Kabelbau statt Kabeljau


Publiziert von Henrik , 13. September 2012 um 13:40.

Region: Welt » Schweiz » Uri
Tour Datum:11 September 2012
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-UR 
Zeitbedarf: 3:00
Abstieg: 200 m
Strecke:Göschenen - Wassen
Zufahrt zum Ausgangspunkt:ÖV
Zufahrt zum Ankunftspunkt:ÖV
Kartennummer:map wanderland

... am Vorabend zirkulierten zwischen mir und kopfsalat einige PNs bezüglich eines möglichen gemeinsamen Unternehmens – bei der Recherche meinerseits stiess ich allerdings auf dieses Hindernis, das für mich unüberwindbar schien, auch wenn ich in der Region schon mal länger unterwegs war (2005 noch mit diesen an den Füssen!). Liebevoll antwortete mir Dani dann: „Aber ich bin sicher, wir finden mal etwas anderes, weniger anspruchsvolles, wo wir dann alle drei zusammen auf tour gehen und vielleicht auch noch mit einem TuT verbinden können!“ 
 
... während der Zugsfahrt (mit dem IR ab Basel 10.04) hinauf zum Gotthard fand ich einen andern hikr., der auch unterwegs war, in den niederen Walden (keine Koinzidenz mit Thoreau’s  seinigem, an den ich aber in diesem Zusammenhang des Unterwegs-Seins doch implizit darauf hinweisen möchte - Life in the Woods) ist es Tobi, der gerade nicht in einem Sendeloch steckte.
 
... zwei bzw. drei namhafte hikr.s unterwegs in der Innerschweiz – hier erfahren sie von dieser Gemeinsamkeit. Auf dem Weg zur Alpenfestung unterbrach ich um halb eins die Reise, um zu speisen. Die „Milchküche“ in Erstfeld, die ich hier schon mehrfach gelobt und empfohlen habe, ist Zwischenhalt. Und das fand sich dann auf meinem Teller - Rubrik Dienstag. Pommes liess ich mir nachschöpfen. Für den anstehenden doch warmen Tag bunkerte ich die erfrischende Molke (drei Flaschen), die jeweils am Dienstag in der „Milchküche“ ins Kühlregal gestellt werden. Das ist um Quanten erfrischender und wohl auch gesünder – ich bedaure, dass man in den Agglos (vielleicht weiss jemand dazu mehr) keine kaufen kann? Mit dem IR um 13.24 folgt die Fahrt auf der Nordrampe nach Göschenen. Statt weiter ins Tessin zu rauschen, dazu wäre um diese Tageszeit für ausgelassene Erkundungen die Zeit zu knapp, schulterte ich am Nordportal meinen Rucksack, klaubte die FinePix 5600 (mit dieser Uralt-Digitkamera kann ich immer noch arbeiten) hervor und rupfte den Kartenausdruck aus der Seitentasche der Fjällräven G 1000-Hose: ein Startföteli noch, dann spazierte ich los.
 
... die angegebene Wanderzeit nach Wassen werde ich beim meinem Unterfangen gewiss verlängern müssen, denn ich wollte mir die Strecke bahntechnisch näher ansehen. Ich brauchte eindeutig mehr Zeit. Dies fing schon nach einigen hundert Metern an. Wo ich seit Jahren (...) ganz offenkundig unaufmerksam vorbeihoppelte, sah ich nun Details. Ich nahm auch Umwege und Sackgassen in Kauf: damit entdeckte ich wiederum Neues über die Gotthardbahn. Die Brücke über die Göschenerreuss war so eine Entdeckung. Das Gletscherblau schien sich im Wasser wiederzufinden. Oder der seit Jahrzehnten ruhende Kran am Ende des Parkplatzes am Bahnhof in Göschenen – er wirkt ziemlich deplatziert, solche finden sich in den Häfen und dort wo die Meere enden und insbesondere die gelandeten Fische! Da ich mich bis dato nie um Kräne gekümmert habe, Dank sei Netz, weiss ich nun, dass dieser in Göschenen zur Kategorie der Portal- bzw. Bockkrane gehört. Man nennt solcherlei Krane auch Laufkatzen!
 
... etwas später entdeckte ich am Gleistrasse ein in Beton eingegossenes T-Profil der Schiene – wozu dieses Teil dort eingebracht ist, entzieht sich meiner Kenntnis? 


... beim Pt. 1122 erreicht man eine solche Sackgasse, ein kleines Plätzchen, eine Lichtung mit Blick ins  Reusstal, unter mir die letzten Meter des Naxbergtunnels (1500 Meter lang). Im weiteren Verlauf des WW folgt man einige Meter der Autobahn, überquert auf einem Steg das Wasser des Naxtals und bei Pt. 998 trennen sich die Wege: bis zur Erstellung des Bahnwanderweg „GOTTARDO“ anlässlich des 125-jährigen Jubiläums verlief der Weg auf dem oberen Teil. Das eigentliche Ziel meiner Wanderung kommt aber erst noch: für den Bau der Bahnbetonröhre (vormals Brücke) über den Rohrbach wurde auf diesem Teilstück wahrscheinlich ein beträchtlicher Teil des Baumaterials herangekarrt. In Serpentinen führt ein breiter Weg zum Punkt 1025 – auch als Einstieg zum Meiggelenstock dementsprechend gekennzeichnet. Ich verweile auf diesem Bödeli eine Weile: das gigantische Werk des Betongebildes über dem Rohrbach (im letzten Teils dieser Darstellung ist darüber zu lesen – für Ferrophile ein Muss), halb Tunnel, halb Galerie und Nordportal des Naxbergtunnels ist das Ergebnis jahrzehntelanger Bedrohungen durch die Naturgewalten des Rohrbaches und seinen Lawinenniedergängen. Im Zug sitzend nimmt man dies heute gar nicht mehr wahr. Überhaupt, etwas ganz Grundsätzliches: wir sind durch die Globalisierung und Digitalisierung zwar ständig am Draht, durch die Komplexität und Fülle eingedeckt, ein enormes Wissensplateau scheint erreicht und trotzdem wissen wir nicht (mehr) wie eben etwas  „schmöckt“ oder riecht!
 
... bei der Kapelle in Wattingen stossen die Wege wieder zusammen. Statt auf dem Bahnwanderweg oberhalb der Geleise entlang zu wandern, verbleibe ich strassenseitig und gelange zum verwaisten Bahnhof Wassen. Dort sind der Boden und die Umgebung rostbraun eingedeckt – jahrzehntelanger Abrieb hat sich in die Oberfläche eingefressen. Als Erinnerung an den Granitindustrie in der Region Wassen steht dort auf dem Gelände des Bahnhofs Wassen ein Kranwagen – man beachte im Link das diesbezügliche historische Foto, wo der Kran am Rand zu sehen ist.
 
... plötzlich ein paar Tropfen auf der Brille und auf dem Schutzglas der FinePix. Den Blick aufwärts gerichtet auf die umgebenden Berge, über ihnen dräut sich was zusammen. Eilig haben es die Wolken und nach Norden hin eine graue Wand. Ich bin nur wenige Schritte von der Bushaltestelle Wassen Post der Auto AG Uri entfernt, wo unter dem Schärmen sich schon andere Wanderer eingefunden haben. Kaum Platz genommen im Bus, beginnt es zu schütten. An den nachfolgenden Haltestellen werden nass gewordene Fahrgäste aufgenommen, die meisten als Rückkehrer in die Agglos. In Erstfeld bläst ein kühl gewordener Wind einen ins Gesicht – auf dem Urnersee ist Sturmwarnung ausgegeben worden, orange Drehwarnlichter leuchten auf.
 
... zuerst sitze ich im Zürcher IR bis Arth-Goldau, dann übernimmt der ICN nach Basel das Szepter – dort ist wie immer im Ruhewaggon das zu finden, was anderswo klemmt: Ruhe nach einem ereignisreichen Tag oder eben einfach das geniessen, was zur Mangelware geworden ist: Musse!

Tourengänger: Henrik


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Kommentare (1)


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CarpeDiem hat gesagt: Bei der...
Gesendet am 14. September 2012 um 13:41
...Lektüre dieses Berichtes hat man wieder einiges dazugelernt. Thanks.
Vielleicht waren gerade immer zu viele High-heels o.ä. im Visier, dass du da "seit Jahren ganz offenkundig unaufmerksam vorbeihoppeltest" ;-)))

LG, Anne-Catherine


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