Unterwegs auf alten Spuren – Distelhorn


Publiziert von Umumba , 31. Juli 2022 um 17:12.

Region: Welt » Schweiz » Wallis » Oberwallis
Tour Datum:15 Juli 2022
Wandern Schwierigkeit: T3+ - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 3:00
Aufstieg: 700 m
Abstieg: 700 m

Jeden Sommer von meinem Geburtsjahr 1984 bis 2002 habe ich in Grächen verbracht, ähnlich geht es meiner Schwester, die sogar zwei Jahre vor mir erstmals dort war. Sie war seitdem noch ein paar Mal dort, ich nun zum ersten Mal wieder für mehr als 1-2 Tage, mittlerweile selbst mit dreijährigem Kind, das es zumindest auf eigenen Beinen bis zur höchsten Suone, der Eggeri, schaffte. Eine unserer liebsten Touren als Kinder war das Distelhorn: Damals noch ohne viel Aufstieg, da man den höchsten Punkt der Tour durch die morgendliche Fahrt mit der damals noch existenten Seetalhornbahn erreichte, von der aus es erst 200hm runter und dann wieder hoch ging. Außerdem faszinierte uns die spannende Wegfindung in den zu durchquerenden Blockfeldern, in denen es immer rote Markierungen gab, die wir suchen durften.

Mit den Jahren verwitterten diese Markierungen auf dem selten besuchten Berg allerdings und so beschlossen mein Vater und seine Frau, die noch bis 2013 regelmäßig in Grächen Urlaub machten, dass man die Markierungen erneuern und Steinmännchen bauen solle. Und irgendwie romantisch: Diese Steinmännchen stehen zum Großteil immer noch und wiesen nun uns (erwachsenen) Kindern zehn Jahre später den Weg durch die großen Felsblöcke, auch wenn wir uns an den groben Verlauf noch erinnern konnten. Seit einigen Jahren hängt bei uns zuhause ein Panoramafoto vom Distelhorngipfel, so dass ich immer wieder den Wunsch verspürte, dort noch mal oben zu stehen. Da meine Schwester auch einige Tage mit uns Urlaub machte, war der Plan für eine Geschwister-Revival-Tour aufs Distelhorn klar.

Kurz vor 9 Uhr starten wir an der Hannigalp, Seilbahn fahren kann man auf dieser Tour immer noch, aber man muss danach eben bergauf. Im schattigen Wald geht es zügig bis Stafel, dann sonniger werdend über die Skipisten bis ans Heidnische Tossu, bei dem ich noch kurz auf den „Gipfel“ steige. Anschließend zieht sich der Weg wieder nordwärts Richtung Wannehorn. Der Weiterweg unter der nordwestlichen Flanke des Distelhorns ist als steinschlaggefährdet ausgewiesen (wird aber trotzdem gelegentlich begangen), ist aber auch gar nicht unser Ziel. Beim Steinschlag-Schild biegen wir nach rechts ab, wo früher der direkte Weg zur Bergstation der Seetalhornbahn entlangführte. Dieser Weg wird nicht mehr gepflegt und ist im oberen Bereich massiv verstürzt. Wir wollen aber ohnehin schon nach wenigen Metern ins Blockfeld unterhalb des Distelhorns. Die erste Markierung zu finden, ist nur möglich, wenn man wirklich danach sucht, die roten Striche sind doch sehr verwittert. Der Weg durch das Blockfeld zieht sich eher in südliche/südöstliche Richtung auf das Seetalhorn zu, man sieht beim Einstieg bereits weitere kleine grüne Rücken, auf die man gelangen muss. Laut Steinmännern funktioniert dies eher etwas weiter oben als wir gingen, letztlich scheint aber nur die Frage zu sein, über welchen großen Felsblock man in welches Loch und wieder hinaus steigt. Ein Stück entfernt sieht man eine kleine Felswand, auf die wir aus der Erinnerung grob zuhalten, wozu uns auch die Steinmännchen raten, nachdem wir sie eine Weile aus den Augen verloren hatten.

Unter dieser Felswand geht es wieder nach links (talauswärts) und ein Stück steil hinauf, an das ich mich auch noch erinnern konnte. Ein weiteres Blockfeld scheint teilweise eine Ausstellung von Spinnennetzkunst zu sein, diese aufwändig gewobenen Fallen sind ein weiteres Zeichen dafür, wie wenig Menschen das Distelhorn besuchen. Danach befindet man sich schon auf dem Südgrat des Distelhorns, an dessen östlicher Seite sogar eine kleine Wegspur zu finden ist. Die Steilheit in diesem Stück hatte ich irgendwie verdrängt, keine Blöcke, aber dafür ein recht rutschiger Hang, der uns hinauf eher mehr Mühe macht als später hinab. Anschließend ist man schon im Bereich des Vorgipfels (von dem aus man unbedingt das Echo Richtung Seetalhorn ausprobieren sollte), wo wir eine ganze Herde Gämsen mit Kitzen sehen, die vermutlich sehr erstaunt über die ungewohnten Besucher hier oben sind. Nach einem kurzen finalen Gipfelaufstieg sind wir nach etwas mehr als drei Stunden oben: Die Aufschrift „Distelhorn 2830m“ auf dem großen schrägen Stein, auf dem wir als Kinder immer saßen, ist nur noch zu erahnen, der Gipfelstock steht fast waagerecht und der Rundumblick ist so großartig wie auf dem Panoramafoto zuhause: Die Mischabelgruppe, die Westseite des Mattertals mit Weißhorn&co., das Saastal und der Blick in die nördlichen Walliser Täler und die Berner Alpen. Dieses Panorama genießen und fotografieren wir zwei Stunden lang, bevor wir uns an den Abstieg machen, der zumindest durch die Blockfelder kaum weniger Zeit in Anspruch nimmt als der Aufstieg.

Wer eine einsame, aber unschwierige Tour oberhalb Grächen sucht, ist mit dem Distelhorn gut bedient. Für die meisten keine alpinistische Herausforderung, aber auf jeden Fall Abwechslung und ein wunderbarer Rundumblick warten auf Besuch. Die Gämsen und Spinnen des Distelhorns sind aber vielleicht froh, dass der Spuk vorbei ist.

Auf dieser Route handelt es sich sogar um eine Hikr-Erstbesteigung, da zum Distelhorn bisher erst zwei Einträge vorhanden waren: Eine offensichtliche Verwechslung mit dem Wannehorn und eine Besteigung über die Saaser Seite, bei der nur der Abstieg auf der Grächener Seite verlief, dort in einem etwas kleineren Bogen, die kleine Felswand auslassend.

Anmerkungen: Die Fotos haben durch die notwendige Verkleinerung leider nicht die gute Qualität der Originale.
Ich bin mit der Einordnung auf der T-Skala nicht so vertraut, das Orientierungsvermögen wird ordentlich gefordert, bei den Blöcken sind auch mal die Hände gefragt, allerdings ist das Gelände nicht exponiert und es bedarf auch keiner weitergehenden Kletterkünste, so habe ich erstmal T4 gewählt, lasse mich aber gern von den Expert*innen hier korrigieren.

Tourengänger: Umumba


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