Nagelfluhkette-Hörner-Runde


Publiziert von quacamozza , 15. Juli 2013 um 18:24.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:13 Juli 2013
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 17:00
Aufstieg: 4180 m
Strecke:Blaichach-Mittag-Hochhäderich-Lecknersee-Hörnerkette-Blaichach (59 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit Auto oder Zug nach Blaichach (Parkmöglichkeiten nahe der Firma Bosch außerhalb der generellen Halteverbotszone)
Unterkunftmöglichkeiten:Staufner Haus, Berghaus Schwaben
Kartennummer:Topografische Karte 1:50 000 Allgäuer Alpen

Die große Allgäu-Voralpen-Runde: 59 Kilometer, 4180 Höhenmeter, gut 17 Std. netto bei zügigem Wandertempo: Das ist die Ultralangversion der Nagelfluhkette für konditionsstarke Aspiranten, die vom Allgäu nie genug bekommen können.

Das Reizvolle an dieser Unternehmung ist die Kombination aus zwei kompletten Gebirgszügen als Rundtour, nämlich zum einen der Nagelfluhkette vom Mittag zum Hochhäderich (diese Tour einzeln siehe *hier) und zum anderen dem von Hittisau zum Ofterschwanger Horn verlaufenden, langgezogenen Kamm mit den sogenannten Hörnern als Abschluss.

Dies alles ergibt dann einen traumhaften Tourentag, an dem man das Allgäu sozusagen day and night kennenlernt. Für mich eine Fünf Sterne deluxe-Wanderung.


Auch eine kleine(re) Nagelfluh-Hörner-Runde ist möglich, wenn das westliche Stück der Nagelfluhkette Hochgrat-Hochhäderich ausgelassen wird.
Ein vorzeitiger Abbruch der großen Runde kommt dagegen erst ab dem Heidenkopf mit Abstieg Richtung Gunzesried in Frage, da die ÖPNV-Verbindungen von Hittisau / Balderschwang ins Illertal eine Zumutung sind.

Zwei Gipfel ließ ich aus: Während das Sigiswanger Horn ohnehin keinen Besuch wert ist, verzichtete ich beim Großen Ochsenkopf ausnahmsweise wegen der Einkehr im Berghaus Schwaben. Die anderen 25 Gipfel waren dafür umso schöner.


Die Tour ist bestens ausgeschildert, so dass ich mich auf wenige Anmerkungen beschränke.

Der schwierigste Abschnitt ist der weglose Aufstieg von der Oberen Koppachalpe zur Einsattelung westlich des Koppachsteins. Der Weg, der in den Karten immer noch eingezeichnet ist, existiert nicht mehr. Ein Blick fürs Gelände hilft, heikle Stellen zu vermeiden. Trotzdem ist dieser Teil der Tour mit T 4 zu bewerten. Im Übrigen bewegt sich die Schwierigkeit in T 3-Bereichen.

Am Samstenberg muss den Felsabbrüchen gelegentlich nördlich ausgewichen werden. Auch hier ist Gehen im weglosen Gelände bis zum Stillberg angesagt.

Die frühere Schlüsselstelle der Nagelfluhkette zwischen Falken und Hochhäderich, eine senkrechte, seilgesicherte Wandstufe, kann mittlerweile durch eine geänderte Wegführung umgangen werden (gut auf die blau-weiße Markierung achten!).

Die Nagelfluhkette ist am Wochenende exorbitant frequentiert. Auf dem "Luftigen Grat", einem Premium-Wanderweg, gab es an einigen Stellen sogar Stau. Deswegen: wenn möglich unter der Woche gehen.

Leider ist das schöne Gipfelbuch am Höllritzer Eck nicht mehr vorhanden. Gerne hätte ich ein bißchen nach den bekannten Namen gestöbert.

Die Verpflegung während der Tour erfordert etwas Organisation. Mein Getränkeverbrauch etwa belief sich auf gut 7 Liter. Diese Menge kann man natürlich nicht von Anfang an mitschleppen, so dass eine regelmäßige Einkehr notwendig wird, speziell bei großer Hitze.
Dazu stehen sehr gute Möglichkeiten zur Verfügung. Hervorzuheben sind die Bergrestaurants am Hochgrat, am Hochhäderich sowie das Berghaus Schwaben.
Außerdem kann während der Alpzeit an der Oberen Koppachalpe und an der Oberen Wilhelminenalpe die Flüssigkeit aufgefüllt werden. Die überwiegend sehr freundliche Bewirtung und das Verständnis für Nichtseilbahntouristen sei hier besonders erwähnt. Das kenne ich auch anders. Ein Teller Spaghetti kurz nach 10 Uhr - kein Problem am Hochgrat.

Meine persönlichen Highlights der Tour:
Die blühenden Sommerwiesen, der nette Kontakt mit anderen Wanderern, der Sonnenaufgang auf dem Mittag, der stimmungsvolle nächtliche Gipfelblick auf dem Rangiswanger Horn, das meditative Dahinschreiten in den Randzeiten, die Überwindung eines Hungerastes am Girenkopf, nachdem ich wegen der hohen Konzentration auf die Wegführung das Essen vergessen hatte und das gute Gefühl, am Ende trotz der Anstrengung noch weiterlaufen zu können, wenn es denn hätte sein müssen. Mit diesen Eindrücken hing ich dann noch die (nicht mehr geplante) gut zweistündige Heimfahrt dran.


Es ist keine neue Erkenntnis: das Wichtigste bei langen Touren ist einmal die stetige Aufnahme von Essen und Trinken, auch wenn einem nicht danach ist. Selbst der trainierteste Sportler hat nur Kohlenhydratspeicher mit 2500 Kalorien. Mein Kalorienverbrauch heute: 12000.
Die Verstoffwechslung von Proteinen möglichst vermeiden. Also ruhig eine Pause mehr einlegen, auch wenn die noch so kurz ist.

Nicht in Panik verfallen, wenn sich Wegabschnitte als schwieriger herausstellen sollten und der Zeitplan Makulatur wird. Geduld und Beharrlichkeit zahlen sich aus.

Außerdem gilt es, den Spaßpegel stets hoch zu halten. Meine Motivationsspritzen: die Natur genießen, daran denken, dass es ein Privileg ist, in den Bergen zu sein und laufen zu können, und die Leistung geil finden, wenn man genau den nächsten Berg bezwingt. Auch das zwischenzeitliche Notieren der Kilometer und Höhenmeter hat mir sehr geholfen. Nie an das Endziel denken, das ist immer unerreichbar weit weg, sondern abschnittsweise in Etappen.

Während der Wanderung hatte ich glücklicherweise nie einen richtigen Tiefpunkt. Vorher ausschlafen und sich vernünftig ernähren - das kann neben gezieltem Training durchaus vorentscheidend sein. Dann braucht's auch keine Pasta-Party am Abend vorher.


Durchgangszeiten:

Blaichach                           04.20 Uhr
Mittag                                05.20-05.30 Uhr
Steineberg                          06.10 Uhr
Stuiben                               07.05-07.15 Uhr
Buralpkopf                         08.00 Uhr
Rindalphorn                      09.00-09.15 Uhr
Hochgrat                           09.55-10.05 Uhr
Hochgratbahn                   10.15-10.50 Uhr
Seelekopf                            11.10 Uhr
Hohenfluhalpkopf             11.25 Uhr
Falken                                12.20-12.30 Uhr
Hochhäderich                    13.05-13.45 Uhr
Lecknersee                         14.35 Uhr
Obere Koppachalpe           15.15 Uhr
Girenkopf                           17.25-17.35 Uhr
Heidenkopf                         17.50 Uhr
Siplingerkopf                      18.25 Uhr
Obere Wilhelminenalpe     18.40-18.55 Uhr
Bleicherhorn                       19.15 Uhr
Riedberger Horn                20.15 Uhr
Berghaus Schwaben          20.45-21.15 Uhr
Weiherkopf                         21.45-21.55 Uhr
Rangiswanger Horn           22.20 Uhr
Ofterschwanger Horn        22.50 Uhr
Allgäuer Berghof                 23.10 Uhr
Blaichach                             00.40 Uhr











Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (8)


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Andy84 hat gesagt: Respekt
Gesendet am 15. Juli 2013 um 18:29
echt ne tolle Tour.
Mich ärgert es maßlos dass ich keine Zeit hatte mitzukommen.
LG Andy

quacamozza hat gesagt: RE:Respekt
Gesendet am 15. Juli 2013 um 18:34
Servus Andy,

ja, Du hast da echt gefehlt. Das ist genau das Richtige für Dich.
Aber die Berge laufen nicht weg. Vielleicht nochmal zu zweit????
Wünsch Dir viel Erfolg beim Lernen. Bei mir geht's jetzt auch erstmal ne Woche nicht...

Gruß zurück ins wunderschöne grüne Allgäu
Ulf

Tuppie hat gesagt: Mannomann
Gesendet am 19. Juli 2013 um 16:27
Gratuliere lieber Ulf zu dieser abartig langen und so genialen Tour! Wahnsinn! Man kommt sich ganz klein vor, wenn man selbst über der Karte hängt und die Nagelflukette von Steibis bis Immenstadt plant :)
Wie lange braucht wohl der "Ottonormalverbraucher" (500 Hm/Std.) wie ich vom Hochgrat bis zum Mittag?

Lieben Gruß
Thomas

quacamozza hat gesagt: RE:Mannomann
Gesendet am 23. Juli 2013 um 17:14
Hallo Thomas,

zunächst mal vielen Dank für Deine Message.

Ja, es war wirklich was Besonderes. Die Hügel habe ich ja schon zig mal bestiegen, aber von der einen Nacht in die nächste zu laufen ist ganz speziell - so viele Eindrücke auf einmal, das muss man erstmal verarbeiten.

So ähnlich war's bei mir ja schon am Teide - auch dieser Tag wird in bester Erinnerung bleiben.

Zu Deiner Frage: Vom Hochgrat zum Mittag sind's 1700 Höhenmeter, 14 km. Angegeben sind 6,5 Std. (umgekehrt 7 Std. laut Wegweiser).
Dies müsste bei gemäßigtem Tempo inklusiver kleiner Pausen gut zu schaffen sein. Die letzte Bahn am Mittag fährt übrigens um 17 Uhr.
Eine Übernachtung im Staufner Haus ist wohl auch zu empfehlen, wenn's nicht die ganze Kette am Stück sein soll.
Steibis-Immenstadt ist wirklich eine schöne Tour, also auf geht's...

Alles Gute, Grüße zurück
Ulf

quacamozza hat gesagt: Korrektur nötig
Gesendet am 23. Juli 2013 um 17:49
1000 Höhenmeter sind's natürlich nur vom Hochgrat zum Mittag...;-)

jakajo05 hat gesagt: RE:Korrektur nötig
Gesendet am 19. August 2014 um 08:16
Noch ein Respekt, das ist schon sehr lange für eine Tagestour!
Meine Version:von Oberstaufen auf's Hündle, war bei knalliger Augustsonne auf dem Asphaltweg leider kein Vergnügen, dann nach Osten. Hier war es dann zum Glück bis auf ein paar einzelne Pilzsucher sehr einsam. Jetzt gings hoch , zum Teil steil auf den vorderen Prodel und über Graterhebungen bis zum Ende des Kamms, dann kurz und steil ins Tal und wieder ein Stück über Fahrwege hinauf zum Kemtner Naturfreundehaus, wo ich noch ein nettes Gewitter beobachten konnte, dass in ein paar Kilometern Entfernung ganz langsam vorbeizog. Am nächsten Morgen ging es über den Sedererstuiben und die anderen Gipfel über den Hochgrat zum Staufnerhaus. Nach muskulären Problemen war ich froh hier zu sein (zu wenig Training und nicht wirklich gute Schuhe sind keine gute Kombi für ständiges Auf und Ab). Am nächsten Morgen Richtung Leiterberg und über Girenkopf, Siplingerkopf und den anschliessenden Kamm zum Riedberger Horn bei diesmal Superhochsommerwetter, heiß!, über den Südostrücken zur Bushaltestelle an der ich noch eine Stunde in der Sonne gegrillt wurde, bevor es mit Bus und Zug zurück nach Hause ging.
Laut Topmaps Bayernkarte waren es circa 46km bei 3300Hm bergauf und 2600Hm bergab, für dich wahrscheinlich nur eine Tagestour, aber nicht jeder läuft Marathon in den Bergen.
Viel Spaß weiterhin!

quacamozza hat gesagt: RE:Korrektur nötig
Gesendet am 21. August 2014 um 18:26
Hallo,

danke für Deinen Kommentar.

Die Berge muss man natürlich nicht alle an einem Tag besteigen. Es sind ja ohnehin nur Hügel, die aber, wie Du feststellen konntest, durch das ständige Auf und Ab doch einiges an Kondition voraussetzen. Wer nicht fit genug ist, kann die tolle Gegend nicht richtig genießen.

Am nachhaltigsten sind die Eindrücke morgens und abends, wenn man alleine wandert. Von der Jahreszeit ist sicher der Herbst und auch das Frühjahr besser als der Hochsommer. Ich habe die Nagelfluhkette meist zeitig in der Saison bewandert, allerdings immer mit wenig Fernsicht.

Weiterhin schöne Touren.

Sportliche Grüße
Ulf





F3ttmull hat gesagt: Dreifahnenkopf
Gesendet am 21. Mai 2020 um 20:46
Achtung: Der Dreifahnenkopf ist vom 01.04 - 31.07 ein Wald-Wild-Schongebiet, daher bitte nicht betreten: https://nagelfluhkette.info/fileadmin/redaktion/Naturpark_erleben/Freiraum_Lebensraum/Gebietsflyer/FR.LR.Gebietsflyer17_Blaichach.pdf


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