Große Gottesackerrunde und Torkopf


Publiziert von quacamozza , 2. Juli 2014 um 19:41. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Allgäuer Alpen
Tour Datum:26 Juni 2014
Wandern Schwierigkeit: T6- - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: D   A 
Zeitbedarf: 9:00
Aufstieg: 2130 m
Strecke:Mahdtalhaus-Außerschwende-Musberg-Weiße Platte-Rohrmooser Hörnle-Spitzwand-Gatterkopf-Untere Gottesackerwände-Windecksattel-Torkopf-Toreck-Obere Gottesackerwände-Roßkopf-Hirscheckkreuz-Lohmoosalpe-Windecksattel-Hölloch-Mahdtal (27 km)
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Von Oberstdorf ins Kleinwalsertal bis Ortsanfang RIezlern und nach Schwende, an der Gabelung nach links (Innerschwende) zum P an der Bushaltestelle Mahdtalhaus
Unterkunftmöglichkeiten:Mahdtalhaus (1100m; DAV Schwaben; Selbstversorgerhütte)
Kartennummer:AV-Karte Bayerische Alpen BY 2 1:25 000 Kleinwalsertal Hoher Ifen, Widderstein

Während der Hohe Ifen und das gesamte Wandergebiet südlich davon stark frequentiert sind, geht es im Bereich der Gottesackerwände erheblich ruhiger zu. Nach den vielen Kleinwalsertaler Modebergen der letzten Tage nehmen wir uns heute eine große Runde vor, die im ersten Teil fast gar nicht begangen wird und auch später eher etwas für Ruhesuchende ist. 

Häufig ist das Gelände weglos und erfordert auch bei guten Verhältnissen einen guten Orientierungssinn. Bei Nebel sollte auch in Zeiten von GPS und Handy auf die Tour verzichtet werden. Das Gleiche gilt bei nassem Gras.



Zur Schwierigkeit:

An der Spitzwand bis II, am Torkopf Steilgras T 6- und I-II, beides im ausgesetzten Gelände, am Gatterkopf I-II, ansonsten leichter. Vorsicht an den Steilabbrüchen der Gottesackerwände.


Zum Zeitbedarf:

Mahdtalhaus-Musberg: 1 Std 20 min
Musberg-Spitzwand: 35 min
Spitzwand-Gatterkopf: 20 min
Gatterkopf- Windecksattel: 1 Std 5 min
Windecksattel-Torkopf-Windecksattel: 50 min
Windecksattel-Toreck: 45 min
Toreck-Obere Gottesackerwand: 20 min
Obere Gottesackerwand-Hirscheckkreuz: 1 Std 10 min
Hirscheckkreuz-Lohmoosalpe: 35 min
Lohmoosalpe-Windecksattel: 45 min
Windecksattel-Mahdtalhaus: 1 Std 10 min


Tourbeginn am Parkplatz vor dem Mahdtalhaus. Auf der Asphaltstraße zurück nach Außerschwende, an der Straßenkreuzung links und Richtung Hörnlepass.
Nach einem guten Kilometer ab Beginn des Fahrverbotes geht's auf den zweiten Rücken hinauf (der erste führt an die Steilwände des Kühbergs). Man kann bereits vor den Häusern am Klausenwald die Wiese hochsteigen. Wir verfolgen die Fahrstraße noch ein Stück bis kurz vor dem Gasthaus Hörnlepass (1165m), dann verabschieden wir uns nach links in den Wald.

Es gibt keinen Weg, noch nicht einmal Wegspuren. Der Aufstieg führt uns durch ein Wald- und Wild-Schongebiet, in dem die Tier- und Pflanzenwelt noch in ursprünglicher Form genossen werden darf. Walderdbeeren laden zur Verkostung ein. Rehwild, Schlangen und große Käfer kreuzen unsere Route. Wir halten uns im Allgemeinen schräg rechts aufwärts und kontrollieren gelegentlich unseren Standort per GPS.
Langsam nähern wir uns der deutsch-österreichischen Grenze und der Waldlichtung, die mit einem Messpunkt in der Karte verzeichnet ist (Musberg, 1487m). Eine irreführende Bezeichnung, denn von Gipfel kann keine Rede sein.

Der Rücken wird allerdings bald schmaler. Zur Linken brechen Steilwände ins Gattertal ab. Auf der rechten Seite liegt das Hörnletal 300 Höhenmeter unter uns. Immerhin etwas Gipfelcharakter besitzt der höchste Punkt der Weißen Platte (1642m). Auf der anderen Seite verlieren wir 30 Höhenmeter. Noch können wir mit dem Namen nicht viel anfangen. Von der Spitzwand werden wir später einen eindrucksvollen Blick in die hellen Abbrüche der Weißen Platte haben.

Abwechselnd über freie Flächen, Buschwerk und leichte Felsen steigen wir auf den höchsten Punkt des Kamms, das Rohrmooser Hörnle (1673m). Die Aussicht hält sich trotz der exponierten Lage in bescheidenen Grenzen. Allein wegen dieses Gipfels würde wohl kein Mensch hier hochkommen. Man ist weit weg vom urbanen Trubel, der das Kleinwalsertal oft beherrscht. Auch von Gipfelbüchern in Gurkengläsern ist hier weit und breit nichts zu sehen. Hin und wieder lugt bereits das Gipfelkreuz des niedrigeren Gatterkopfes durch die Bäume. Dort oben sind einige Wanderer zu sehen.

Nach kurzer Rast geht es in westlicher Richtung weiter, bis ein felsig-schroffer Seitenkamm nach Norden abzweigt. Unser Ziel ist eigentlich der obere Gatterpass (1602m), doch wollen wir zunächst noch den Felsturm der etwas unterhalb der Kammhöhe stehenden Spitzwand (1574m) inspizieren. Der Übergang ist leicht, aber brüchig und ausgesetzt. Der auffallende Zacken selber wird dann sehr ausgesetzt erklettert.
Die wilden Abbrüche der Weißen Platte sind beeindruckend. Deshalb ist  dieser Abstecher für Individualisten durchaus als lohnend zu bezeichnen. Klettertechnisch bewältigen wir hier die schwierigste Passage unseres heutigen Tourentages.


Wegen des immer noch nassen Geläufs bekommen wir Zweifel, ob sich alle Vorhaben realisieren lassen. Doch wir schauen erstmal auf das nächste Gipfelziel, den Gatterkopf (1659m), dem wir bereits vor einem guten Monat einen Frühjahrsbesuch abgestattet haben. Wir wählen vom Pass wieder dieselbe Rinne zum Durchstieg. Alternativ könnte man auch den Gatterkopf halb umrunden und von Südwesten über Schrofen zum Gipfel aufsteigen. Vielleicht ein etwas leichterer Zugang zum schönen Aussichtsgipfel. 


Auf dem Rückweg entscheiden wir uns nach Durchklettern der Rinne für den Direktabstieg in den unteren Gatterpass (1567m). Auf der anderen Seite führt uns ein guter Wanderweg aufwärts. Wir finden sogar Seile. Stramm westwärts marschieren wir bis knapp unter den höchsten Punkt der Unteren Gottesackerwände (1858m). Dieser lässt sich in wenigen Minuten durch Geröll und Latschen erreichen. Direkt oben am Grat ist es wegen der dichten Latschen recht mühsam. Am Steinmann suchen wir vergeblich nach dem Buch.

Nicht mehr weit, dann kommen wir am Windecksattel (1751m) an. Beim Abstieg können wir bereits gut die Steilheit des Westgrates am Torkopf einschätzen. Das Gras ist mittlerweile recht gut abgetrocknet, so dass wir uns ins Grüne setzen und erstmal eine längere Pause einlegen.


Zu dritt steht nun der Torkopf auf dem Programm. Viel haben wir über diesen Gipfel gehört. Im Allgemeinen hört sich das so an: kurzes, ungestuftes Gras, viel heikler als etwa die Höfats und so weiter. Wir schauen uns das mal aus der Nähe an. Vom Windecksattel verfolgen wir noch den Weg zu einer Einschartung. Hier steigen wir nach links auf den Westgrat. Das Gras ist griffig. Es geht zunächst in moderater Steigung aufwärts. Später wird's steiler und ausgesetzter, aber der Spaßpegel bleibt hoch.
An der ersten Felsecke mogeln wir uns rechts vorbei und erreichen eine ins Nichts abfallende Grasflanke. Wir steigen schräg aufwärts zu weiteren Felsen. Die Tritte werden spärlicher. Erfahrene Steilgrasgeher sollten allerdings keine größeren Schwierigkeiten bekommen. Am Beginn der brüchigen Schlussrinne deponieren wir die Stöcke. Den Pickel haben wir bis hierher nicht gebraucht. In der Rinne muss wegen der Steinschlaggefahr und des doch recht bröseligen Felses vorsichtig geklettert werden. Die Schwierigkeit bewegt sich allerdings nur zwischen I und II. Nach dem Ausstieg noch kurz auf dem Grat nach rechts, dann sind wir auf dem doch gar nicht so giftigen Torkopf (1930m) und freuen uns, diesen lohnenden Abschnitt der Tour nicht ausgelassen zu haben.

Im Abstieg muss man dann die gebotene Vorsicht walten lassen, die Ausgesetztheit ist nun spürbarer, doch verlassen wir recht bald wieder das Absturzgelände.

Weiter geht es auf dem bezeichneten Wanderweg in südwestlicher Richtung an die oberen Wände. Zielsicher führt uns der Weg in die Torscharte (1967m; besser wäre "Gottesackerscharte", im neuen AVF und in der AV-Karte schlicht "Scharte" genannt; falsch ist auf jeden Fall die Bezeichnung "Torkopfscharte" - die liegt nämlich zwischen Torkopf und dem vorgelagerten Rücken des Mittelecks, während sich die Toreckscharte zwischen Torkopf und Toreck befindet). Die Namensgebung ist nicht einheitlich und stiftet auf jeden Fall viel Verwirrung.

In welligem Gelände mit einigem Auf und Ab besuchen wir das Toreck (2016m), der Punkt, an dem der nördliche Seitengrat zum Torkopf abzweigt. Von der Scharte lässt sich diese kaum ausgeprägte Erhebung in 10 Minuten (ca. 700 Wegmeter) erreichen. Links schweift der Blick auf die Südseite des Torkopfes, rechts liegt die endlose Weite des Gottesackers. Das Toreck ist eine schöne, einfachere Skitour bei guten Verhältnissen.

Auf der anderen Seite der Scharte geht es steiler hoch. Der Gipfel der Oberen Gottesackerwände (2033m) besteht aus einem kleinen Grasturm, dessen Ersteigung Trittsicherheit und Schwindelfreiheit verlangt. Sogar leichte Kletterstellen sind mit dabei.

Der Weiterweg führt uns zunächst direkt an den Wandabbrüchen vorbei. Später müssen wir einigen garstigen Latschenzonen ausweichen. Je später, desto mehr Umwege machen wir. Vor dem Roßkopf (1956m) geht's hinunter bis auf ca. 1900m, dann den steilen Schrofenhang hoch. Anschließend übersteigen wir noch einen Vorgipfel, dann kommen wir ans Hirscheckkreuz (1915m; Wegweiser; Markierungen), der zweite Übergang über die oberen Wände.

Den Gipfel des nur etwa 8 Meter höheren Hirschecks können wir nicht direkt über den Zackengrat erreichen (zwei heikle Zwischenabstiege), sondern müssten dafür ein gutes Stück in die Südflanke absteigen und wieder hochsteigen. Darauf verzichten wir heute aus Zeitgründen, ebenso wie auf die etwas längere südliche Rückwegvariante über die Gottesackeralpe.
Stattdessen verlassen wir den Grat nach Norden. Zunächst bis hinab auf einen grasigen Absatz (1790m) ist der Weg markiert, dann biegen wir auf einen Seitenast ab, auf dem sich  nur mehr seichte Trittspuren finden. Auf diesem Abschnitt ist das Gras noch sehr feucht, so dass wir auf dem steilen Pfad Vorsicht walten lassen. In einem Bogen kommen wir in eine moorige Ebene, in der man sich den besten Weg suchen muss, um nicht plötzlich tief im Sumpf einzusinken. Am besten geht man am Rand und nimmt einen kleinen Umweg zu der schon von weitem sichtbaren Hütte der Lohmoosalpe (1600m) in Kauf.

Es ist schon spät, aber das Wetter und die Sicht werden besser. Nun führt uns der Weg weiß-rot markiert zurück Richtung Windecksattel. Wir steigen bis zur Abzweigung auf ca. 1840m hoch, wo wir wieder auf unseren Aufstiegsweg treffen.
Die Wasseroberfläche des Bodensees präsentiert sich uns im Licht der tief stehenden Abendsonne in einem hellen Orange. Der Torkopf lädt fast zu einer weiteren Besteigung ein. Die oberen Wände erstrahlen später in warmen Rottönen. Sensationell. Da kommt richtig romantische Stimmung auf. Auch wenn die Zeit fortgeschritten ist: Dieses Naturspektakel genießen wir ausgiebig. Wir haben ja unsere Stirnlampen dabei.

Vom Windecksattel trennen uns noch 70 Minuten vom Mahdtalhaus. Mit dem letzten Licht des Tages können wir noch einen Blick ins 76 Meter tiefe Hölloch werfen, die mit 11 km Länge zweitlängste Höhle in Deutschland. Der Name hat übrigens nichts mit Hölle zu tun, sondern bezeichnet einen schwer erreichbaren Geländepunkt (siehe auch: Hählekopf).

Der Abstieg ist recht steinig. Der Weg führt uns wiederholt durch ein Schutzgebiet, das während der Wintermonate von Anfang November bis Mitte Mai gesperrt ist. Die Skitourenroute führt um dieses Gebiet oberhalb des Mahdtals herum.


 

 


Tourengänger: quacamozza, Andy84, yuki


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Kommentare (5)


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Nic hat gesagt:
Gesendet am 2. Juli 2014 um 21:07
Schöne Runde! Vielleicht kann ich irgendwann auch mal wieder nen T6er mitgehen.

LG

Gelöschter Kommentar

quacamozza hat gesagt: RE:
Gesendet am 6. Juli 2014 um 13:27
Hallo Markus,

unter "fleißig unterwegs" verstehe ich aber schon noch mal was anderes...;-)

Außerdem macht Ihr richtige Bergtouren, während wir im Grünen wandern, weitab vom brüchigen Karwendelschotter.

Und dass Du mir nächstes Mal auch unser Mädel grüßt...die wird nämlich bald von uns offiziell als Begleiterin aufgenommen und getauft, hehe...

Bis demnächst, hau weiter rein...
Lieben Gruß
Ulf

Bene69 hat gesagt:
Gesendet am 7. Juli 2014 um 22:43
schönen "Rundtour-Achter" mit ordentlich Höhenmeter habs da gedreht.

Andy84 hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. Juli 2014 um 23:20
Dank dir.
Während du in fremden Regionen wilderst sind wir dabei uns deinen Lieblingsbergen zu widmen. ;-)


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