Neuer Weg zur Bordierhütte (2886m)


Publiziert von Umumba , 12. August 2023 um 14:44.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:23 Juli 2023
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Aufstieg: 1270 m
Abstieg: 1270 m

Wie schon mit dem Distelhorn im vergangenen Jahr wollten meine Schwester und ich auch in diesem Sommer eines der Ziele erklimmen, die wir aus unserer Kindheit sehr gut kennen, aber lange nicht mehr besucht haben. Da traf es sich gut, dass wir kurz vor dem Urlaub auf der Website der Bordierhütte lasen, dass es einen neuen Weg gibt (dessen offizielle Eröffnung sogar erst nach unserer Tour stattfand, der aber zu diesem Zeitpunkt schon der Hauptweg war). Im letzten Jahr (und im Fall meiner Schwester auch einige Jahre zuvor) war uns nämlich die Gletscherüberquerung nicht ganz geheuer gewesen. Schon als Kinder, beginnend mit 5 Jahren, hatten wir diese zwar mit unserem Vater jährlich gemacht (was damals auch das ganz spezielle Highlight dieser Tour war), aber seitdem ist der Gletscher an der Übergangsstelle wohl steiler geworden und man benötigt häufig Steigeisen. Der neue Weg, der bei Hikr noch keine ausführliche Beschreibung hat, führt hingegen nicht mehr über den Gletscher.

Dass es diesen neuen Weg überhaupt geben kann, liegt natürlich am Klimawandel und den abschmelzenden Gletschern. Schon in unserer Kindheit gab es zwar vom damaligen Hüttenwart Pius Schnidrig Pläne für andere Routen zur Bordierhütte, zum Beispiel als Abstecher des Europawegs vom Grathorn aus oder von der Bergstation der damals noch existierenden Seetalhorn-Bahn. Ein Weg vom Riedbach komplett am orographisch rechten Ufer des Riedgletschers war aber nie möglich, da die Querung unterhalb des Färichhorns auf den ersten Blick deutlich zu steinschlaggefährdet wirkt. Steinschlag war auch auf dem alten Hüttenweg immer mal möglich (meine Schwester erlebte das als Kind mal selbst), durch den deutlich zurückgegangenen Gletscher ist nun aber ein Weg möglich, der beide Steinschlaggebiete umgeht: Zunächst wie gehabt in die Alpja, aber etwas oberhalb davon zum Gletscher bzw. Bach hinunter, diesen überqueren und erst dann auf der orographisch rechten Seite ansteigen, nachdem man das Färichhorn bereits passiert hat. In diesem Bereich besteht der Hang aus einer Mischung aus gletschergeschliffenen Felsen und Gras und ist keineswegs steinschlaggefährdet.

Wir starten um 6.40 in Grächen, folgen nicht der Beschilderung zur Bordierhütte, die den Weg über Gasenried ausweist, sondern gehen auf dem für uns traditionellen Weg hoch bis zur Chilcheri, nach dem Rittigraben, der schon seit Jahren eine Querung an der Eggeri verhindert, hoch bis zur Eggeri und nach einem schönen morgendlichen Weg an der Suone entlang hinauf Richtung Riedbach. Diesen Weg sind wir sicher in unserem Leben über 100x gegangen (oder anfangs getragen worden) und kennen buchstäblich die einzelnen Steine auf dem Weg. Da es für meine ebenfalls im flachen Norddeutschland lebende Schwester erst der dritte Tag in den Bergen ist und sie kaum Zeit hatte, sich etwas einzulaufen, brauchen wir insgesamt mehr Zeit als man normal rechnen sollte (5h20, eine Stunde schneller kann man sicherlich gut sein, ohne zu rennen), was aber bei dieser Genusstour nicht weiter schlimm ist, da wir ohnehin viele Fotos machen wollen.

Bis oberhalb der Alpja ist uns alles vertraut, dann zweigt der Weg sehr deutlich markiert nach links ab. In der Folge muss man erstmal einige der mühsam errungenen Höhenmeter wieder hergeben. Die Stelle für den Abstieg liegt an einer sehr geeigneten Stelle, an der die glatt geschliffenen Felsen davon zeugen, dass hier vor wenigen Jahren noch ein Gletscher war. Im Tal des Riedbachs angekommen, erreicht man die neu gebaute Brücke, die in diesem Jahr nur wenige Meter vor dem Gletschertor liegt – die erste Chance, eine Brücke an diese Stelle zu bauen, wurde anscheinend genutzt. Auf der anderen Seite zieht sich der Aufstieg dann den oben erwähnten Hang hinauf, den wir in unserem Tempo an diesem Tag als beinah endlos empfanden, bevor das Gelände etwas flacher wird. Insgesamt ist es aber ein sehr schön angelegter Weg mit vielen Kehren, der sich gut steigen lässt. Unter dem Klein Bigerhorn hindurch geht der Weg durch etwas mehr Geröll und wird an der steilsten Stelle von zwei problemlos zu ersteigenden Treppen erleichtert. Die Höhe der Bordier gewinnt man dann nicht mehr wie früher südwestlich, sondern nordöstlich der Hütte. Auf der Hütte angekommen stärken wir uns mit einer leckeren Rösti von der freundlichen (und für uns neuen) Hüttenfamilie Werlen und genießen für zwei Stunden die hochalpine Atmosphäre des nahen Gletschers. Als wir gerade gehen wollen, kommt auch noch die normalerweise eher abends anzutreffende Attraktion der Bordier vorbei: Ein Steinbock leckt das für ihn ausgestreute Salz von den Steinen, stört sich gar nicht an unserer Anwesenheit und ermöglicht einige schöne Extra-Fotos.

Im Abstieg erscheint der „endlose“ Hang naturgemäß deutlich weniger endlos und mit hinreichend vielen kleinen Pausen zum Fotografieren sowie Schonen der Knie und Füße gelangen wir gut wieder in die Alpja und nach Grächen.

Tourengänger: Umumba


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Kommentare (4)


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roger_h hat gesagt:
Gesendet am 12. August 2023 um 16:16
Salü
Vielen Dank für deine Dokumentation des neuen Hüttenwegs. Die Bordierhütte ist eine meiner Lieblingshütten im Wallis. Damit verbinde ich schöne Erinnerungen.
Gruss und weiterhin schöne Touren
Roger

Umumba hat gesagt: RE:
Gesendet am 12. August 2023 um 22:42
Danke! Mit den schönen Touren ist als Norddeutscher nun erstmal für längere Zeit wieder Pause, aber dank Hikr kann man ja zumindest immer mal bei den Touren von euch Schweizern dabei sein. :)

ChrisMuell hat gesagt: Dankeschön!
Gesendet am 5. September 2023 um 11:54
Lieber Umumba,
herzlichen Dank für den ausführlichen Tourenbericht und die vielen Fotos! Ich habe mich vor einer Woche bei nebligem Wetter und bis zu 50cm Neuschnee auf die Bordierhütte hochgequält und konnte den kaum erkennbaren Weg nur dank eines Fötelis vom SAC mit dem neuen Weg und Deiner Beschreibung finden. Ich war auf 2.600m kurz vor dem Umkehren, u.a. auch weil die neuen Wegmarkierungen entweder nur schwach (orange Sprayfarbe) oder leider überwiegend auf den flachen Steinen (30cm Schnee drauf!) , statt auf den senkrechten Flächen angebracht waren. Aber als einzelner Gast dann, umsorgt von 3 Hüttenwirtinnen und strahlender Sonne am nächsten Tag mit Ausblick vom Gletscherrand auf den Nadelgrat, hat für die 4:30h Aufstieg sehr entschädigt :-) (und ich war allein mit den Schwarznasenschafen auf der Alpja). Alles Gute, CM

Umumba hat gesagt: RE:Dankeschön!
Gesendet am 6. September 2023 um 10:59
Hallo Chris,
danke schön! Das war ja eine abenteuerliche Variante der Tour, die du da durchgezogen hast. Freut mich, dass meine Beschreibung dir nützlich war, um hinauf zu kommen. :)
Alles Gute, David


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