Auf der Murgleiter


Publiziert von Günter Joos (gringo) , 15. Juli 2020 um 17:09.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum:30 Mai 2020
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 3 Tage
Zufahrt zum Ausgangspunkt:S-Bahn-Verbindung ins Murgtal ab Offenburg. Forbach ist Haltepunkt.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Ab Obertal mit dem Bus nach Baiersbronn. Von dort aus entweder mit der S-Bahn nach Offenburg, oder Verbindung nach Freudenstadt.
Unterkunftmöglichkeiten:In allen Talorten Hotels, Gasthäuser, Pensionen.

Die beiden ersten Etappen der Murgleiter hatte ich bereits:
 
https://www.gipfelbuch.ch/gipfelbuch/detail/id/98039/returnto/mein/Alpine_Wanderung/Merkur

Die Zeit war gegeben, den Weg nun  bis zu seinem Ende zu gehen – und in meinem Fall sogar noch darüber hinaus …
 
                                                                 *
30.05.2020: 10.45 h. Nach einem Kaffee am Forbacher Bahnhof spaziere ich über die gedeckte Brücke der Murg hinweg. Die Murgleiter geht von Forbach aus zunächst identisch mit dem Westweg. Kaum aus Forbach heraus, eröffnet sich bei der Marienkapelle ein schöner Blick über die hübsch am Murgufer gelegene Ortschaft hinweg. Ein erneuter Murgtal-Tiefblick, verbunden mit anschaulichen Erklärungen zum dort installierten  Rudolf-Fettweis-Pumpwasserkraftwerk, bietet sich mir beim Wasserschloss. 

Kurz vor der Schwarzenbach-Talsperre, dem größten Stausee im Nordschwarzwald, verabschiedet sich die Murgleiter vom Westweg, trippelt zunächst zum südöstlichen Seeufer, um anschließend unter der eindrücklichen Staumauer hindurchzuführen.  In der Folge erwandere ich die wildromantischen Täler des Schwarzenbaches und der Raumünzach. Schließlich komme ich zur  engsten Stelle des Murgtals. Die Murg zwängt sich hier zwischen mit schroffen Felsabbrüchen bestandene Talflanken hindurch.

Zur in die Tälervereinigung von Murg und Schönmünzach eingeklemmten Ortschaft Schönmünzach begebe ich mich auf einem längeren Forstwegabschnitt, der erst gegen Schluss von einem hübschen Waldpfad abgelöst wird. Unterbrochen durch zwei Lichtungen mit Tiefblick nach Schönmünzach folge ich dem steilen Pfad hinab ins Ortszentrum. Durch den Ort und bald wieder auf Schwarzwaldhöhen angelangt passiere ich das Löwen´s Panoramastüble. Die rustikale Jausenhütte befindet sich auf einem aussichtsreichen Wiesenhang - nomen est omen. Auch Gäste werden inzwischen wieder empfangen, wenngleich unter strengen Corona-Auflagen. Zwei Quellen werden auf einem Waldpfad passiert, dann klettert mein Weg abermals ins Murgtal hinab, ins beschauliche Schwarzenbach. Hier soll angeblich Wilhelm Hauff die idee zu seinem Schwarzwaldmärchen "Das kalte Herz" gekommen sein. Auf der gegenüberliegenden Hangseite schnaufe ich den Schlossberg hinauf, um nun auf kaum noch ansteigenden Pfaden und Wegen den Huzenbacher See zu erreichen, meinem vorgesehenen Tagesziel. Ankunft dort um 19.20 h.

Nachdem ein Pärchen den Rückweg ins Tal antritt, kann ich alle meine Sinne dem Zauber des von steilen Waldflanken eingekesselten Karsees zuwenden. Ich beobachte Wasservögel bei sturzflugartigen Landemanövern, ein Specht hämmert im Hintergrund, die Teichrosen zeigen vereinzelt schon gelbe Blüten. Besonders bemerkenswert sind die auf der Seefläche schwimmenden Hochmoorinseln. Ich lasse es mir nicht nehmen, noch eine abendliche Seerunde zu drehen, bevor ich mein Nachtquartier im Unterstandshüttchen direkt am Ufer herrichte. In der Dämmerung nehmen die Wolken über dem See für kurze Momente eine dezente Rotfärbung.
 
31.05.2020: Derzeit ist es kein Ding, um 5 Uhr schon aufzustehen. Genüsslich nehme ich mein Frühstück am Seeufer ein, ehe ich mich 6.40 h auf den Weg mache. Ein steiler Bergpfad quert am Seltenbach-Wasserfall - Nomen est Omen, immerhin bietet der "Wasserfall" heuer ein Rinnsal, der Bach selbst rauscht durch dichte Botanik dem See entgegen. An der Seeblickhütte lege ich nochmals den Rucksack beiseite, die Aussicht über den fast kreisrunden Karsee und das Seebachtal hinweg zu Schlossberg und Murgtal ist ergreifend. 

Auch das Waldmoor der Kleemisse regt die Sinne an, die Morgensonne lässt aus der feuchten Erde dampfende Nebelschwaden aufsteigen. Der Abstieg durchs Tonbachtal bringt mich zum Schwärmen, es gehört ohne Frage zu den landschaftlichen Höhepunkten der Murgleiter. Auch Kulturelles und Geschichtliches ist hier präsent. Infotafeln liefern die entsprechenden Erklärungen, so etwa am Standort eines historischen Köhlerofens.

Nach Baiersbronn braucht nur hinabgestiegen zu werden, wer dort das offizelle Ende der 3. Etappe einhalten und im Ort übernachten möchte. Ansonsten weist ein Schild im Hang über dem Ort weiter zum Rinkenturm. Der alte Sandsteinturm bietet eine lohnende Aussicht.  In Baiersbronn hat das Murgtal seine Verlaufsrichtung geändert. Während das sich zur Rheinebene öffnende untere Murgtal orographisch von S nach N erstreckt, nimmt das obere Murgtal die orographische W-O-Ausrichtung. Die Murgleiter lässt die Ortschaften unter sich und schlängelt sich aussichtsreich und mit abwechslungsreicher Wegbeschaffenheit durch die Hänge, wobei mehrere Nebentäler gequert werden. 

Ab Obertal teilt sich das Haupttal in die beiden Murgquelltäler der Rechtmurg und der Rotmurg. Ab dem Fischerstüble hinter Buhlbach folgt die Murgleiter der Rechtmurg aufwärts bis zum Quellbrunnen. Offensichtlich ist allerdings, dass die eigentliche Quelle etwas oberhalb des Brunnens zu suchen ist. Es ist 19 Uhr geworden, ich habe heute einen Quantensprung geschafft. Die Wettervorhersage lässt nichts Nasses von oben befürchten, weshalb ich mich dazu entschließe, innerhalb der Grenzen des Nationalparks Nordschwarzwald auf das Aufstellen meines Zeltes zu verzichten. Der Holztisch des neu eingerichteten Picknickplatzes beim Brunnen besteht die Liegeprobe und so komme ich zu einem Schlafgemach mit Sternenblick. Zu Beginn der Nacht streicht der dezente Lichtschein des Halbmondes über meinen Schlafplatz
 
01.06.2020: Um 6.45 h ist der Rucksack bereits wieder geschultert, es geht dem Schliffkopf entgegen, dem offiziellen Endpunkt der Murgleiter. Wenngleich am Rande dieser schwarzwaldtypischen Gipfelkuppe ein klotziges Hotel steht und sie von der Schwarzwald-Hochstraße knapp tangiert wird, gehört der Schliffkopf inzwischen zu meinen Favoriten im Schwarzwald. Neben der Aussicht fasziniert mich hier die subalpine Grindenbotanik. Erst vorige Woche hatte ich den Gipfel des Schliffkopfes bei quasi null Sicht und unter denkbar unwirtlichen Wetterbedingungen erreicht. Was für ein Gegensatz heute um 7.30 h in der Früh, bei kräftigem, kaltem Wind, aber denkbar bester Fernsicht: sogar den Tödi in den Schweizer Alpen kann ich ausmachen.

Vom Schliffkopf per ÖV wieder wegzukommen, ist problematisch. Ohnehin steht mir noch der genze liebe Sonn(en)tag zur Verfügung. Zunächst wandere ich, wie geplant, über einen wunderschönen Höhenweg zum Ruhestein. Der Name Ruhestein schien mir schon bei meinem ersten Besuch dort wie Hohn, die aktuelle Großbaustelle macht ihn jetzt für mich zu einem gänzlich unerträglichen Ort. Eigentlich möchte ich nur die hier nahe Quelle der Rotmurg aufsuchen. Neben der Rechtmurg ist dies der zweite Quellbach der Murg.
 
Am Rotmurgbrunnen angekommen, entschließe ich mich spontan, nicht wie urspürnglich geplant, gen Westen nach Ottenhöfen abzusteigen, um dort meine Tour zu beenden, sondern stattdessen das Rotmurgtal bis nach Obertal hinabzuwandern. In Obertal vereinigen sich Rechtmurg und Rotmurg zur Murg. Der Weg verläuft zwar ausschließlich auf Schotter und Asphalt, und ist zu Beginn auch noch nicht sonderlich interessant, doch bald schon wandere ich kurzweilig in unmittelbarer Nähe zur sich wild und ungestüm gebärdenden Rotmurg. Den kurzen Abstecher in die Teufelsklamm lasse ich mir nicht entgehen. 

Der Zusammenfluß von Recht- und Rotmurg iin Obertal ist dort nicht ausgeschildert, aber mittels eines gut ausgetretenen Pfades in der Ortsmitte  lässt sich die für mich als frischgebackenem Murgleiterabsolventen bedeutsame Stelle problemlos erreichen. Kaum zurück an der Haltestelle naht auch schon der Bus nach Baiersbronn.

Tourengänger: Günter Joos (gringo)


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