Gatterkopf (1659 m) - im Angesicht der Gottesackerwände


Publiziert von 83_Stefan , 28. Dezember 2022 um 13:23.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum: 3 Juli 2022
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:15
Aufstieg: 600 m
Abstieg: 600 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Tiefenbach b. Oberstdorf auf einer Mautstraße (5 Euro, Automat mit Schranke) nach Rohrmoos; großer Parkplatz.
Kartennummer:Bayerisches Landesamt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung - UK 50/47 - Allgäuer Alpen; ISBN 978-3-89933-800-3

Dem Gottesackerplateau nördlich vorgelagert, erhebt sich der aus dem Rohrmoostal recht ansehnliche Gatterkopf als höchster Punkt einer von Ost nach West abfallenden Kalkscholle. Während der Talgrund bei Wanderern und Radfahrern beliebt ist, geht es auf der hier beschriebenen Tour ruhig zu. Zwar führt ein nicht beschilderter, steiler Steig dicht am Gipfelaufbau des Gatterkopfs vorbei, viele Wanderer sind dort aber nicht unterwegs. Am Gipfel selbst ist sowieso tote Hose, was vermutlich daran liegt, dass die vom Steig abzweigende Trittspur an einer kurzen, aber recht kernigen Felsstufe endet. Hat man diese aber gemeistert, ist der Rest kein Problem mehr und man kann sich unter dem Gipfelkreuz ganz in Ruhe der Brotzeit und dem Ausblick widmen.

Die Tour beginnt am großen Parkplatz in Rohrmoos, das von Tiefenbach auf einer Mautstraße zu erreichen ist. Direkt am Ausgangspunkt befindet sich die älteste Holzkapelle des Alpenraums, die bereits im Jahre 1568 errichtet wurde. Man wandert an der Gastwirtschaft vorbei, hält sich links und erreicht sodann den asphaltierten Fahrweg, der das Tal erschließt. Auf ihm schlendert man bequem nach rechts durch Wiesen und kleine Wälder das Tal entlang, bis nach links der beschilderte Weg zum Hörnlepass abzweigt. Hier verlässt man den Talweg.

Auf breiter Schotterstraße geht es im Wald nun knapp 0,9 Kilometer ostwärts, bis gegenüber einer Wiese eine anfangs undeutliche Spur nach rechts abzweigt und in den Wald hinein führt (Vorsicht, nicht beschildert!). Sie vermittelt den Aufstieg zum Gatterkopf. Bereits nach wenigen Metern befindet sich an einem Baum eine rote Markierung. Sehr steil leitet der ziemlich eingewachsene, aber gut zu findende Steig durch Wald und Wiesen bergauf, man hat hier schöne Blicke zum Piesenkopf jenseits des Rohrmoostals. Der sperrende Felsriegel wird direkt östlich des steil abbrechenden Gatterkopfs überwunden, wo dessen Felsrippe über eine begrünte Rampe an die felsige Spitzwand anschließt. Hart an der Felswand leitet der Steig landschaftlich eindrucksvoll hinauf zu einer Scharte, wo man auf die Südseite übertritt. Verschnaufpause!

Um zum Gipfel des Gatterkops zu gelangen, zweigt man südseitig nur wenige Meter unterhalb der Kammhöhe auf eine dürftige Trittspur ab, die anfangs entlang eines Holzzauns unterhalb einer Felsstufe durch eine zunehmend steile Grasflanke nach Westen leitet. Vorsicht, die Flanke bricht unterhalb senkrecht ab! An einem felsigen Aufschwung endet die Trittspur, sie stellt die Schlüsselstelle der Tour dar. Die nur wenige Meter hohe Felsstufe wird recht ausgesetzt überwunden, bei Nässe ist das eine schmierige Angelegenheit. Oberhalb geht es ohne weitere Probleme noch ein Stück weglos im Wald bergauf, tendenziell hält man sich etwas rechts. Am Kamm trifft man auf schwache Spuren, die von einer vermutlich einfacheren Aufstiegsmöglichkeit weiter westlich herüber kommen und erreicht sodann den höchsten Punkt mit Gipfelkreuz und Gipfelbuch. Im Norden bricht der Gatterkopf mit senkrechter Wand ab, wenn man sich traut, kann man direkt in die schaurige Tiefe hinunter blicken. Der Gipfelbereich ist frei, die auf der Südseite bis knapp unterhalb wachsenden Fichten stören die Sicht kaum, sodass der Rundumblick wirklich lohnend ist. Insbesondere der Gegensatz zwischen dem sanften Piesenkopf im Norden und den auf der entgegengesetzten Seite in Ost-West-Richtung verlaufenden Unteren Gottesackerwände bringt Spannung in den Ausblick. Im Osten schaut man bis weit in die Allgäuer Alpen, im Westen zeigt sich die schon zum Bregenzerwaldgebirge zählende Winterstaude sowie bei guter Sicht der Bodensee.

Der Rückweg vom Gipfel erfolgt wieder über die Felsstufe. Dann folgt man dem Steig in wenigen Minuten hinunter zum weiten Sattel zwischen Gatterkopf und den Unteren Gottesackerwänden im Bereich der verfallenen Oberen Gatteralpe. Hier finden sich Wanderschilder.

Vom Sattel folgt man nicht beschilderten Spuren nach Westen hinunter in das Hochtal "Im Hintern Gatter", wo man sogleich eine Hütte erreicht. Von hier geht es auf einer Fahrspur unterhalb der Unteren Gottesackerwände talwärts, der Anblicke der steilen Kalkwände macht schon was her. Der Weg führt an einigen Hütten vorbei, erreicht den Wald und führt schließlich steil entlang eines Bachs mit schönem Wasserfall hinunter ins Rohrmoostal.

Im Talgrund hält man sich rechts und gelangt auf der asphaltierten Straße über den Rohrmoossattel nach langem Hatsch wieder zurück zum Ausgangspunkt. Der unbedeutende Gegenanstieg ist kaum der Rede wert, wer sichergehen will, der kann davor bei einer Einkehr in der Aibelealpe Kraft für die letzte Etappe tanken.

Schwierigkeiten:
Wanderung um den Gatterkopf: T3 (stellenweise beim Aufstieg am schmalen, steilen Steig; beim Abstieg maximal T2, meist T1 auf der Fahrspur).
Abstecher zum Gipfel: T5, II (kurze, ausgesetzte Schlüsselstelle, sonst deutlich einfacher).

Fazit:
Eine landschaftlich sehr lohnende und ruhige bis einsame 4*-Tour, die insbesondere wegen den beeindruckenden Ausblicken auf die Unteren Gottesackerwände in Erinnerung bleibt. Beim Gipfelabstecher muss man an der ausgesetzten Schlüsselstelle ordentlich hinlangen, sonst geht es recht zivilisiert zu. Beim Rückweg lohnt sich ein Abstecher zur Aibelealpe, wo der Wanderer mit Speis und Trank verwöhnt wird. Die Tour hat zwar verhältnismäßig wenige Höhenmeter, ist streckenmäßig aber ziemlich weit.

Mit auf Tour: Francesca (bis zum Gipfelaufbau).

Anmerkungen:
Der Gatterkopf ist von Westen vermutlich einfacher zu erreichen. Hierzu erscheint es zweckmäßig, nahe der Hütte knapp unterhalb des Sattels zwischen Gatterkopf und den Unteren Gottesackerwänden über die Grasflanke auf den Kamm hinaufzusteigen und ihm zum Gipfel zu folgen.
Aus den neuen amtlichen Kartenwerken inklusive BayernAtlas wurde der Aufstiegsweg komplett entfernt, der Steig ist aber nach wie vor gut zu finden. Ob die Löschung auf jagdliche Lobbyarbeit oder andere Gründe zurückgeht, ist mir nicht bekannt. Update 05.10.2023: Der Anstiegsweg ist im BayernAtlas wieder eingetragen; vermutlich war er zwischenzeitlich versehentlich entfernt worden.

Kategorien: Allgäuer Alpen, 4*-Tour, 1600er, T5.

Tourengänger: 83_Stefan


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Kommentare (8)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 28. Dezember 2022 um 14:22
Sehr schöne Tour auf einen ruhigen Aussichtsgipfel! Interessant, dass du die Kletterstelle mit T5 und II bewertest. Die meisten anderen Begeher bewerten diese Stelle deutlich milder. Ich persönlich sehe es ähnlich wie du. Das ist schon eine realtiv ernsthafte Stelle, wenn auch nur kurz.

VG Nico

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 28. Dezember 2022 um 14:37
Hallo Nic, danke für deinen Kommentar! Ich interpretiere es bei den von mir nach der Tour gelesenen anderen Berichten so, dass sie die Kletterstelle aus der T-Wertung genommen und nur mit der Kletterschwierigkeit II bewertet haben. Von daher sind sich ja alle einig. Aus Gründen der Konsequenz wende ich halt zusätzlich die T-Skala an und da finde ich passt T5. Für einfacher halte ich die kurze Stelle keinesfalls. Aber natürlich ist die T5 nicht charakteristisch für die gesamte Tour, die ja bis auf die paar Meter reines Wandergelände ist ;-) .

Ich gehe übrigens davon aus, dass sich die Stelle weiter westlich umgehen lässt, darauf weist auch ein HIKR-Bericht hin.

Viele Grüße und schon mal einen guten Start ins neue Jahr! Ich hoffe, bei dir geht in 2023 wieder mehr.

Nic hat gesagt: RE:
Gesendet am 28. Dezember 2022 um 18:12
Ich bin mit Ulf tatsächlich schon mal unter dieser Stelle gestanden. Hatte aber keinen guten Tag und bin nicht rauf. Wie gesagt, hab es auch als durchaus anspruchsvoll empfunden. Und ich hab schon ein paar andere nicht ganz leichte Touren gemacht. In jedem Fall werde ich da nochmal hochgehen. Dir auch einen guten Start ins neue Jahr und viele tolle Bergerlebnisse!

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Dezember 2022 um 14:37
Hallo Nic, dann bin ich ja gespannt, ob du nach deiner Begehung bestätigen kannst, dass es weiter westlich noch einen einfacheren Zugang gibt. Viele Grüße!

Nyn hat gesagt:
Gesendet am 28. Dezember 2022 um 17:09
Hallo Stefan,
das "Allgäu" gilt ja sonst gern als "überlaufen".
Das stimmt so ...NICHT, wie Du mit deiner schönen Tour beweist.
Mit ein wenig Kreativität findet man überall noch genügend fast unberührte Natur.

Dein Hinweis auf das offenbar trendige Entfernen bisher bekannter, mglweise wenig begangener Wege auf neuesten Karten gibt einigen Gesprächsstoff. (vgl Loreggtal)

Grüße Markus

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 28. Dezember 2022 um 17:47
Hallo Markus, danke für deinen Kommentar! So sehe ich das auch: Es gibt in jeder Gebirgsgruppe, mag sie auch als noch so überlaufen gelten, einsame Orte, die es zu erkunden lohnt.

Die Sache mit der Karte hat mich insofern gewundert, als dass es sich ja um die amtliche Karte und nicht eine AV-Karte handelt. Und es wurde ja nicht nur die rote Linie ("markierter Weg"), sondern auch gleich noch die hinterlegte Spur entfernt. Jegliche Hinweise auf den Weg sind also in der neuen Fassung der Karte vollständig getilgt. Seltsam und auch schade!

Ich wünsche dir schon mal einen guten Start ins neue Jahr und viele gelungene Bergtouren mit zahlreichen Fotomotiven. Schöne Grüße!

Parzival hat gesagt:
Gesendet am 28. Dezember 2022 um 17:52
Servus,
in der Online AV Karte bei Alpenvereinaktiv ist der Aufstiegsweg sogar als gepunkteter Wanderweg eingezeichnet, der Abstieg als schwarz gestrichelt.

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 29. Dezember 2022 um 14:38
Hallo Parzival, danke für die Information! Hoffentlich bleibt der Weg da auch drin. Ich schätze mal, dass die AV-Kartografie den amtlichen Karten zeitlich etwas hinterher hinkt. Viele Grüße und einen guten Start ins neue Jahr!


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