Aktion Everbest / jeder Schritt zählt – oder: in 80’000 Schritten von Worb nach Kandersteg


Publiziert von ABoehlen , 28. Juni 2010 um 13:03.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Berner Voralpen
Tour Datum:25 Juni 2010
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 13:00
Aufstieg: 850 m
Abstieg: 250 m
Strecke:Worb – Vielbringen – Rubigen – Jaberg – Thun – Gwatt – Reutigen – Wimmis – Mülenen – Kanderbrück – Kandergrund – Kandersteg, 64 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Worb Dorf
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Kandersteg
Kartennummer:1167 Worb, 1187 Münsingen, 1207 Thun, 1227 Niesen, 1247 Adelboden

In den Betrieben der «armasuisse», jenem Teil des VBS zu dem auch die swisstopo gehört, läuft dieser Tage die Aktion «Everbest – jeder Schritt zählt», für die jeder Mitarbeiter einen einfachen Schrittzähler ausgehändigt bekam. Eine tolle Sache, die vor allem für Wanderer wie mich motivierend ist, das Bewegungspensum noch etwas zu steigern. Will man aber an der Spitze mitmischen, reicht es natürlich längst nicht, nur ab und zu den Arbeitsweg zu Fuss zurückzulegen oder so. Daher kam die Idee zu dieser grossen Tour: Von Worb nach Kandersteg.

00.38 Uhr: Der Startschuss fällt! Zumindest hört sich der Wecker, der mich nach kurzer Nacht aus dem Schlaf reisst, so an. Der Rucksack ist schon gepackt, sodass es nach einem kurzen Imbiss um 01.15 Uhr los gehen kann. Eine klare Vollmondnacht erwartet mich draussen (korrekterweise sei darauf hingewiesen, dass offiziell erst ein Tag später Vollmond ist) und die Temperatur ist sehr angenehm. Die Stirnlampe bleibt vorerst im Rucksack, denn im offenen Gelände sieht man den Weg klar und deutlich. Über die Anhöhe von Langenloh geht es nach Vielbringen, einen Aussenort von Worb und durch das Eichholz weiter nach Rubigen. Dort schlage ich das Strässchen ein, welches dem Ortsrand entlang zum Autobahnanschluss führt, wo ich bei der Hunzigenbrücke die Aare erreiche.

Da wir im Moment die längsten Tage des Jahres haben, steht der Vollmond entsprechend nur wenige Stunden am Himmel. Und so taucht er um 02.45 Uhr bereits hinter dem nahe gelegenen Belpberg ab. Das heisst, es wird Zeit, die Stirnlampe hervorzukramen, zumal der Weg ab hier bis fast nach Thun durchwegs im Wald verläuft. Zu diesem Aareweg gibt es eigentlich nicht allzu viel zu sagen: Es ist eine meiner Lieblingsstrecken, allerdings nur nachts oder sehr früh am Morgen, denn tagsüber wimmelt es hier von Spaziergängern und unzähligen Hunden, welche das Wandern bisweilen zur Qual werden lassen. Der Weg ist weit gehend in einem Topzustand, und fast bei jedem Wetter gut zu begehen. Dies kommt mir auch jetzt in der Dunkelheit entgegen, denn es ist ohne Schwierigkeiten möglich, ein zügiges Tempo anzuschlagen.

Der Mond ist weg, aber schon im Bereich der Thalgutbrücke bei Wichtrach, ca. um 04.00 Uhr beginnt der Himmel im Nordosten zu leuchten – der Tag kündet sich an! Nachdem ich eine gute Stunde später unter der Uttigenbrücke hindurchgekrochen bin, kann ich die Stirnlampe wieder im Rucksack verstauen, denn jetzt ist es auch im Wald hell genug. Und so geht es im ersten Licht des neuen Tages leichten Schrittes Thun entgegen. Ein prächtiges Schauspiel erwartet mich: Erst erstrahlen nur die höchsten Gipfel im Sonnenlicht, bald darauf auch die Voralpengipfel und im Bereich von Schwäbis erreicht die Sonne schliesslich den Talgrund. So wird nun auch die Temperatur, die in den letzten Stunden doch ziemlich gesunken ist, rasch wieder ansteigen.

Durch das Bälliz, die Einkaufs- und Marktgasse von Thun, geht’s zum Hauptbahnhof, wo bereits der Pendlerverkehr eingesetzt hat, und weiter der Strasse entlang Richtung Gwatt, wo ich nach dem Stadion links zum Wanderweg abbiege. Ein reizvoller Park erstreckt sich dort am See und auf einer Bank an den wärmenden Sonnenstrahlen wird etwa um 07.00 Uhr gefrühstückt.

Der Weiterweg durch den Schilfgürtel ist sehr angenehm und verläuft teilweise auf hölzernen Stegen, wo man einen schönen Überblick hat. Nach dem Gwattlischenmoos erreiche ich wieder die Hauptstrasse, quere sie, ebenso die Bahnlinie, und steige gleich danach sehr steil zur Gwattegg auf. Es ist 07.45 Uhr und bis hier bin ich 32 km gewandert, es ist somit Halbzeit. Noch kein Muskelkater, kein Fussbrennen oder sonstige Beschwerden, also weiter! Der Weg leitet ebenso steil auf der anderen Seite ins Glütschbachtal hinunter, welches einst von der Kander durchflossen wurde, ehe 1711 – 1714 bei Einigen der Durchbruch geschaffen wurde, welcher die Kander direkt in den Thunersee leitet. Seitdem fliesst durch das Glütschbachtal nur noch ein bescheidener Bach.

Vom Weiler Hani, der halb zu Zwieselberg und halb zu Reutigen zählt, folge ich der Hauptstrasse, da der Wanderweg zwar reizvoll, aber unnötig kräftezehrend mehrmals zur Kander abtaucht und wieder Richtung Plateau aufsteigt. Meine Kräfte hebe ich mir besser für später auf; der Tag ist noch lang.

Die über 100 m lange Velobrücke Kapf, eine gedeckte Holzbrücke, quert die Simme knapp oberhalb ihrer Einmündung in die Kander und bringt mich auf die andere Seite, wo ich wenig später in Wimmis eintreffe, welches am Fusse des Niesen liegt. Diesen majestätischen Berg umrunde ich in den nächsten paar Stunden zur Hälfte, erst mal leicht ansteigend in die Wimatte, anschliessend hinunter an die Kander und auf schönen Uferwegen mal rechts, mal links diesem Wildwasser entlang. Bei der Talstation der Niesenbahn in Mülenen herrscht Hochbetrieb, als ich um 10.00 Uhr diese passiere, dafür ist auf dem Uferweg kaum jemand anzutreffen.

Um Frutigen zu umgehen, verlasse ich beim Schwandisteg die Kander und folge dem höher gelegenen Strässchen, welches mich nach Kanderbrück führt, wo es nicht mehr weit bis zum Eisenbahnviadukt ist. Gleich dahinter, kurz vor Adelrain, stosse ich auf eine Ruhebank in aussichtsreicher Lage, welche sich ideal für den Mittagsrast eignet.

Gestärkt mache ich mich, mit nun doch langsam etwas müden Beinen auf die letzten 10 km bis Kandersteg. Die haben es aber noch in sich, denn nachdem bis jetzt nur geringe Höhendifferenzen zu überwinden waren (Adelrain liegt gerade mal auf 793 m), sind bis Kandersteg nun noch rund 400 m zu schaffen. Zunächst merke ich davon nicht viel, aber nach dem Kraftwerk Kandergrund, beginnt der Weg immer steiler anzusteigen, und das Wildwasser der Kander schäumt und tost im stärker werdenden Gefälle zur Linken. Auf der gegenüberliegenden Talseite erblicke ich hoch oben im Hang die Kunstbauten der Lötschbergbahn, welche das steile Tal in einer langen Kehre im Talgrund und einem Kehrtunnel überwindet. Bei der Hauptstrasse wurde das Problem anders gelöst und eine veritable Passstrasse gebaut, deren zahlreiche Haarnadelkurven gut sichtbar sind. Der Wanderweg steigt dafür mehr oder weniger direkt den Abhang empor. Doch bei der ARA ändert sich die Szenerie schlagartig: Die Kander ist wieder ein sanft rauschender Bach und ein bequemer Spazierweg folgt ihrem Ufer. Das Plateau von Kandersteg ist erreicht! Ein guter Kilometer noch und ich habe es geschafft: Nach genau 13 Stunden, 64 km und rund 80’500 Schritten treffe ich am Ziel ein. Jetzt ist nur noch Kleider wechseln angesagt, ehe ich mir ein grosses, kühles Bier auf der Terrasse des Bahnhof-Buffets genehmige. Eine anstrengende, aber prächtige Wanderung liegt hinter mir. Alles hat gestimmt; das Wetter, die Temperatur und nicht zuletzt haben sich die alten, ausgelatschten Schuhe mal wieder bestens bewährt und dafür gesorgt, dass kaum Beschwerden aufgetreten sind!
 


Tourengänger: ABoehlen


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Kommentare (4)


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Alpenorni hat gesagt: Schritte
Gesendet am 28. Juni 2010 um 20:43
Gratuliere zu diesem prächtigen Marsch ! Und zu dem völlig neuartigen Touren-Parameter: SCHRITTE !, logisch, völlig naheliegend eigentlich !... Mit Ziel Grindelwald könntest Du dann wohl die magische Grenze von 100.000 Schritten knacken, oder beginnt da irgendwann die Todeszone ?
Noch 10 Tage, dann sind wir auch in den Berner Alpen unterwegs! :-)
Gruß , noch aus dem Norden,
Martin

ABoehlen hat gesagt: RE:Schritte
Gesendet am 29. Juni 2010 um 06:16
Gute Frage, wann die Todeszone beginnt! Müsste man direkt mal ausloten! Ich war zwar in Kandersteg noch nicht völlig "kaputt", aber nochmals 20'000 Schritte hätte ich wohl nicht mehr hingekriegt. Aber ich denke, mit gezieltem Training wäre auch dies zu schaffen. Allerdings geht mein Schrittzähler nur bis 99'999...

Gruss in den hohen Norden und bald "Willkommen im Berner Oberland"!
Adrian

Ursula hat gesagt: Gratulation..
Gesendet am 26. Januar 2011 um 19:48
zu Deiner langen Tour! Durchhaltewille ist da gefragt, hei nomol!

Beste Grüsse,
Ursi

ABoehlen hat gesagt: RE:Gratulation..
Gesendet am 6. März 2011 um 20:55
Ciao Ursi

Merci :-) Die Aktion mit dem Schrittzähler wird auch in diesem Jahr wieder durchgeführt; mal schauen, ob der Durchhaltewille wieder für eine vergleichbare Tour reicht!

Liebe Gruess
Adrian


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