Komplette Ducankette - Überschreitung


Publiziert von 3614adrian , 31. Juli 2021 um 17:06.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Albulatal
Tour Datum:29 Juli 2021
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR 
Zeitbedarf: 9:30
Aufstieg: 2400 m
Abstieg: 2850 m

Die Ducankette kenne ich seit meiner Kindheit und bereits mein Vater war seinerseits als Kind dort unterwegs. Ja, wer richtig Bergsteigen will, der muss sich zuerst an dieses brüchige Gestein gewöhnen - so wurde ihm damals gesagt.
Tatsächlich gibt es viele Berge mit besserem Gestein, dennoch bietet die Kette viele interessante Abschnitte. Spätestens nach meiner Tour vor zwei Jahren ist die Idee entstanden, einmal die ganze Kette zu überschreiten.


Von Chants ist der Startpunkt aber weit entfernt, so dass ich nicht wie letztes Mal zuerst dorthin joggen möchte und auch ist für diese lange, anspruchsvolle Tour ein anderes Schuhwerk angebracht. Also fahre ich mit dem Auto nach Bergün und reise mit dem ersten Zug nach Davos. Leider kommt der Zug mit Verspätung an und das Postauto nach SertigSand wollte nicht warten. Meine Versuche Autostop zu machen landen peinlicherweise fast im falschen Tal, so dass ich letztendlich eine Stunde später von Davos mit dem Postauto nach Sertig Sand gelange und die Tour um 08.30 starten kann. Der Blick auf die ersten drei Gipfel sind sehr eindrücklich.
Mehrere Wandersleute sind unterwegs. Ich verfalle, Macht der Gewohnheit, trotz den Bergschuhen in den Laufschritt und bin bald der Vorderste. Endlich geht's bergauf Richtung 'Cheren' und ich 'muss' nicht mehr Joggen.

Mittaghorn via Jöri Jegersch Nase (T5, II)
Der Aufstieg ist mir von vor zwei Jahren noch gut bekannt. Die kurze Traverse nach rechts unter der Jöri Jegersch Nase kann kaum verfehlt werden und schon stehe ich auf der aussichtsreichen Nase. Der Weiterweg auf's Mittaghorn ist trotz brüchigem Gestein schön und bietet ein paar einfache Kletterstellen.

Plattenflue (T6, ZS, III-IV)
Vom Mittaghorn einfach runter in die Scharte wo eine grössere Graterhebung den Weg zu versperren scheint. Das letzte Mal bin ich diese Stelle etwas mühsam rechts umgangen. Heute versuche ich mich an den Klötzlifelsen, was erstaunlich gut geht. Kurz vor dem höchsten Punkt leicht linkshalten über ein steiles Wändchen  in unverändertem Gestein. Von hier einfach zum Geröllfeld, welches leicht linkshaltend zum Couloir führt. Sobald  es machbar ausschaut  bin ich wieder links auf den Grat gewechselt und diesem bis zum Hauptgrat gefolgt. Hierkommt bald ein kleiner Gendarm, welchen ich links ein paar wenige Meter umgehe und dann rechts durch ein steiles Stemmkamin den höchsten Punkt erreiche (Bandschlinge). Von hier einfach leicht abwärts zum grossen Gendarm, welcher mir das  letzte Mal gehörig  Respekt einflösste. Nun mit dem Wissen, dass die Überschreitung erstaunlich einfach ist, kannich es richtig geniessen. Nun folgt der flachere Gratabschnitt, wo es noch eine kurze Hangeltraverse gibt, welche auch einfacher ist, als sie ausschaut. Bald ist der Gipfel ohne weitere Schwierigkeiten erreicht.
In meinem Gipfelbuch hat's keine neuen Einträge - vielleicht habe ich es zu gut versteckt. Ich deponiere es nun offensichtlicher.
Abstieg über den mir gut bekannten Westgrat.

Hoch Ducan (WS) 
Von der Scharte westlich der Plattenflue entlang dem Grat und direkt über den P. 2894 (Gotama) mit Gipfelkreuz und Buch. Weiter zum Beginn des Ostgrates. Ich folge mit wenigen Abweichungen meist dem Grat. Wenn auf Bändern in die Nordflanke gequert wird, möglichst bald wieder linkshaltend zurück auf den Grat. Etwas verwundert erblicke ich bald den Gipfel und bin überrascht, dass keine grösseren Hindernisse mehr aufgetaucht sind.
Abstieg entlang Wegspuren dem Grat entlang zum Vorgipfel und dann über das Geröllfeld in die Senke nördlich des Ducan Fürggli. Ich realisiere, dass die mitgenommen. 1.75l Flüssigkeit nicht aussreichen werden und füllen daher die Flaschen mit etwas Schnee.

Chlein Ducan (WS, Abstieg exponiert)
Den P. 2883 lasse ich links liegen und steige über Schnee und Geröll an den Fuss des Ostgrates. Ohne grössere Schwierigkeiten führt der Grat zum Gipfel. Im Abstieg folge ich auch alles dem Grat, bis er zuletzt steil zu Scharte P. 2951 abfällt. Die erste Rinne sieht gar nicht schön aus, doch etwas weiter links geht's besser als erwartet links entlang den aufgestellten Platten runter. Ganz zuunterst direkt über die letzte aufgestellte Platte und mit einem kleinen Hopser ist es geschafft. -  Wie lange die Platten wohl noch so stehen?

Gletscher Ducan (WS)
Dieser Gratabschnitt zieht sich ganz schön in die Länge. Teils weiche ich etwas nach rechts aus, bleibe aber stets nahe am Grat. Zuletzt auf der Skiroute zum Gipfel. Auch hier, wo ich noch am ehesten jemanden erwarte ist alles menschleer.

Piz Ravigliel (WS, Abstieg ZS)
Alles dem Grat entlang ohne grössere Schwierigkeiten. Der Abstieghatte ich als Schlüsselstelle der Tour im Hinterkopf. Zuletzt bin ich da 2008 hochgestiegen. Zuerst kurz dem Grat entlang, dann in die steile, kaminartige Rinne nordwestlich des Grates. Einmal im Kamin kann ich mich alles vorwärts runterstemmen, das Gestein ist fest, höchstens in der Rinne selber ein paar lose Felsen. Die Frage ist, wo sich der Ausstieg befindet (gemäss Führer hangelt man sich in Aufstiegsrichtung in den Kamin runter). Also muss es noch weiter unten sein. Der Kamin wird steiler und danach breiter und schuttiger. An dieser Stelle kann links ein Wändchen hochgeklettert werden und man gelangt auf den Grat. Der weitere Abstieg wieder einfacher, aber mit viel losem Gestein, oft linkshaltend vom Grat.

Piz Gulota und Piz Crealetsch (WS)
Den Piz Gulota nehme ich nicht als Gipfel war und lasse ihn sogar links liegen. Der Aufstieg zum Crealetsch ist nochmals rechts steil und das Gestein ziemlich brüchig. So langsam kommen Zweifel auf, ob denn diese Tour bis zu ende zu schaffen ist. Vom Crealetsch über schuttiges Gelände zügig runter in die Mulde NW von P. 2811. Ich weiss dass der Grat sowieso nicht durchgehend begehbar ist und in der Mulde wartet nochmals Schnee. Dafür muss ich über mühsamen Schutt mich wieder auf den Grat im Osten der Platta Roggia hocharbeiten.

Platte Roggia (WS)
Ich folge mit ganz leichten Abweichungen alles dem Grat bis zum Gipfel. Eintrag in meinem Gipfelbuch. Die letzten sechs sind von mir...

Prosonch (WS)
vom Gipfel der Platta Roggia alles dem brüchigen Grat folgend über mehrere Erhebungen bis zum Gipfel mit grossem Steinmann und einem weiteren Gipfelbüchlein von mir. Zweiter Eintrag von mir, zweiter insgesamt.
Nun folgt noch der einzige mir unbekannte Abschnitt - der Abstieg ins Val Striela. Mein Vater erwähnte, da einmal in üblem trittlosem Gelände sich wiedergefunden zu haben. Ich hatte mir diese Route aber bereits vor einem Jahr mit Luftaufnahmen geplant und war mir ziemlich sicher, dass dies gut gehen sollte. Tatsächlich folgt man möglichst lange dem Grasrücken südwestlich und später Wildwechseln des grossen Hirschrudels (>30 Stk) bis auf eine Höhe von 2200. Hier hart entlang eines Felsvorsprunges rechts haltend ins grosse Geröllfeld. Auf diesem recht problemlos runter ins Val Striela. Ursprünglich plante ich noch den Latscher Kulm mitzunehmen, doch fehlte die Motivation für diesen Wiesenhügel und auch der Abstieg vom Kulm bis Bergün ist mit Bergschuhen keine Freude. Sol folge ich dem spannenden Hexentobel bis zur Tuorserstrasse, welcher ich dann halt noch bis nach Bergün zum Auto folgen darf - Wie zu Beginn der Tour wieder joggend.

Alles in allem eine sehr eindrückliche, wilde Tour, wo nicht ein einzelner Abschnitt die Schlüsselstelle bildet, sondern die Gesamtheit der Tour.
Mir ist nicht bekannt, ob diese Tour so schon einmal gemacht wurde, würde mich aber über Informationen hierüber sehr freuen.


Tourengänger: 3614adrian


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Kommentare (4)


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Roald hat gesagt:
Gesendet am 31. Juli 2021 um 19:05
Wow! Sehr eindrückliche und lange Überschreitung! Gratuliere!

Nyn hat gesagt: Wow!
Gesendet am 31. Juli 2021 um 20:37
Da bleibt mir die Spucke weg. Selbst wenn man wie Du viele Abschnitte kennt, bleiben die Gesamtlänge und damit die Anforderungen an die Psyche, Ausdauer und flinke Kletterfertigkeit extrem hoch.
Chapeau

Delta Pro hat gesagt:
Gesendet am 2. August 2021 um 08:35
Grandiose Tour - es freut mich sehr, dass Dir dieses grosse, lang gehegte "Heim"projekt gelungen ist!

3614adrian hat gesagt:
Gesendet am 2. August 2021 um 12:56
Danke Euch!
@Nyn: ja, deine Einschätzung ist richtig und ich gehe davon aus, dass man zu zweit mit zeitweise Seilsicherung einige Stunden mehr Zeit einberechnen müsste.
@delta: ja, war für mich auch eine grosse Genugtuung! Gleich nach der Tour, dachte ich, dass man diese Tour nur einmal im Leben macht. Nun mit etwas Abstand und der Tatsache, dass dir dort auch noch ein paar Gipfel fehlen, sowie dem von mir ausgelassenen Kulm da Latsch, könnten wir das ja doch noch im Hinterkopf behalten!
Lg
Adrian


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