Zimba Westgrat


Publiziert von cardamine , 18. September 2023 um 23:24.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Rätikon
Tour Datum:10 September 2023
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 11:00
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1650 m
Strecke:14 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Wanderbus vom Bahnhof Vandans ins Rellstal (erste Fahrt 7:55 Uhr Stand 2023)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Von Brand Galaferda oder Gemeindezentrum mit dem Bus zum Bahnhof Bludenz (letzte Fahrt 20:27 bzw. 20:25 Uhr Stand 2023)
Unterkunftmöglichkeiten:Heinrich-Hueter-Hütte, ÖAV

Das "Matterhorn Vorarlbergs" fiel mir immer wieder bei Bergtouren im Rätikon und Alpstein ins Auge, ein wunderschöner Zacken, den man einfach besteigen will! Ich dachte immer, dafür müsste man gut klettern können, bis ich die Routen genauer studierte und feststellte, dass der Westgrat gar nicht so schwierig ist. Mit nur einer Stelle 3b und viel IIern sollte es für uns eigentlich machbar sein. Einziges Hindernis: Die Heinrich-Hueter-Hütte ist am Wochenende IMMER ausgebucht! Wegen der Höhenmeter braucht man die Hütte zwar nicht, der Zustieg von der Bushaltestelle ist nur 200 Hm, aber ohne Hütte bleibt vom ersten bis zum letzten Bus nur ein Zeitfenster von 8 Stunden (das Rellstal ist für PKW gesperrt). Wer das nicht schafft, steigt besser durchs Sarotlatal nach Brand ab als durch das Rellstal nach Vandans, das ist kürzer.

Der Wanderbus liess uns um halb 9 am Beginn des Wanderweges zur Heinrich-Hueter-Hütte raus. Der Zustieg auf dem breiten Fahrweg (Abkürzungen möglich) ist für flotte Geher in einer halben Stunde erledigt. Unterwegs kamen uns schon zahlreiche Wanderer entgegen. An der Stelle muss ich mich mal wieder aufregen, wie sehr ich es zum kotzen finde, wenn Leute Hüttenschafplätze belegen, um dann bei bestem Bergwetter ihre Bierwampen frühmorgens schon ins Tal zu schaukeln!

Der Aufstieg zum Zimbajoch beginnt harmlos im Latschengelände und geht in einen guten Serpentinenweg durch ein Geröllfeld über. Die letzten 200 Höhenmeter muss man dann die Hände aus dem Hosensack nehmen, zahlreiche Kabel helfen bei der Überwindung des Felskamms, der sich von der Brandner Mittagspitze zur Zimba zieht.

Vom Zimbajoch folgt man dem Pfädlein entlang der Südseite und kraxelt dann im Ier Gelände aufwärts. Markierungen gibt es keine, man muss auf die Abnutzungsspuren am Fels achten, um den Weg zu finden. Zwischen den Felsabsätzen gibt es auch Pfadspuren. Die Kraxelei endet auf einem Aussichtshügel mit Steinmann, von dem aus man die Kletterei oberhalb der Sohmplatte gut einsehen kann. Von diesem Hügel kraxelt man nun ab in eine Scharte, geht rechts an einem grossen Felsblock mit Minihöhle vorbei und steht vor der Sohmplatte, Schlüsselstelle der Tour (3b). Unten gibt es einen Haken für den Standplatz, in der Mitte der Platte einen alten Schlaghaken und dann 4 neue Haken, die diagonal nach links über senkrechte, aber gut gestufte Felsen oberhalb der Platte zum 2. Stand hinaufführen.

Von dort in IIer Kletterei zu dem Felsspalt und dann entweder durch diesen hindurchzwängen oder rechts sehr exponiert daran vorbei. Ich entschied mich sehr gerne für die Option hindurchquetschen (Achtung, mit grossem Rucksack funktioniert das nicht!). Am Ausgang des Felsspalts gibt es wieder einen Stand. Von dort folgt Gehgelände bzw. exponiertes Gratwandern (T5), bis sich ein heller Turm in den Weg stellt. Diesen nun direkt an der Kante erklettern (II), die Rinne rechts davon ist extrem brüchig und sollte man meiden, auch wenn sie einfacher weniger exponiert aussieht! Oben an der nächsten Felswand gibt es wieder einen Stand.

Nach dem Turm wieder wenige Meter "Gehgelände", bis man an einen plattigen Felssporn gelangt, ab wo sich laut Routenbeschrieb auf der Hüttenhomepage 2 Varianten ergeben. Wir entschieden uns für die linke, also links von dem plattigen Sporn durch eine Verschneidung hoch, dann bei einem Haken nach links klettern und durch eine darüber liegende Rampe zum Stahlseilschlingenstand hinter dem roten Turm aufsteigen. Von da ist es einfach: Am kurzen Seil querten wir links über grasdurchsetzte Bänder aufwärts und erreichten eine Steigspur, die zwar exponiert, aber ohne Schwierigkeiten zum Gipfel führte.

Abstieg: Der Tourenbeschrieb auf der Hüttenhomepage meint, man solle wegen Steinschlaggefahr nur über die Sohmplatte abseilen und den Rest abklettern. Naja das können vielleicht Leute, die den Ostgrat hochkommen und IIer als "Gehgelände" bezeichnen, aber wir ganz sicher nicht. Wir seilten insgesamt 4-mal ab. Steinschlag haben wir dabei keinen ausgelöst, der Fels ist durch die vielen Begehungen super geputzt, insofern sehe ich da eigentlich kein Problem. Für den kompletten Abseil vom «Spalt-Stand» zum Fuss der Sohmplatte reichen genau 60 m. Wer ein kürzeres Seil hat, muss den Zwischenstand finden ;)
Man könnte auch über den Nordostgrat absteigen/abseilen, aber nachdem wir kein genaues Topo von der Route fanden, liessen wir es lieber bleiben.

Wieder am Zimbajoch angekommen, war klar, dass wir den letzten Bus im Rellstal (16:30 Uhr) nicht mehr erreichen würden und entschieden uns für den Abstieg durchs Sarotlatal, der ist kürzer als der durchs Rellstal. Ein Spaziergang ist das auch nicht (T4). Nach dem Zimbajoch folgt steiles Geröll, dann muss ein Felswandl anhand von zahlreichen Sicherungen und sogar einer Leiter abgekraxelt werden. Am Fuss der Felswand steigt man über einen endlosen Zickzack in den grünen Talboden ab. Durch Latschenbestände geht es zur Sarotlahütte, auch ein schöner Platz. Zur Hütte führt leider kein bequemer Fahrweg, man muss noch 600 Höhenmeter über einen rutschigen Waldsteig hinunterwandern. Die Wasserfälle des Sarotlabachs sind noch eine hübsche Abwechslung. Vom Ende des Sarotlatals hat man dann die Wahl: Entweder zur Bushaltestelle in Tschapina oder nach Brand Galaferda bzw. im Dorf, falls man dort noch einkehren will. Der letzte Bus nach Bludenz fährt Abendessen-freundlich gegen halb 9.

Tourengänger: Toni Montaña, cardamine


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Kommentare (14)


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Gelöschter Kommentar

ruegsem hat gesagt: RE:Toleranz
Gesendet am 19. September 2023 um 09:20
Liebe Cardamine
Deine In-Toleranz gegenüber etwas bierbäuchigen Bergwanderern ist schon eklatant. Ich möchte Dir lieber nicht begegnen. Das ist sehr schade für einen sonst superguten Bericht. Aber eben....
Berggruss Markus (kein Bierbauch)

cardamine hat gesagt: RE:Toleranz
Gesendet am 19. September 2023 um 09:56
Lieber Markus
Für BergWANDERER habe ich sehr wohl Toleranz, nicht aber für Leute, die nur zum Biertrinken auf einer Hütte übernachten wollen und eben NICHT Wandern, Bergsteigen oder Klettern gehen. Dafür gibt's Alpengasthöfe! Alpenvereinshütten wurden für Bergsportler gebaut und nicht zur Vergnügung. Leider vernachlässigen DAV und ÖAV diese Zielgruppe immer mehr, weil sie natürlich weniger Geld einbringt. Ergebnis: Wenn man als Bergsteiger ein anspruchsvolles Ziel schaffen will, muss man wieder biwakieren, wie vor 200 Jahren, als es noch keine Alpenvereinshütten gab oder wie blöd trainieren, damit man 2000 Hm Anstiege an einem Tag schafft. Und dann soll ich mich nicht aufregen?!

georgb hat gesagt: RE:Toleranz
Gesendet am 19. September 2023 um 10:15
Wir sind mal in einem Schutzhaus abgewiesen worden, weil ein Skatclub die Hütte reserviert hatte. Ob die alle Bierbäuche hatten, weiß ich nicht mehr, aber zum Bergsteigen war von denen keiner auf der Hütte!?

georgb hat gesagt: RE:Toleranz
Gesendet am 19. September 2023 um 12:03
Wobei natürlich Biertrinken an sich nicht verwerflich ist, im Gegenteil ecco ;-)

ruegsem hat gesagt: RE:Toleranz
Gesendet am 19. September 2023 um 10:55
Das ist alles gut und recht. Mit einem elektronischen Anmeldesystem wie es die SAC Hütten anbieten, wird schlichtweg nicht unterschieden wer einen Bierbauch hat oder nicht, und vor allem wer auf einen Gipfel will oder nicht. Die Diskussion ob eine Hütte nur für Gipfelstürmer oder auch für Normalos (Tagestouristen) zum Uebernachten ist, finde ich doch elitär.

cardamine hat gesagt: RE:Toleranz
Gesendet am 19. September 2023 um 11:34
Da widerspreche ich, das ist eine Grundsatzdiskussion! In der Satzung des ÖAV steht Bergsteigen ganz klar an erster Stelle "Es ist Zweck des Vereines, das Bergsteigen, alpine Sportarten und das Wandern zu fördern und zu pflegen". Die Hütten werden aktuell diesem Auftrag nicht mehr gerecht. Die Alpenvereine müssen dafür sorgen, dass sie ihrer Satzung treu bleiben und endlich Massnahmen ergreifen!

Cubemaster hat gesagt: RE:Toleranz
Gesendet am 19. September 2023 um 12:05
Etwas polemische Bemerkungen über Bierbäuche sind natürlich nicht ganz politisch korrekt, aber ich kann den Ärger gut verstehen und in der Sache hat sie absolut recht. Die Schutzhütten verlieren immer mehr ihren ursprünglichen Zweck. Ich kann als Bergsteiger eben nicht ewig im Voraus buchen, das macht überhaupt keinen Sinn. So werden die ungeliebten Gäste, die weniger konsumieren und dann auch noch sehr früh morgens wieder los wollen, praktischerweise sofort ausgesiebt. Übrig bleibt ein kommerzieller Massentourismus, den die Alpenvereine laut Statuten zwar ablehnen, aber für ihre Einnahmen gerne tolerieren. Irgendwie paradox, oder nicht?

Natürlich haben die "normalen" Wanderer auch ihre Berechtigung, dort zu übernachten, und sie bringen auch viele positive Aspekte, z. B., dass Hütten sich in unserer heutigen, extrem gewinnorientierten Gesellschaft überhaupt finanziell lohnen usw. Ich bin nur der Meinung, dass Bergsportler, welche die Hütte in ihrer Funktion als Schutzhütte benötigen, auch zu ihrem Recht kommen sollten (z. B durch Offenhalten von kleinen Kontingenten für Bergsteiger).

Nyn hat gesagt: Das Leid mit den Hütten
Gesendet am 19. September 2023 um 12:33
Leider habe ich auf der Webseite der Heinrich-Hueter-Hütte keinen Hinweis gefunden, welcher Kategorie sie angehört. Es gibt nämlich deren 3 und nur Hütten der Kategorien I und II haben sich an diese Reglungen zu halten!
(vgl ebenda Punkte Reservierung (nur 90%! dürfen vorbelegt werden) oder Beschwerdemanagment)

Was in so einem AV-Hütten Pachtvertrag im Einzelnen sonst drinsteht, ist mir nicht bekannt. Es gibt sicher ein Haufen allgemeine gesetzliche Vorgaben (Brandschutz, Abfall usw....), dann etliche wenige Auflagen der Sektion, der Rest der Durchführung obliegt den Pächtern. Sektion und Gemeinden sollen/müssen das kontrollieren. (>Theorie+Praxis?)
Von einer über diese Vorgaben hinausgehenden bevorzugten Behandlung von Wanderer/Kletterern und Bergsteigern gegenüber beliebigen anderen Übernachtungsgästen ist mir leider nichts bekannt. *seufzer*



cardamine hat gesagt: RE:Das Leid mit den Hütten
Gesendet am 19. September 2023 um 20:01
Danke für diesen wertvollen Beitrag! Das mit den 90 % habe ich nicht gewusst. Leider steht nicht geschrieben, ab wann die restlichen 10 % belegt werden (dürfen). Müssen die generell freibleiben, falls jemand nach Sonnenuntergang dort aufschlägt?

Die Heinrich-Hueter ist Kategorie I steht auf der Website des DAV, somit sollte die Regelung zur Anwendung kommen.

Nyn hat gesagt: RE:Das Leid mit den Hütten
Gesendet am 19. September 2023 um 21:25
Wie das mit der Verteilung offener Schlafplätze- sofern noch vorhanden- und zeitlich genau aussieht, kann ich Dir leider nicht genau sagen. In der allg. Bestimmung heisst es in etwa sinngemäß " 10% sind für Einzelwanderer freizuhalten" aber ohne "wielange". Der Sinn dabei ist, dass nicht abends plötzlich noch größere Gruppen von (ab X Personen = Gruppe?) unangemedet auftauchen.

Andererseits: Die Hüttenbesitzer wollen natürlich grade am WOE in der Saison schon so gut es geht auslasten.
In Zeiten von Inet und Handy kann man ja als Gast und als Hüttenbetreiber recht gut planen - leidvoll sind für die Pächter dann halt Leute oder vor allem größere Gruppen, die reservieren ohne zu kommen, weil das Wetter ev doch nicht so gut ist....

In der Praxis ist es so wohl so , dass man kaum weggeschickt wird oder auch nicht weggeschickt weren kann, wenn z.B. ein Abstieg oder eine andere Option aus diversen Gründen nicht mehr zumutbar ist (Wetter, Erschöpfung usw.) -auch wenn man kein AV-Mitglied, nicht angemeldet oder spät kommt.

Allerdings hat man dann keinen Anspruch auf Bett oder Lager, dann gibts halt ein Notlager (=mit Glück Matratze +2 Decken iwo am Boden, wo Platz ist)

Klar ist,wer krank ist oder verletzt,wird in jedem Fall bevorzugt behandelt! Die allermeisten Hüttenbetreiber bemühen sich wirklich sehr um alle Gäste,so gut es eben geht!

cardamine hat gesagt: RE:Das Leid mit den Hütten
Gesendet am 21. September 2023 um 13:43
Ich hab es an der Berliner Hütte tatsächlich schon mal erlebt, dass Leute abends ins Tal geschickt wurden. Ein Vater mit Sohn musste absteigen, ich durfte "kulanterweise" ins Notlager, da ich allein unterwegs war. Das krasse daran war, dass es nach einem heftigen Gewitter war und die Brücken auf dem Hüttenweg teilweise überspült wurden. Eine Person ist an dem Tag in diesem Tal auch ertrunken. Ich musste vor einer Brücke zur Hütte eine Stunde warten, bis das Wasser wieder unten war. Also diese Hütte hatte definitiv kein Notfallkontingent von 10% freigehalten und ihre Schutzplicht nicht erfüllt.
Sicher gibt es auch gute Beispiele...

Plauscher hat gesagt: RE:Das Leid mit den Hütten
Gesendet am 21. September 2023 um 16:25
Hallo cardamine,

gerade mal 200 Höhenmeter unter der Berliner Hütte gibt's die Alpenrosenhütte, welche äußerst empfehlenswert ist.

Zum einen sehr kinder- und familienfreundlich (mit kleinem Spielplatz)-, zum anderen auch sehr bergsteigerfreundlich (ohne Diskussion wird bei frühem Aufbruchswunsch ein leckeres - falls gewünscht sogar veganes - Lunchpaket bereitgestellt). Und am Abend spielt auch noch die ortsübliche Musik auf :-) ... jedenfalls TOP-Empfehlung (werde bei künftigen Touren in diesem leider urlangen Tal nur noch dort übernachten).

LG Plauscher

cardamine hat gesagt: RE:Das Leid mit den Hütten
Gesendet am 23. September 2023 um 13:27
Danke für die Empfehlung, falls es mich mal wieder dorthin verschlägt werde ich sicher diese Hütte der Berliner vorziehen!


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