Hüttentour Venediger Höhenweg, Etappe 3: Vom Regen in den Hagel


Publiziert von Schubi , 18. August 2023 um 10:07.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Venedigergruppe
Tour Datum:25 Juli 2023
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Aufstieg: 662 m
Abstieg: 830 m
Strecke:10,1 km: Neue Prager Hütte - Alte Prager Hütte - Unterer Keesboden/Schlatenbach - Auge Gottes - Löbbentörl - Keespöllach - Badener Hütte

Mit Studienfreund Carsten plante ich schon länger mal eine Hüttentour, heuer hat's endlich geklappt. Wir entschieden uns für den Venediger Höhenweg in den Hohen Tauern. Hier nun die dritte Etappe – mit erneut feuchtem Wetter.

Für vom Regen beseelte Touren hat Gregory Porter sein großartiges Liquid Spirit geschrieben, und also ist dies der Soundtrack zum Tourenbericht.


Wie gut, dass die Neue Prager Hütte einen ordentlich beheizten Trockenraum hat. So können wir unsere gestern durchnässten Stiefel heute morgen trocken anziehen, um sie im Lauf des Tages dann gleich wieder durchnässen zu lassen. Denn ebenfalls für heute prognostizieren die Wettergötter nix Schönes. Wobei ich ergänzen muss, das es auch Regenpausen geben wird. Jetzt, wo ich die Bilder durchgehe, fällt mir auf, dass dieser Tag sogar zweimal blauen Himmel bot: kurz morgens und kurz abends. Das eigentliche Highlight des Tages war jedoch der Hagelschauer, der sich während des letzten Aufstieg-Stücks vor dem Löbbentörl aufbaute und exakt oben am Törl seinen Höhepunkt hatte, inklusive Sturmböen.

Aber ich greife vor. „Schönes Wetter kann ja jeder“, denken wir uns beim Herabsteigen von der Neuen Prager Hütte. Tatsächlich waren wir jedoch den ganzen Vorabend und auch heut morgen noch unsicher, ob wir nicht besser abbrechen oder umplanen sollten. Die aktuellen Wetterdaten sagen nun aber etwas weniger Niederschlag voraus und also wird die morgens getätigte Stornierung der Badener Hütte zwei Stunden später optimistisch widerrufen :o) Nun erneut vorbei an der Alten Prager Hütte, dort heute dann rechts runter abgebogen, herab auf die nördliche (Grund?-) Moräne des Schlatenkees und weiter zu seinem Auslauf, dem Schlatenbach ("Gletscherweg"). Hier sind wir sehr beeindruckt von der flach und rundlich geformten Felslandschaft, die das Schlatenkees über die Jahrtausende hinweg geschoben und abgeschliffen hat. Es handelt sich um ein farbenfrohes Sediment-Gestein, dessen unterschiedlich gefärbten Schichten durch ebendiesen Schliff-Vorgang wunderschön sichtbar wurden. Man hat den Eindruck von Holz, dessen Maserung ein Möbelschreiner herausgearbeitet hat.

Auf der andere Seite des Schlatenbachs erarbeiten wir uns nach seiner Querung per Brücke wieder Höhe. Zahlreiche Wasserläufe werden auch hier überschritten oder überhüpft, von allen Seiten her rauscht es laut. Beim "Auge Gottes", einem kleinen Tümpel mit Schwimmrasen-Insel, wendet sich der Steig gen West-Südwest und auf einem einfachen Grat (wohl eine Seitenmoräne) geht es weiter wacker herauf. Toll sind hier nochmals die Blicke zum Schlatenkees. Weiter oben/links kommt ein anderer, seperater Teil dieses Gletschers ins Blickfeld. Er fliesst, ergraut von Geröll, von der Kristallwand (3310 m) herab. Leider können wir ihn nicht komplett sehen, nach oben (hinter den Wolken) gibt es offenbar eine Fortsetzung in Form eines Hängegletschers. Dieser grau-morbide Anblick wird perfekt ergänzt vom nun wieder einsetzenden Regen. Beim Zustieg durch den Westhang (hier zwei harmlose Altschnee-Felder) des Inneren Knorrkogels zur Scharte des Löbbentörl (2770 m) wandelt sich der Regen in Hagel. Auch net schlecht, denken wir und steigen weiter. Exakt am Schartenkreuz des Löbbentörls hat der Hagelschauer seinen Höhepunkt und lässt sich auch noch von Sturmböen begleiten. Aufpassen müssen wir, dass es uns nicht das Smartphone aus der Hand weht (oder hagelt).

Die anvisierte Brotzeit am Löbbentörl verschieben wir. Jenseits der Scharte flaut der Hagelsturm bald ab und recht beschaulich können wir in das weite Kar des Löbbenbachs herabsteigen. Die Wegtrasse wendet sich südwärts gen Keespölach und hält circa Höhe. Auf und nieder geht es aber dennoch, denn zahlreiche schrofige Geländerippen (inklusiver vieler Wasserläufe) werden nun in Folge mitgenommen und überstiegen. Hier müssen an einigen seilversicherten Stellen auch mal die Hände ran und die Tritte sauber gesetzt werden (gleichfalls am Löbbentörl btw.), weiterhin gibt es Regenschauer. Bei diesen trüben Lichtverhältnissen sind einzelne, riesige Quarz-Aufschlüsse und -Blöcke dann ein leuchtender Blickfang am Wegesrand. Schliesslich erreichen wir die Badener Hütte (2608 m) und freuen uns über eine heiße Tasse Kaffee. Die Wetteraussichten für die Nacht und den folgenden Vormittag allerdings sind  ...
(ihr könnt's euch denken)

Mit auf Tour: Carsten

Fazit: Irgendwann baut man gegenüber Schlechtwetter ja eine gewisse Wurschtigkeit auf. Landschaftlich war diese Etappe jedenfalls überaus reizvoll und abwechslungsreich, Niederschläge hin oder her. Wir hatten das Gefühl, alle paar hundert Meter in ein anderes Erdzeitalter abzubiegen.
Wie wird es weitergehen mit unserer Tour? Schalten Sie wieder ein, wenn es heißt: Schneeflöckchen zu Gast auf der Badener Hütte, oder: die Hoffnung stirbt zuletzt.

Die weiteren Etappen der Tour:
*Etappe 1
*Etappe 2
*Etappe 4
*Etappe 5
*Etappe 6
*Etappe 7

Tourengänger: Schubi
Communities: Photographie


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