Fröhliche Turnerei am Südwestgrat und am Nordostgrat der Milseburg


Publiziert von Nik Brückner , 4. Juni 2020 um 17:36. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Westliche Mittelgebirge » Rhön
Tour Datum:24 Mai 2020
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 1:30
Aufstieg: 250 m
Abstieg: 250 m
Strecke:3,5km

Die Milseburg ist - auch wenn der Name erst einmal etwas anderes vermuten lässt - ein 835 Meter hoher Berg in der Rhön. Auf dem Felsgipfel befinden sich Reste eines keltischen Oppidums, eine Gangolfskapelle, die Milseburghütte und das Justus-Schneider-Denkmal. Und es gibt dann doch auch eine Burg: Auf dem Liedenküppel, dem Nordwestsporn der Milsbeburg, stehen die - dürftigen - Reste der Burg Milseburg.

Hin! Denn im Moment gehen nur inländische Touren, in den Alpen liegt Schnee, und die Milseburg hat Felsen genug. Die Waldelfe und ich hopsten ins kloine Auto, legten "Trajectories 2002-2020" der Lost World Band ein, und brausten - nun ja - zur Milseburg.

Schon von weitem ist der felsige Gipfel nicht zu verfehlen. Die markante Milseburg ist vulkanischen Ursprungs und stammt aus dem Tertiär. Damals drang Magma zur Erdoberfläche hinauf, blieb aber unter der Erdoberfläche im Buntsandstein stecken. Das Magma kühlte ab und erstarrte schließlich zu einem Phonolithkörper - der heutigen Milseburg. Die Erosion trug den weicheren Sandstein ab, und legte den Phonolith frei, der heute die Landschaft um bis zu 130 m überragt.

Aber ob das stimmt? Die Leute hier raunen sich eine ganz andere Entstehungsgeschichte zu....:

Der Berg verdankt seinen Namen nämlich dem Riesen Mils, der vor unvordenklichen Zeiten hier lebte, und mit dem Teufel im Bunde stand. Beide sollen hier oben ihr Unwesen getrieben haben. Erst der Heilige Gangolf hat ihn schließlich bezwungen - worauf Mils sich selbst umbrachte. Sein Kumpel, der Teufel, trauerte daraufhin um ihn, und bedeckte den Leichnam mit Steinen. Und dadurch entstand die Milseburg.

Aufklärung und rationales Denken ist zur Zeit out, und so entscheiden wir uns für die zweite Variante. Nun aber ab zum Parkplatz (650m) nördlich des Bergs, schließlich sind wir nicht zum Spaß hier: Wir wollen wandern, und dabei die Highlights der Milseburg erkunden, einschließlich ihrer Felsgrate im Südwesten und Nordosten.

Am Ende des Parkplatzes hat man zwei Möglichkeiten; links hinauf zum Berg, oder rechts Richtung Kleinsassen/Burg Milseburg. Wir wollten zuerst die Burg besuchen, und dann von dort aus direkt zum Gipfel aufsteigen. Also nach rechts, einen baumbestandenen Weg entlang, und an der T-Kreuzung links. Dann geht es in den Wald hinein. Bald gelangt man an eine Y-Kreuzung. Hier halbrechts hinunter, Richtung Kleinsassen. In einem Sattel führt rechts eine steile, unbezeichnete Wegspur hinauf auf eine kleine Kuppe: das Liedenküppel (613m). Dort oben findet sich - nichts.

....auf den ersten Blick jedenfalls. Denn immerhin ist eine Vertiefung im Boden zu erkennen, und niedrige Reste einer Mauer.

Der Berg Milseburg wurde in einer Urkunde Kaiser Ottos II. aus dem Jahr 980 erstmals erwähnt. Im Text wird als Grenzort zwischen dem Kloster Fulda und dem zu Hünfeld gehörenden Gebiet die "Milsiburg" erwähnt. Das lässt den Schluss zu, dass bereits damals am Berg eine Burg existierte. Auf diese Anlage wird explizit aber erst 1119 urkundlich hingewiesen. Vermutlich war die Burg im 11. Jahrhundert erbaut worden. Heute noch ist zu erkennen, dass es sich um eine recht kleine Anlage gehandelt haben muss: Die Maße betragen etwa 21 × 24 Meter. Eine Ringmauer und eine vorgelagert nur halbumfassende Mauer umschlossen einen Wohnturm.

Es ist unklar, ob die Burg zwischen 1114 und 1122 durch den Fuldaer Abt erobert und erneuert wurde, oder erst 1150 bis 1165 zusammen mit den Burgen Bieberstein und Haselstein errichtet bzw. erneuert wurde. in jedem Fall wurde wie schon im 13. Jahrhundert aufgegeben.


Wir stiegen wieder ab, ein wenig enttäuscht, und kehrten zurück in den Sattel. Drüben stiegen wir geradewegs im Wald hinauf, querten oben einen - nun ja - Querweg, und gerieten schnell in eines der für die Milseburg typischen Blockfelder. Auch dieser Weg ist unmarkiert, aber deutlich genug zu sehen, und so wanderten wir weiter hinauf, und querten im oberen Bereich des Blockfelds nach rechts. Bald standen wir an einem geländerten Aussichtspunkt an der oberen Kante einer Felswand.

Hier schaut man vornehmlich gen Westen, auf zahlreiche Kuppen, Küppel und Noppen. Die Erhebungen des Vogelsbergs ragen am Hori empor, und im Taunus sind Altkönig und Feldberg zu erspähen. Ansonsten ist es aber eher flächlich.

Der Weg zieht von hier aus noch weiter nach Süden, wendet sich dann, der Form des Gipfels folgend, ein Stück nach links - und verliert sich im Gras. In der Nähe einer Felsrippe zickzackten wir nach oben, bis wir diese leicht übersteigen konnten, und querten hinüber zum markanten Südwestgrat der Milseburg, dem wir nun bis hinauf zum Gipfel folgten. Das Gelände ist hier geradezu alpin: Die Anforderungen steigen bis T4/I, je nachdem, wo man geht. Doch die Milseburg ist und bleibt ein Mittelgebirgsberg: Nach viel zu kurzer Kletterei ist der Gipfel der Milseburg (835m) schnell erreicht.

Aber ein toller Gipfel ist das! Die Rundsicht ist fantastisch, und wird noch getoppt von einer Kreuzigungsgruppe von 1756. Kunst in 835 Metern Höhe!

Hier kann man auch in andere Richtungen schauen. Insbesondere die Höhen der Rhön zeigen sich von hier aus: Dammersfeldkuppe, Eierhauckberg, Kreuzberg, Wasserkuppe, Hohe Rhön. Schhön!

Etwas unterhalb des Gipfels steht auch die Gangolfskapelle. Sie wurde zu Ehren des des Heiligen Gangolf errichtet, der, wir erinnern uns, den Riesen Mils hier bezwungen haben soll. Nicht mit dem Schwert, sondern mit einem Gebet, versteht sich. Na, vielleicht war die Milseburg ja auch einfach nur Gangolfs Lieblingsplatz.

Eine Gangolfskapelle hier wurde 1493 das erste Mal urkundlich erwähnt. Der heutige Neubau stammt aus dem Jahr 1932, nachdem ein Blitz den Vorgängerbau zerstört hatte.


In einem Sattel nördlich unterhalb des Gipfels hat man zwei Möglichkeiten: Links oder rechts. Wir entschieden uns für geradeaus. Dort befindet sich das Justus-Schneider-Denkmal einen Besuch ab.

Kein gerechter Couturier, sondern Arzt und Schriftsteller aus Fulda, geboren 1842. Schneider rief 1876 in Gersfeld den Rhönklub ins Leben.

Ich kraxelte dann noch ein wenig auf dem Nordostgrat herum, der sich dahinter erstreckt, und kam bis an die Stelle, an der er steil nach unten abbricht. Doch es begann zu regnen, und so kehrte ich wieder zum Justus-Schneider-Denkmal zurück.

Hier wandten wir uns nun nach links, auf die Ostseite der Milseburg hinunter. Dort befinden sich die Reste der heute Oppidum Milseburg genannten Keltensiedlung.

Reste eines Ringwalls und mehrerer Annexwälle an der Nord-, Ost- und Südseite des Bergs sind hier im Gelände zu erkennen. Die Westseite blieb weitgehend unbefestigt, weil die zum Biebertal abfallenden Steilwände hier eine natürliche Befestigung bilden. Die keltische Siedlung stammt aus der Hallstattzeit, und war bis zur späten Latènezeit, also bis ins 1. Jahrhundert v. Chr. bewohnt. Die ca. 1300 m lange und bis zu 12 m breite Mauer umschloss eine Fläche von über 35 ha. Zusätzlich schützten zwei Annexwälle von ca. 65 bzw. 85 m Länge den Zugang zu einer Quelle.

Das Oppidum war durch drei Tore zugänglich, von denen nur eines auch für Fuhrwerke geeignet war.

Heute ist von der Siedlung außer der zu einem Wall verfallenen Mauer und zahlreichen Terrassierungen für die Bebauung der Berghänge wenig erkennbar. Die nordöstlichen Abschnitte des Walls wurden beim Bau der Rhönbahn weitgehend zerstört, weil sie als Steinbruch dienten. Eine originalgetreue Rekonstruktion zeigt, wie die Mauer einst ausgesehen haben mag. Schautafeln am Berg erläutern seine reiche Geschichte.


Es hatte zu regnen angefangen, und so hielten wir uns nicht lang an der Keltenmauer auf - schließlich kennen wir solche Anlagen aus unserer Gegend gut, vom Donnersberg etwa, oder aus Bad Dürkheim. Und so kehrten wir stracks wieder zum Parkplatz zurück, wo wir in unser kloines Auto hopsten, mit dem wir nun zum Schwarzen Moor weiterfuhren.

Tourengänger: Nik Brückner, Waldelfe


Minimap
0Km
Klicke um zu zeichnen. Klicke auf den letzten Punkt um das Zeichnen zu beenden

Galerie


In einem neuen Fenster öffnen · Im gleichen Fenster öffnen


Kommentare (4)


Kommentar hinzufügen

Schubi hat gesagt:
Gesendet am 5. Juni 2020 um 09:26
Servus Nik.

Oh män, die Rhön! Ich kenn die nur vom Vorbeifahrn als sanft welliges Land?! Oder gilt das nur für ihren fränkischen Teil?
Interessant, freigelegter Phonolith sogar. aus dem wurden doch früher die Schallplatten gemeisselt, wenn ich mich recht erinnere ...
Schöne Tour auf jeden Fall!

Viele Grüße, Frank

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 5. Juni 2020 um 12:28
Sanft wellig bassd scho! Relativ gesehen jedenfalls.... Ja! Der Phonolith! Auf den haben die bands der Sechz'ger ihre Musik geritzt. Das waren noch Zeiten!

Lorenzo276 hat gesagt:
Gesendet am 9. Mai 2021 um 19:32
DANKE für den Tourenbericht! Wir haben die Tour bissl abgewandelt, haben erst mal die Milseburg gegen den Uhrzeigersinn umrundet und sind dann oberhalb vom Liedenküppel auf den beschriebenen, unmarkierten Weg. Mit GPS war die Orientierung auch kein Problem, und der Grat hat richtig Spaß gemacht!
War mal wieder typisch: Auf dem Aufstiegsweg kein Mensch unterwegs, oben auf dem Gipfel ist man sich gegenseitig auf die Füße getreten. Auf den Nordostgrat hatten wir dann keine Lust mehr und sind auf dem direkten Weg abgestiegen. Beim nächsten Mal dann...
LG
Lorenzo

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 10. Mai 2021 um 12:05
Hallo Lorenzo,

prima, das freut mich!

Herzlichen Gruß,

Nik


Kommentar hinzufügen»