Stiegentour rund um die Gluto


Publiziert von Nik Brückner , 4. Mai 2022 um 13:43.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Elbsandsteingebirge
Tour Datum:21 April 2022
Wandern Schwierigkeit: T5- - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2- (WS-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 3:45
Aufstieg: 500 m
Abstieg: 500 m
Strecke:9km
Unterkunftmöglichkeiten:Zahllose in der Umgebung

Stiegen, Stiegen Stiegen! Ich war ein paar Tage ins Elbsandsteingebirge gekommen, um Stiegen zu gehen, zu viele wie möglich. Stiegen sind Routen, die weder Wanderwege noch Kletterrouten sind. Es handelt sich um teils alte Steiganlagen, mit deren Hilfe auch schwindelfreie und trittsichere Wanderer die teilweise recht großen Höhenunterschiede in den Sandsteinfelsen überwinden können. Der Charakter der Stiegen ist dabei sehr unterschiedlich, und reicht von in den Fels geschlagenen Tritten über steile Treppen und schmale Leitern in engen Klüften bis hin zu klettersteigähnlichen Anlagen mit Metallklammern und Sicherungsseilen. Am Vortag war ich mit der Waldelfe im Bielatal unterwegs gewesen, nun zog ich alleine los, Green Asphalt im Auto: in die Gluto.


Fragt sich nur: Was ist eine Gluto?

Die Gluto ist eine Felsformation in der Nähe der Stelle, an der sich die Polenz mit der Sebnitz zum Lachsbach vereint. Und sie ist ein Ortsteil von Rathmannsdorf, bestehend aus vier Wohnhäusern mit der Ochelbaude und der Ochelmühle.

Start meiner Tour war auf dem Wanderparkplatz an der K8723, dort, wo das Polenztal und der Tiefe Grund zusammenkommen. Von hier aus lief ich - na, etwa 270, 280 Meter die K8723 entlang in den Tiefen Grund hinein, um zur Maucktelle (gern auch Mauktelle) zu gelangen.

Eine Telle ist nichts anderes als eine Delle, ein Täl-le, also ein kleines Tal. Anderswo sagt man Tobel dazu, und diesen stieg ich nun hinauf.

Angeblich gibt's hier eine Stiege, im Gelände zwischen Straße und Ochelweg ist diese aber nicht zu sehen.

Ach so! "Mauck" ist etwas Übles oder Schlechtes, das Wort stammt wahrscheinlich aus dem Slawischen, und maucksch war der Aufstieg auch...

Weglos ging's hinauf, nur an einigen Stellen konnte ich einen ehemaligen Weg allenfalls vermuten. Man hält sich eher rechts, auch wenn man dort durch dicht wachsende Bäumchen hindurch muss. Auf den Ochelweg steigt man dann am Besten etwas rechts der eigentlichen Telle hinaus.

Also, wirklich empfehlenswert ist das nicht. Beim nächsten Mal würde ich für den unteren Teil den Ochelsteig wählen. Gibt's ne Ackerltelle? Ich kenne Mauk nur mit Ackerl...

Von hier an wird es besser: Weiter hinauf ist der Anstieg durch die Maucktelle als Kletterzustieg gekennzeichnet, und im Gelände auch deutlich zu sehen. Ein - na, mäßiges Weglein, aber gut zu gehen, eine kurze Rechtsquerung auf moosigem, leicht abschüssigem Fels machte mir bei Nässe keine Probleme, ist also im trockenen Zustand sicher völlig problemlos zu begehen.

Die Maucktelle endet auf einem Weg, der unterhalb der Felsen der Ochelwände durch den Hang zieht.

Maucktelle: wilde, im unteren Teil weglose Route, T2


Auf diesem Weg wanderte ich nun nach links, Richtung Dorfgrund. Hier ging es an turmhohen senkrechten Felswänden entlang, im Nebel und in völliger Einsamkeit. Wäre schöner gewesen, wenn's nicht so nass gewesen wäre, aber die Stimmung, die über der Landschaft lag, war trotzdem wunderbar. Wann immer es möglich war, stieg ich an Stellen, an denen ein Turm vor der eigentlichen Felswand steht, zwischen Turm und Wand hindurch.

Der Pfad ist im Hang nicht immer ganz deutlich, man findet ihn aber stets wieder. So richtig unübersichtlich wird es nirgends. Schon eine halbe Stunde, nachdem ich die Maucktelle verlassen hatte, stand ich im Dorfgrund.

Der aufwändig angelegte Treppensteig, der heute Teil des Malerwegs ist, wurde 1835 zum ersten Mal erwähnt. ist vermutlich aber schon älter. Er führt rechts hinauf nach Waitzdorf, und links hinunter in den Tiefen Grund.

Auf zahllosen Holzstufen wanderte ich nun links hinunter. Über lange Treppenfluchten steigt man ab, an einem Felsbrocken rechts vorbei, bei dem einer der größten Bäume der Sächsischen Schweiz steht. Weiter abwärts geht's zu einem kleinen Felstor, wo der Weg nach rechts knickt. Schließlich steigt man zwei Serpentinen hinunter zur K8723 im Tiefen Grund.

Treppensteig im Dorfgrund bei Waitzdorf: Leichte Treppenstiege, T1


Unten angekommen, folgte ich der Straße nach rechts, durchwanderte eine Rechtskurve, und hielt dabei Ausschau nach dem klettersteigähnlichen Aufstieg in die Speisekammer. Nach ungefähr 300 Metern endet die Leitplanke auf der linken Straßenseite, und man kann zum Bach hinuntersteigen. Dieser wird ohne Brücke oder Steg überquert. Drüben führen Wegspuren hinauf zu einer ca. vier Meter hohen, senkrechten Felswand. Schon von der Straße aus sind hier Metallklammern zu erkennen.

Bereits auf Karten vom Ende des 19. Jahrhunderts ist hier ein Steig eingezeichnet. Die Holzleiter, die hier wohl einst stand, wurde vor einigen Jahrzehnten durch diese Klammern ersetzt. Und natürlich führte damals auch eine Brücke über den Bach im Talgrund.

Ich kletterte die sieben nassen und rostigen Klammern hinauf, und war froh, dass sie alle hielten. Dann wanderte ich die dahinterliegende Schlucht weiter hinauf (nicht ohne einen Spalt zu meiner Rechten zu erkunden). Bald stieß ich auf das Ende (oder den Beginn) eines Begangsteigs.

"Begangsteige" nennt man hier in der Gegend schmale Wege, auf denen Waldarbeiter zu ansonsten nur schwer zugänglichen Waldstücken gelangen konnten. Heute werden sie vornehmlich von Wanderern und Kletterern genutzt.

Hier wanderte ich nicht weiter ins Tal hinein, sondern stieg stattdessen rechts auf dürftigen Spuren zur Felswand hinauf. Dort angelangt, wandte ich mich nach links, und folgte einem weiteren Pfad, der ebenfalls vornehmlich von Kletterern genutzt werden dürfte. Er führt immer an den Felsen entlang, bis zu einer riesigen Boofe im hintersten Winkel der Speisekammer. Ich sah mich ein wenig um, und wanderte dann weiter, entlang der Felsmauer.

In der benachbarten Felsenbucht entdeckte ich einen tiefen Einschnitt, oberhalb einer senkrechten Stufe, die von links leicht ersteigbar ist. Mein Riecher sagte mir, dass ich durch den Einschnitt hindurchkommen würde, und ein Blick auf meine Karte bestätigte das: Es ging hinein in die Dastellöcher. Spontan erweiterte ich meinen Tourenplan, und stieg in die nasse Schlucht hinauf.

Hier ging es bereits am Ende des 19. Jahrhunderts mit Hilfe hölzerner Leitern auf- bzw. abwärts.

Dort liegt ein herabgestürzter Baumstamm, der an trockenen Tage vielleicht beim Überklettern einer weiteren, wahrscheinlich stets nassen Stufe hilft. Pitschnass wie er war, konnte ich mit ihm aber nichts anfangen. Mit der Kette, die daneben herunterhing, allerdings schon mehr. Mit ihrer Hilfe hangelte ich mich die senkrechte Stufe hinauf und wanderte weiter in die Schlucht hinein. Vor einigen Jahren muss es hier sogar weitere Eisenklammern gegeben haben - die sind jedoch verschwunden.

Weiter hinten gelangt man an eine Stelle, an der einige Felsbrocken in die Schlucht gestürzt sind. Hier kann man zwischen diesen und unter ihnen hindurch kraxeln. Danach führen Spuren rechts hinauf auf einen Bergrücken.

Wer mehr sehen will, kann sich dieses Video ansehen. Es vermittelt einen guten Eindruck von den Schlüsselstellen dieser Stiege.

Speisekammer/Dastellöcher: Lange Stiege mit kurzen anspruchsvollen Stellen, die zudem wohl meist nass sind: T4/I


Malerische Felstürme stehen hier herum, ein wunderbares Fleckchen Erde. Wandert man auf dem Bergrücken nach vorn, steht man direkt über der Speisekammer, und blickt hinunter auf einen eigenwillig geformten Felsturm, auf dem eine Box mit einem Gipfelbuch befestigt ist. Wieviele Einträge das wohl haben mag...

Ich wanderte nun den Bergrücken hinauf und hinüber zur Brandstraße. Dort wandte ich mich nach links (Süden), nahm aber gleich den nächsten Abzweig nach Osten (also wieder nach links). Hier führen Markierungen durch den Wald, und nach vorn zu einem schmalen Felssporn. Hier sollte es einen Abstieg hinunter in die Speisekammer geben...

Je schmaler dieser Felssporn wird, und je steiler die Abgründe links und rechts, umso mehr kommt man aber ins Zweifeln. Links soll es hinuntergehen, aber da sind nur senkrechte Felswände... Kurz bevor ich umdrehen wollte, senkt sich der Pfad dann aber entlang einer Felsmauer zur Rechten ab, und führt drüben wieder hinauf zu einer Stelle, an der es nun wirklich nicht mehr weitergeht. Am tiefsten Punkt, bei einem markanten knotigen Turm, steigt man nun links äußerst steil und ausgesetzt hinunter. Dürftige Spuren zeigen an, dass diese Route hin und wieder begangen wird. In kleinsten Serpentinen geht es hinunter und nach links, zu einem kleinen Turm. Auf dessen linker Seite ermöglicht eine kleine Felsspalte (und die Wurzel eines Baums) den Abstieg hinunter zum Waldhang (kurz I). Für mich eine Zufallsentdeckung, umso mehr Spaß machte mir der gesamte Abstieg!

Ist man das abgeklettert, geht es nun immer noch steil den Hang hinab. Weiter unten wandte ich mich dann nach rechts, wo ich an der Kreuzung des Speisekammeranstiegs mit dem Begangsteig wieder herauskam.

Abstieg: Wilde, anspruchsvolle Route, T5-/I


Diesem Begangsteig folgte ich nun nach rechts, grob: südwärts. Ich lief um den Sporn herum, von dem ich gerade heruntergestiegen war, und folgte dem Weg, der immer unter den senkrechten Felswänden entlangführt. Bald umrundete ich die markanten Hafersäcke, und überquerte den Briefträgersteig. Dann ging es weiter zu den Felsen der Hafersäcke-Aussicht, die ich ebenfalls umrundete. Danach macht der Begangsteig eine weite Rechtskurve in leichteres Gelände hinein. Hier stieß ich auf die "Brandstufen".

Der Brand ist das Felsriff zwischen Polenztal und Tiefem Grund, in dem ich schon seit der Speisekammer herumgestiegen war. Seinen Namen soll er im 18. Jahrhundert von einem großen Waldbrand erhalten haben. Ein Weg vom Brand hinunter in den Tiefen Grund entstand wohl Anfang des 19. Jahrhunderts. Anfangs als "sehr beschwerlich" beschrieben, wurde er wohl bald ausgebaut, sodass er schon 1846 als "selbst für Damen bequemer Pfad" (!) genannt wurde. Heute führt ein über achthundert Holzstufen zählender Steig aus dem Tiefen Grund herauf, der zwischen den Felsen in eine metallene Treppenstiege mündet, die schließlich auf die Höhe hinauf führt. Der Weg ist top in Schuss, weil er Teil des Malerwegs ist. und er bildet die längste Stufenreihe der gesamten Sächsisch-Böhmischen Schweiz!

Die Brandstufen interessierten mich. Auf Holzstufen stieg ich steil hinauf zu zwei eisernen Treppen, die zwischen den Felsen weiter hinaufführen. In einem Kessel enden diese Treppen, und Holz- sowie Steinstufen leiten in Serpentinen auf die endgültige Höhe hinauf. Hier kehrte ich um, und wanderte wieder hinunter, in den Sattel zwischen Brand und Frinzberg.

Brandstufen: Leichte Treppenstiege, T1


Hier in dem breiten Sattel, wo die Brandstufen sich nach links ins Tal wenden, steht ein Sandsteintrog, markiert durch die Jahreszahl 1810. Dabei handelt es sich um eine Salzlecke, in der man Wildtieren Salz anbot, um ihre Geweihbildung zu unterstützen.

Von hier aus führt ein Pfad nach rechts, in die Felswände des Frinzbergs. Offensichtlich ein Zustieg für Kletterer. Ich folgte diesem ein Stück, kehrte dann aber wieder um, zum einen, weil ich solche Wege an diesem Tag schon zur Genüge bewandert hatte, zum anderen, weil ich die Brandstufen hinunter in den Tiefen Grund wandern wollte. Auf dem Rückweg zur Salzlecke sah ich dann aber zwei Wanderer, die rechts auf die Höhe hinaufstiegen. Neugierig spionierte ich ihnen nach, und entdeckte, dass sich hier ein mit roten Punkten markierter Weg befindet. Diesem (und den beiden Wanderern) folgte ich. Mal sehen, was da noch kommt!

Was da kommt, ist der alte Steig über den Frinzberg. Erst im Nachhinein konnte ich nachlesen, wo ich da unterwegs war. Den Weg hatte der Müller Mitzscherling, Besitzer der Frinztalmühle, um das Jahr 1885 herum mühevoll angelegt, mit vielen Steinstufen und hölzernen Brücken. Die Brücken sind verschwunden, die Stufen sind aber noch da, und so wird der Weg offenbar immer noch begangen.

Der Aufstieg ist mit roten Punkten markiert, und bald deutlich zu sehen. Es geht hinauf auf die Höhe, wo man auf einem guten Pfad über den hier noch breiten Rücken wandert. Dann steht man am ersten Einschnitt. Hier führte einst eine Holzbrücke hinüber - heute muss man springen. Ich nahm Anlauf, dann nahm ich nochmal längeren Anlauf, und sprang hinüber. Drüben geht es fast eben weiter, dann stößt man auf die ersten Steinstufen. Danach wird das Felsplateau immer schmaler, und zieht sich bald bis auf wenige Meter zusammen. Dann ist nur noch Platz für den Steig selbst. Über fünfzig aus dem Fels geschlagene Steinstufen führen auf dem herrlich schmalen Grat hinunter. Eine großartige Wegführung.

Schließlich wendet sich eine besonders schmale Stufenreihe in einem kleinen Spalt von Felsgrat links hinunter. Bald darauf steht man in einer Einsattelung. Man kann links oder rechts gehen. Die Punkte führten links herum. Dort passierte ich eine niedrige, in den Fels hineingeschlagene Bank. Danach zieht sich der Weg durch einen Waldhang. Es geht links am Fels entlang in eine nächste Einsattelung, dann leicht bergan, dem Kamm folgend.

Bald gelangte ich an eine Wegteilung. Links geht es zur Unteren Frinzberghöhle.

Die künstlich erweiterte Höhle ist ca. neun Meter breit und ebenfalls neun Meter tief. Die Höhle verengt sich nach hinten, ihren Eingang versperrte früher eine Mauer.

Zurück an der Wegteilung ging es weiter. Rechts befindet sich eine Aussicht, links die Obere Frinzberghöhle. In diese führen 5 Steinstufen hinunter.

Auch diese Höhle wurde einst künstlich erweitert. Ihre Höhe beträgt ca. 180 cm, sie ist fünf Meter breit und vielleicht drei Meter tief.

Neben der Höhle führt ein Steig über einige ausgesetzte Steinstufen hinab zu einem kleinen Plateau. Hier stand ehemals ein hölzerner Wachturm, die Burgwarte "Frundisberg".

Das Felsenriff des Frinzbergs wurde bereits im 15. Jahrhundert als Burgwarte bzw. Vorburg der Burg Hohnstein genutzt. Zu dieser Wehranlage gehörten auch die beiden künstlich erweiterten Höhlen. Nach einer Sage versteckte sich hier einst ein von Raubrittern verfolgter Prinz...

Von der Höhe des vorderen Frinzbergs führt der Steig geradeaus bergab zu einer weiteren Wegteilung. Links führt nochmal ein Pfad zur unteren Frinzberghöhle. In einer steilen, schmalen Kerbe geht es weiter bergab, hier sind noch alte Auflager für Spreizholzlager zu sehen. Dann wanderte ich an einem Fels rechts vorbei und stieg über Steinstufen in zwei Kehren weiter hinab. Es folgte der letzte Steilabstieg: in drei Kehren geht es über letzte aus dem Fels herausgeschlagene Stufen hinunter.

Hier stand ich in einem Sattel. Die roten Punkte führten nach rechts, durch eine kleine Schlucht, es ging aber auch geradeaus weiter, und gefühlt nach links. Die beiden Wanderer, die sich hier offenbar gut auskannten, waren längst verschwunden, so dass ich die Wege selbst auskundschaften musste. Geradeaus geht es zwar weiter, der Weg endet aber bald. Der Abstieg links sah wenig einladend aus, und so folgte ich der Einfachheit halber weiter den roten Punkten. Ein guter Weg führt durch die kurze Schlucht in den Waldhang hinein, und hinunter ins Polenztal.

Wer ein Video zu dieser Route sehen möchte, kann das hier tun (Begehung in umgekehrter Richtung).

Pfad über den Frinzberg: wunderbarer alter Steig, ein großer Sprung, T2


Unten angekommen, wandte ich mich nach links, und wanderte zurück zum Parkplatz. Ich überquerte die K8723 und die Bahnlinie, und ging weiter bis zur Ochelbaude. Hier befindet sich ein moderner Klettersteig, der mich aber viel weniger interessierte als die alten Wege am benachbarten Scheibenhorn.

Das Scheibenhorn, einst "Pfanen Stein" genannt, war schon im 18. Jahrhundert ein beliebter Aussichtspunkt. Im 19. Jahrhundert wurde seine oberste Kuppe durch eine kurze Steintreppe erschlossen. An der Wende zum 20. Jahrhundert begannen hier Steinbrucharbeiten, später befand sich hier kurzzeitig ein kleines Konzentrationslager mit 250 Gefangenen aus verschiedenen Nationen. Neun Menschen sind hier ums Leben gekommen.

Durch die dadurch entstandenen Felswände führt heute der Klettersteig. Am benachbarten Scheibenhorn wurde in halber Höhe ein Sprengstofflager eingerichtet, zu dem eine steinerne Treppe hinaufführte - und noch hinaufführt.


Ich stieg durch die Schlucht zwischen Klettersteig (rechts) und Scheibenhorn (links) hinauf. An den ersten Felsblöcken wandte ich mich dann nach links, und suchte mir einen Weg hinüber zur Felswand. Irgendwie stieß ich dann schnell auf die ersten, teils abgerutschten Stufen, die bald in einer engen kleinen Spalte hinaufführen. Ein Seil (das sicher nicht immer hier hängt) half mir beim Aufstieg (nötig ist es aber nicht).

Am Ende der Stufenfolge helfen zwei Klammern aus dem Spalt hinaus, dann führen weitere Stufen zu einem schmalen Band unter einem Überhang. Einige Meter weiter befindet sich das ehemalige Sprengstofflager.

Von hier aus führen weitere Klammern zu einem darunterliegenden Band, von dem aus man eventuell noch weiterkäme (hier sind Haken zu sehen), ohne Sicherung habe ich davon allerdings lieber die Finger gelassen.

Zurück bei den letzten Steinstufen, stieg ich nun links einen letzten Felsspalt hinauf. Am Ausstieg stößt man wieder auf Stufen. Hier kann man nach links weiterwandern, Trittspuren verlieren sich dort allerdings im Steilgelände. Besser ist es, direkt hinauf auf's Scheibenhorn (200m) zu steigen.

Scheibenhorn Aufstieg: vergessene, verwilderte Stiege, T4/I


Die Aussicht von dort hält sich in Grenzen, und so kehrte ich bald wieder um, und wanderte über den Höhenrücken, fast eben, Richtung Waldrand. 7, 9 Stufen führen vom Plateau hinunter. Am Waldrand wandte ich mich dann nach links. Auf der meiner Aufstiegsroute gegenüberliegenden Seite des Scheibenhorns führt eine weitere alte Stiege wieder hinunter.

Wegspuren führen nach links hinunter in einen Tobel. Dort stößt man auf eine kleine Felsrinne. Ein alter, verrosteter Metallhaken an deren rechter Wand weisen sie als ehemalige Aufstiegsroute aus. Ich stieg also die Rinne hinunter. Unten stieß ich auf ein paar alte Steinstufen, an deren Fuß ich mich nach links wandte. Unter einem Überhang, der vermutlich hin und wieder als Boofe genutzt wird, wendet sich die Route, nun deutlich erkennbar, in spitzem Winkel nach rechts, wo man auf weitere alte Steinstufen stößt. Diese führen in einem Linksbogen weiter talwärts. Undeutliche Wegspuren leiten schließlich unter letzten Felswänden hinab zu den letzten vier Steinstufen, an einem Kreuz und Spuren eines Unterstands an einer Felswand unter einem Überhang vorbei, und schließlich zu den Bahngeleisen.

Scheibenhorn Abstieg: vergessene, verwilderte Stiege, T3


Diesen folgte ich zum Bahnhof Porschdorf (144m), von wo aus ich zum Parkplatz an der Frinztalmühle (135m) zurückkehrte.



Fazit:

Wunderbare, wilde Tour durch eine einsame Gegend. Herausragend sind natürlich die Stiegen, vor allem die alten, vergessenen, sowie meine zufälligen Entdeckungen.



Ich empfehle als Literatur für das Elbsandsteingebirge:
 ‎
1. den "Stiegen-Wanderführer Sächsische Schweiz" von Peter Rölke
2. die Bände "Klettersteigführer. Steige und Stiegen in der Sächsischen Schweiz" von Michael Bellmann
3. und für die ganz Genauen die Stiegenbücher aus dem Stiegenbuchverlag. Insbesondere Stiegenbuch I-III, Bergpfade I-III und Geheimnisvolle Wege I-III.

Die besten Karten, die ich kenne, sind die Wander- und Radwanderkarten 1: 15 000 von Sachsen Kartographie.

Tourengänger: Nik Brückner


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (11)


Kommentar hinzufügen

F3ttmull hat gesagt: Bin dann mal wieder drüben
Gesendet am 4. Mai 2022 um 15:33
Mensch, da bekomme ich gleich wieder Lust in meine alte Heimat zu fahren. Rübezahl-, Häntzschel-, Wirts- und sonstige Stiegen habe ich bereits durch, die hier kenne ich noch nicht. Einen Ausflug wert ist natürlich auch immer die Rahmhanke unterhalb der Basteifelsen :)

Nik Brückner hat gesagt: RE:Bin dann mal wieder drüben
Gesendet am 4. Mai 2022 um 15:59
Grüß Dich!

Das ist sie! Sie hat mich gleich am ersten Tag wieder gelockt, aber wir haben dann erstmal die Tourirunde gemacht.

Herzlichen Gruß,

Nik

lainari hat gesagt: Fehlende Details?
Gesendet am 4. Mai 2022 um 21:07
In dem an sich äußerst umfangreichen Bericht fehlt der Hinweis darauf, dass sich Maucktelle, Speisekammer und Frinzberg in der Kernzone des Nationalparks Sächsische Schweiz befinden! Dort herrscht Wegegebot, d. h. die Betretung ist auf offiziell markierte Wanderwege und Kletterzugänge beschränkt.

Der Hinweis auf "weglos" oder bunte Punkte an Bäumen zählt wohl eher nicht dazu.

Kann mir nicht vorstellen, dass die zitierte Literatur oder die Karten dies verschweigen...

Berichte wie dieser sind für die Behörden ein gefundenes Fressen, um die Repressionen gegenüber den "Normalwanderern" weiter zu verstärken.

Ich habe übrigens schon von Leuten gehört, die wurden am linksufrigen Talweg zur Frinzthalmühle wegen dem Aufenthalt von 5 m (in Worten: fünf Meter) innerhalb der Kernzone gebüsst.

Bergmax hat gesagt: RE: Fehlende Details?
Gesendet am 4. Mai 2022 um 22:18
Hallo Lainari,

ich mag Deine Berichte sehr, aber ich mag auch die vom Nik und möchte in Zukunft ungern auf Euch verzichten.

Persönlich komme ich mit den Nationalpark-Vorschriften nicht sehr gut klar und bin deshalb eher außerhalb unterwegs. Aber - sollte die Kernzone mal ganz verboten werden, hätte es auch seine Vorteile. Für ein exklusives Erlebnis lohnt sich das Eintrittsgeld in Form einer Buße gleich viel mehr.

(Von mir aus muss es nicht soweit kommen.)

Viele Grüße

Max

Nik Brückner hat gesagt: RE: Fehlende Details?
Gesendet am 4. Mai 2022 um 22:35
Hallo lainari,

danke Dir für dem Hinweis. Ich war erst das zweite Mal überhaupt in der Sächsischen Schweiz und bin deshalb, offen gestanden, mit den dortigen Regelungen nicht richtig vertraut. Wegeverbote sind auch in anderen Gegenden nicht wirklich üblich, deshalb ist mir das neu. Im Gelände habe ich bei dieser Tour auch keine entsprechenden Markierungen oder Verbotsschilder gesehen.

Zu Maucktelle und Speisekammer habe ich weder in meinen Büchern noch im Internet etwas gefunden, deshalb bin ich gar nicht auf die Idee gekommen, dass ich da nicht sein durfte. Bist Du dir mit den beiden Routen sicher? Was den Frinzberg angeht, bin ich, wie ich geschrieben habe, Einheimischen und roten Markierungen hinterhergelaufen. Auch da gab es keine für mich erkennbaren Hinweise auf ein Betretungsverbot im Gelände. Im Gegenteil, der Weg sieht so aus, als würde er regelmäßig begangen. Ich habe erst hinterher gelesen, genauer gesagt gestern beim Schreiben, dass diese Route gesperrt sei, aber auch nicht überall. Mal steht das dabei, mal nicht. Und deshalb dachte ich, ich poste das Ganze mal, und schaue, was passiert. Deshalb bin ich Dir für deine Erklärung dankbar.

Meinst Du, ich sollte die entsprechenden Teile rausnehmen? Das wäre kein Problem. Dort wandern werde ich nach deinem Hinweis sicher nicht mehr.

Gruß,

Nik

P. S.: Max, ich werde natürlich weiter Touren posten. Aber eben bei der Planung und im Gelände besser aufpassen.

lainari hat gesagt: RE: Fehlende Details?
Gesendet am 5. Mai 2022 um 17:57
Es ist müßig einzelne Routen zu prüfen, wenn das Gebiet Kernzone ist. Kernzone = Betretungsverbot, Ausnahme sind markierte WW und Kletterzugänge. Und keine "Angst", die hat man schon nicht so gelegt, dass sie zur durchgängigen Begehung alter Steige taugen. Die Grenze der Kernzone ist mit grünen Schildern "Kernzone" an den Zugängen markiert. Tafeln mit der Besucherordnung stehen an jedem Parkplatz.

Diese spezielle Umkehrung, dass nur erlaubt ist, was markiert ist, war seinerzeit ein Kunstgriff der Nationalparkverwaltung um die vielen unmarkierten Wege aus dem Wegenetz zu entfernen.

Interessantes zu Wegen, Boofen und Karten gibt es immer recht aktuell und spitzzüngig kommentiert beim Kartografen Herrn Böhm: boehmwanderkarten.de

Zur obigen Tour - mein Motto bei solchen Unternehmungen: An der passenden Stelle auch mal schweigen und genießen.

Nik Brückner hat gesagt: RE: Fehlende Details?
Gesendet am 6. Mai 2022 um 09:39
Ich verstehe, und genieße. Hatte mich mit den Regeln bis dato noch nicht so befasst, aber inzwischen ein bisschen gegoogelt, und festgestellt, dass es da einen langen, leidenschaftlichen Zwist zu geben scheint. Angesichts von Videos auf Youtube, in denen man sieht wie Leute auf dem Prebischtor herumlaufen, kann man die eine Seite verstehen, andesichts anderer Infos auch mal die andere.

Ich hatte mich auf meine App verlassen, die Wegsperrungen anzeigt - aber offensichtlich dabei nicht besonders aktuell ist, noch in jedem Fall richtig liegt. Na, jetzt weiß ich ja Bescheid. Danke Dir!

Gruß,

Nik

lainari hat gesagt: RE: Fehlende Details?
Gesendet am 5. Mai 2022 um 17:25
Ich bin der Letzte, der jemanden sein Abenteuer nicht gönnt ;-)

Aus dem "Nationalpark der toten Bäume" habe ich mich weitgehend zurückgezogen:
-touristischer Overkill an den Knotenpunkten (die man auf jeder längeren Tour zwangsläufig einmal erreicht),
-zunehmende Besuchermenge,
-falsche Besucherlenkung durch den Nationalpark,
-zunehmende Wegsperrungen durch Baumfall und
-Borkenkäfer-Mikado (übrigens zumindest vom Ausmaß her keine Natur- oder Klimakatastrophe sondern selbstverschuldet - ätschbätsch hier ist Kernzone, da machen wir nüscht...)

Nik Brückner hat gesagt: RE: Fehlende Details?
Gesendet am 6. Mai 2022 um 09:41
Ja, der Wald sah schlimm aus. Das war bei meinem letzten Besuch noch nicht so. Hoffentlich erholt sich die Landschaft schnell wieder.

Gruß,

Nik

Peter23 hat gesagt: spektakulär
Gesendet am 5. Mai 2022 um 12:39
Lieber Nik
Beeindruckende Tour! An mehreren Stellen wohl noch spektakulärer als der Stiegenmarathon im Bielatal. Bei feuchter Unterlage sicher nicht ungefährlich.
Liebe Grüsse
Peter

Nik Brückner hat gesagt: RE:spektakulär
Gesendet am 5. Mai 2022 um 12:42
Grüß Dich, Peter!

Feucht war's - nach einer Viertelstunde hatte ich nasse Socken - aber es ging eigentlich. Richtig wild war eigentlich nur der Abstieg in die Speisekammer. Wir mussten das Wetter nehmen, wie es kam - die Meteorologen haben sich in dieser Woche nicht wirklich einen Kranz verdient...

Herzlichen Gruß,

Nik


Kommentar hinzufügen»