Winterwunderland im Taunus


Publiziert von Nik Brückner , 10. November 2021 um 16:03.

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Taunus
Tour Datum:30 Dezember 2020
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:00
Aufstieg: 850 m
Abstieg: 850 m
Strecke:20 Kilometer
Unterkunftmöglichkeiten:Im Feldberghof

De lustike Marijke! Eigentlich wollten wir zusammen mit Antoine Fafard und Gavin Harrison auf den Großen Feldberg fahren, und dort eine Runde zum Kleinen und zum Altkönig laufen. Dort oben hatte nämlich der Winter Einzug gehalten - und das macht er heute nur noch selten. Aber dann wurde die Zufahrtsstraße in Oberursel gesperrt.


Und so beschlossen wir kurzerhand (wir beide haben kurze Hände), die Tour von unten anzugehen. Wir fanden die letzte Parklücke in der Friedländerstraße in Oberursel (300 m), und wanderten die, bzw. den Altkönigweg geradewegs in den Wald hinauf. Nass war's hier, und matschig. Der Schnee war gefallen, und sofort getaut. Aber das sollte sich bald bessern. Dort, wo der Altkönigweg auf den Kaiserin-Friedrich-Weg trifft (Kaiserin Friedrich? Sehr gut! Trans ist nun wirklich kein neues Thema), an der Emminghaushütte, verließen wir den breiten Weg und stiegen halbrechts den Berg hinauf. An dessen Ostrücken wandten wir uns nach links, und wanderten bis zum unteren Rand eines Geröllfelds, wo der Altenhöfer Weg quert. Hier heroben war der Schnee schon deutlich besser: Trocken, weiß, so wie er sein soll. Wir waren im Winter angekommen! Auf dem Altenhöfer Weg ging es nun nach rechts, bald eine Kreuzung mit dem Dalbesbergweg überquerend, zur Weißen Mauer (634 m).

"Weiße Mauer" ist der Name eines eiszeitlichen Quarzit-Felds, das einst durch Frostsprengung entstanden ist. Die Blockhalde besteht aus ähnlichem Material wie andere Felsgruppen in der Umgebung (z. B. der Marmorstein, der Elisabethenstein oder die Goldgrubenfelsen). Der Name rührt daher, dass die Steinblöcke bei Sonnenlicht weiß glänzen.

Wir stiegen auf der dick verschneiten Nordseite des Blockfelds hinunter, und nahmen dort den Weg, der geradewegs hinunter ins Tal des Maßborns führt. Direkt am Bach kommt von rechts der Untere Maßbornweg, und vereint sich mit dem geraden Weg. Wir wanderten also auf dem Unteren Maßbornweg noch ein Stück hinauf, einen halben Kilometer etwa, dannn wandten wir uns nach rechts, zur Großen Kurve (570 m) der Kanonenstraße. Oberhalb der Kurve führt ein steiler, aber recht schöner Pfad geradewegs den Feldberghang hinauf. Der Tillmannsweg wird überquert, dann stößt man in etwa 745 Metern Höhe auf den Gustav-Jäger-Weg. Der steile Pfad endet hier. Wir betraten den Gustav-Jäger-Weg, und verließen ihn gleich wieder halblinks hinauf in den Wald. An der nächsten Kreuzung rechts, und kurz noch einmal steil hinauf, zwischen dick verschneiten Tannen, dann standen wir an der Hochtaunusstraße. Wir überquerten diese, und wanderten im Wald links hinauf auf den Gipfel des Großen Feldbergs (881m).

881 Meter? Sicher? Hm.... Schräg: Niemand scheint genau zu wissen, wie hoch der Gipfel eigentlich ist. Kein Wunder, sind die Kandidaten für den höchsten Punkt doch mit hässlichen architektonischen Verbrechen überbaut. Es gibt aber ein Gipfelkreuz, das trägt eine Tafel mit der Angabe 879,5 m. Das Hessische Landesamt für Bodenmanagement und Geoinformation gibt in seinen verschiedenen Onlinekarten verschiedene Höhen an: 878m, 878,5m und 879m. Wofür hat man schließlich verschiedene Karten - wenn allen das gleiche drinstünde. Das Bundesamt für Naturschutz gibt in seinen Onlinekarten die Höhen 878,5m, 879m und 880m an. Auf der Basis von Laserscanning-Daten wurde für den Feldberg eine Höhe von 880,9 m ermittelt, und in zahlreichen Büchern findet sich sogar die Angabe 881,5m. Da will wohl jemand hoch hinaus!

Auf dem Feldberg ist viel los, trotz aller Sperrungen, auch an diesem Tag. Der Winter hatte viele Leute heraufgelockt, und vor allem die Kinder hatten großen Spaß im Schnee.

Schon im 19. Jahrhundert entwickelte sich der Große Feldberg vor allem für die Frankfurter Bevölkerung zu einem beliebten Ausflugsziel. 1860 wurde dann mit dem Feldberghaus das erste feste Bauwerk auf dem Feldberg errichtet. Es bot zehn Betten für Wanderer. 1868 wurde im Feldberghaus der erste deutsche Wanderverein gegründet: Damals trug er den Namen "Bund der Feldbergläufer", heute kennt man ihn als den Taunusklub. Auch das Gasthaus gibt's noch, es heißt heute Feldberghof.

Allerdings dominieren heute leider die ausgesucht hässlichen Gebäude der Sendeanlagen den Gipfel. Damit ist der Feldberg einer jener Berge, auf denen man besser nicht oben ankommt.


Wir wanderten hinüber zum Brunhildisfelsen (868m), wo man noch halbwegs Natur vorfindet, genossen die Aussicht nach Norden, und kurvten um den Gipfel herum.

A propos Aussicht: Nach Norden sieht man weit über Hessen. Prominent ist dabei nicht viel. Allenfalls der 675 Meter hohe Wüstegarten fällt ins Auge. Richtung Osten aber erhebt sich die Rhön, dort wären unter anderem Milseburg, Wasserkuppe und Kreuzberg auszumachen - aber da stehen Bäume im Weg. Im Süden - oh ja! Frankfurt natürlich. Die Skyline ist nicht zu übersehen. Dahinter der Odenwald, mit Spessartkopf, Katzenbuckel, Felsberg, Melibocus und Königstuhl. Dann das Rheintal, rechts daneben der Pfälzerwald, mit Kalmit, Eckkopf, Drachenfels und Donnersberg. Im Westen erahnt man den Hunsrück und im Nordwesten schließlich sind die Erhebungen des Rheinischen Schiefergebirges links und rechts des Rheintals.

Auf einem breiten Weg, der auch von Schlittenfahrern und Langläufern genutzt wurde, ging es nun hinunter zum Parkplatz Windeck (804m) an der Hochtaunusstraße. Wir überquerten die Straße, und wanderten auf der anderen Seite zum Kleinen Feldberg (826m), den wir im knarzenden Schnee umrundeten. Wieder zurück, bogen wir rechts ab, und wanderten auf dem Pflasterweg Richtung Fuchstanz.

Ganz in der Nähe, durch die Nordflanke des Feldbergs, verlief der Limes. Dort befanden sich auch mehrere Kastelle mit Vici. Der Pflasterweg ist Teil der Feldbergstraße, einer Römerstraße, die von Nida zum Limeskastell am Kleinen Feldberg führte. Über diese Straße wurde Bau- und Versorgungsmaterial für die Kastelle transportiert. Die auch als Heidenstraße bekannte Route führte von Nida aus über Niederursel und Weißkirchen nach Oberhöchstadt, dann am Osthang des Altkönigs vorbei, dort bog sie westwärts über den Fuchstanz, knickte nach etwa 250 Metern in nordwestlicher Richtung ab und erreichte dann das Südtor des Limeskastells. Die Straße wurde ca. 150 n. Chr. gepflastert, daher der heutige Name Pflasterweg.

Ihr römischer Ursprung erklärt auch den geraden Verlauf des Wegs, der uns schnell zum Fuchstanz (670m) hinunterbrachte.

Der Fuchstanz ist ein Pass zwischen dem Kleinen Feldberg und dem Altkönig. Um 400 v. Chr. besiedelten Kelten den Altkönig, schon zu dieser Zeit dürfte dem Pass einige Bedeutung zugekommen sein. Sicher genutzt wurde er dann aber von den Römern, etwa seit der Regierungszeit Kaiser Vespasians (69–79 n. Chr.). Der Pflasterweg führte von Nida aus über den den Fuchstanz zum Kastell Kleiner Feldberg am Limes.

1882 eröffnete der Taunusklub hier eine bewirtschaftete Schutzhütte. Damals wurden Bier, Wasser und die notwendigen Utensilien zur Kaffeezubereitung in einem Loch im Waldboden aufbewahrt, der Kaffee wurde an einem kleinen Ofen im Freien gekocht. Elektrizität gibt's am Fuchstanz erst seit 1973. In den 1920er Jahren wurde dann in einer zweiten Schutzhütte eine weitere Gaststätte eröffnet.

Der Name "Fuchstanz" ist recht ungewöhnlich (jedenfalls wenn es nicht um den Foxtrot geht). Wie es zu dem Namen kam, erklärt ein Gedicht auf einem Holzbildstock:

Alljährlich, am ersten des Maien,
wenn neu die Natur ist erwacht,
wenn alle Menschen sich freuen
der herrlichen Frühlingspracht,
dann spielen hier Elfen die Geigen,
Waldvögelein singen ihr Lied.
da tanzen die Füchse den Reigen,
jedoch nur, wenn niemand es sieht.

 
Wir wanderten noch ein Stück auf dem Pflasterweg weiter, dann verließen wir ihn halbrechts, um auf den tief verschneiten Altkönig zu steigen. Steil ging es hinauf, und wieder über Geröll. Bei Schnee und Eis war's ein wenig mühsam, aber wir kamen trotzdem wohlbehalten auf dem Altkönig (798m) an.

Der Altkönig ist nach dem Großen und dem Kleinen Feldberg der dritthöchste Gipfel im Taunus. Das Geröll, durch das wir hinaufstiegen, liegt nicht zufällig hier herum. Es stammt von zwei keltischen Ringmauern. Wie gesagt, hatten um 400 v. Chr., in der Frühlatènezeit, die Kelten den Altkönig besiedelt. Bis heute sind deren Reste, die das Gipfelplateau umziehen, deutlich zu sehen.

Die Kelten sind vermutlich auch die Namengeber des Bergs. Der Name ist 1496 als "ald kune", 1511 als "alten kune" und 1586 als "altkünn" und "alt kin" überliefert. Diese Formen des Namens sind auf das keltische "alkin" (Höhe) zurückgeführt worden.

Die doppelte Ringmauer umschloss die gesamte Gipfelkuppe des Altkönigs. Im Südwesten schloss sich ein Annex an, der eine bis heute sprudelnde Quelle sichert. Die innere Mauer war ca. sechseinhalb Meter breit, die äußere etwa vier Meter. Die heute im Gelände sichtbaren Wälle haben eine Länge von 950 Metern (innerer Ring) und 1390 Metern (äußerer Ring), bei einem Abstand von ca. fünfzig bis achtzig Metern. Die Walllänge des Annexes beträgt etwa einen Kilometer. Die Gesamtanlage umfasste damit eine Fläche von 26 ha. Der äußere Wall wies zwei Tore auf, eines im Südosten und eines im Südwesten, zum Annex hinein. Der innere Wall wies ein Tor auf, das im Osten lag.

Die genaue Funktion der Anlage ist heute unklar. Vielleicht wurde sie als Fluchtburg genutzt, vielleicht aber auch als Fürstensitz. Das spärliche Fundmaterial legt aber nahe, dass die Anlage nur von wenigen Menschen genutzt wurde, und größere Gruppen sich allenfalls kurzzeitig in der Anlage befanden.

Interessant! Und wunderschön - zumindest in diesem Winter. Der Schnee hatte den Gipfel des Altkönigs in ein wahres Winterwunderland verwandelt.

Wir stiegen dann nordseitig auf einem guten, aber durch den Schnee recht rutschigen Weg hinunter, wandten uns bei der ersten Möglichkeit rechts, und dann gleich wieder links. Über eine freie Fläche ging's hinein in den Wald, und dort weiter in Richtung Weiße Mauer, bis wir auf den Wetterhahnweg stießen, einen breiten Waldweg, der uns links hinauf zum Pflasterweg brachte. Ganz in der Nähe der Weißen Mauer bogen wir nun rechts ab, und folgten wieder dem Pflasterweg zu dem Geröllfeld, an dem wir am Morgen auf den Altenhöfer Weg abgebogen waren. Nun durchwanderten wir das Geröllfeld, trafen auf der anderen Seite auf den Altenhöfer Weg, und wanderten von hier aus auf unserer Aufstiegsroute wieder zurück nach Oberursel (300m).


Fazit:

Eine tolle Runde - im Winter. Ich war inzwischen mehrfach im Sommer in der Gegend, und da ist sie weniger schön. Man ist viel auf breiten Wegen unterwegs, Schädlinge haben große Teile der Wälder niedergerissen, der Feldberggipfel ist alles andere als geschmackvoll bebaut, und viel los ist obendrein. Die schönen Ecken des Taunus verbergen sich anderswo.

Aber interessant ist es allemal. Römer, Kelten, dazu die schönen Quarzitfelder, die machen die Route durchaus lohnend.


Tourengänger: Nik Brückner


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Kommentare (2)


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georgb hat gesagt:
Gesendet am 10. November 2021 um 19:25
Danke Nik mit den kurzen Händen ;-) für den unterhaltsamen und informativen Bericht! Ich werde zwar vermutlich nie in diese Gegend kommen, aber virtuell kenne ich sie jetzt zumindest ;-)

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 11. November 2021 um 06:57
Sehr gern, Georg! Das freut mich sehr.

Herzlichen Gruß,

Nik


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