Wühlen im Altschnee: Vom Laufenbacher Eck (2.198m) zum Nebelhorn


Publiziert von Gemse , 11. Januar 2012 um 16:19.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:18 Juni 1963
Wandern Schwierigkeit: T4- - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 2458 m
Abstieg: 2458 m
Strecke:Oberstdorf - Oytal - Laufenbacher Eck - Edmund-Probst-Haus - Oberstdorf ( 26,7 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Oberstdorf
Zufahrt zum Ankunftspunkt:dito.
Unterkunftmöglichkeiten:Gasthöfe u. Hotel in Oberstdorf, Edmund-Probst-Haus

Heute wollten wir eine Wanderung in das wunderschöne und stille Oytal unternehmen. Dass diese Wanderung in einer Schneewühlerei enden sollte, wussten wir beim Start noch nicht. Es ist nun mal Mitte Juni noch zu früh in Regionen über 2000 m vorzustoßen. Es hätte uns ja eine Lehre sein sollen, dass unser Versuch einer Besteigung des Biberkopfs vor einigen Tagen am Schnee scheiterte.
 
Aber der Reihe nach:
Wir (meine Mutter und ich) und Alois aus Stuttgart (ein guter Berggeher) starten in der Früh von Goldhofers nach Süden ins Trettachtal. Kurz vor Gruben biegen wir in Wanderrichtung nach links ins Oytal ab. Wir gehen am Oybach entlang. Stetig steigt der Weg leicht an. Dann erreichen wir das Gasthaus Oytal. Linkerhand stützen über die Seewand die Wasser des Seealpsees ins Tal. Es soll einer der höchsten Wasserfälle sein, immerhin liegt der Seealpsee auf 1625 m und hier im Tal haben wir eine Höhe von 1010 m. also rund 600 Hm.

Der Weiterweg führt jetzt weiter zur Unteren Guten-Alpe auf 1100m.
Wir bleiben weiter am Bachlauf und biegen in den Geisbachtobel nach links ab, da eine Wegespur hier führte. (richtigerweise hätten wir uns rechts halten müssen und an der Guten-Alpe vorbei in Serpentinen hoch zur Wilderfeld-Hütte hochsteigen müssen)
Der Steig ist deutlich zu erkennen, er führt immer tiefer in den engen Geisbachtobel hinein und über viel Altschnee steil nach oben. Bei etwa 1700m war Schluss. Der steile Anstieg hoch zum Himmelecksattel ist nicht mehr möglich. Über einen Meter ist der Altschnee und ständig sinken wir bis zur Hüfte ein. Umkehren wollen wir auch nicht. Da entscheidet Alois: Wir versuchen im Steilhang auf gleicher Höhe hinüber zum Mitteleck  zu gelangen. Hier treffen wir auf den Weg, der Wilderfeld-Hütte hochkommt.
Mühsam quälen wir uns am Hang entlang. Immer wieder versinken wir in den tiefen Schnee, aber nach einer Ewigkeit erreichen wir das Mitteleck 1835 m und treffen auf den Steig, der schwach erkennbar ist. Wie lange wir für die Querung gebraucht haben, weiß ich nicht mehr, aber mir kam wie zig Stunden vor.

Der Weiterweg führt nun weiter hoch zum Himmelecksattel auf 2007 m. ab hier steigen wir leicht fallend unter der Schneck (ein markanter Gipfel, der die Form einer Schnecke hat, die den Kopf hochreckt) hindurch zur Südostseite des Laufenbacher Ecks. Ab hier führt eine deutliche Spur hoch zum Laufenbacher Eck 2.178 m. Auch hier herauf ist wieder Schneespuren nötig, aber nicht so schlimm wie bisher. Am Laufenbacher Eck haben wir unseren höchsten Punk für heute erreicht. Der Ausblick über die teilweise tief verschneiten Berge ist schon enorm. Wir machen eine Pause – drüben an der Schneck donnern 3 Lawinen nieder, ein höllischer Lärm wie ein Gewitter, vor Schreck habe ich es nicht fotografiert.
Vom Laufenbacher Eck verläuft ein wunderschöner Höhenweg hinüber nach Norden zum Nebelhorn. Nur heute haben wir Probleme: Im ersten Teil bis zum Schochen liegt der Weg unter Altschnee. Die Flanke ist recht steil, sodass bei einem Ausrutscher es einige hundert Meter abwärts geht. Da kommen uns zwei Retter entgegen, es sind 2 Bergsteiger die vom Nebelhorn kommen und weiter zum Hochvogel wollen. Es sind Oberstdorfer, die mit uns das erste Stück unseres Weges mitnehmen. Die einzige Möglichkeit ist die Überschreitung des Lachenkopfs 2111 m und des Schochens 2100 m. Sie nehmen uns ans Seil und so überschreiten wir die beiden Gipfel. Wohl ist es meiner Mutter und mir nicht. Die Spur ist teilweise ausgesetzt, es geht über teilweise stark zu geschneite Schofen, aber irgendwie schaffen wir es. Sie begleiten uns noch über den Nordgrat des Schochens hinunter bis zum regulären Weg. Wir bedanken uns noch und rasch sind die Beiden wieder zurück auf ihrem Weg.

Jetzt führt der Weg weiter unter dem Kleinen Seekopf und Großen Seekopf hindurch zum Zeigersattel. Auch hier haben wir noch einige steile Schneefelder, die zu überqueren sind, aber die Schwierigkeiten halten sich in Grenzen. Ein Ausrutschen in der steilen Bergflanke sollte trotzdem nicht passieren. Und so erreichen wir den Zeigersattel auf 1922 m und ab hier in leichteres Gelände. Jetzt packte uns doch der Übermut und so steigen wir rasch hoch zum Zeiger 1995 m. Auf der anderen Seite steigen wir hinunter zum Edmund-Probst-Haus auf 1920 m. Für heute haben wir genug vom Schnee. Einen weiteren Aufstieg zum Nebelhorn verkneifen wir uns, wir sind jetzt schon 9 ½ Std. unterwegs. Unser einziger Wunsch ist nur noch ab ins Tal und raus aus dem Schnee.

Zügig steigen wir über die Hintere und Vordere See-Alpe hinunter nach Oberstdorf. Nach insgesamt 12 Std. kommen wir todmüde an der Unterkunft an.
 
Bergsteiger:   Alois, Monika und Karl
 
Fazit:
  • eine sehr lange aber schöne Tour
  • für diese Jahreszeit viel zu früh, besser erst ab Anfang Juli
  • ohne der Hilfe der Bergsteiger am Lachenkopf und Schochen wären wir möglicherweise nicht weitergekommen. Nochmals vielen Dank im Nachhinein.
  • Ich weiß nicht was ohne die Beiden passiert wäre, da es damals kein Handy gegeben hat, um Hilfe zu holen
  • Im Nachhinein eine äußerst leichtsinnige Tour, die ich so bis heute nicht mehr gegangen bin und auch nicht mehr gehen werde
  • Achtung: Der Aufstieg durch den Gaisbachtobel hoch zum Mitteleck 1835m ist auf alten Karten noch eingtragen, er ist jedoch aufgelassen wegen zu hoher Absturzgefahr. Der neue Weg führt über die  Wilderfeld-Hütte.

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Tourengänger: Gemse


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Geodaten
 9009.gpx 1963-06-18 Laufenbacher Eck - Nebelhorn

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Kommentare (4)


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sven86 hat gesagt:
Gesendet am 11. Januar 2012 um 20:24
Bei den aktuellen Schneehöhen befürchte ich ähnliche Verhältnisse in diesem Frühsommer :(

Gemse hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. Januar 2012 um 21:48
Da kannst Du Recht haben, nur mit dem Unterschied: Damals war es nasser Altschnee und heute ist es frischer Pulverschnee .
Der wird allerdings im Frühjahr auch zu Altschnee, aber nicht mehr bis in den Juni.
Damals waren die Winter noch länger.

LG Karl

Felix hat gesagt:
Gesendet am 12. Januar 2012 um 08:31
abenteuerlich, beinahe schon grenzlastig - wie du ja selbst schreibst - seid ihr hier unterwegs gewesen; mit wohl gewaltigen Eindrücken.

lg Felix

Gemse hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. Januar 2012 um 08:47
Das kannst Du laut sagen. Heute würde ich solch eine Tour bei diesen Verhältnissen nicht mehr machen, vor allem mit der damaligen Ausrüstung (ohne Seil und Alp-Stange usw.).

LG Karl


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