Zum heil’gen Veit von Staffelstein


Publiziert von Nik Brückner , 5. September 2023 um 17:53. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Fränkische Alb
Tour Datum:21 August 2023
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 0:45
Aufstieg: 130 m
Abstieg: 130 m
Strecke:3 Kilometer
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Staffelstein über Romansthal zum Wanderparkplatz Staffelberg Romansthal
Unterkunftmöglichkeiten:In der Umgebung

Zum heil’gen Veit von Staffelstein

sind wir empor gestiegen!


Die Waldelfe und ich sind mal wieder im Land der Franggng, natürlich um die Weileszeit zu mähen. Nach der Begehung sämtlicher Klettersteige Thüringens an einem Tag zog es uns noch auf den Staffelberg.

Der Staffelberg ist ein 540 Meter hoher Zeugenberg im sogenannten "Gottesgarten" am Obermain, einem Landstrich, der durch das in der Nähe gelegene Kloster Banz, die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen und eben den Staffelberg - einen der drei "heiligen Berge" Frankens bestimmt wird. Sein Name leitet sich von den ausgeprägten Geländestufen, den "Staffeln" ab, die seinen felsigen Gipfelbereich prägen.

Man kann recht weit hinauffahren. Wir sind am Wanderparkplatz Staffelberg Romansthal (423 m) gestartet.

Auf den Lippen: das eingangs bereits zitierte Frankenlied. Das ist die inoffizielle Hymne Frankens. Ihr Text stammt von Joseph Victor von Scheffel (1859), die Melodie von Valentin Eduard Becker (1861).
 
Vom Wanderparkplatz aus ging es in den Wald hinauf, bis die Hochfläche zwischen Staffelberg (rechts) und Spitzberg (links) erreicht ist. Wir zwogen hier rechts ab. Direkt am Rechtsabzweig durchquert der breite Weg einen mit Büschen bewachsenen Wall.

Von der Jungsteinzeit (um 5000 v. Chr.) bis zur Völkerwanderungszeit (ca. 300 bis 500 n. Chr.) war der Berg mehrfach besiedelt. Während der Latènezeit befand sich auf dem Hochplateau ein keltisches Oppidum, dessen Name möglicherweise Menosgada lautete. Mehr darüber erzählen Infotafeln auf dem Berg.

Wir wanderten nun hinauf auf das eigentliche Gipfelplateau und versuchten dabei, den Text Scheffels zusammenzubekommen.

Es heißt eigentlich:

Zum heil’gen Veit von Staffelstein
komm ich empor gestiegen.

Scheffel schrieb den Text unter dem Titel "Die Wanderfahrt", ein literarisches Zeugnis seiner Wanderungen im Sommer 1859. Damals hielt er sich mehrere Wochen im Kloster Banz auf, direkt gegenüber vom Staffelberg.

An der Staffelbergklause mit ihrem Biergarten kamen wir hinaus auf die Hochfläche. Wir ließen die Adelgundiskapelle zunächst rechts liegen und wanderten in südöstlicher Richtung hinüber zum Loffelder Kreuz (522 m). Dort bot sich die erste Aussicht:

Zum heil’gen Veit von Staffelstein
komm ich empor gestiegen,
und seh’ die Lande um den Main
zu meinen Füßen liegen.

Hier wendet sich der Pfad entlang des senkrechten Abbruchs nach rechts. Wir passierten das Horsdorfer Kreuz (534 m) und kamen bald an einen kleinen abgezäunten Bereich. Dort befindet sich ein Loch im Boden. Ein kurzer, unproblematischer Abstieg führt hier hinunter zu der kleinen Querkelhöhle (532 m), deren Decke sich in diesem Loch nach oben öffnet.

"Es is scho orch lang heä, doa hom amol Quergela im Schdaffelberch gelebbd." Oder auch: Einst hausten hier Waldgeister in der Höhle; kleine Waldmännlein, die man Querkel nannte (vom althochdeutschen "Getwerg" für Zwerg). Sie waren vielleicht verwandt mit den Querkeln vom Veitenstein. In uralten, längt vergangenen Zeiten halfen sie den Menschen der Umgebung fleißig bei ihrer harten Arbeit. Außerdem wussten sie Bescheid, wie man bei Krankheiten wieder gesund werden konnte. Denn sie kannten viele wohltuende Kräuter und heilsame Pflanzen. Zum Lohne holten sie sich Klöße aus den Töpfen der umliegenden Dörfer. Aber immer nur so viele, dass die Köchinnen dies nicht bemerkten. Klöße waren das Leibgericht der kleinen Wichte. 
 
Eines Sonntags, als die Frauen vom Gottesdienst nach Hause kamen, fiel ihnen dann aber doch auf, daß die Klöße weniger geworden waren. Als sie deshalb begannen, die Klöße vor dem Einlegen in die Töpfe abzuzählen, verließen die gekränkten Zwerge den Staffelberg und ließen sich von einem Fährmann über den Main bringen und verschwanden danach im Banzer Wald. Als Lohn gaben sie ihm nur einige gute Ratschläge mit auf den Weg. Einer davon lautete: "Esst Steinobst und Pinellen, dann wird euch das Herz nicht schwellen". Keiner weiß, wohin sie gezogen sind und bis heute hat sie niemand mehr gesehen.  In einer weiteren Sage allerdings sind die kleinen Wichtel nach ihrer Flucht vom Staffelberg mainabwärts gezogen und haben sich in einer Höhle am Veitenstein neu eingerichtet. So berichtet jedenfalls Karl Spiegel, ein Lehrer und Volkskundler, im Jahr 1912. Diese Sage über die Querkeln vom Veitenstein ist hier nachzulesen. 
 
Tatsächlich begegnet man einer ganz ähnlichen Sage auch dort. Die Geschichte ist nicht an diesen Ort bzw. diese Orte gebunden. Es gibt sie häufig, in der Region, aber auch in anderen Gegenden. Uns hat sie zum Beispiel auch an die Geschichte der Zwerge von Ferrette erinnert.

Wieder auf dem Plateau, sind es nur ein paar Schritte zum höchsten Punkt des Staffelbergs (540 m). Und welche Lande um den Main sahen wir nun zu uns'ren Füßen liegen?

Von Bamberg bis zum Grabfeldgau
umrahmen Berg und Hügel
die breite stromdurchglänzte Au.
Ich wollt’, mir wüchsen Flügel,
valeri, valera, valeri, valera,
ich wollt’, mir wüchsen Flügel.
 
Oder auch: Der Blick fällt zunächst auf den südlich benachbarten Veitsberg, dahinter, 24, 25 Kilometer entfernt, liegt Bamberg auf seinen Hügeln: Domberg, Altenburg, Michelsberg sind zu sehen. Weiter Richtung Westen fallen die Kleine Kufe auf, der Lußberg und der Veitenstein. Dahinter der Große Knetzberg und der Zabelstein im Steigerwald. Im Westen fallen der Bramberg und der Haubeberg auf. Dann schaut man natürlich auch hinunter auf Staffelstein. Darüber erheben sich die Eierberge. Darüber die Schwedenschanze. Weit hinten, 80 Kilometer entfernt, ein weiterer der heiligen Berge Frankens: Der Kreuzberg in der Rhön, 80 Kilometer entfernt. im Nordwesten dominieren die Gleichberge den Horizont. Davor der markante Steglitz und der Banzberg. Dort erhebt sich das Kloster Banz, gegenüber, oder von hier aus im Nordosten, die Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen.

Hoppla! Hier geht's senkrecht in die Tiefe! Schichtstufen vom Braunen Jura bis in den Oberjura. Die weithin sichtbaren Felswände bestehen aus härteren Sandsteinschichten. Der Gipfelkranz setzt sich aus Riffkalk und verkarstetem Riffdolomit des Oberjura zusammen.
 
Wir wanderten weiter an der Kante entlang, hinüber zum Staffelsteiner Kreuz (536 m). Ein paar Schritte weiter befindet sich linkerhand eine Mauer - ein wiedererrichtetes Stück des alten Keltenwalls (532 m).

Eigentlich bauten Kelten ja keine Wälle, sondern Mauern. Sie verstürzten nur über die Jahrhunderte, und sehen daher heute wie Wälle aus.

Das Plateau bietet zu vielen Seiten hin natürliche Sicherheit und war daher bereits um 5000 v. Chr. besiedelt. Steinbeile und Geräte aus Feuerstein belegen das ebenso wie kleine Gefäßscherben. Auch in den folgenden Jahrtausenden wurde der Berg immer wieder aufgesucht und besiedelt. So fand man hier auch Waffen und Bronzeschmuck aus der frühen Urnenfelderzeit.
 
In der späten Hallstattzeit (ab ca. 600 v. Chr.) errichteten Kelten erstmals eine Befestigung auf dem Berg: Das Gipfelplateau wurde mit einer Pfostenschlitzmauer umgeben, die auch den auf einer unteren Geländestufe gelegenen Himmelsteich, wohl eine alte Zisterne, umschloss. Ca. 150 Jahre später (Frühlatènezeit, 480–380 v. Chr.) erreichte die Mauer eine Breite von bis zu fünf Meter. Dann brach die Besiedlung am Ende der frühen Latènezeit wie überall im nördlichen Franken plötzlich ab. Die Ursachen dafür sind unbekannt, dürften aber mit der historisch belegten Keltenwanderung zusammenhängen.

In der Spätlatènezeit (zweite Hälfte des zweiten Jahrhunderts v. Chr.) wurde das Gipfelplateau und ein Teil des östlich angrenzenden Hochplateaus erneut zum Standort eines Oppidums. Doch auch dieses wurde, um 40/30 v. Chr., wieder aufgegeben. Man geht heute davon aus, dass es sich bei dieser keltischen Stadt um Menosgada handelte, das in dem kartographischen Werk des griechischen Gelehrten Claudius Ptolemäus (85–160 n. Chr.) erwähnt wird. Die von diesem genannten Koordinaten stimmen allerdings nicht ganz mit der Lage des Staffelbergs überein, sodass diese Identifizierung umstritten ist.

Später befand sich auf dem Gipfelplateau noch eine germanische Burganlage. Einige Geräte und Schmuck aus Eisen, Bronze und Glas lassen auch eine kleine Siedlung im frühen Mittelalter (zwischen dem 6. und 8. Jahrhundert) vermuten. Seither gab es aber keine Befestigungsanlagen mehr auf dem Staffelberg.

Wir kehrten nun zurück zur Adelgundiskapelle (530 m).

Dort hat dann später doch noch jemand gewohnt. Wie gesagt, gilt der Staffelberg (neben dem Kreuzberg in der Rhön und dem Walberla) als einer der drei Heiligen Berge der Franken, und das hat seine Gründe. Zum einen ist es die Adelgundiskapelle; Schon im Mittelalter wurde hier auf dem Plateau ein Kirchlein zu Ehren der Heiligen errichtet. Ein spätgotischer Kirchenbau fiel dann 1525 dem Bauernkrieg zum Opfer. Nach dem Dreißigjährigen Krieg wurde dieser wieder aufgebaut und 1654 geweiht.

Dann lebten zwischen 1696 und 1929 Eremiten bei der Kirche. Der bekannteste unter ihnen war Ivo Hennemann (1824–1900). Er ist es, der in Joseph Victor von Scheffels Text verewigt wurde:


Einsiedelmann ist nicht zu Haus’,
dieweil es Zeit zu mähen.
Ich seh’ ihn an der Halde drauß’
bei einer Schnitt’rin stehen.
Verfahr’ner Schüler Stoßgebet
heißt: Herr, gib uns zu trinken!
Doch wer bei schöner Schnitt’rin steht,
dem mag man lange winken,
valeri, valera, valeri, valera,

dem mag man lange winken.


Soso, die schöne Schnitt’rin! Na, war wohl nicht ganz so heilig, der alte Ivo. Scheffel rügt ihn denn auch sogleich:
 

Einsiedel, das war missgetan,

dass du dich hubst von hinnen!
Es liegt, ich seh’s dem Keller an,
ein guter Jahrgang drinnen.
Hoiho, die Pforten brech’ ich ein
und trinke, was ich finde.
Du heil’ger Veit von Staffelstein
verzeih mir Durst und Sünde,
valeri, valera, valeri, valera,

verzeih mir Durst und Sünde! 


Und was ist nun mit dem heiligen Veit von Staffelstein?

Den hat's nie gegeben. Vielleicht meinte Scheffel den heiligen Veit vom Ansberg, oder einen der vierzehn Nothelfer, die in der benachbarten Wallfahrtskirche Vierzehnheiligen verehrt werden. Wer weiß. Einen echten Heiligen namens Veit gibt es dann aber doch, nur halt nicht hier.

Er ist der Schutzpatron der Bierbrauer und Winzer. Passt doch.


Und wir kehrten schließlich dem Bergrücken den Rücken und zurück zum Wanderparkplatz Staffelberg Romansthal (423m).


Fazit:

Eine herrliche, aussichts- und lehrreiche kleine Runde! Wir können sie nur empfehlen.

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


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Kommentare (2)


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Schubi hat gesagt:
Gesendet am 6. September 2023 um 12:49
Servusla Nik.
Vielen Dank Bericht für euren Bericht aus dem guten alten Oberfrrangn. Und su scheena Bildla! Habter ja perfektes Wetter ghabt.
Grüßla und Ade
Frank

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 8. September 2023 um 12:26
Shoobmän!

Gerne gerne. War eine schöne kleine Runde, voller Erinnerungen. Naja.

Herzlichen Gruß, auch an die Frau Baronin,

Nik


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