Der Hitze entkommen: Von Worb nach Oey-Diemtigen


Publiziert von ABoehlen , 22. Juli 2022 um 21:42.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Simmental
Tour Datum:19 Juli 2022
Wandern Schwierigkeit: T1 - Wandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 9:15
Aufstieg: 320 m
Abstieg: 280 m
Strecke:Worb – Vielbringen – Rubigen – Jaberg – Thun – Gwatt – Reutigen – Wimmis – Oey-Diemtigen, 43 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Worb Dorf
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Oey-Diemtigen

Der 19. Juli 2022 soll der bisher heisseste Tag des Jahres werden – bis 38°C seien möglich, verkündete der Wetterbericht am Vorabend. Da gibt’s aus meiner Sicht nur ein Mittel dagegen, will man dennoch angenehm wandern: Früh raus! Sehr früh!

Entsprechend meldet sich der Wecker bereits um 00:30 Uhr. Die paar Stunden Schlaf sind natürlich zu wenig, aber das werde ich am Nachmittag wieder kompensieren können. Hunger habe ich zu dieser frühen Stunde keinen, aber eine Kleinigkeit essen ist besser als mit leerem Magen loszuziehen. Aus den restlichen Brotscheiben bereite ich mir «Sandwiches» zu, mit Butter und Marmelade – für später. Der Rucksack ist gepackt, um 01:15 Uhr geht’s los.

Der abnehmende Halbmond ist eben aufgegangen und Sterne sind auch zu sehen. Die auffällige Planetenkonstellation, die ich letzte Woche erstmals bewundern konnte, ist teilweise ebenfalls sichtbar, aufgrund des vergleichsweise hellen Mondes aber weniger auffällig. Umso auffälliger ist dafür die Temperatur, die beim Abmarsch noch weit über 20°C liegt und wohl auch nicht mehr unter diese Schwelle sinken wird – eine so genannte Tropennacht also. Da ich diesmal rund zwei Stunden früher unterwegs bin, benötige ich die Stirnlampe im Wald entsprechend länger. Erst bei der Uttigenbrücke, ca. um 05:00 Uhr, ist es hell genug, um den Weg auch ohne sie zu finden. Beim Queren der imposanten Stahlkonstruktion begegnet mir zum ersten Mal ein anderer Frühaufsteher. Etwa eine Stunde später erreiche ich Thun und kann bei einem Brunnen im Bälliz die bereits leere 2l-Flasche nachfüllen. Zudem besorge ich mir am Bahnhof eine Flasche kalte Ovo – getreu dem alten Werbespot kann man es damit nicht besser, aber länger. Und ich möchte ja noch ein paar Stunden weitermarschieren!

Bis nach Pfaffenbühl erfolgt dies nun entlang der See- sowie der Gwattstrasse. Das ist nicht besonders spannend, aber eine sinnvolle Alternative gibt’s nicht. Dann jedoch beginnt der reizvolle Teil mit Parks und Schilfgürteln entlang des Seeufers und allmählich knurrt jetzt auch der Magen. Auf einer der zahlreichen Bänke richte ich mich ein und lasse mir mein «zweites Frühstück» schmecken, den Ausblick zum Stockhorn dabei geniessend. Vor mir ziehen Spaziergänger mit und ohne Hund sowie Jogger vorüber – alle wollen sie die Kühle dieses Morgens nutzen, ehe die Temperatur dann in die Höhe schiesst.

In Gwatt endet die abwechslungsreiche Parklandschaft und schlagartig bin ich wieder alleine unterwegs. Der Aufstieg zur Gwattegg ist sehr steil und schweisstreibend, aber nur kurz. Auf der anderen Seite lässt sich das Rauschen der Autobahn im Glütschbachtal vernehmen. Einst war dies das Flusstal der Kander, ehe diese 1714 in den See umgeleitet wurde. Nun fliesst bloss noch der Glütschbach dort ab, der von den Bächen der Stockhorn-Nordflanke gespeist wird. Diese wilde, überwiegend bewaldete Bergkette beherrscht jetzt die Szenerie, während sich zu ihren Füssen flaches bis welliges Land erstreckt. Der Übergang vom Mittelland in die Alpen erfolgt hier sehr abrupt, und dies scheint auch immer wieder die Bildung heftiger Gewitter zu fördern. Ein besonders übles wird diesen Landstrich am Folgetag verheeren…

Von Gewittern kann jetzt natürlich keine Rede sein, stattdessen dominiert uneingeschränkter Sonnenschein und davon kriege ich mehr als genug ab, denn Schatten ist Mangelware auf dem Weiterweg Richtung Wimmis. Dort angelangt stellt sich die Frage, wie weiter? Richtung Kandertal würde nun ein sehr langer Abschnitt ohne Schatten folgen; das ist nicht das Richtige an solch einem Tag! Viel besser ist es dagegen, der Simme zu folgen, die aus der schattigen Klus zwischen den gewaltig aufragenden Gipfeln Burgflue und Simmenflue hervor strömt. Dort ist es in der Tat angenehm kühl, aber auch im weiteren Verlauf, wo die Sonne den Talgrund wieder erreicht, erstreckt sich beidseits des Baches ein Waldstreifen und der Uferweg hat dort bisweilen grosse Ähnlichkeit mit Teilen des Aarewegs, die ich viele Stunden zuvor begangen habe.

Am Ortseingang von Oey ist es leider vorbei mit dieser Herrlichkeit, der Uferweg führt dort nicht mehr weiter. Der Talweg holt in der Folge oft weit in die Abhänge aus und Schatten wäre dort nur spätlich vorhanden. Daher entscheide ich am Bahnhof Oey-Diemtigen, die Tour zu beenden, was mit einer zurückgelegten Distanz von 43 km sogar leicht mehr als Marathondistanz ist. Die Rückfahrt mit insgesamt vier Umsteigevorgängen beansprucht noch einige Zeit, aber nach knapp 12 Stunden bin ich wieder zuhause in der abgedunkelten und angenehm kühlen Wohnung, um noch etwas Schlaf nachzuholen. Es wurden 38°C vorausgesagt und tatsächlich wurde dieser Wert an diesem Tag in Genf sogar leicht übertroffen. Trotzdem konnte ich mit der gewählten Strategie auch bei diesen Bedingungen eine ausgedehnte Tour unternehmen, ohne allzusehr unter der Hitze zu leiden.

Tourengänger: ABoehlen


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