"Alhambra" bei Ponte Brolla


Publiziert von Alpin_Rise , 25. März 2007 um 19:39.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum:23 März 2007
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: 6b+ (Französische Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-TI   Gruppo Poncione Piancascia 
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 600 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Ponte Brolla Parkplätze an der Strasse, gebührenpflichtig
Unterkunftmöglichkeiten:Diverse B&B in Ponte Brolla. Empfehlenswert: Ristorante Centovalli. Zeltplatz Piccolo Paradiso in Avegno.

Die Gneisfluchten rund um Ponte Brolla (Valle Maggia, Nähe Locarno) haben sich in den letzten 15 Jahren zum Klettereldorado des Tessin gemausert. Das Gebiet ist wohl jedem Kletterer in in der Deutschschweiz und darüber hinaus ein Begriff. Kein Wunder sind die sonnigen, gut abesicherten Klettergärten und Mehrseillängentouren mit wunderbarer Bademöglichkeit an der Maggia häufig (zu) gut besucht.
Nach vielen Besuchen in Ponte Brolla bietet sich dieses Jahr die Gelegenheit: Wenig Volk am Fels, angenehme Temperaturen und ein motivierter Kletterpartner. Also los zur Plaisir-Prestige Tour im Maggiatal.



Der Tessiner Plaisir-Klassiker im gehobenen Niveau -  ein "must have" unter ausdauernden Hallenkletterern

Die Route "Alhambra" (6b+, 6a+ obl.), mit ihren 18 Seillängen die längste des Gebietes, ist innert kürzester Zeit zum Klassiker und neben dem Sperone (6a, 5b A0) zur bekanntesten Tour rund um Ponte Brolla geworden. Sie steht auf der Wunschliste vieler Kletterer, so war sie auch auf meiner.

Trotz bedecktem Himmel aber guter Wetterprognose Start um 9.00 bei der Bahnstation cff logo Ponte Brolla. Zustieg der Strasse entlang und beim Kunstschmied rechts hoch, über ein gutes Weglein in 35 min an den Einstieg. Wieder einmal verleitet das Topo zum (zu) hohen Einsteigen. Nicht sehr schlimm, wir schenken uns die erste Seillänge 5a.

Die Route lässt sich in drei Teile gliedern:
  • Die untersten 7 Sl wenig steile Reibungskletterei auf  Platten bis 6a+. Manchmal etwas glatte, schmierige Tritte aber insgesamt genüsslich und zügig machbar. Wer seine Füsse nicht zu gebrauchen weiss, wird hier schwitzen, die anderen kaum eine Notiz von den "Schwierigkeiten" nehmen.
  • Im Mittelteil 4 Sl Aufschwünge mit den nominell schwierigen, aber kurzen Passagen. Die 8. Sl (6a+) bietet nach einer Plattenpassage eine spannende, steile Verschneidung, die Züge lösen mit Bewegungsfantasie erstaunlich leicht auf. Die erste 6b+ Seillänge beginnt mit einem kniffligen Aufschwung und setzt sich auf einer wunderschönen, anspruchsvollen Platte fort. Die zweite ("placca calzone") ist ein wenig leichter mit zwei schwierigeren Einzelstellen.
  • Nach einer kurzen Fussquerung im  Gebüsch das Highlight der Route: 7 meist steile, spekatkuläre Seillängen in der Headwall (El Capitan lässt grüssen). Gleich zu Beginn die 12. Sl "Fingerlochplatte": Zwar habe ich nicht viele Fingerlöcher angetroffen, trotzdem eine Top-Seillänge (6a+). Die folgende 6b Länge ist athletisch und verlangt etwas Ausdauer, sehr eigenartige Felsformationen mit genialen Zügen. Kurze Verschnaufpause in der 14. Sl 5a. Die letzte 6b, 15. SL, hat einen kniffligen Aufschwung und führt danach an Quarzadern in fantastischer 6a-Kletterei aufwärts - zum Teil dienen ganze Quarz-Kristalle als Griff und Tritt! Die 16. Seillänge ist eine gutmütige 5b Verschneidung, danach verlangt die zweitletzte Seillänge (6a) an abwärtsgeschichteten Leisten nochmals volle Konzentration . Die 18. Sl ist mit 3c ein überbewerteter Dessert-Spaziergang;-) Geschafft!

Wir kommen zügig voran und stehen kurz nach 16 Uhr und 6 Stunden reiner Kletterzeit am Ausstieg. Die Begehungszeiten varieren stark von zügigen 3 Stunden bis zum epischen 12 Stunden-Martyrium.

Fussabstieg in der Nachmittagssonne auf gutem, aber schmalem Pfad (T4) mit einer Leiterpassage bis zum Hochspannungsmasten auf dem Sporn von "Brunone". Dort 6 mal 22m Abseilen und in 10 min zurück zum Einstieg. Wegen Fahrplan in 20 min zur Bahnstation getrabt.

An Material genügt ein Set mit 12 Express, keine Mobilen Sicherungsmittel nötig oder sinnvoll. Wir kletterten mit einem Einfachseil. Wenn man sicher ist, dass man die Tour schafft und die Wetterprognosen gut sind, brauchts kein Doppelseil (Fussabstieg). Abseilen ist vor allem aus dem oberen Wandteil mühsam und zeitraubend, ab der "Headwall" ist die "Flucht nach vorne" die beste Option.

Eine meiner schöneren langen Kletterrouten bisher, vor allem der obere Teil besticht durch ausergewöhnliche Felsformationen und geniale Klettermeter. Alles in allem eine sehr lohnende Genusskletterei, jedoch auf Grund der guten Absicherung, meist wenig steiler Kletterei und geringen Höhenlage weniger fordernd als manch andere vergleichbar lange Klettertour in den Voralpen.
Trotzdem: Länge und die Schwierigkeit machen die Route aber zum ernsten Tagesunternehmen, das eine kraftsparende Klettertechnik, zügiges Vorankommen und die eine gute Kondition voraussetzt. Ernst darum, da ein Rückzug ab SL  12 sehr mühsam und der Normalabstieg doch ausgesetzt ist. Nur bei kühlem, stabilem Wetter zu empfehlen, im Sommer mit dem ersten Licht einsteigen!

 Die zwei anderen Tage in Ponte Brolla verbringen wir im Hauptsektor, wo einige Hundert Seillängen in unterschiedlichster Kletterei zu haben sind. Zu meinem Erstaunen sind wir sogar am Samstag an der Placca di Tegna alleine unterwegs - Sachen gibts...!

Tourengänger: Alpin_Rise


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Kommentare (2)


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ossi hat gesagt: Lechz!!
Gesendet am 25. März 2007 um 21:41
Oh, die Alhambra ist auch eines meiner ca. 13478 Projekte, die ich noch habe. Die Fotos machen Lust auf mehr!

Alpin_Rise hat gesagt: RE:Lechz!!
Gesendet am 25. März 2007 um 23:09
Ja, ist wirklich eine schöne Tour! Sieht aus, als hätten wir ähnliche Präferenzen in Sachen Wunschtouren, wenn ich so deine Wunschliste anschaue.
Fotos und Klettern ist immer eine Crux, weil man aus der Seilschaft selten wirklich gute Bilder schiessen kann. Ausser man ist nur zum fotografieren da! Die Bilder aus der Alhambra befriedigen nicht wirklich - mit Sonne wärs schöner, aber auch heisser und durstiger gewesen.


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