigen Terrasse die Gastfreundschaft geniessen. Auch ich lege noch einen kurzen Boxenstopp ein und tanke einen halben Liter Apfelschorle nach. Doch schon bald breche ich wieder auf, denn allzu viel Zeit bis zur Abfahrt des Postautos bleibt mir nicht mehr. Im Sauseschritt steige ich über Blacki (1868m) zum Bristenstäfeli (1591m) ab. Im Hagglisbergwald erwische ich zwar nicht alle Abkürzungen, dennoch erreiche ich Hinterbristen (770m) eine Viertelstunde vor Abfahrt des Postautos. So bleibt noch Zeit für einen Espresso im Restaurant.
Im Nachhinein betrachtet hätte ich den Abstieg etwas gemächlicher angehen und erst das nächste Postauto anpeilen sollen. Denn der rasante Abstieg (fast 1500 Höhenmeter in knapp eineinhalb Stunden) spürte ich noch Tage in den Oberschenkel…
Fazit: Endlich hat es geklappt. Und erst noch über eine äusserst wilde und selten begangene Route. Im Gipfelbuch habe ich nur eine Erwähnung des Westgrates gefunden. Keine Frage, dies wird sicher nicht meine letzte Besteigung des Bristen gewesen sein. Schliesslich hat eine Pyramide vier Kanten…
In Meitschligen (648m) habe ich etwas Mühe den Einstieg zu finden. Dieser ist bei der Materialseilbahn zu suchen, die in der Zwischenzeit um ein paar Meter verschoben oder auf der Karte falsch eingezeichnet wurde. Ist man auf dem richtigen Pfad, werden die Höhenmeter geradezu unverschämt vor die Füsse gelegt. Entsprechend schnell erreiche ich über Vreniberg (1144m) die schön gelegene Alp Bristenberg (1391m).
Hier das nächste Problem. Gemäss Führer heisst die nächste Station Oberstafel, doch weder auf der Karte noch im Gelände lässt sich ein Pfad zu dieser verfallenen Alp ausmachen. So steche ich direkt in den Wald hinein. Zum Glück ist dieser nicht allzu dicht und schon bald stosse ich auf so etwas wie einen Pfad. Doch dieser verläuft sich immer wieder in Himbeerplantagen und anderem Gestrüpp, teilweise garniert mit umgestürzten Bäumen. Aber folgt man der Devise „je steiler desto richtiger“ findet man immer wieder zurück auf den Pfad und erreicht so die Ruine der Alp Oberstafel (1663m). Alternativ konsultiert man vorgängig eine Karte älteren Datums (z.B. die Version von 1973) und versucht sich an dem dort noch eingezeichneten Weg zu orientieren…
Doch dieser Kampf durch das Gestrüpp war nur ein Vorgeschmack auf das, was jetzt noch kommen soll. Gemäss Führer gelangt man von hier gegen Südosten zum breiten Gratrücken des Bockeggen. Doch in diese Richtung ist nur ein völlig überwucherter Steilhang auszumachen. Nun beginnt der wahre Urwald: Vom Schnee plattgedrückte Farnteppiche über einer undefinierbaren steinigen Unterlage, sumpfiges Steilgras, moosige Felsstufen und dichte Erlenstauden wechseln sich ab. Dschungel -Feeling pur, es empfiehlt sich eine vorgängige Malaria-Impfung. Selten treffe ich auf Wildwechsel, aber diese Spuren enden scheinbar im Nichts, als ob die Paarhufer schon die Technik des Beamens beherrschen. Nach etwa 150 Höhenmetern ändert sich die Vegetation und nach einem Tauchgang im Legföhrenmeer habe ich diese botanische Hölle überwunden. Keine Ahnung, wie man diese Stelle besser meistern oder Umgehen könnte.
Auf dem breiten Gratrücken des Bockeggen stosse ich wieder auf Pfadspuren und auch einige Reste von Steinmauern. Die weitere Route ist nun durch den Grat gegeben. Dieser ist anfänglich noch graslastig, später nimmt der Fels überhand. Der Hauptgrat ist allerdings nicht allzu deutlich, etliche Rippen und Gräte stossen von links und rechts dazu. Je höher ich steige, desto öfter muss ich in die schuttigen Flanken ausweichen. Insbesondere die Nordseite ist wegen dem Restschnee etwas heikel. Die Steigeisen habe ich allerdings vergebens mitgeschleppt.
In diesem Gewirr von Gräten und Runsen verliere ich langsam den Überblick, wie weit ich mich schon dem Gipfel genähert habe. Doch dann erspähe ich plötzlich auf der nächste Gratkuppe einen Steinmann und zwei andere Berggänger. Und tatsächlich stehe ich nach einer kurzen, aber anspruchsvoller Gratkletterei viereinhalb Stunden nach dem Start auf dem Bristen (3072.2m). Insgesamt würde diese Route mit T6- II bewerten, für den obersten Gratabschnitt ist WS eventuell treffender. Klettertechnisch ist eigentlich nur der letzte Abschnitt etwas anspruchsvoll.
Die beiden anderen Bergsteiger begeben sich schon bald auf den Abstieg, so dass ich den Gipfel alleine für mich geniessen kann. Ich kann mich am gebotenen Panorama und den Tiefblicken fast nicht satt sehen. Doch nach etwa einer Stunde mache auch ich mich auf den Abstieg. Für diesen Wähle ich wie die beiden vor mir den Nordostgrat. Auf dieser Route liegt deutlich mehr Schnee, doch dank den Spuren ist dies kein Problem und vereinfacht auch die Wegfindung. Beim Rot Bristen (2762m) hole ich die beiden anderen Bristen-Besteiger wieder ein.
Bei Pt 2374 verrät ein Blick auf die Uhr, dass es noch zu früh ist für einen direkten Abstieg. So ein Prachtstag in den Bergen muss einfach noch intensiv genossen werden. So bleibe ich weiter auf dem Grat und hänge noch den Lauchergrat (2327m) dran. Eine ziemlich ausgesetzte Angelegenheit, aber ganz nach meinem Geschmack (T5+/T4-). Den letzten felsigen Zacken wie auch das Abklettern in die Scharte davor schenke ich mir allerdings. Stattdessen steige ich in der steilen Ostflanke ab und traversiere in dieser zum Laucherlückli. Beim schiefen Kreuz auf dem Chli Bristen (2184m) geniesse ich nochmals kurz das herrliche Panorama und schaue staunend zum Bristen zurück.
Der Bergweg führt dem Bristensee entlang zur Bristenhütte. Dort treffe ich wieder auf die anderen beiden bekannten Gesichter, welche auf der sonnigen Terrasse die Gastfreundschaft geniessen. Auch ich lege noch einen kurzen Boxenstopp ein und tanke einen halben Liter Apfelschorle nach. Doch schon bald breche ich wieder auf, denn allzu viel Zeit bis zur Abfahrt des Postautos bleibt mir nicht mehr. Im Sauseschritt steige ich über Blacki (1868m) zum Bristenstäfeli (1591m) ab. Im Hagglisbergwald erwische ich zwar nicht alle Abkürzungen, dennoch erreiche ich Hinterbristen (770m) eine Viertelstunde vor Abfahrt des Postautos. So bleibt noch Zeit für einen Espresso im Restaurant.
Im Nachhinein betrachtet hätte ich den Abstieg etwas gemächlicher angehen und erst das nächste Postauto anpeilen sollen. Denn der rasante Abstieg (fast 1500 Höhenmeter in knapp eineinhalb Stunden) spürte ich noch Tage in den Oberschenkel…
Fazit: Endlich hat es geklappt. Und erst noch über eine äusserst wilde und selten begangene Route. Im Gipfelbuch habe ich nur eine Erwähnung des Westgrates gefunden. Keine Frage, dies wird sicher nicht meine letzte Besteigung des Bristen gewesen sein. Schliesslich hat eine Pyramide vier Kanten…
Tourengänger:
Tobi

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