"Wo warst Du denn heute unterwegs? Nord-Norwegen?"


Publiziert von Nik Brückner , 5. Dezember 2023 um 11:50. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Taunus
Tour Datum: 2 Dezember 2023
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 350 m
Abstieg: 350 m
Strecke:10 Kilometer

"Wo warst Du denn heute unterwegs? Nord-Norwegen?" Das schrieb mir WoPo1961, als er die Winterbilder in meinem Status sah, mit denen ich auch diesen Bericht ausgetattet habe. Schnee! Ganz Deutschland lernt wieder, was Winter eigentlich ist, allen voran die Deutsche Bahn. Minus zehn Grad auf dem Feldberg im Taunus! Das ist ja die Höhe (kleiner Insider, Sörrchen)! Also, Waldelfe, nichts wie rauf zum....


...Roten Kreuz (700 m), "Don't Eat The Yellow Snow" von Frank Zappa im Player.

Der Parkplatz ist ideal für Touren am Feldberg, besonders an so einem Tag. Da sind nämlich die höhergelegenen Parkplätze voll und zum Teil sogar polizeilich abgeriegelt. Von hier aus ist es nicht weit zu vielen Highlights heroben.

Von hier aus nahmen wir den tief verschneiten Pfad, der nordwärts an der L3025 entlang führt. Auf ihm gelangten wir zu Hühnerstraße, einem breiten Waldweg, der bald den Weilsberg umrundet. Bei der nächsten Möglichkeit bogen wir links ab, und nahmen dann den nächstnierigeren Waldweg, der parallel zur Hühnerstraße verläuft. Er führt bald ans obere Ende einer Felsrippe namens Großer Zacken (622 m).

Der Zacken (oder, zur besseren Unterscheidung, der Große Zacken) ist eine ordentliche, ca. 150 Meter lange Schieferkante, die auf der Talseite vielleicht 15, 20 Meter tief senkrecht abfällt, sich aber auf der Bergseite dafür nur wenige Meter über dem Waldboden erhebt. Der Zacken ist ein gern besuchter Aussichtspunkt - wir hatten ihn allerdings ganz für uns allein.

Insgesamt 13 Kletterrouten befinden sich am Zacken. Das sind sieben Routen bis III, vier Routen mit einem Schwierigkeitsgrad von IV und jeweils eine Route mit einem Schwierigkeitsgrad von V bzw. VI. Auch das Überkraxeln der Gratkante ist möglich, hier wie den allen in diesem Bericht noch folgenden Felskanten. Das kratzt an T6/II, und sogar einer Reitstelle gibt es. Details sind hier nachzulesen.

Und noch ein Fun Fact: Die Doppelfolge "Im Wald" der Serie "Der Taunuskrimi" wurde unter anderem am Zacken gedreht.

Wir überwanderten den Felsen möglichst nah an der Kante. Das ist im Sommer kein Problem, im Winter aber sind die zahlreichen Trampelpfade, die die vielen Besucher hier hinterlassen haben, zugeschneit, kaum zu sehen und rutschig. Vor allem der Abstieg hinunter zum Emil-Mohr-Weg ist nicht ohne.

Den Emil-Mohr-Weg überquerten wir dann bergab, wo sich der Zacken in kleinen Felsrippen noch fortsetzt. Nur so kommt der Große Zacken auf die oben genannten 150 Meter. Der Weg dreht bald nach rechts, und führt hinüber zum zweiten Grat des Tages: dem etwa 100 Meter langen Kleinen Zacken (550 m).

Man steigt unter einem überhängenden Felsen hinauf, wo im Sommer eine kleine Bank steht. Der Weg führt auf der linken Seite der Felsen hinauf, oben gelangt man wieder auf den Emil-Mohr-Weg. Auf diesem ging's dann ein Stück nordwärts, bis halbrechts ein Pfad zum Beilstein abzweigt. Der ebenfalls nicht zu sehen war.

Hier befinden sich drei weitere Grate: ein erster, südlich des eigentlichen Beilsteins, dann der größte, der Beilstein selbst, und ein dritter, den man nur mit gutem Willen so bezeichnen kann: er zieht vom oberen Ende der von Südwesten nach Nordosten verlaufenden Beilsteinkante in genau westlicher RIchtung steil hinunter in den Waldhang.

Der Pfad umrundet zunächst den Beilstein (607 m).

Der Beilstein ist mit 180 Metern die längste der Felskanten hier im Wald. Hier ist es wie am Zacken: auf der einen Seite geht's vielleicht 10, 15 Meter senkrecht in die Tiefe, auf der anderen ist's Waldboden. An der Wand gibt es 35 Kletterrouten. Neun davon sind IIIer, zehn IVer, zwei Ver, elf VIer und zwei VIIer.

Auf der Nordseite stiegen wir steil hinauf zu einem breiten Waldweg. Diesen überquerten wir, und folgten nun dem Weg entlang der Felskante, bis hinauf zur Hühnerstraße. Das ist der breite Waldweg von vorhin, der hier genau über den Bergrücken verläuft.

Sieben Wege kommen hier zusammen. Nicht gerade der spannendste ist die Hühnerstraße selbst. Wir verließen sie daher gleich wieder, und nahmen stattdessen den tief verschneiten Weg, der direkt über die bewaldete Kuppe des Weilsbergs (701 m) Richtung Südosten verläuft. Am Gipfel hielten wir uns halblinks, wo es hinunter zu einem Parkplatz geht. Hier über die L3025 und drüben geradewegs hinauf zum nächsten Querweg, der Limesstraße. Die überquerten wir ebenfalls, und gelangten bald zum römischen Kastell Kleiner Feldberg (730 m)

Hier, durch die Nordflanke des Feldbergs, verlief einst der Limes, die Grenze des römischen Reichs. Dort befanden sich auch mehrere römische Militärlager, deren Besatzungen für Sicherungs- und Überwachungsaufgaben am Limes zuständig waren. Das Kastell Kleiner Feldberg war eines dieser Lager, aber ein ganz besonderes: Seine Lage auf ca. 730 Metern über dem Meeresspiegel macht das Feldbergkastell zum höchstgelegenen Militärlager am gesamten Limes.

Das Feldbergkastell wurde um 150 n. Chr. erbaut und bestand bis in die Zeit der innen- und außenpolitischen sowie wirtschaftlichen Krise des Imperiums um die Mitte des 3. Jahrhunderts. Darauf weisen die Funde und die dendrochronologische Datierung der nahegelegenen Weilquelle hin. Die rechteckige Anlage war 78 Meter breit und 93 Meter lang, und von einer Wehrmauer und einem Graben umgeben. Sie bot damit einem Numerus, einer Besatzung von rund 160 Mann, Schutz und Unterkunft. Die Truppe am Feldberg was die teilberittene Exploratio Halicanensium ("Aufklärungseinheit aus Halicanum"), die vermutlich in dem pannonischen Ort Halicanum (Szerdahely in Ungarn), rekrutiert worden war. Ihre Aufgabe war es, den benachbarten Pass am Roten Kreuz zu sichern und die Besatzungen für die Wachttürme am Limes zu stellen. Das Kastell wurde allerdings aus Gründen der Wasserversorgung nicht direkt am Pass, sondern nahe der Weilquelle errichtet. Zudem verlief eine Handelsstraße längs des Limes quer durch das Kastell, so dass hier auch der Verkehr in dieser Richtung kontrolliert werden konnte.


Die Soldaten waren in Holz- und Steinbauten untergebracht, die innerhalb der Umfassungsmauern errichtet worden war. Es gab darüber hinaus ein Fahnenheiligtum, ein Stabsgebäude und einen Getreidespeicher. Werkstätten und Stallungen befanden sich ebenfalls auf dem Gelände. Darüber hinaus waren Brunnen und Zisternen vorhanden.

In das Kastell führten vier von Doppeltürmen geschützte Tore, die noch gut zu erkennen sind. Die Porta praetoria führte nach Nordwesten, wo in etwa 100 Metern Entfernung der Limes verlief. Jenseits des Toren sind noch die Grundmauern des Militärbads erhalten.


Auf der anderen Seite des Kastells befand sich ein Kastellvicus, ein von Zivilisten bewohntes Dorf. Dabei handelte es sich um Familienangehörige der Soldaten und romanisierte Einheimische. Sie lebten in zwei Siedlungskernen, südwestlich und südöstlich des Kastells, an den von den Toren ausgehenden Straßen. Da Ackerbau wegen der ungünstigen Bedingungen in dieser Höhe nicht möglich war, verrichteten die Dorfbewohner wohl handwerkliche Dienstleistungen für das Kastell und betrieben Handel, Viehzucht, Jagd und Holzfällerei.

Die südöstlich ausgehende Straße trägt heute den Namen "Pflasterweg". Über ihn erreichten die Römer das Kastell. Er ist Teil einer Römerstraße, die von Nida zum Kastell Kleiner Feldberg führte. Über diese Straße wurde unter anderem auch Bau- und Versorgungsmaterial für die Kastelle transportiert. Die auch als Heidenstraße bekannte Route führte von Nida aus über Niederursel und Weißkirchen nach Oberhöchstadt, dann am Osthang des Altkönigs vorbei, dort bog sie westwärts über den Fuchstanz, knickte nach etwa 250 Metern in nordwestlicher Richtung ab und erreichte dann das Südtor des Limeskastells. Die Straße wurde ca. 150 n. Chr. gepflastert, daher der heutige Name Pflasterweg.

Nach der Besichtigung des Römerkastells nahmen wir den Weilquellpfad und langten schnell an der Weilquelle (738 m) an.

Schon die Römer nutzten das Quellgebiet der Weil, um das in unmittelbarer Nähe gelegene Kastell Kleiner Feldberg mit Wasser zu versorgen. Das Wasser wurde in einem Quellkasten gefasst und über ein Absetzbecken in Wasserleitungen aus Holz, Ton- oder Bleirohren verteilt.

Die Quelle der Weil liegt 200 m südöstlich des Kastells. Das Relikt einer vor Ort gefundenen hölzernen Wasserleitung wurde mit der dendrochronologischen Methode auf etwa 170 n. Chr. datiert.


Weiter ging's nun auf dem Weilquellpfad, der bald Brunhildispfad heißt, und sich quer durch den Westhang des Gipfels bergan zieht. Der Weg ist einer der wenigen schönen Wanderwege am Feldberg, tief verschneit ist er sogar noch schöner. Wir überquerten den Fuchstanzweg und den Siegfriedsschuss und gelangten schließlich am Brunhildisfelsen (868 m) hinauf auf den Feldberg.

Dieser am nördlichen Rand des Feldbergplateaus gelegene Quarzit-Felsen wurde 1043 als "lectulus Brunhildi" ('Bettlein der Brunhilde') erstmals urkundlich erwähnt, als Punkt einer Grenzbeschreibung. Schon im 18. und 19. Jahrhundert war er dann auf Postkarten abgebildet. Damals war es hier oben bestimmt noch romantisch genug, um so einen Namen zu rechtfertigen. Er geht auf die Siegfried-Sage zurück, und soll an den Platz erinnern, an dem Brünhild in Schlaf versetzt wurde. Das war natürlich nicht hier, ist ja nur eine Geschichte. Aber schön ist's trotzdem. Man darf sich nur nicht umdrehen....

Da sieht man nämlich die hässliche Bebauung auf dem Gipfel des Großen Feldbergs (881 m).

Das wichtigste zuerst: 881 Meter? Sicher? Hm.... Seltsam: Niemand scheint genau zu wissen, wie hoch dieser Gipfel eigentlich ist. Kein Wunder, sind die Kandidaten für den höchsten Punkt doch mit hässlichen architektonischen Verbrechen überbaut. Es gibt aber ein Gipfelkreuz, das trägt eine Tafel mit der Angabe 879,5 m. Das Hessische Landesamt für Bodenmanagement ("Bodenmanagement" klingt cool) und Geoinformation gibt in seinen verschiedenen Onlinekarten verschiedene Höhen an: 878m, 878,5m und 879m. Wofür hat man schließlich verschiedene Karten, wenn allen das gleiche drinstünde. Das Bundesamt für Naturschutz gibt in seinen Onlinekarten die Höhen 878,5m, 879m und 880m an. Auf der Basis von Laserscanning-Daten wurde für den Feldberg eine Höhe von 880,9 m ermittelt, und in zahlreichen Büchern findet sich sogar die Angabe 881,5m. Da will wohl jemand ganz hoch hinaus!

Wie dem auch sei: Schon im 19. Jahrhundert entwickelte sich der Große Feldberg vor allem für die Frankfurter Bevölkerung zu einem beliebten Ausflugsziel. 1860 wurde dann mit dem Feldberghaus das erste feste Bauwerk auf dem Feldberg errichtet. Es bot zehn Betten für Wanderer. 1868 wurde im Feldberghaus auch der erste deutsche Wanderverein gegründet: Damals trug er den Namen "Bund der Feldbergläufer", heute kennt man ihn als den Taunusklub. Auch das Gasthaus gibt's noch, es heißt heute Feldberghof. Allerdings dominieren heute leider die ausgesucht hässlichen Gebäude der Sendeanlagen den Gipfel. Damit ist der Feldberg einer jener Berge, auf denen man besser nicht oben ankommt.

Eine weite Aussicht hat man von hier aus! Nach Norden sieht man weit über Hessen. Prominent ist dabei unter den vielen Küppeln nicht viel. Allenfalls der 675 Meter hohe Wüstegarten fällt ins Auge. Richtung Osten aber erhebt sich die Rhön, dort wären unter anderem Milseburg, Wasserkuppe und Kreuzberg auszumachen - aber da stehen Bäume im Weg. Im Süden - oh ja! Frankfurt natürlich. Die Skyline ist nicht zu übersehen. Dahinter der Odenwald, mit Spessartkopf, Katzenbuckel, Felsberg, Melibocus und Königstuhl. Dann das Rheintal, rechts daneben der Pfälzerwald, mit Kalmit, Eckkopf, Drachenfels und Donnersberg. Im Westen erahnt man den Hunsrück und im Nordwesten schließlich sind die Erhebungen des Rheinischen Schiefergebirges links und rechts des Rheintals.


Herrlich war es hier heroben! Die Sonne stand schon recht tief und strahlte die Wolkendecke von unten an, was sie gelb leuchten ließ. Dazwischen riss es immer wieder auf, dann mischte sich das blau des Himmels in das satte Gelb. Ein wunderbares Farbenspiel!

Wir nahmen schließlich den von zahlreichen rodelnden Kindern bevölkerten Weg, der hinunter zu einem Parkplatz an der L 3024 führt, überquerten diese und umrundeten schließlich den Kleinen Feldberg auf dessen Nordseite (Beno-Gutenberg-Weg). Auf der Westseite stiegen wir auf einem schmalen Pfad so weit wie möglich hinunter, und wandten uns am Mittelweg dann nach rechts, zurück zum Parkplatz am  Roten Kreuz (700 m).


Fazit:

Herrliche kleine Runde. Die Felsen im unteren Teil waren erste Highlights, aber die diffusen, gelblich-blauen Lichtverhältnisse am Gipfel verliehen dieser Tour ihre ganz besondere Stimmung. Wenn dort oben mal richtig Winter ist, sollte man sich das nicht entgehen lassen. So tief verschneit ist der Taunus richtig schön.


....und am nächsten Tag ging es dann mit ebenjenem WoPo1961, der uns den Titel für diesen Bericht geliefert hat, in den Odenwald. Davon berichten wir dann hier.

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


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