Nagelfluhkette komplett


Publiziert von schimi , 11. September 2016 um 11:16.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:10 Juli 2016
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A   Bregenzerwald 

9. Juli 2016
Schon ziemlich lange möchte meine Frau die Nagelfluhkette einmal komplett gehen. Obwohl wir schon einen Großteil der Gipfel bestiegen haben, wird der Wunsch nicht durch die unzähligen anderen Bergziele aus der Wunschliste verdrängt. Also gehen wir's an.

Wir nehmen von Immenstadt die Bahn in Richtung Oberstdorf und wechseln in Fischen auf den Bus, der uns bei allerschönstem und heißem Wetter über den Riedbergpass nach Hittisau bringt. Das klappt bis auf die zu lange Umsteigezeit recht gut und kostet auch weniger als wir vermutet hatten. Die Wartezeit ist für uns kein Problem, haben wir von Hittisau doch nur noch den Aufstieg auf das Hochhäderichhaus auf dem Programm.

Von Hittisau Ortsmitte gehen wir direkt nach Norden um den Wanderweg zu erreichen, der ab Gfäll direkt nach oben führt zu unserem Nachtlager. Schon nach den ersten Höhenmetern sind wir schweißgebadet. Wir sind froh, dass oberhalb Gfäll der Weg dann bald in den Wald führt, der uns durch seinen Schatten ein klein wenig Linderung verschafft.

Der erste Teil des Weges macht wenig überflüssige Kurven und führt, zumindest bei diesem Wetter ein wenig zu steil nach oben. Nach einer Weile führt der Weg auf einen Wirtschaftsweg, der und dann weniger steil weiterbringt. Schon in Sichtweite der Oberen Ladalpe führt der Wanderweg wieder links vom Fahrweg weg und weiter nach oben. Hier sehen wir, dass es noch etwas steiler geht; aber zum Glück in sehr dichtem Wald.

Wir erreichen eine Weide, über die wir die Gehrenalpe erreichen. Hier ist der Großteil des heutigen Aufstiegs dann auch schon bewältigt. Ab jetzt wandern wir auf einem breiten Fahrweg weiter, der im Winter hier schon deutlich sichtbar mitten im Schigebiet des Häderich liegt. Man kann nun auch linkerhand nach Norden in die Tiefe schauen, und sieht dort auf das Almhotel Hochhäderich, welches mich schon etwas erschreckt wegen seiner schieren Größe; ob es eine Tiefgarage gibt ist nicht überliefert. Wundern würde mich es nicht.

Das Alpengasthaus Hochhäderich ist das genaue Gegenteil dazu. Klein und urig kommt es daher und man wird freundlich empfangen und bedient. Mehr wünscht man sich doch eigentlich nicht. Wir nehmen auf der Terrasse Platz, und genießen nun bei einem kühlen Getränk die schöne Aussicht auf Hittisau und die Berge südlich davon. Zwischen Ifen und Freschen ist kaum ein Wölkchen zu sehen. Und plötzlich ist es niemandem mehr zu heiß. Im Gegenteil, wir genießen die Wärme der Sonne, die sich bereits deutlich in Richtung Bodensee auf den Weg gemacht hat. In zwei Stunden wird es schon dunkel sein.

Nach dem Abendessen machen wir uns auf, um den nur wenige Minuten entfernten Gipfel des Hochhäderich zu besuchen. Um die Zehn Minuten sind wir unterwegs, bis wir oben die Aussicht von 360 Grad genießen dürfen. Der Bodensee und seine Aussichtsplattform der Pfänder sind prächtig zu sehen. Die Sonne taucht den See in ein warmes gelbes Licht. Ein anderer Bergwanderer macht sich gerade auf um sich seinen Biwakplatz einzurichten. Das ist heute sicher eine hervorragende Wahl hier oben! Wir gehen wieder hinunter genießen die letzten Minuten bis die Sonne tatsächlich verschwunden ist.


10. Juli 2016
Am nächsten Morgen machen wir uns nach einem leckeren Frühstück auf den Weg über den langen Grat. Gleich hinter dem Häderichgipfel kommen schon die ersten interessanten Stellen. Der Abstieg folgt dem teilweise sehr schmalen Nagelfluhgrat, der für viele Wanderer ohne die Seilsicherung schon das Ende des Wandertages bedeuten würde. Aber dank der Sicherung bewältigt man die schmalen und etwas ausgesetzten Tritte in dem sehr steilen Gelände ohne Schwierigkeiten. Fast überall sind die steilsten Stellen mit Bäumen umsäumt, so muss (oder darf) man nicht in den Abgrund schauen.

Hat man den Gipfelabstieg hinter sich gelassen, kommt auch wieder einfaches Wandergelände. Sehr einsam ist es hier heute Morgen. Dies liegt natürlich auch daran, dass nur sehr wenige auf dem Häderichhaus übernachtet haben, und alle anderen noch im Aufstieg sind. Auch die Wanderer vom Hochgrat, die schnell mit der Seilbahn heraufkommen sind noch nicht hier, sodass wir fast immer alleine sind.

Wir passieren die Falkenköpfe und haben dann eine ganze Weile die Falkenhütte im Auge, die auf der Nordseite der Nagelfluhkette wenig unterhalb der Gipfelhöhe liegt. Zwischen Eineguntkopf und Hohenfluhalpkopf verlassen wir die Grenze zwischen Deutschland und Österreich, denn die knickt hier nach Südosten ab. Genau vom Hochhäderichhaus, dass mitten auf der Grenze steht, bis hierher, folgt die Landesgrenze dem Gratverlauf.

Unser schmales Weglein führt uns langsam in Richtung Hochgrat. Aber auch am Seelekopf ist es noch nicht unerträglich voll mit Wanderern, obwohl das Staufner Haus und der Hochgrat schon gut zu sehen ist. Es sind halt doch nicht so viele, die sich auf den recht weiten Weg zum Häderich machen. Auf Höhe des Staufner Hauses wird es erstmals so richtig voll. Wir treffen die Leute im Sekundentakt und auch der Weg ist hier nur noch von untergeordnetem Reiz.

An der Hochgratbahn verpflegen wir uns kurz und füllen unsere Getränkeflaschen wieder auf, denn es wartet gleich hinter dem Hochgrat wieder ein langes Stück Einsamkeit bis zu unserer Unterkunft der Alpe Gund. Bis hierher haben wir fast genau die Hälfte des Weges hinter uns gebracht. Was jedoch wartet ist der etwas längere Part, der dafür aber auch mehr Höhenmeter bereithält.

Auf den Hochgratgipfel und auf der anderen Seite wieder hinunter sind wir in guter und reichlicher Gesellschaft. Offensichtlich machen die meisten Wanderer, die hier heraufkommen aber die vielfach angepriesene Panorama-Rundtour, die kurz hinter dem Gipfel bei der Brunnenauscharte schon nach Süden den Grat verlässt. Wenige Schritte nach dem Abzweig haben sich 90 % der Wanderer schon wieder verabschiedet und wir sind wieder alleine.

Auf uns wartet der nächste Aufstieg von etwa 200 Höhenmetern auf das Rindalphorn. Hier müssen wir unbedingt wieder innehalten, denn die Aussicht zurück auf den Hochgrat ist wirklich sehr schön! Wir sehen die Gleitschirmflieger wie sie um den Gipfel kreisen – aber es nutzt nichts, der lange Weg, der noch vor uns liegt mahnt zur Eile.

Steil und auf schlechtem Weg geht es nun weit hinunter in die Gündlesscharte, das kostet schon ein wenig Kraft, denn ohne weiteres Geradeaus geht es gleich wieder steil in die Höhe. Gündleskopf und gleich dahinter der Buralpkopf bringen uns fast wieder auf die Höhe des Rindalphorns. Auch das Rindalphorn bietet wieder reizvolle Ausblicke, jedoch beginnt die Sonne jetzt schon deutlich ihre Talfahrt. Das Licht wird wärmer und die Zeit die uns bleibt wird kürzer.

Nach einem kurzen Abstieg wandern wir über die Oberen Sedererwände. Auch hier ist der Weg teils sehr schmal und es gibt die eine oder andere Stelle mit einer Sicherung. Den nun folgenden Sedererstuiben wird vom Weglein ausgelassen. So tun wir es auch, da wir schon Müde sind. Der Weg führt an der Nordseite einige Meter unterhalb des Gipfels vorbei und kommt in der nächsten Senke wieder zum Grat zurück. Am tiefsten Punkt, vor dem Aufstieg zum Stuiben führt unser Weg nach Norden vom Grat weg und zu unserer Alpe Gund, wo wir uns nun schon heftig auf ein reichhaltiges Abendessen freuen.

Der Aufenthalt auf der Alpe Gund ist sehr angenehm, das Essen gut. Wir sitzen lange auf der Terrasse und genießen den warmen Abend.



11. Juli 2016
Schon der Morgen empfängt uns mit viel Wärme! Ein weiterer heißer Wandertag wird folgen. Ich beginne schon beim Frühstück mit schwitzen, obwohl ich schon die kurzen Hosen anhabe. Wir wandern wieder hinauf zum Grat und beginnen genau dort, wo wir gestern aufgehört haben. Wir steigen kurz auf den Sedererstuiben, um dann gleich wieder hinunterzugehen und den Stuiben zu erklimmen.

Der Abstieg vom Stuiben nach Osten gehört wieder zu den Stellen, die dem Gesamtweg die nötige Würze verleihen. Teils steil und manchmal ein wenig ausgesetzt schlängelt sich der Pfad nach unten. Hier und da ist der Wegeverlauf nicht eindeutig, so kann man mal links oder rechts gehen und kommt dann entweder gleich wieder auf den anderen Weg zurück, oder aber man kehrt um, weil es auf dem anderen Weglein vielleicht doch ein bisschen weniger schwierig gehen könnte. Die eine oder andere Stelle ist ein wenig versichert, etwas Trittsicherheit und Wandererfahrung sollte man für den Abstieg aber doch mitbringen, sofern man das genießen möchte.

Schon ziemlich unten kommt noch ein etwas längeres Stück, das klettersteigartig entschärft wurde. Eine riesige schräge liegende Nagelfluhplatte ist zu überwinden. Bleibt man mit einer Hand am Drahtseil und setzt seine Schritte mit etwas bedacht, kommt man aber auch da sicher über den Nagelfluh hinüber. Entspannter und weitgehend eben geht es nun weiter. Der sanfte Weg hat jedoch nach einigen Minuten ein jähes Ende, weil wir vor einer hohen Felswand stehen.

Wieder ein Stück "klettersteigartiges" vor uns. Geschickt nutzt der Aufstieg einen breiten gut begehbaren Riss im Gelände, so kann man mit einer Hand am Eisenkabel genüsslich in die Höhe steigen, so überwinden wir den steilen Aufstieg im Handumdrehen. Oben angelangt geht es wieder sanfter weiter. Auf schmalem Pfad erreichen wir in wenigen Minuten den Steineberg, der mit seiner Leiter auf der anderen Seite eine kleine Attraktion bereithält. Aber dazu gleich mehr.

Der Steineberg ist ein langgestreckter Nagelfluhgipfel, der mit zwei Wegen erschlossen ist. Der eine führt direkt über den Gipfelgrat und endet kurz hinter dem Gipfelkreuz mit einer 17 Meter langen und fast senkrechten Leiter, die in die Tiefe führt. Der andere Weg umgeht den mächtigen Nagelfluhklotz nordseitig und etwa 20 Meter tiefer, und führt schlussendlich an das unter Ende der Leiter. So kann man am Steineberg eine etwa 10-minütige Rundtour über den Gipfel machen. Die meisten Leute steigen lieber die Leiter hoch und so empfiehlt es sich zumindest an den Tagen wo es hier oben voll ist diese Gangrichtung einzuhalten.

Da wir schon einmal hier waren und wir die Leiter schon kennen, steigen wir diese einfach hinunter und verzichten auf den kleinen Rundkurs. Der Weiterweg in Richtung Mittag ist zunächst sehr steil, der Weg ist aber aller bestens hergerichtet.

Ab dem Steineberg nimmt der Gegenverkehr auch drastisch zu, denn wir kommen in den Bereich der Seilbahn die zum Mittag hinaufführt. Der weitere Abstieg bietet ein paar interessante Ausblicke in die steilen Nordabbrüche des Nagelfluhs und bietet auch überreichlich die Möglichkeit entgegenkommende Wandersleut zu betrachten, die nicht selten sehr gefordert erscheinen ob des Aufstiegs und der unpassenden Wanderausrüstung. Denke ich an Bluejeans bei dieser Hitze am Berg, wird mir schon vom Gedanken daran schwindelig. Ich muss sie nicht einmal anziehen!

Nach dem Abstieg geht es gemütlich weiter bis zum Mittag mit seiner lieblichen Aussicht und der deftigen Brotzeit, die da auf uns wartet. Wir genießen die Einkehr, auf einer Bierbank, und barfuß! Es hat auch hier oben 30 Grad. Wir werden sehen, wie heiß es unten in Immenstadt ist.

Nach der Einkehr entscheiden wir uns für einen gemütlichen Ausklang dieser großartigen Streckenwanderung über viele Gipfel und nehmen die Seilbahn, die uns in gemächlicher Gangart ins Tal nach Immenstadt bringt.

Tourengänger: schimi


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentar hinzufügen»