In High-Heels aufs Doldenhorn..


Publiziert von Raphy , 5. Dezember 2021 um 14:47. Text und Fotos von den Tourengängern

Region: Welt » Schweiz » Bern » Frutigland
Tour Datum:24 April 2021
Schneeshuhtouren Schwierigkeit: WT5 - Alpine Schneeschuhtour
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-BE 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 2453 m
Abstieg: 2453 m

.. war definitiv der Spruch des Tages. Und den haute Tristan schon kurz nach unserem Start von der Doldenhornhütte raus, als er nach einigen Minuten laufen die Steighilfen der Schneeschuhe aufgrund von Blasenproblemen hochklappte und beschloss das bis zum Gipfel nicht mehr zu ändern.

Da es, meiner Meinung nach, genug Wegbeschreibungen auf Doldenhorn gibt, beschränke ich mich auf einen Erlebnisbericht. Eine Wegbeschreibung findet ihr zum Beispiel hier.

Die Tour war wiedermal eine irgendwie für uns typische Spezialaktion und auch unsere erste Gemeinsame in diesem Jahr (scheiss Corona..).
Wir starteten um acht Uhr am Freitagabend beim Parkplatz neben dem Schützenhaus, welches wir jedoch beim Loslaufen nicht als solches registrierten. Die Rucksäcke waren durch Schneeschuhe, Winterschlafsack, Seil und der üblichen Ausrüstung unangenehm schwer und wir liefen dementsprechend langsam los. Der Aufstieg zur Doldenhornhütte verlief relativ ereignislos, wir verpassten zwar den tatsächlichen Aufstiegsweg irgendwann, weil wir frisch aussehenden Ski-Spuren folgten, welche uns jedoch auch zum Ziel führten. Wir erreichten die Hütte etwa um 23:30.

An dieser Stelle muss ich den wunderbaren Winterraum der Doldenhornhütte loben, Strom, Induktionsplatten und Heizung riefen ein luxuriöses Gefühl hervor, auch wenn ich eigentlich meinen neuen Gaskocher ausprobieren wollten. Etwas verwirrt waren wir durch das Zahlenschloss, was passiert wenn jemand in Bergnot gerät? Soll er vor der Tür erfrieren? Aber wir hatten ja reserviert.

Nach einer kurzen Nacht und einem warmen Tee am Morgen machten wir uns um 5:15 auf den Weg. Während Tristan wie erwähnt schon bald Probleme mit den Füssen hatte, fror ich mir buchstäblich den Arsch ab, weil ich, im Beweis meiner Theorie, dass man immer irgendetwas wichtiges vergisst, meine Termohose im Auto vergessen hatte.
Bis zur Schlüsselstelle, dem steilen Couloir bei ca 2800m kamen wir gut voran, jedoch hauptsächlich weil wir auf der Skispur liefen, welche perfekt durchgefroren war und wir so nicht einbrachen. Mir ist bewusst, da werden jetzt wieder einige Tourenskifahrer rumjammern, dass die Schneeschuläufer sich gefälligst eigene Spuren machen sollen, doch ich versichere euch, eure Meinung ist mir scheissegal.. ;)
Ausserdem brach die Spur auch nicht ein und keiner der geschätzt zwanzig Skitourengänger, welche uns kurz vor und nach dem Couloir überholten beschwerte sich. Diese Überholdenden waren eher verwirrt, dass überhaupt jemand so doof war, die Tour mit Schneeschuhen zu machen. Sie sollten recht behalten, war eher doof, aber trotzdem lustig.
Auf dem Gletscher entschieden wir für den Aufstieg nicht anzuseilen, bei sovielen vor uns war die Spur perfekt und die Gefahr von Spalten gleich Null. Doch bald auf über 3000m, bemerkten wir unseren nächsten Fehler. Wie erwähnt war das unsere erste gemeinsame Tour dieses Jahr und auch solo hatten wir beide nicht viel gemacht, wir waren also nicht akklimatisiert. Wir wurden langsamer, ich etwas mehr als Tristan, der seine Kraft beim vorherigen Aufstieg besser eingeteilt hatte. Mittlerweile hatten bei ihm jedoch Probleme mit den Zehen eingesetzt, wodurch er beschlossen hatte doch nicht mit Schneeschuh-High-Heels raufzulaufen, da die Blasen im vergleich zu den Zehen das kleinere Übel waren.
Der restliche Weg über den Gletscher war also eine einzige Quälerei, während alle Skifahrer wieder an uns vorbei runterfuhren, nachdem sie teilweise lange auf dem Gipfel gerastet hatten. Nicht gerade hilfreich wenn man sich noch hochquält.
Kurz vor 12 Uhr erreichten wir total erschöpft aber glücklich den Gipfel. Wo wir eine halbe Stunde Pause machten, bevor wir durch den immer sülziger werdenen Schnee abstiegen, diesmal zur Sicherheit angeseilt.
Der Abstieg war dann wieder eine Quälerei, Tristan bekam noch Probleme mit einem Knie und der schnee war klebrig und schwer. Das 45° Couloir war im Abstieg eine echte Herausforderung, wobei auch nicht hilfreich war, dass die Skifahrer beim runterrutschen Teile der Spur verschüttet hatten, die wir dann wieder reinhacken durften. Soviel dazu, das wir diejenigen sind, die die Spur zerstören.
Nach dem Couloir, wieder ohne Seil, wurde dann die Lawinengefahr beinahe spürbar, der Schnee begann sich scho fast zu verflüssigen und wir beeilten uns den restlichen Weg zurück zur Hütte. Dort trafen wir noch auf den Hüttenwart, der Vorbereitungen für die Sommersaison traf.
Nach kurzer Rast stiegen wir, wieder mit unseren schweren Rucksäcken nach Kandersteg ab, was trotz des Gewichts auf dem Rücken besser ging als durch die Sülze zu waten.
Knapp eine Stunde vom Parkplatz entfernt setzte ich unserer bis dahin elf Stunden dauernden Tortour noch die Krönung auf, indem ich ohne hinzuschauen auf eine eingeschneite Brücke trat, oder besser gesagt knapp daneben. Ich konnte mich zwar am einseitigen Geländer halten, knallte jedoch durch den Schwung mit dem Gesicht in meinen zwischen Geländer und Brücke verkeilten Wanderstock, der ja noch an meinem Handgelenk befestigt war. Eine blutige Nase und unglaublich unangenehm angeschwollene Lippe waren das Resultat. Ein weiterer Beweis für die Aussage, dass die meisten Unfälle beim Bergsteigen irgendwo beim Abstieg passieren.

Um 17:45 waren wir wieder bei den Autos, wobei wir von begeisterten Freudenschüssen aus dem Schützenhaus begleitet wurden, wodurch wir nun auf die Tatsache registrierten, dass es ein Schützenhaus war.
Alles in allem war es eine coole Tour, doch sie war weder unserer momentanen Fitness, noch unserer Akklimatisation angemessen. Doch wir waren oben und mit nur leichten Blessuren wieder unten, somit ein voller Erfolg.

Tourengänger: Cubemaster, Raphy


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Kommentare (4)


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alpstein hat gesagt:
Gesendet am 5. Dezember 2021 um 15:41
Ein cooler Bericht, schön locker vom Hocker :-)

Danke und Gruß
Hp

Raphy hat gesagt: RE:
Gesendet am 5. Dezember 2021 um 16:40
Danke ;)

Gruss zurück

Bergamotte hat gesagt: RE:
Gesendet am 7. Dezember 2021 um 18:43
Der Bericht ja... die Tour selbst vielleicht etwas zu locker vom Hocker... ;-)

miCHi_79 hat gesagt:
Gesendet am 6. Dezember 2021 um 16:55
Toller Bericht und ich muss dir beipflichten, als ich im Frühling nach einer harten Tour auf der Strasse die Schneeschuhe abzog und mir dann beim ersten Schritt die Bänder anriss, weil die Strasse halt vereist war ;-) Es geschieht oft nicht da, wo erwartet. Guten Besserung ;-)


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