Stockhorn Südgrat-Über fünf Türme musst du gehn
|
||||||||||||||||
![]() |
![]() |
Beim Durchblättern des Buches „Himmelsleitern“ von Ralf Gantzhorn und Moritz Attenberger stach mir das 3212m hohe Stockhorn im Baltschiedertal ins Auge. Irgendwie kam mir die Tour bekannt vor und richtig, Eugen hatte vor Jahren von dieser Tour geschwärmt!
In einer Beschreibung heißt es:
Der S-Grat des Stockhorns, 600m hoch, besteht aus einer Folge von 5 kühnen, durch mehr oder weniger tiefe Scharten getrennte Türme. Der fünfte Turm ist der Schwierigste in dieser schönen Begehung. Schwere und lange Kletterei in schönem Granit.
Wenn das keine Aufforderung ist!
Als das Wetter passte, zogen wir los ins Baltschiedertal. Von Egga ging es erst einmal ganz gemütlich ansteigend den Gorperi-Suon entlang, dann Richtung Baltschiederklause. Immer wieder begegneten wir Wanderern, die dorthin unterwegs waren. Irgendwann hatte das gemütliche Laufen ein Ende und es mussten Höhenmeter absolviert werden. In vielen Kehren, von Eugen auf 23 gezählt, ging es dann erst einmal auf 2040m hoch. Bei einer Ziegenherde machten wir Rast und kurz darauf zweigte der blau-weiß markierte Weg links zum Stockhornbiwak ab. Durch eine Schlucht ging ein mit Ketten, Stangen und Tritten versicherter Weg steil nach oben und ich dachte mir noch so: “An anderer Stelle würdest du jetzt ein Klettersteigset anlegen!“, aber Eugen wischte meine Bedenken mit dem Argument bei Seite, dass man sich hier nie anseilt-allerdings sei Stürzen verboten! Gut, dass wir darüber gesprochen haben. Kurz darauf erreichten wir das auf 2598m gelegene Biwak: ein futuristisch anmutendes Gebilde, das Platz für 18 Personen bot. So steht es jedenfalls in der Beschreibung. Innen war es überraschend geräumig: neben den Schlafplätzen gab es eine Bank mit einem Tisch, eine Gaskochstelle, genügend Kochgeschirr, sogar Tee, Grundnahrungsmittel und Nutella fehlten nicht, allerdings war kein Wasser vorhanden. Statt dessen stand ein riesiger, hässlicher, grüner Rückentragekanister der Schweizer Armee vor der Türe, der in leerem Zustand schon schwerer war als mein voller Rucksack. Eugen, der an diesem Tag wohl noch eine gute Tat vollbringen musste, schulterte dieses Monstrum und wanderte schicksalsergeben zu dem weit entfernten Schneefeld um Schnee zu holen. Ich lag derweil gemütlich in der Sonne und tat mein bestes, mir einen Sonnenbrand zu holen.
Im Laufe des Nachmittags erschien noch ein Bergführer-Aspirant Raphael mit seiner Freundin Steffi und zwei weitere Kletterer: Andrin und Barbara. Irgendwann später erkundeten Eugen und ich den Einstieg, der ca. 15 min entfernt der Hütte durch Steinmännchen gut markiert war. Nach dem Abendessen und einer für mich wirklich passablen Nacht, in der ich, im Gegensatz zu Eugen, viel schlafen konnte, machten wir uns am Morgen gegen 6 Uhr auf den Weg.
Der Einstieg war schnell erreicht und so ging es über leichte Felsen zum ersten 300m hohen Turm hoch. Vereinzelt waren Bohrhaken zu finden, ansonsten musste alles selbst mit Schlingen abgesichert werden. Camalots oder Klemmkeile waren nicht nötig, jedenfalls haben wir auf der gesamten Tour keine gebraucht. Nach dem ersten Turm zogen wir unsere Kletterschuhe an und konnten so das Klettern richtig genießen. Raphael war mit seiner Freundin schon bald unseren Blicken entschwunden und so kletterten wir zusammen mit Barbara und Andrin. In den Pausen, wo einer vor-kletterte, konnte man sich mit dem anderen unterhalten und Eugen nutzte die Zeit zum Fotografieren. Die Tour dauerte dadurch naturgemäß etwas länger, aber der Genussfaktor stieg ganz gewaltig nach oben. In die jeweiligen Scharten konnte man entweder recht gut abklettern oder es wurde abgeseilt. Jeder Turm hatte einige Kletterstellen im IV-er Bereich und dort waren auch meist die Bohrhaken. Leider liegt die Schlüsselstelle der Tour am Anfang des 5. Turmes, wo es gilt, eine V zu klettern. Eigentlich nicht schwierig, so im Klettergarten auch sicher kein Problem, aber zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon etliche Klettermeter hinter uns, trugen jede Menge Express-Sets am Gurt und hatten den Rucksack mit Bergschuhen auf dem Rücken. Um es kurz zu machen: die Schlüsselstelle hatte nicht nur wenige Griffe, es fehlten auch die Tritte. Bohrhaken waren schon da, aber ich hätte sie mir gerne etwas näher zusammen gewünscht-nur für´s gute Gefühl. Eugen meisterte diese Stelle im Vorstieg mit Bravour und ich kletterte dann weiter zum Gipfel des 5. Turmes. Nicht dass damit die Tour zu Ende gewesen wäre: Nein, vom 5. Turm klettert man noch mal eine gute Stunde im gleichen Schwierigkeitsgrat bis zum Gipfel des Stockhorns. Dort beglückwünschten wir uns ausgiebig zu der gelungenen Tour und nach dem Eintrag ins Gipfelbuch und den obligatorischen Gipfelfotos stiegen wir ab.
In einem Führer hieß es dazu: Zuerst auf der Nordseite, dann auf der Südseite des Ostgrates ohne Schwierigkeiten absteigen. Nun ja, ich fluchte gewaltig über dieses „ohne Schwierigkeiten“ und stolperte über lose Steine und abrutschenden Schutt nach unten. „Man hüte sich davor“, so weiter im Führer, „zu früh ein höher gelegenes Couloir zu nehmen!“ Eugen konnte dieser Warnung noch hinzu fügen, dass einem seiner ehemaligen Schüler genau dieser Fehler passiert war und er dann abstürzte. Klasse. Genau das, was ich am Ende einer Tour noch brauchte. Zu meiner persönlichen Beruhigung sahen wir irgendwann blaue Punkte auf Felsen gemalt und schlossen messerscharf, dass hier ein Weg markiert war. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir wieder das Biwak. Wie der Zufall es will, trafen wir dort den Bergführer Rinaldo Borra, einen Bekannten von Eugen, der mit seinem Gast am folgenden Tag die Tour machen wollte. Ebenso wie am Vortag hatte auch er den Schlüssel zur Getränkekiste unterhalb des Biwaks und so konnten wir am Ende noch mit Bier und Cola auf die gelungene Tour anstoßen. Danach machten wir uns auf den langen Rückweg zum Auto.
Der Stockhorn Südgrat ist eine absolut lohnenswerte Tour in außergewöhnlicher Umgebung. Allein der lange Zustieg zum Biwak durch das abgelegene Baltschiedertal ist etwas Besonderes. Eugen, der diese Tour schon gegangen war, bewies mal wieder aufs Neue seine Fähigkeit, den richtigen Weg im Gelände zu finden, Abkletterstellen souverän zu meistern und mir damit die Sorge vor solchen Stellen zu nehmen und durch geschickte Seilhandhabung Zeit zu sparen.
Im Führer ist die Schwierigkeit der Tour mit V+ und SS angegeben. Es ist aber nicht von Nachteil, wenn das persönliche, sichere Kletterkönnen deutlich über dem Schwierigkeitsgrad liegt, vor allem, weil die Tour sehr lang ist.
Danke Eugen, dass wir diesen Klassiker machen konnten!
In einer Beschreibung heißt es:
Der S-Grat des Stockhorns, 600m hoch, besteht aus einer Folge von 5 kühnen, durch mehr oder weniger tiefe Scharten getrennte Türme. Der fünfte Turm ist der Schwierigste in dieser schönen Begehung. Schwere und lange Kletterei in schönem Granit.
Wenn das keine Aufforderung ist!
Als das Wetter passte, zogen wir los ins Baltschiedertal. Von Egga ging es erst einmal ganz gemütlich ansteigend den Gorperi-Suon entlang, dann Richtung Baltschiederklause. Immer wieder begegneten wir Wanderern, die dorthin unterwegs waren. Irgendwann hatte das gemütliche Laufen ein Ende und es mussten Höhenmeter absolviert werden. In vielen Kehren, von Eugen auf 23 gezählt, ging es dann erst einmal auf 2040m hoch. Bei einer Ziegenherde machten wir Rast und kurz darauf zweigte der blau-weiß markierte Weg links zum Stockhornbiwak ab. Durch eine Schlucht ging ein mit Ketten, Stangen und Tritten versicherter Weg steil nach oben und ich dachte mir noch so: “An anderer Stelle würdest du jetzt ein Klettersteigset anlegen!“, aber Eugen wischte meine Bedenken mit dem Argument bei Seite, dass man sich hier nie anseilt-allerdings sei Stürzen verboten! Gut, dass wir darüber gesprochen haben. Kurz darauf erreichten wir das auf 2598m gelegene Biwak: ein futuristisch anmutendes Gebilde, das Platz für 18 Personen bot. So steht es jedenfalls in der Beschreibung. Innen war es überraschend geräumig: neben den Schlafplätzen gab es eine Bank mit einem Tisch, eine Gaskochstelle, genügend Kochgeschirr, sogar Tee, Grundnahrungsmittel und Nutella fehlten nicht, allerdings war kein Wasser vorhanden. Statt dessen stand ein riesiger, hässlicher, grüner Rückentragekanister der Schweizer Armee vor der Türe, der in leerem Zustand schon schwerer war als mein voller Rucksack. Eugen, der an diesem Tag wohl noch eine gute Tat vollbringen musste, schulterte dieses Monstrum und wanderte schicksalsergeben zu dem weit entfernten Schneefeld um Schnee zu holen. Ich lag derweil gemütlich in der Sonne und tat mein bestes, mir einen Sonnenbrand zu holen.
Im Laufe des Nachmittags erschien noch ein Bergführer-Aspirant Raphael mit seiner Freundin Steffi und zwei weitere Kletterer: Andrin und Barbara. Irgendwann später erkundeten Eugen und ich den Einstieg, der ca. 15 min entfernt der Hütte durch Steinmännchen gut markiert war. Nach dem Abendessen und einer für mich wirklich passablen Nacht, in der ich, im Gegensatz zu Eugen, viel schlafen konnte, machten wir uns am Morgen gegen 6 Uhr auf den Weg.
Der Einstieg war schnell erreicht und so ging es über leichte Felsen zum ersten 300m hohen Turm hoch. Vereinzelt waren Bohrhaken zu finden, ansonsten musste alles selbst mit Schlingen abgesichert werden. Camalots oder Klemmkeile waren nicht nötig, jedenfalls haben wir auf der gesamten Tour keine gebraucht. Nach dem ersten Turm zogen wir unsere Kletterschuhe an und konnten so das Klettern richtig genießen. Raphael war mit seiner Freundin schon bald unseren Blicken entschwunden und so kletterten wir zusammen mit Barbara und Andrin. In den Pausen, wo einer vor-kletterte, konnte man sich mit dem anderen unterhalten und Eugen nutzte die Zeit zum Fotografieren. Die Tour dauerte dadurch naturgemäß etwas länger, aber der Genussfaktor stieg ganz gewaltig nach oben. In die jeweiligen Scharten konnte man entweder recht gut abklettern oder es wurde abgeseilt. Jeder Turm hatte einige Kletterstellen im IV-er Bereich und dort waren auch meist die Bohrhaken. Leider liegt die Schlüsselstelle der Tour am Anfang des 5. Turmes, wo es gilt, eine V zu klettern. Eigentlich nicht schwierig, so im Klettergarten auch sicher kein Problem, aber zu diesem Zeitpunkt hatten wir schon etliche Klettermeter hinter uns, trugen jede Menge Express-Sets am Gurt und hatten den Rucksack mit Bergschuhen auf dem Rücken. Um es kurz zu machen: die Schlüsselstelle hatte nicht nur wenige Griffe, es fehlten auch die Tritte. Bohrhaken waren schon da, aber ich hätte sie mir gerne etwas näher zusammen gewünscht-nur für´s gute Gefühl. Eugen meisterte diese Stelle im Vorstieg mit Bravour und ich kletterte dann weiter zum Gipfel des 5. Turmes. Nicht dass damit die Tour zu Ende gewesen wäre: Nein, vom 5. Turm klettert man noch mal eine gute Stunde im gleichen Schwierigkeitsgrat bis zum Gipfel des Stockhorns. Dort beglückwünschten wir uns ausgiebig zu der gelungenen Tour und nach dem Eintrag ins Gipfelbuch und den obligatorischen Gipfelfotos stiegen wir ab.
In einem Führer hieß es dazu: Zuerst auf der Nordseite, dann auf der Südseite des Ostgrates ohne Schwierigkeiten absteigen. Nun ja, ich fluchte gewaltig über dieses „ohne Schwierigkeiten“ und stolperte über lose Steine und abrutschenden Schutt nach unten. „Man hüte sich davor“, so weiter im Führer, „zu früh ein höher gelegenes Couloir zu nehmen!“ Eugen konnte dieser Warnung noch hinzu fügen, dass einem seiner ehemaligen Schüler genau dieser Fehler passiert war und er dann abstürzte. Klasse. Genau das, was ich am Ende einer Tour noch brauchte. Zu meiner persönlichen Beruhigung sahen wir irgendwann blaue Punkte auf Felsen gemalt und schlossen messerscharf, dass hier ein Weg markiert war. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir wieder das Biwak. Wie der Zufall es will, trafen wir dort den Bergführer Rinaldo Borra, einen Bekannten von Eugen, der mit seinem Gast am folgenden Tag die Tour machen wollte. Ebenso wie am Vortag hatte auch er den Schlüssel zur Getränkekiste unterhalb des Biwaks und so konnten wir am Ende noch mit Bier und Cola auf die gelungene Tour anstoßen. Danach machten wir uns auf den langen Rückweg zum Auto.
Der Stockhorn Südgrat ist eine absolut lohnenswerte Tour in außergewöhnlicher Umgebung. Allein der lange Zustieg zum Biwak durch das abgelegene Baltschiedertal ist etwas Besonderes. Eugen, der diese Tour schon gegangen war, bewies mal wieder aufs Neue seine Fähigkeit, den richtigen Weg im Gelände zu finden, Abkletterstellen souverän zu meistern und mir damit die Sorge vor solchen Stellen zu nehmen und durch geschickte Seilhandhabung Zeit zu sparen.
Im Führer ist die Schwierigkeit der Tour mit V+ und SS angegeben. Es ist aber nicht von Nachteil, wenn das persönliche, sichere Kletterkönnen deutlich über dem Schwierigkeitsgrad liegt, vor allem, weil die Tour sehr lang ist.
Danke Eugen, dass wir diesen Klassiker machen konnten!
Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden
Kommentare (11)