Burgplätze und Bergbau im Polenztal


Publiziert von lainari , 27. Februar 2018 um 21:02.

Region: Welt » Deutschland » Östliche Mittelgebirge » Sonstige Höhenzüge und Talgebiete
Tour Datum:18 Februar 2018
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 4:45
Aufstieg: 450 m
Abstieg: 450 m
Strecke:13 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto bis zur Hohnsteiner Mühle oder zum Wanderparkplatz Hocksteinschänke (Tagesgebühr 3 €)
Kartennummer:1:30.000, SK Nr. 90 Sebnitz und Umgebung

Hocksteinwarte, Burg Wartenberg und Mühlbergwarte
(Westlausitzer Hügel- und Bergland)
 
Im Polenztal verlief zwischen der Mitte des 12. Jh. und dem Anfang des 15. Jh. die Grenze zwischen böhmischen Besitzungen und dem Bistum Meißen. Zu ihrem Schutz befanden sich auf der westlichen Seite des Tales die Burg Wartenberg und die Hocksteinwarte und auf der östlichen Seite die Burg Hohnstein und die Mühlbergwarte. Nach Grenzverschiebungen gehörten alle Anlagen zu einer Grundherrschaft und die untergeordneten Burgen verloren an Bedeutung. Bis gegen Mitte des 15. Jh. sollen die genannten Burgen außer der Burg Hohnstein aufgegeben worden sein.
Unmittelbar durch Hohnstein verläuft in schräger Linie die Lausitzer Überschiebung (NW-SO), die die Grenze zwischen Sandstein und Granodiorit bildet. Bei Zeschnig und Hohnstein haben sich dabei Kalksteinkonglomerate abgelagert, die von historischen Kalkwerken verarbeitet wurden. Im Polenztal gab es zudem einige Erzbergbauversuche mit bescheidenem Ertrag.
 
Ich startete also zur Erkundung von historischen Spuren im Kontext zu oben genannten Grundlagen. Das Auto wollte ich auf dem Wanderparkplatz an der Hocksteinschänke abstellen. Ich hatte zwar mit einer Gebührenpflicht gerechnet, meinen Münzbestand jedoch nur überschlägig geprüft. Der Nationalpark verlangte drei Euro Tagesgebühr, die ich leider nicht passend dabei hatte. Eine Über- oder Unterzahlung (zum Stundenpreis) war am Automaten partout nicht möglich. So verließ ich den Platz talwärts und parkte (kostenfrei) im Polenztal gegenüber der Ruine der Hohnsteiner Mühle. Somit begann meine Tour mit einem Steilaufstieg über die Treppenanlage der Wolfsschlucht. Mit raschem Höhengewinn kam ich dadurch zum Hockstein, der einst eine Burgwarte trug. Während die Bau- und Besitzgeschichte der Burg Hohnstein recht gut dokumentiert ist, lässt sich über die kleineren Warten recht wenig Konkretes herausfinden. Heute zeugen nur noch ein Felsengemach, alte Balkenfalze und ein Halsgraben von der Hocksteinwarte. Über den oberen Zugang zum Hockstein lief ich hinüber zur Hocksteinschänke. Im Wäldchen in der Wiesensenke unterhalb des Gasthauses liegt der Steinbruch des Kalkwerkes Zeschnig. Um 1785 stieß man vermutlich im Zuge der Lehmgewinnung für eine nahe Ziegelei in der Umgebung auf das Kalkvorkommen, das zunächst im Tagebau abgebaut wurde. 1831 wurde ein Versuchsstollen in Richtung Lausitzer Überschiebung vorgetrieben. Dessen Lage ist heute nicht mehr bekannt. Zwischen 1850 und spätestens 1888 wurde über einen neuen Stollen Kalkstein im Tiefbau gewonnen. Durch den untertägigen Abbau entstanden dabei große Hohlräume von etwa 65 m Länge. In der DDR wurde das Ministerium für Staatssicherheit auf die alte Anlage aufmerksam und ließ sie für unbekannte Zwecke bergmännisch sichern. Heute ist sie ein Fledermausquartier und daher nicht zugänglich. Ich erkundete die sichtbaren Tagesanlagen im Anriss des Kohlichtgrabens und lief dann über die Alte Wartenbergstraße abwärts. Auf einem nach links abzweigendem Weg erklomm ich eine Einsattelung des Bergkammes und den Gipfel der einstigen Burg Wartenberg. Zwei noch heute sichtbare Abschnittswälle und ein Ringwall sicherten den alten Burgkern. Nach Norden hin war durch den Steilabfall des Riesengrundes nur eine Verteidigungslinie notwendig. Der westlich der Burg liegende eingesattelte Kamm trug eine Art Sperrwall, der möglicherweise eine Zollfunktion hatte. Eine Gebäudegrundfläche am Hang stützt diese Annahme.
 
Ein relativ eben dahin führender Weg brachte mich in den mittleren Riesengrund. Die jetzige laubfreie Zeit ermöglichte einen guten Einblick in das idyllische steile Kerbtal. Ab der Talmitte stieg der benutzte Weg moderat an und wurde durch umgekippte Bäume immer unwegsamer, bis er sich schließlich verlor. Ich blieb jedoch auf der Talseite und wechselte erst am Fuße einer größeren Haldenschüttung recht bequem die Talseite. Die Halde gehört zu einem alten Steinbruch. Oberhalb erreichte ich auf der offenen Hochfläche den Ort Zeschnig. Am Ortsrand bog ich gleich nach rechts ab und lief wieder in Richtung Wald. Am Waldrand und später im Wald bog ich jeweils nach links und absolvierte einen Steilabstieg ins Tal des Goldflüsschens. Dort ging ich an der Straße der einstigen Rennstrecke bis zum Bach Polenz und passierte die Heeselichtmühle. Gemütlich wanderte ich durchs Polenztal talaufwärts und traf erstmals auch auf andere Ausflügler. Kurz unterhalb der Scheibenmühle sah ich das mir bereits bekannte Stollenmundloch des “Hussitenstollen“. Dieser irreführende Name entstand erst in der Neuzeit. Historisch sind im Bereich mehrere Mutungen unter unterschiedlichen Namen bekannt, über die passende Zuordnung sind sich die Fachleute noch uneinig. Ich strebte etwa 300 m das einmündende Seitental hinauf und fand am Grund des Kerbtales an einem Sporn ein zugemauertes Stollenmundloch. Auf dem auslaufenden Sporn befand sich eine größere Einkerbung eines Stollenanschnitts/Tagebaues/einer Pinge. Ich kehrte zur Heeselichtmühle zurück, wobei ich unterwegs ein wackliges Bänklein für eine Mittagsrast nutzte. Vor dem Erreichen der Straße bog ich nach links hinauf und sah zunächst einige Bergbauspuren. Ein kleiner Pfad führte weiter auf die Anhöhe hinauf. Ein leider teilweise zugeschütteter Halsgraben kündigte den Standort der einstigen Mühlberwarte an. Die nicht gerade leicht zugängliche Stelle wird auch aktuell noch zur Grünschnittablagerung benutzt, mir schwant auch schon von wem, vorn Ökobio-Hui, hinten - na ihr wisst schon. Und wieder gibt es ein Bodendenkmal weniger! Leicht enttäuscht kehrte ich zum Talboden zurück und ging bis zur Rußigmühle. In diesem Bereich war ab dem Ende des 16. Jh. eine historische Schmelzhütte/Vitriolwerk nachgewiesen. Das deutet auf eine Verarbeitung sulfidischer Erze hin. Ein historische Quelle berichtet von Erz mit Kupferausblühungen und eine andere von Kupferschlacken. Eine primäre Kupferverhüttung kann aber ausgeschlossen werden, da das Monopol in Sachsen dafür bei der Saigerhütte im erzgebirgischen Grünthal gelegen hätte. Über die Art des tatsächlich gewonnenen Metalls ist so gut wie nichts dokumentiert. Eine Quelle der verarbeiteten Erze lag auch im nahen, Bärenhohl genannten Seitental. Dorthin lenkte ich nun meine Schritte. Im unteren und mittleren Talbereich waren einige größere menschliche Eingriffe sichtbar. Ich konnte jedoch nur zwei speziell stollenverdächtige Punkte ausmachen, die historischen Hauptaktivitäten dürften eher im Tagebau gelegen haben. Zwei Haldenschüttungen könnten auch als im Laufe der Zeit geborstene Teichdämme interpretiert werden, zumal für das 16. Jh. auch zwei Teiche im Grund belegt sind. Der ab dem Bärenhohl in Hanglage Richtung Hohnstein verlaufende Kälbersteig ist später auch noch einmal eine Erkundung wert. Im oberen Taldrittel drehte ich um und kehrte zur Rußigmühle zurück. Von dort war es nicht mehr weit bis zum Ausgangspunkt meiner Tour an der Hohnsteiner Mühle.
 
Die Gehzeit betrug pausenbereinigt 4 h 45 min.
Die weglosen Erkundungen und die Erkundung der Burgwarten haben die Schwierigkeit T2 und die übrige Strecke hat die Schwierigkeit T1. Die begangene Runde benutzt zum größten Teil unmarkierte Wege.

Tourengänger: lainari


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