Bruchpiloten: Geiselstein und (neben dem) Nordgrat zur Gumpenkarspitze


Publiziert von Nik Brückner , 6. September 2016 um 18:22. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Ammergauer Alpen
Tour Datum: 8 August 2016
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1050 m
Abstieg: 900 m
Strecke:9km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Mit dem Wanderbus von Halblech zum Wankerfleck
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mit dem Wanderbus von der Kenzenhütte zurück
Unterkunftmöglichkeiten:in der Kenzenhütte oder draußen
Kartennummer:AV-Karte Bayerische Alpen BY 6 1:25 000 Ammergebirge West Hochplatte, Kreuzspitze

Ab ins Auto und in die Ammergauer Alpen! Im Player: "Pulsar" von Counter-World Experience. Die Tour Nummer zwei in dieser Besetzung führte Quacamozza und mich auf das Matterhorn der Ammergauer Alpen (den Geiselstein) und auf die Gumpenkarspitze.

Startpunkt war der Wanderparkplatz in Halblech, von dem aus es mit dem Wanderbus zum Wankerfleck (1146m) ging, einem wunderschönen Fleckchen Erde, was nicht zuletzt an der grandiosen Steilpyramide des Geiselsteins liegt, der ihn um gut 700 Meter überragt. Von dort ging es nun auf dem Wanderweg um den Geiselstein herum in den Geiselsteinsattel (1720m).

Wankerfleck - Geiselsteinsattel: T2, 1h

Der Normalweg auf den Geiselstein ist markiert, aber defi kein Wanderweg mehr: Zuerst geht es über Schrofen zu einer kleinen Schulter hinauf, wo man drauf achten muss, drüben wieder hinunterzusteigen, sonst findet man sich am Südwestgrat wieder (Markierung mit Pfeil "SW"). Dann quert man die Nordwestflanke waagrecht, was bei Nässe ein wenig unangenehm ist, da es dann rutschig wird, und unten ein senkrechter Abbruch lauert.

Wenn es rechts hinaufgeht, muss erstmals die Hand an den Fels. Hier ist es noch gemütlich, über eine I geht es nicht hinaus. Ab einem Absatz geht es dann aber zur Sache: In einer breiten Rinne in leichter Kletterei (II) auf einer Rippe hinauf, nun deutlich steiler, und dadurch auch ausgesetzter. Allerdings sind Griffe und Tritte Kletterhallen-Style, es gibt sogar Untergriffe! Geil!

Eine Schlüsselstelle nach dem ersten Drittel der Rippe ist kurz steiler und griffarm, wurde aber durch zwei Metallstifte entschärft. Danach geht es genau so weiter wie davor, bis man auf dem Gipfelgrat anlangt, auf dem es nun über zwei, drei Stufen zum Kreuz geht. Der Geiselstein (1884m)! Was für ein herrlicher Gipfel! Und trotz seiner vergleichsweise geringen Höhe ein fantastischer Aussichtsberg. Man sieht sogar den Franziskaner...

Geiselsteinsattel -  Geiselstein: T4/II, 30 Min.

Zurück ging es dann auf der Aufstiegsroute mit nahezu gleichem Zeitbedarf wie für den Aufstieg.


Jou. Und dann ging's los... Gumpenkarspitze Nordgrat! Gar keine so selten begangene Tour, wie uns später beim Blick ins Gipfelbuch bewusst wurde. Aber ehrlich gesagt: Wir haben keine Ahnung, warum. Denn die Tour ist nicht lohnend, von schön kann gar keine Rede sein. Sie besteht überwiegend aus schlimmem Bruch. Immer wieder hielten wir Teile des Grats in der Hand, an denen wir uns gerade festhalten wollten. Die Route ist deshalb sogar gefährlich. Ja, sie ist noch nicht einmal eine Gratüberschreitung. "Etwas unübersichtlich, teils brüchig, besserer Fels als erwartet" - der AV-Führer untertreibt. Von "Abenteuer" hat Hikr-Kollege Ali gesprochen, soviel stimmt allerdings.

Vom Geiselsteinsattel (1720m) aus geht es durch einfaches Schrofengelände den südlich gegenüberliegenden Rücken hinauf, erst ein paar Meter nach links, dann rechts um den ersten Kopf herum. Nach ein paar Metern über niedrige Latschenäste geht es auf den Grat und auf diesem weiter zu einem ersten Wandl...

...das man links (östlich) umgeht. Ausgesetzt, auf einem schmalen, waagrechten Grasband, einschließlich Wurzel, in einer ansonsten senkrechten Wand....

Sieht echt spektakulär aus, recht luftig, ist aber nicht schwerer als II. Hier sind die Griffe noch fest. Man darf halt nicht auspsychen! (Wir vermuten übrigens, dass das der große Kopf vor einer auffallend tiefen Lücke ist, von dem der AV-Führer spricht. Wenn das stimmt, kommt man an dem wohl auch anders vorbei. Allerdings fanden wir die Angaben im Buch weitgehend unbrauchbar).

Wir sind nun schön in zwei brüchigen, bröseligen Rinnen verteilt nach Westen abgestiegen und haben uns weiter unten im Bruch wieder nach links orientiert, um in Gratnähe zu bleiben. In einer steilen, engen Rinne ging es dann wieder hinauf. Die Rinne ist lang, und man weiß die ganze Zeit nicht, was einen oben erwartet. Außerdem brechen hier ständig Griffe und Tritte aus, aber tatsächlich gelangt man oben auf grasigen Schrofen hinaus auf den Grat.

...von dem man sogleich wieder runter muss, weil man vor einem nächsten Abbruch steht. Also wieder nach Westen in den Bruch hinunter, diesmal auf einen breiten Klotz zu, der zu seiner Linken von ein paar spektakulären Felsscheiben begleitet wird. Dort wendet man sich dann, immer noch ein wenig absteigend, nach links. Dann geht es, wieder parallel zum Grat, über brüchige Rippen und schotterige Rinnen quer hinüber, bis man so weit oben wie möglich um die Wände der nächsten Gratzacken herumkommt. Dahinter wieder hinauf, und man steht an der Schlüsselstelle: Einer dunklen, nassen, senkrechten Rinne. Griffarm, III.

Durch die Rinne hinauf und oben nicht links oder geradeaus weiter hinauf, sondern erst einmal rechts herum. Danach öffnet sich der Blick auf leichteres Klettergelände, das mit zunehmender Höhe immer schrofiger wird.

Erst ab hier hat mir die Route Spaß gemacht...

Die Felsqualität wird etwas besser, das Gelände übersichtlicher, die Route deutlicher. Man folgt nun dem jeweils einfachsten Gelände hinauf zum Grat. Auf diesem geht es dann hinüber zu dem bald gut sichtbaren grasigen Sattel vor dem Gipfel, auf den auch der Normalweg von Osten heraufkommt. Von dort sind es nur noch wenige Meter, leicht ausgesetzt (T4/I), zum Gipfel (1918m).

Hier haben wir uns endlich entspannen können. Die Unbilden lagen hinter uns, und wir genossen die Gipfelrast. Mir hatten die letzten 15, 20 Minuten Spaß gemacht, aber letztlich ist die Route, wie gesagt, nicht lohnend, fast durchwegs äußerst brüchig und teilweise einfach nur gefährlich. Die vielen Einträge im Gipfelbuch stammen vor allem von Einheimischen, die die Route öfter gehen, dazu einigen Einmal-und-nie-wieder-Besteigern.

Geiselsteinsattel -  Gumpenkarspitze: T6/III, 2h

Wir stiegen auf dem weitaus angenehmeren Normalweg ab. Es geht auf dem Grat zurück zum Sattel, rechts vor auf einen Kopf, und an dessen Ende links hinunter. Bald wendet man sich erneut nach rechts, in einen steilen Grashang, den es nun hinuntergeht. Steilgras, T4, genau richtig jetzt. Weiter unten kann man sich dann entscheiden, wie man zum Weg absteigen will: Ganz rechts nochmal steil, links Richtung Geiselsteinsattel oder geradeaus durch eine kleine Senke. Wir haben uns für die letztere Variante entschieden.

Gumpenkarspitze Normalweg: T4/I, 30 Min.

Von dort aus ging es dann auf dem Wanderweg über den Kenzensattel (1650 m) zur Kenzenhütte (1294 m).

Über den Kenzensattel zur Kenzenhütte: T3, 1h


Fazit:


Der Geiselstein ist eine äußerst lohnende, vergnügliche Klettertour auf einen wunderschönen Berg. Der Nordgrat der Gumpenkarspitze dagegen ist wirklich nur etwas für Leute, die Spaß an haarigen Touren in brüchigem, unübersichtlichem Gelände haben. Sicheres und extrem vorsichtiges Gehen sowie viel Erfahrung und ein fantastischer Orientierungssinn (für den nochmal herzlichen Dank, Ulf) sind dabei absolut unabdingbar. Wir werden's ziemlich sicher nicht nochmal gehen.

Tourengänger: quacamozza, Nik Brückner


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Kommentare (2)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 7. September 2016 um 08:04
Gratulation zur schönen Runde! Die Gumpenkarspitze ist mein persönlicher Lieblingsberg in den Ammergauern. Der "Nordgrat" schaut wirklich nicht besonders lohnend aus. Den werd ich mir nach eurem Bericht dann wohl schenken.

VG Nico

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. September 2016 um 09:49
Hi Nico!

Danke für die Gratu! Ja, ich glaub, wenn Du den Nordgrat auslässt, verpasst Du nichts. Es gibt Schöneres.

Gruß,

Nik


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