Klettern am Hohenstein


Publiziert von Nik Brückner , 19. August 2024 um 15:44.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Odenwald
Tour Datum:16 August 2024
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 2:00
Aufstieg: 100 m
Abstieg: 100 m
Strecke:2 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Nach Reichenbach im Lautertal, dann durch den Ort hindurch und ein kleines Sträßchen hinauf zum Hofgut Hohenstein.
Unterkunftmöglichkeiten:Im Lautertal

Numaliweis wär ich um die Zeit ja in den Alpen unterwegs. Aber derzeit bin ich marienkäferchenbedingt gegroundet und kann allenfalls tränieren. Steht schließlich noch was Großes an, später im Jahr. Bis dahin heißt es also Tränieren. HimmelsleiterFelsenmeerSchriesheimer Steinbruch, und immer wieder auch am Hohenstein. Netterweise ist mein Schwager Luis immer wieder dabei, und Jordan Rudess' neues Album "Permission To Fly" - dann macht's mehr Spaß. 


Zum Hohenstein also. Das ist ein Kletterfelsen im Odenwald. Anfahrt: Nach Reichenbach im Lautertal, dann durch den Ort hindurch und ein kleines Sträßchen hinauf zum Hofgut Hohenstein (333 m).

Hier heroben befand sich einst ein Dörfchen; schon 1339 wurde es erstmals erwähnt. Mitte des 19. Jahrhunderts gehört zu Hohenstein 154 Morgen Ackerland, 97 Morgen Wiesen und 317 Morgen Wald. Dort wurde auch Bergbau betrieben.

Wirtschaftliche Nöte zwangen die Bewohner dann, sich anderswo ein Auskommen zu suchen. Sie verließen daher ihren Heimatort. Das Familie Erbach-Schönberg legte daraufhin die Grundstücke zusammen und baute sie zu einem Hofgut aus. Heute kann man es für Feierlichkeiten mieten.



Kurz vor dem Hofgut scharf links und über weitere Parkplätze auf breitem Weg in den Wald hinauf. Oben in einer Rechtskurve hinter einem Schuppen links ab und durch eine hübsche Allee über eine Wiese. Drüben in den Wald hinein. Ein paar Meter den Wald hinunter erstreckt sich der Hohenstein (320 m), ein 17 Meter hoher Quarzitfels.

Warum der hier steht, erzählt eine Sage:

Sie berichtet von zwei Riesen, die hier im Lautertal lebten. Der eine hauste am Hohenstein, der andere auf der anderen Seite des Tals, am Felsenmeer auf dem Felsberg. Eines Tages gerieten die beiden Nachbarn in Streit. Und sie bewarfen einander mit Steinen. Immer größer wurde die Wut der Riesen, und immer größer wurden die Steine, die sie aufeinander warfen.

Doch der Hohensteiner Riese hatte mehr Steine zur Verfügung, als der Riese vom Felsberg. Und deshalb begrub er seinen Widersacher bald mit seinen vielen Steinen. Nur ein Felsen blieb übrig, der war selbst dem Riesen zu schwer.

Bis heute kann man den Felsberg-Riesen in dunklen Nächten unter den Steinen des Felsenmeers Stöhnen hören....


Und jetzt wissen wir auch, warum am Hohenstein nur der eine, riesige Felsblock zu sehen ist - und am Felsberg so viele Granitbrocken!

Zurück zum Hohenstein. Das ist ein schön im lichten Hochwald gelegener, ca. 60 Meter langer und 17 Meter hoher Quarzitfels, der mit seinen vier, fünf Metern Breite eigentlich einen veritablen Grat bildet. Der Fels steht frei und ist damit von allen Seiten bekletterbar. Die langen NW- und SO-Seiten bieten etwa sechzig Kletterrouten von II bis VIII. Und der Quarzit ist bombenfest, nicht so brüchig, wie das Zeug, das man sonst in der Umgebung so findet, am Dossenheimer Grat etwa, an Donnersberg oder am Rotenfels.


Der Fels wurde 2013 durch die Grundeigentümerin gesperrt, die Sperrung war jedoch unrechtmäßig. Mittlerweile ist er wieder zum Klettern freigegeben. Also los!

Dem abenteuerlustigen, trittsicheren und klettergewandten Wanderer kann zunächst einmal und vor allem die Ost-West-Überschreitung ans Herz gelegt werden: Beide Schmalseiten sind wunderbar gestuft und bieten einen Kraxelspaß, der den IIten Schwierigkeitsgrad kaum überschreitet - wenn auch teils in ausgesetztem Gelände:

Es geht die großen Stufen in der steileren Ostkante hinauf, zunächst in einer steilen Rinne, dann sofort links davon. Diese wird weiter oben nach rechts gequert, bissl unangenehm, wodurch man auf einen Absatz gelangt. Hier links in eine winzige Schlucht. Am anderen Ende links hinauf und zum höchsten Punkt (320 m).

Oben angekommen, wird die Überschreitung fortgesetzt: Es geht mehr oder weniger über alles rüber, besonders im breiten Mittelteil hat's immer mal kurz Gehgelände.

Die Schlüsselstelle im Abstieg ist ein geneigtes Wandl, das auf kleinen, abgelatschten und deshalb unangenehmen Griffen und Tritten abgeklettert werden muss.

Auf der größeren, breiten Rampe links davon geht es auch, aber das Moos ist im Abstieg nicht so wirklich berechenbar. Im Aufstieg dagegen ist diese größere Rampe die bessere Wahl.

Der Rest ist wieder weitgehend Gehgelände, man kann aber auch nach links durch einen lustigen schrägen Spalt zum Waldboden hinuntersteigen.

Und das war die klassische Überschreitung. Die im Übrigen von West nach Ost ein Tickerl einfacher ist (siehe den kurzen Austausch hier). Die zweite leichte Route zieht sich durch die Südwand, nur wenige Meter neben dem beschriebenen schrägen Spalt. Leicht zu erkennen, hier springt die Mauer ein bissl zurück.

Aber erst in Kopfhöhe, weshalb man erst einmal von einem kleinen Brocken mit einem großen Schritt in die hier unten senkrechte Wand einsteigen muss. Dann geht's die Wand hinauf zu einem ersten großen Absatz. Hier links an die nächsten Brocken heran und diese hinauf zu einem weiteren, kleineren Absatz. Hier nach rechts, auf eine Rampe, die mit Hilfe eines guten Tritts erklommen wird. Von hier an helfen riesige Griffe, die man aber nicht sofort sieht, hinauf zum Grat.

Zum höchsten Punkt kann man nun über alles rüberkraxeln, wir haben einen großen Brocken rechts auf moosigen Tritten umgangen, um zu einem natürlichen Felsenfenster zu gelangen. Durch dieses hindurch geht's hinüber auf die Nordseite (ausgesetzt) und dann weiter zum höchsten Punkt.

Abstiegsmöglichkeiten, v. l. n. r.: entweder links eine hohe Stufe hinunter auf ein breites Band, oder weiter vorn direkt vom höchsten Punkt links hinunter auf das Band, oder am höchsten Punkt geradeaus über den Grat hinunter. Die ersten beiden Routen kommen auf einem Brocken zusammen, der auf dem Band liegt, dann geht's weiter durch die schon beschriebene winzige Schlucht und an deren Ende nach rechts, wo die dritte Route herunterkommt. Nun weit zurückgelehnt unter einem abdrängenden Felsen hindurch ausgesetzt nach rechts hinaus und gleich scharf links, die letzten Stufen nach Osten hinunter.

Unsere dritte Route war das breite Band in der Südseite.

Weitgehend Gehgelände wartet es allerdings kurz vor seinem Ende mit einer abdrängenden Rippe auf, um die man seinen Hintern herumschwingen muss. Nur wenige Schritte dahinter trifft das Band dann auf den bereits beschriebenen Ostaufstieg.

...für den es noch eine Variante gibt. Die Moosvariante:

Zunächst wie gehabt links der Rinne die Stufen hinauf, dann bereits auf halber Höhe die Rinne nach rechts queren, zu zwei kleinen Bäumchen. Hier nun auf die Nordseite hinüber und in der Nordwand auf einfachen und großen, wenn auch moosig-kuscheligen Tritten hinauf. Lediglich die letzten eineinhalb Meter, der Übertritt in die winzige Schlucht, erfordert ein wenig Kletterfertigkeit.

Ich bin dann wieder abgestiegen, und diesmal die Rinne heruntergespreizt. Muss man nicht machen, gibt aber einen halbwegs spektakulären Buttshot.

Tja, und dann sind wir noch ein bisschen herumgekraxelt. Man kann das Bouldern nennen, aber so weit wollen wir uns gar nicht aus dem Felsenfenster hängen. Es ist allerdings immerhin erwähnenswert, dass man mehr oder weniger den gesamten Felsen in Knie-, Hüft-, bzw. Schulterhöhe umkraxeln kann, ohne den Boden zu berühren.


Fazit:

Hohenstein, alle zwei Wochen! Macht immer wieder Spaß mit Dir, Luis. Schön, dass du dabei bist. Und wer etwas über richtiges Klettern dort erfahren will, liest das hier bei boerscht nach, oder hier und hier bei [u ju_wi].

Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (2)


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bj147 hat gesagt:
Gesendet am 19. August 2024 um 16:38
Cooler Trainingsfels, sieht sehr spannend aus :) Danke für den witzigen Bericht!

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 19. August 2024 um 19:03
Servus Björn!

Ja gern! Ist ein tolles Stück Quarzit.

Herzlichen Gruß,

Nik


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