Forbacher Runde über den Streitmannskopf


Publiziert von quacamozza , 11. Februar 2023 um 17:52.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum: 9 Februar 2023
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT2 - Schneeschuhwanderung
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 3:30
Aufstieg: 830 m
Strecke:15,6 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:S 8 Karlsruhe-Freudenstadt(-Bondorf)
Kartennummer:LGL 1:25 000 Nr. W225 und W235 oder outdooractive-Karte

Kennt Ihr das auch? Selbst als Gelegenheits-(und immer weniger-)Rundfunknutzer sind die penetranten Werbespots der Pharma- und Kosmetikindustrie zur Primetime schon nervig genug, aber so langsam scheint mein Jahrgang altersbedingt zur Zielgruppe zu gehören, bei denen sich das fortlaufende Anpreisen von Hörgeräten, Treppenliftern, Rollatoren und Potenzmitteln zu rentieren scheint. Jetzt gäbe es viel zum Thema Gesundheit und Alter zu erzählen. Aber das gehört nicht hierher.

Nun ja, man muss froh und dankbar sein, wenn man sich in der Natur ungezwungen bewegen kann. Der im mittleren Murgtal gelegene Ort Forbach ist ein idealer Wanderstützpunkt, der mich immer wieder an meine unbeschwerte Jugendzeit und den damit verbundenen Erlebnissen erinnert, denn auch in der kleinen Stadt an der Schweizer Grenze, in der ich aufgewachsen bin, gibt es eine Holzbrücke, die wir in den 70er-Jahren noch mit dem Auto befahren haben, nachdem wir zuvor in einem kleinen Verschlag Geld umgetauscht haben und stundenlang im Stau standen.
In Forbach ist die alte Brücke von 1778 die längste freitragende, überdachte und befahrbare Holzbrücke in Europa, wobei sich bei mir stets ein leicht befremdliches Gefühl einstellt, wenn ich den nahenden Motorenlärm zu Ohren bekomme. Direkt an der Brücke gibt es mehrere Sitzgelegenheiten über der Murg, die ich oft nutze. Nicht so schön, wenn man dann ständig gestört wird. Ein Wechselbüro gibt es hier natürlich ebensowenig wie Grenzkontrollen oder Zigarettenläden.
So komme ich immer wieder gerne nach Forbach. Im Spätherbst 2021 etwa war die Holzbrücke für mich Endpunkt einer 56 km langen Tagestour vom Pforzheimer Bahnhof über den Westweg.



Auch heute bei traumhaften Winterwetter lohnt sich der Ausflug. Zwar ist die Rundtour über den Streitmannskopf eine eher unspektakuläre Unternehmung, aber als leichte und wenig begangene Tour taugt sie allemal für eine erholsame Auszeit vom Alltag. Ursprünglich stehen diese Woche Skifahren oder zumindest Crossbladen auf meinem Programm, aber die Schneelage in weitem Umkreis ist echt dürftig, so dass der Griff zu den Schneeschuhen aktuell die wohl beste Wahl ist.
Erst vor zehn Tagen hat der M-sige Wolfgang den Streitmannskopf bestiegen, aber auch ich habe die Runde schon länger als Winterrunde im Kopf. Sie drängt sich nämlich geografisch beinahe auf, denn es werden in einer Hufeisenform mehrere unscheinbare Erhebungen nacheinander überschritten, bevor man nach Forbach zurückkehrt. Eigentlich muss man allein aufgrund des Namens dem Eierkuchenberg einen Besuch abstatten, bevor man dann später vielleicht sogar ein entsprechendes Abendessen zu sich nimmt.



Start ist also am Bahnhof Forbach. Es geht über die neue Brücke, dann rechts in die Friedrichstraße und gleich wieder rechts abwärts in die Eulenfelsenstraße. Nach Passieren eines Wehrs steigt ein unscheinbarer Waldweg linker Hand in einigen Kehren zum Pavillon auf dem Eulenfelsen, von dem man einen Tiefblick auf Forbach hat. Nächstes Ziel sind die Giersteine, rundliche Granitfelsen mit auffallenden Furchen, deren höchsten Punkt man mittels ausgehauener Stufen besteigen kann. Weiter geht es nach Bermersbach, das von Ost nach West durchquert wird. Schon von weitem ist der Pavillon auf dem Höfelskopf sichtbar, zu dem es auf steilen Stufen und fast ebenso steilem Wiesenweg hinaufgeht. Nach den schönen Tiefblicken auf Bermersbach folgt nun ein langer, bewaldeter Abschnitt, der nur gelegentlich von einzelnen Felsen unterbrochen wird. Über eine schmale Wegspur verfolge ich den Bermersbacher Grat, vorbei an einem auffälligen Felsen mit Kreuz. Hin und wieder werden Forstwege überquert, hier immer am Grat auf der schmalen Spur bleiben.
Am Riedkopf wird es leicht kraxelig. Man kann hier durchaus im I. Grad klettern. Daraufhin folgt ein flacher Teil auf zunehmend breiteren Forstwegen. An einer Sitzbank kürze ich direkt durch den Wald eine Kehre ab. Auf dem rechts ansteigenden Forstweg erscheint kurz vor dem alten Skihang Rote Lache ein großer Wegweiser. Nun links hoch zum Beginn des stotzigen Skihangs, vor dessen Begehung ich die Schneeschuhe samt Steighilfe montiere. Jetzt darf ich zum ersten Mal diese Saison spuren. Knappe 100 Höhenmeter geht es am linken Rand aufwärts. Oben hat man einen schönen Ausblick auf die vorgelagerten Kuppen des Nordschwarzwaldes mit der Teufelsmühle als höchstem Punkt.

Auf wieder flacherem Ziehweg treffe ich auf Fußspuren, denen ich vollends hoch zum unscheinbaren Ruberg folge. Der Gipfel liegt wenige Schritte links des Weges. In längerer Waldwanderung ohne nennenswerte Höhenunterschiede immer auf dem Kamm, zuletzt wieder ansteigend zum Eierkuchenberg. Auch von diesem Gipfel gibt es keine Aussicht. Man muss erst einige Schritte nach Süden absteigen, bevor sich das Panorama eröffnet. Wenige Höhenmeter unterhalb liegt der Pico-Pavillon (Pico(s)-Wunsch-Hütte), eine Unterstandshütte des Naturparks Schwarzwald Mitte/Nord. Ich lege in völliger Einsamkeit und Stille meine Mittagspause ein. Herrlich, diese Ruhe. Jetzt könnte auch ein Auerhahn mal vorbeischauen.

Mehrere Fußspuren führen auf den breiteren Wegen weiter. Für mich steht allerdings wieder mühsame Spurarbeit an, denn der direkte Weg durch eine Schneise auf den Immenstein präsentiert sich in jungfräulichem Zustand. Dafür werde ich mit einer Wanderung in tollem Ambiente durch 20 cm tiefen Powder für die Anstrengung belohnt. Am Immenstein gibt es einen Picknickplatz und zwei markante Grenzsteine. Die Route wendet sich nach Osten. Auf dem von schweren Forstfahrzeugen arg lädierten Weg muss ich aufpassen, nicht in die dünne Eisschicht einzubrechen, unter der so manch tiefes Wasserloch lauert, so dass ich lieber auf der Krone wandere. Bald endet der ohnehin nicht berauschende Weg, und ich muss mich, nun wieder in ungespurtem Gelände, durch Jungfichten- und Heidelbeerbewuchs plagen. Später wird der Streitmannskopf-Rundweg überquert, der heute ebenfalls ungespurt ist.
Der Streitmannskopf-Westgipfel ist ein ausgedehntes, flaches Plateau mit verschneiten Bodensträuchern und Fichten. Richtig tief sinke ich zwar nicht ein, aber ich bin froh, nach knapp 0,7 km endlich am großen Gipfelkreuz auf dem Streitmannskopf anzukommen. Ich trage mich ins Gipfelbuch ein. Hier weiß der Ausblick zur Hornisgrinde zu gefallen, ansonsten ist auch von hier aus wenig zu sehen. Ein Aussichtsturm würde helfen.

Der nordseitige Abstieg ist glücklicherweise mit Fußspuren vorgegeben. Mit Schneeschuhen muss ich allerdings oft auf die Seitenränder ausweichen. Ich habe dank einiger Vorab-Infos den besten Weg auf Anhieb gefunden. Unten auf gut 700m Höhe auf dem mit einer gelben Raute beschilderten Forstweg, der von der Wegscheid-Hütte kommt, ist dann Feierabend für die Schneeschuhe.

Der breite Weg führt direkt abwärts zur Felsformation des Reppersteins. Hier gibt es nach einem kurzen Abstieg in T 2-Gelände einige Felsen zu erkunden, von denen die westliche Gesteinsansammlung leicht erreichbar und etwas niedriger ist als der höhere, östlich gelegene Felsen, der seinerseits von weiteren Felsen umgeben ist. Auf den höchsten Punkt zu gelangen, ist nicht leicht. Zuerst versuche ich eine Umgehung, finde mich aber sofort in heiklem, nassem T 5/T 6-Gelände wieder. Also probiere ich es auf der Stirnseite, wobei die kleine, leicht überhängende Wand keinerlei Griffe und Tritte bietet. Die Stelle fühlt sich an wie die Schlüsselstelle am 12-Apostel-Grat, hat allerdings nur zwei statt drei Züge. Ohne Bergschuhe mit klettertauglicher Sohle wäre es nicht bzw. nur mit Kletterschuhen vertretbar gewesen. Insgesamt vergebe ich für diesen Kraxelspaß schwierigkeitstechnisch eine IV. Nicht ohne, aber in jedem Fall eine schöne Abwechslung zum bisherigen, flowigen, aber monotonen Schneeschuhwandern.

Auf einem schmalen Pfad geht es in direkter Linie hinab zum Büsbergweg. Hier nach links zum Pavillon mit Blick auf Forbach, dann gleich rechts bergab zum Rebbergweg und auf diesem zu den ersten Häusern von Forbach. Am Wegkreuz nach rechts in die Forststraße, kurz darauf wieder rechts halten auf die Klammstraße, die an der von rechts einmündenden Marienstraße auf die Markierung des Westwegs trifft. Nun hinab zum Mosesbrunnen, auf die Hauptstraße, die Landstraße überqueren und weiter abwärts zur alten Holzbrücke, an der ich mir eine lange Rast gönne. Über die Brücke und zuletzt noch wenige hundert Wegmeter hoch zum Bahnhof.




 




Tourengänger: quacamozza


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Kommentare (2)


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ossi hat gesagt: Ey...
Gesendet am 12. Februar 2023 um 13:50
... vergiss die pflanzlichen Mittel gegen das "Nachtröpfeln" beim Pinkeln nicht! Da lachen beim Schiffen in den Gaststätten die dynamischen freundlichen Herren vom Plakat und schwärmen von Prosta.... (darf ich hier nicht ausschreiben).

WolfgangM hat gesagt:
Gesendet am 13. Februar 2023 um 13:58
Toll, dass Du die ganze Runde geschafft hast, die ich auf meiner Tour auch gehen wollte (in der anderen Richtung), aber dann abgebrochen hatte.


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