Kurzbericht 

Glärnisch Nordkette Überschreitung v. Näbelchäppler zum Vrenelisgärtli


Publiziert von Dolmar , 11. Juli 2017 um 23:49.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum: 8 Juli 2017
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: IV (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Glärnischgruppe 
Zeitbedarf: 15:00
Aufstieg: 2440 m
Abstieg: 2700 m

Zweiter Anlauf für eine lange Tour im Glärnischmassiv, diesmal auch in der Jahreszeit der langen Tage, wenn das Wetter hält ist reichlich Tageslicht für das geplante Türchen vorhanden. 
Ja das Wetter hat gehalten, aber keine 5 Minuten länger als ich Zeit brauchte. Da stellt sich im nachhinein positiv heraus das das morgendlich unerwartete Taxi nicht nur den ersten Schinder bequem überwunden hat, sondern auch einen gut 1/2 stündigen Zeitgewinn.. Eine 3-er Gruppe aus Glarus startet ebenfalls um kurz nach 4:00 Uhr am Parkplatz Glärnischhütte, aber halt mit dem Auto, sie haben eine Fahrbewilligung nach Chäseren und nehmen mich mit ins Rossmattertal. Bei Grappliboden steige ich aus und setze meinen Aufstieg zum Näbelchäppler per pedes fort. In kurzen Hosen und T-Shirt in schwülwarmer Luft läuft der Saft recht bald in strömen. Die Älpler auf der Hinter Schlattalp liegen zur morgendlichen Stund noch in den Federn als ich diese passiere. 
Es sei an der Zeit anzumerken, das die Wiesen hier heroben in vollem Saft stehen, wunderschöne Blumen in hohem Gras, leider sind auch einige Brennnesseln am Pfadesrand wunderbar gediehen, da rächt sich die kurze Hose.
Das Wetter will noch nicht wirklich entscheiden was es heute tun soll, gegen Norden ist der Himmel wolkenlos, Inneralpin ziemlich stark bewölkt, Bächistock, Ruchen und Vrenelisgärtli hängen in den tiefen Wolken. Am Schlußhang hinauf zum Näbelchäppler wird es zunehmend frischer, eine feste Bise bläst über die Grate. Nach knapp 3 Std. Aufstieg stehe ich am ersten Gipfel dieses Tages. Im Tal denkt man heute ans baden, ich hingegen ziehe die langen Hosen an, sowie Mütze und Handschuhe. Für den Weiterweg gehe ich vom Vorjahr bekannterweise ein kurzes Stück den Westgrat entlang zurück, bis es einfach über schrofen hinab auf das oberste Band in der Südwand geht. Auf diesem breiten Grasband nach Osten bis zur Abbruchkante der Schulter. Hier ist der erste Abseilstand. Es wird nach Süden über einen steilen Riss zu einem schmalen Band abgeseilt. Über das Band nach Osten um den Felsvorsprung herum auf eine Art Kanzel, nun in Gras, Schrofen unter die Hauptostwand absteigen zum zweiten Abseilstand. (dieser ist bereits von oben, Kanzel zu sehen). Hier eindrückliche Tiefblicke in die Nordflanke bis hinunter zum Klöntalersee.
Auf dem breiten Verbindungsgrat geht es nun zum Usser Fürberg. Dieser hält noch ein kleines Rätsel bereit.
Letztes Jahr habe ich den Weg über den Westrgrat nicht gefunden, lag unter anderem aber auch an der unterschiedlichen Benennung dieses Berges zwischen SAC Führer und SWISS Map. Nun zwei Hikr. Profis hatten den Weg vor einiger Zeit auch nicht gefunden und sind über die Südflanke aufgestiegen.

Wie so oft sieht es von weitem unmöglich aus die großen Felsstufen einfach zu erklimmen. Deshalb gilt mal wieder das wird von Abschnitt zu Abschnitt entschieden.
Erstes Testpiece ist eine erste Felsstufe noch am Grat vor dem eigentlichen Start. Dieser kann aber auch südseitig umgangen werden. Ich überwinde diese direkt an einem Riss, wer diese Stufe schafft darf sich getrost weiter an den Grat machen, schwerer wird`s nimmer.

Den ersten Aufschwung erklettere ich an senkrechtem aber groß griffigem festen Fels nach leicht links haltend hinauf auf ein Band (III), bereits nach wenigen Metern über gestuften Fels wird wieder der Grat gewonnen.
Über den grasigen Gratrücken an die zweite große Felsstufe. Mann verfolgt den Grat ganz direkt und gelangt so an den Vorbau der Felsstufe, am Vorbau südseitig ansteigend zuletzt durch eine kleine Rinne auf diesen hinauf. Ein nordseitiger Spalt überschreitend führt an ein abdrängendes Band (alter Haken) an brüchiger Wand. Das Band zunächst heikel abdrängend dann gut kletterbar etwa 10-15 Meter auf der Nordseite verfolgen, bis über gestuften brüchigen Fels wiederum der Grat gewonnen wird.
Ein weiterer markanter kleiner Gratturm nordseitig umgehen um sofort wieder den Grat zu gewinnen, alles eher nicht fester Fels. Eine letzte einfache Stufe aus hellem Kalk hinauf und noch wenige Meter in Schutt und Blöcken direkt zum Gipfelkreuz. Das Rätsel Westgrat Usser Fürberg ist gelöst. Die Schwierigkeitsangabe BG ist allerdings untertrieben, die Schwierigkeiten liegen eher bei einem ZS und der III Grad sollte kein Problem darstellen.

Nach kurzer Rast und der Erkenntnis das sich das Wetter immer noch nicht entschieden hat was es heute machen will, steige ich über den Blockgrat ab. Eine grasige Rinne südseitig hinunter um dann über steile Wiesen/Schrofen die Einsattelung zwischen Usser und Inner Fürberg zu gewinnen.
Über ziemlich viel Schutt auf den Inner Fürberg. Dessen Erhebung eher unspektakulär ist, jedoch bricht dieser extem steil auf die Nordseite ab, was hie und da respektvolle Tiefblicke ergibt. Die letzten 100 Meter über den Grat zur Abseilstelle sind geprägt von messerscharfem Karst Kalk. Hier bloß nicht stürzen, irgendwas würde hier nach einem Sturz vermutlich brechen, aber sicher tierisch wehtun. 
Nach zwei mal abseilen am Gratende vom Inner Fürberg stehe ich am Furggeli. Hier hatte ich letztes Jahr die Tour beenden müssen. Heute ist das Wetter der Zweifelbringer. Die Wolken sind aber nicht mehr so dicht wie heute morgen, ich entscheide mich für den Weiterweg zum Ruchen Westgrat. Zunächst dem Grat folgend über massig Schutt an eine erste Felsbarriere, diese kann sowohl nord- als auch südseitig umgangen werden. Spuren im Schutt weisen den Weg. Dann in anfangs schönem und festem Fels hinauf, später wird wieder Schutt das vorherrschende Material hinauf zu P. 2777 sein. Den nicht enden wollenden Schutthaufen überschreiten, wenn der Schutt aufhört beginnt der Westgrat.
Ich brauche gut eine 1/4 Std. Bedenkzeit bei dem sich mir bietenden Abblick von der nun folgenden Kletterei. Topo hab ich keines, es soll aber nicht schwierig sein. Es geht schlicht um die Entscheidung ob ich hier weiter soll oder nicht, das Wetter ist mittlerweile gut und so kann ich den ganzen Grat gut einsehen. Knackpunkt ist gleich der erste Aufschwung nach den zwei Abseillängen, das sieht so steil und brüchig aus, das ich Zweifel bekomme. Ich beschließe mal die erste Länge abzuseilen, hier könnte ich wieder zurückklettern also ziehe ich das Seil ab. Zweite Länge abseilen über die Platte, auch hier könnte ich wieder zurückklettern. Von der Gratscharte aus sieht der Anfang vom Grat gar nicht mehr steil aus, ich ziehe das Seil wiederum ab und verstaue es im Rucksack. Nun geht es zur Sache was die Ausgesetztheit angeht. Den Adrenalinkick bringt hier eine etwa 4m lange schräge Platte, oben wird mit den Händen gehalten und auf Reibung in seichten Tritten gelaufen. Der Grat ist etwa 60-70cm breit. Nordseitig geht es 50 Meter absolut senkrecht hinab um dann in steilen Schutt und Felsstufen weitere 1900m zum Klöntalersee abzubrechen. Südseitg sind es ca. 25m senkrecht und dann verliert es sich über Felsstufen auf den gut 250m tiefer liegenden Glärnischfirn. Nach einer weiteren kurzen Abseilstelle stehe ich an der Glärnischnadle, diese wird einfach südseitig umgangen. unter das große Ruchenfenster aufsteigen, dann weitere Traverse zu einer splitrigen Gufel unter dem kleinen Ruchenfenster. Hier kleingriffig herzhaft hinauf in eine darüberliegende Gufel, diese nach rechts verlassen zum Fenster (überall Borhaken). Durchs Fenster hindurch nach links kurz abdrängend und ausgesetzt hinauf zum Grat. Nun auf schmalem Grat über das durchschrittene Felsenfenster hinweg zum Grataufschwung. In herrlicher Kletterei senkrecht hinauf und nach viel zu kurzen zwei Seillängen wieder mal über Schutt zum Gipfel. Die Crux ist geschafft, nach kurzer Pause mache ich mich an den Abstieg in Richtung Schwander Grat. Beide Ketten (für Auf- und Abstieg) sind frei, der braver Berggänger hält sich trotzdem an die Beschilderung. Wenig später doch deutlich pustend erreiche ich nach 10h Gehzeit um 14:15 Uhr das Vrenelisgärtli.
Hier bei herrlichem Wetter Raste ich mal eine 1/2 Std. und schaue den Wolken zu. Sie türmen sich hie und da mächtig auf, ich beschließe den Heimweg anzutreten.

Retoure über den Glärnischfirn, Glärnischhütte Wäbern ins Rossmattertal. Es donnert und blitzt erste Tropfen fallen. Ich nehme sprichwörtlich die Füsse in die Hände und Renne fast schon den Fahrweg hinab nach Elmerberg und hinaus nach Plätz Ankunft 19:15 Uhr. Gerade noch vor dem richtigen Regen geschafft.
Noch ein kurzes Bad im Klöntalersee bei Regen bevor ich die Heimreise antrete.

Eine sehr lange Bergtour ist geglückt, erfreulich neben dem "Highlight" Ruchen Westgrat, die Wegfindung am Usser Fürberg Westgrat.

Tourengänger: Dolmar


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