Durch das Polenztal - Auf der Suche nach dem Frühling II


Publiziert von lainari , 1. April 2011 um 18:47.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Elbsandsteingebirge
Tour Datum:20 März 2011
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 6:00
Aufstieg: 170 m
Abstieg: 380 m
Strecke:25 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis Rathmannsdorf und Zug der Städtebahn SB 71 Bad Schandau-Pirna bis Neustadt/Sa. oder S-Bahn S 1 Meißen-Schöna bis Pirna oder Bad Schandau und Städtebahn SB 71 bis Neustadt/Sa.
Kartennummer:1:30.000, SK Nr. 90, Sebnitz und Umgebung

Durch das Polenztal - Auf der Suche nach dem Frühling II
 
Endlich sollte es soweit sein, ein Besuch der großartigen Märzenbecherwiesen im Polenztal stand auf dem Programm. Ich hatte die Information bekommen, dass die Blüte eingesetzt hat. Obwohl ich schon oft in der Region unterwegs war, hatte ich diesen Frühjahrshöhepunkt noch nicht live zu Gesicht bekommen. Um Enttäuschungen vorzubeugen beschloss ich, der Polenz von Neustadt/Sa. bis zur Mündung in die Elbe nach Rathmannsdorf zu folgen. Auf dieser langen Strecke sollten sich genügend Eindrücke sammeln lassen.
 
So fuhr ich mit dem Auto zum Bahnhof Rathmannsdorf. Da ich ein wenig früh dran war, schlenderte ich statt hier zu warten über die Elbbrücke und stieg im Bahnhof Bad Schandau in den Triebwagen der Städtebahn. Ganze 3 Fahrgäste fuhren mit, auch die Unterwegshalte brachten keinen Zuwachs. Eigentlich erstaunlich, ob des perfekten Wanderwetters und der nicht mehr allzu frühen Stunde. Bis Sebnitz befährt die Bahn das gleichnamige Tal und nutzt dabei etliche Brücken und Tunnel, was ihr früher die Bezeichnung „Sächsische Semmeringbahn“ einbrachte. Der Name darf jedoch wegen eines widersinnigen Streites mit einem „windigen“ Verein aus der Nähe von Dresden (dessen Bahn schon einen anderen Namen trägt) nicht mehr offiziell genutzt werden, womit man sich hier vor Ort keine Freunde gemacht hat. Hinter Sebnitz erreicht die Bahn bei Krumhermsdorf ihren Scheitelpunkt, was einige schöne Ausblicke ermöglichte. Danach rollte der Triebwagen nach Neustadt/Sa. hinab.
 
Vom Bahnhof Neustadt ging ich wenige Meter stadteinwärts, bog dann nach links und folgte fortan dem perfekt gekennzeichneten Polenztalweg (roter Punkt). Das ist eine besondere Erwähnung wert, da die nachvollziehbare innerörtliche Ausschilderung von Wanderwegen hierzulande keine Selbstverständlichkeit ist. Der Ort Neustadt/Sa. geht nahtlos in den Ort Polenz über, dort traf ich zum ersten Mal auch auf das gleichnamige Gewässer. Auf ufernahen Wiesen und in Gärten zeigte sich hier schon eine beachtliche Zahl verschiedener Frühblüher. Am Ortsende Polenz entfernt sich der Weg etwas vom Bach und geht am linken Talhang des noch recht weitläufigen Tales entlang. Ein Stück weiter waren nun die Hänge bewaldet, nur der Talboden war von Wiesen bedeckt. Es folgen jeweils am rechten Bachufer die Waldmühle und die Knochenmühle (Gasthaus mit Wildspezialitäten!). Ein alter Mühlgraben und die Reste einer Schleifmühle (einstige Herstellung von Holzschliff, ein Grundstoff für Papier und Pappe) und eine wachsende Zahl Ausflügler kündigten die Bockmühle an - die Zahl der Märzenbecher bis hier recht überschaubar. An der Bockmühle schob sich eine wahre Blechkarawane über die kleine talquerende Straße, entließ eine noch größere Besucherschar. Buntgekeidet, scheinbar für jegliche Widrigkeiten gerüstet, zog die Menge von hier aus talwärts. Fotografen, mit bis zu drei Apparaten behängt, trugen ihre Schätze zur Schau. Die Zahl der Märzenbecher immer noch geringer, wie die der Besucher, aber die Hauptblüte steht offenbar erst noch bevor. Ich schlängelte mich so gut es ging durch die Leute und erhöhte das Tempo. Nach einer großen Wiese, wo sich viele zum Picknick niedergelassen hatten, beruhigte sich der Spuk etwas. Ab da ging der Weg als schmaler Pfad mit leicht alpinem Charakter im ständigen Auf und Ab am Talhang weiter. Im Verlauf erkundigten sich insgesamt drei entgegenkommende Pärchen unterschiedlichen Alters bei mir, wie weit es noch sei, wie lange man brauche und ob die Wirtschaft geöffnet habe. Dann erreichte ich die Scheibenmühle, die wiederum am rechten Ufer stand und wegen eines etwas wüsten Umfeldes wenig einladend schien. Aber auch hier gab es genügend Kundschaft, die sich sichtlich erschöpft in diesen Außenposten der Zivilisation gerettet hatte…
 
Weiter talab wurde es nochmals ruhiger und es gab sogar etwas mehr Märzenbecher, teilweise bis an den Wegrand, so dass man sie wunderbar fotografisch erreichen konnte ohne etwas zu gefährden. Unterhalb der Heeselichtmühle traf ich auf eine Straße. Die ungewöhnlich breite Fahrbahn wurde von 1933-1939 als Rennstrecke Großdeutschland-Ring erbaut, für offizielle Rennen wurde sie jedoch nicht mehr genutzt. In den zurückliegenden Jahren wurde sie immer mehr von Bikern entdeckt, an schönen Wochenenden auch invasionsartig. Dieser Straße musste ich nun knapp zwei Kilometer folgen, was auf Grund eines breiten abgeteilten Randstreifens recht unproblematisch war. Unterwegs passierte ich noch die Rußigmühle und hatte kurzzeitig die Burg Hohnstein im Blick. Auf der Straßenbrücke wurde an der einstigen Hohnsteiner Mühle die Uferseite gewechselt, ab hier ging es rechts der Polenz weiter talabwärts. Nun wechselte die Geologie von Granit auf Sandstein, ich überschritt die Grenze der Lausitzer Überschiebung, die Felswände rückten canyonartig näher zusammen. Rechts oberhalb wurde der Hockstein sichtbar, vorbei am Gasthaus Polenztal ging es in die Schlucht hinein. Hier führte der Winter noch das Regiment, es kühlte spürbar ab und leichter Dunst stand über dem Bach.
 
Ein ganzes Stück unterhalb wurde später ein malerisch gelegener Felsen sichtbar, der Polenztalwächter. Er kündigte die Waltersdorfer Mühle an. Die Mühle selbst gibt es nicht mehr, aber ein Gasthaus lockt die Wanderer von verschiedenen Routen an, die hier zusammentreffen. Kurz danach bot sich ein offizieller Grillplatz zur Rast an. Etwas unterhalb sah ich auf der linken Bachseite ein merkwürdiges Fundament, von einer Mühle stammte es jedenfalls nicht. Die Nachforschung ergab, dass es sich um ein Relikt des Objektes „Schwalbe III“, einer begonnenen Anlage der U-Verlagerung handelt. Die U-Verlagerung wurde von den Nationalsozialisten 1944 hektisch geplant, um sicher vor Luftangriffen kriegswichtige Treibstoffe zu produzieren. In diesem abgeschiedenen Tal sollte ein unterirdisches Hydrierwerk entstehen, Generatoren sollten auf die vorgefundenen Fundamente aufgesetzt werden, um den Energiebedarf zu decken. Die Anlage kam nicht zur Fertigstellung. Soweit meine Erkenntnisse. Kurz darauf wechselt der Weg die Bachseite. Drüben angekommen versperrte ein Flatterband den Weg, ein Zettel warnte vor Lebensgefahr wegen Steinschlag. Eine Umleitungsempfehlung gab es nicht. Da auch der Schulzengrund, eine mögliche Umgehung von der Waltersdorfer Mühle zum Brand kürzlich ebenfalls deswegen gesperrt war, beschloss ich leise pfeifend weiterzulaufen…
Gegenüber der Frinzthalmühle wurde der Grund der Sperrung sichtbar, ein Felsen in Kleinwagengröße war herab gerutscht und genau neben dem Weg zu liegen gekommen. Der sandige nicht allzu steile Hang hatte die Fallenergie aufgezehrt. Offenbar rechnete man aber mit Nachbrüchen. Wohlbehalten erreichte ich Porschdorf und lief ein Stück die Straße entlang. Hier vereinigen sich Polenz und Sebnitz zum Lachsbach. In der Folge hatte ich drei Möglichkeiten, rechts des Baches oder entlang der Straße nach Rathmannsdorf zum Bahnhof zu laufen oder links über den Reitsteig nach Rathmannsdorf-Höhe hinaufzugehen. Da mir nach der langen Talwanderung noch ein schöner Ausblick fehlte und noch etwas Energie da war, wählte ich Letzteres. Während des Aufstieges wurde ich noch von der Sonne verwöhnt, kaum hatte ich die Hochfläche erreicht, schloss sich die Wolkenlücke. Ich genoss trotzdem den Ausblick und lief rechts am Dorfteich von Rathmannsdorf-Höhe vorbei zum Treppenweg. Über diesen stieg ich zum Ortsteil Wendisch Fähre ab, dem Standort des Bahnhofs und meines Autos.

Fazit: Auch ohne Höhepunkt der Märzenbecherblüte und trotz abschnittsweisem Gedränge eine interessante abwechslungsreiche Wanderung.

Tourengänger: lainari
Communities: Flusswanderungen


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Kommentare (2)


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Felix hat gesagt: besser kann man es kaum machen!
Gesendet am 3. April 2011 um 23:41
Da hast du in meinen Augen (für eine für mich wohl kaum erreichbare Gegend) ein textliches und bildliches Meisterwerk abgeliefert - gratuliere!

lg Felix

lainari hat gesagt: RE:besser kann man es kaum machen!
Gesendet am 4. April 2011 um 20:44
Hallo Felix,
merci vielmals!

Zu so einer Tour und dem Bericht müssen halt viele Dinge zusammenpassen. Ich versuche mir nach Möglichkeit immer Themen oder ein Motto zu setzen und mich dann daran entlangzuhangeln. Selten gelingt das immer vollständig, wenn doch, um so erfreulicher.

Lg lainari


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