Zimba-Überschreitung Ost-West


Publiziert von quacamozza , 14. August 2011 um 13:23.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Rätikon
Tour Datum:12 August 2011
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K3+ (ZS+)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 7:00
Aufstieg: 880 m
Strecke:Heinrich Hueter-Hütte-Neyerscharte-Zimba-Zimbajoch-Heinrich Hueter-Hütte
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Vom Bodensee/Lindau/Bregenz über Feldkirch-Bludenz bis Vandans Bahnhof; von dort fährt der Wanderbus 4mal täglich ins Rellstal/Abzweig Hueterhütte (1466m)
Unterkunftmöglichkeiten:Heinrich Hueter-Hütte ÖAV Sektion Vorarlberg (1766m; 0043-5556-76570)
Kartennummer:AV Karte 1:25 000 Rätikon

Auf den Tag genau vor 8 Jahren stand ich das letzte Mal auf der Zimba, dem "Matterhorn Vorarlbergs". Zweimal hatte ich den stolzen Berg solo über den Westgrat und die Sohmplatte bezwungen, jeweils mit Abstieg über den Nordostgrat, wobei mir der brüchige und steile Fels immer gute Nerven beim Abklettern abverlangte.
Da mir der Ostgrat noch fehlte und wir, das heißt mein bester Freund Schnucki und ich, nach zwei Jahren endlich wieder eine gemeinsame Tour unternehmen wollten, entschlossen wir uns kurzfristig zu dieser rassigen Unternehmung.


Der Ostgrat liest sich in der Führerliteratur recht harmlos - III, eine Stelle IV-, also wohl ganz gut machbar, aber...die Schwierigkeiten gingen dann doch einige Male über die III hinaus, dazu viel Schutt, abtauender Schnee in der Nordseite und immer wieder steiles Grasgelände ohne vernünftige Sicherungsmöglichkeiten. Einige Standplätze müssen selber eingerichtet werden, dazu der Zustieg über einen knackigen Klettersteig in die Neyerscharte...es ist schon eine recht alpine Tour, die ein gutes bergsteigerisches Allroundkönnen voraussetzt. Dagegen ist der Westgrat mit der Normalroute inklusive der Sohmplatte einen ganzen Schwierigkeitsgrad leichter einzustufen, außerdem weniger brüchig und deutlich kürzer. Außerdem ist meiner Ansicht nach der Westgrat auch landschaftlich interessanter.

Schwierigkeit Ostgrat:
IV oder A0 (eine Stelle 5m), IV- (2 Stellen) und III sowie T 6 (30m) am Gipfelaufschwung

Schwierigkeit Westgrat im Abstieg:
II, ziemlich anhaltend, sowie einmal 28 Meter Abseilstelle vom Turm, der im unteren Teil die Sohmplatte trägt.

Ausrüstung:
1mal 60 Meter-Seil oder 2mal 30 Meter-Seil (unsere Variante), Abseil-Equipment, Helm, einige Bandschlingen, Selbstsicherungsschlinge. Wir haben zwischendurch auch ein paar Klemmkeile und Friends eingesetzt.
Ich empfehle ausdrücklich die Mitnahme von Kletterfinken, da die schwierigen Stellen doch ziemlich abgespeckt und griff-/trittarm sind.

Ganz korrekt wäre es, für den Zustieg noch die Klettersteigausrüstung anzulegen.


Von der Heinrich Hueter-Hütte, die aus dem Rellstal (1466m; Haltestelle Wanderbus) in einer halben Stunde zu erreichen ist, auf dem Weg zum Zimbajoch bis in eine Höhe von 1970m, dort großer Stein mit zweifarbiger Aufschrift (siehe Foto). Rechts auf teilweise undeutlichem und unmarkiertem Steiglein unterhalb der Zimba-Südwand zu den ersten Seilversicherungen. Zunächst einfach, dann steil und steinschlägig (Helm aufsetzen) bis zu einer großen Schuttrinne, hier Holzwegweiser:"Klettersteig". Rechts etwas heikel über die Rinne (nicht die Rinne weiter hoch - da wäre man dann wirklich auf dem Holzweg) und dem Klettersteig in die Neyerscharte (2300m) folgen (Schwierigkeit: C/D, ZS+, 2 kleine Seilbrücken - kurze senkrechte Stellen erfordern einen ordentlichen Krafteinsatz). 

Zeitbedarf von der Hütte bis Neyerscharte: knapp 1,5 Std. 

An der Scharte setzt der Ostgrat mit einem steilen, gut 30 Meter hohen abschreckenden Aufschwung an. Dieser wird schwierig (1 Stelle IV-, sonst III) überwunden, indem man rechts an der Gedenktafel vorbei klettert und vor der senkrecht werdenden Verschneidung links hinausspreizt (ZH). Danach geht's deutlich leichter auf den Scheitel. Weiter über den Grat, etwas leichter, aber ausgesetzt, über einige kleinere Türmchen, die am besten alle überklettert werden.

Anschließend kurze Verschnaufpause: Im grasig schrofigen Gehgelände rechts aufwärts in die Scharte zwischen dem roten Turm (rechter Hand) und dem Fortsatz des Ostgrates (Standhaken). Hier beginnen die sogenannten "Schneckenrisse", eigenartig geschwungene Felsen, die 1 SL lang in anregender Kletterei (III; 1 ZH) durchklettert werden. Sodann über steiles Gras auf guten Tritten recht zügig auf den Gipfel dieses großen Grataufschwungs. Oben angekommen hat man etwa die Hälfte des Grates zurückgelegt und kann gut eine Pause einlegen sowie den weiteren Gratverlauf bis zum Gipfel intensiv studieren.

Von hier muss der Grat nordwärts, zunächst leicht absteigend, über wenig zuverlässiges Gestein und Schutt bis in die nächste Scharte umgangen werden. Dort muss der Standplatz selbst eingerichtet werden. Neuschneereste waren in der Traverse noch vorhanden, aber im Vergleich zu den Vortagen weder hart gefroren noch sonst irgendwie heikel zu begehen.
Dann wieder in schöner Kletterei über zwei kleinere Türme (teilweise III) vor einen 10 Meter hohen Steilaufschwung, der anstrengend direkt (IV-; 2 ZH) erklettert wird. Über ein kurzes waagrechtes Stück zu einer schräg gestellten Platte. Diese Platte ist die Schlüsselstelle der Tour (IV; 5 Meter; griff- und trittarm; unten auf der Platte großer Ringhaken, auf der Platte ZH; A0 zu klettern ist möglich, aber nicht minder anspruchsvoll) und mit Kletterfinken deutlich besser als mit Bergschuhen zu überwinden, da auf Reibung getreten werden muss.

Über einen neckischen waagrechten Abschnitt, bei dem nebeneinander liegende Platten überquert werden, bis in die Scharte vor dem letzten grasdurchsetzten, brüchigen und steilen Gipfelaufschwung. Diesen gerade hinauf (T 6; 40 Meter; keine Sicherungsmöglichkeiten!) zum Gipfelgrat und zum Gipfel der Zimba (2643m).

Zeitbedarf für den Grat: ungefähr 3 Std. ohne Pausen bei etwa 12 SL durchgängiger Sicherung



Da das Wetter immer noch mitspielte, konnten wir uns weiterhin viel Zeit lassen. 
Je nach Fitnesslevel beim Abklettern kann nun das Seil bis zur Sohmplatte verstaut werden, nicht allerdings der Helm.


Nach der ausgiebigen Mittagspause geht's über den Westgrat abwärts. Dies ist auch der beste und meistbegangene Abstieg von der Zimba.

Zunächst kurz westlich, dann auf der Nordseite des Grates über Wegspuren und kleinere Felsstufen abwärts und links weiter, dann über ein gut begehbares Band bis in eine auffällige Scharte (Standhaken). Hier kann man links in die Rinne oder auch nach rechts abseilen (jeweils ca. 15 Meter). Meiner Meinung nach besser, weil weniger steinschlägig und ohne Wartezeiten, ist das Abklettern, was auch auf der Homepage der Hueter-Hütte angeraten wird. Heute war ich allerdings einer der wenigen, die das Abklettern bevorzugten.

Also die Rinne abklettern (II) und nach rechts verlassen (Wegspuren; abgetretene Felsen). Dann rechtshaltend leicht aufsteigen über die Gratrippe und ein gut begehbares Band und flachere Platten zu einer steilen grasdurchsetzten Stufe queren, die ebenfalls auf der Südseite des Grates abgeklettert oder abseilend überwunden wird (II). Kurz nach rechts auf den Grat und über eine 5 Meter hohe Steilstufe (aufgestellte Platten) mit perfekten festen Griffen, aber sehr ausgesetzt, hinab (II) in einfacheres Gelände. Dem weniger geneigten Grat folgen bis zur Mündung der Kaminroute (diese führt rechts hinunter), dann weiter geradeaus in leichter Kletterei (I) zum Turm mit der Sohmplatte (Standhaken; Abseilhaken).

Vom Turm 28 Meter (oder 16 plus 12 Meter; Abseilhaken auf Absatz für kürzere Seile) direkt an den Fuß der Sohmplatte in die Gratscharte vor der Sohmplatte abseilen. Eine wunderbare Abseilfahrt, die keine Ängste auslöst. Man pendelt nicht durch die Gegend und kann sich immer mit den Füßen abstützen.

Dann links des Grates über Felsstufen hinab, schräg rechts zum Grat (Beginn der Kaminroute) und wieder links des Grates über nach und nach grasdurchsetzte Schrofenabsätze in leichter Kletterei (I-II), abwechselnd mit Gehgelände, schließlich in einem Linksbogen zum Zimbajoch (2387m; knapp 1 Std. vom Gipfel).

Über den blau-weiß markierten Zimbajochsteig, eventuell später über steiles Geröll abfahrend, in einer Dreiviertelstunde zurück zur Heinrich Hueter-Hütte. 
 


Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (1)


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gstuermer hat gesagt:
Gesendet am 23. Oktober 2012 um 10:26
Hi Ulf,

endlich hat es bei uns auch mit der Zimbaüberschreitung geklappt. Hatten deinen ausgezeichneten Bericht ausgedruckt mit dabei, der bei der Routenfindung eine sehr gute Hilfe war. Großes Lob!
Trotz deiner Empfehlung Kletterfinken zu nutzen entschieden wir uns mit Bergschuhe zu klettern - was auch sehr gut ging. Die Schlüsselstelle ist gar nicht so schwierig, dort hat es sehr viele kleine Leisten und es muss nicht auf Reibung getreten werden. Die Einstiegswand fand ich dagegen anspruchsvoller und war mit Bergschuhen schon eher eine Herausforderung.
Da bei uns kein Wanderbus mehr fuhr und wir mit dem Rad durchs Rellstal sind, war die Zimabüberschreitung mit 1900 Hm eine knackige Tour, für die wir insgesamt 13,5 Stunden gebraucht haben. Abstieg mit Stirnlampe inklusive. :-)

Viele Grüße,
Thorsten


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