Vrenelisgärtli


Publiziert von raphiontherocks , 18. April 2021 um 01:29.

Region: Welt » Schweiz » Glarus
Tour Datum:25 Juli 2020
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GL   Glärnischgruppe 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1600 m
Abstieg: 1000 m
Strecke:Werben - Glärnischhütte SAC - Glärnischfirn - Schwander Grat - Vrenelisgärtli
Unterkunftmöglichkeiten:Glärnischhütte SAC

Wir unternahmen die Tour zu sechst, fünf Hochtourenanfänger + 1 Bergführer, da wir uns beim Equipment noch nicht sicher genug für eine Solo/Yolo-Aktion fühlten, v.a. wenn etwas schiefgehen sollte. Eigentlich war geplant gewesen, am Samstag nur bis zur Glärnischhütte aufzusteigen und den Gipfel am Sonntag zu machen, aber der Bergführer traute der Wettervorhersage für den Sonntag nicht und meinte, am Samstag hätten wir die besseren Chancen. Nun halt also 2000 Höhenmeter anstatt 1000. Die ersten 400 Höhenmeter bis zur Alp Werben wollten wir ursprünglich mit den Bikes machen.

Wir trafen uns kurz nach 06:00 Uhr am Bhf Ziegelbrücke und fuhren dann mit dem Kleinbus zum Restaurant Vorauen hinten am Klöntalersee. Nach dem Verteilen der Ausrüstung (nicht alle hatten ihre eigene) holte uns das Alpentaxi um ca. 7 Uhr ab und brachte uns inkl. Ausrüstung und Bikes dann gleich bis zum Anfang des eigentlichen Hüttenwegs bei der Alp Werben oberhalb der bekannteren Alp Chäseren. Ich denke, wir dürften so um 07:30 Uhr los gelaufen sein. 

Der Hüttenweg beginnt relativ flach und verläuft dann leicht nach links in den immer steiler werdenden Grashang hinein. Man braucht an ein paar Stellen die Hände und die schwierigsten Stellen sind mit Ketten gesichert, es ist eigentlich ein normaler Bergwanderweg, allerdings sollte man schon nicht vom Weg abkommen und da es durch den Tau noch ziemlich rutschig war, war volle Konzentration gefordert. Bei erstaunlich gemütlichem Tempo kamen wir nach ungefähr 2h bei der Hütte an. T3.

Nach max. 15min Pause vor der Hütte gingen wir gleich weiter. Der Weg ist oberhalb der Hütte ziemlich ähnlich wie unterhalb, die Überwindung eines Felsbands auf ca. 2200m Höhe ist die einzige wirkliche Schwierigkeit, aber auch diese Stelle ist - soweit ich mich richtig erinnere - mit einer Kette gesichert. Wenig später wird das Gelände flacher und karger, weil man das Gletschervorfeld des Glärnischfirns erreicht. Wir betraten den Gletscher auf ca. 2400m Höhe, warteten aber mit dem Anseilen noch, da laut Bergführer der Gletscher eher harmlos wäre und zuunterst auch schon ausgeapert war. Schliesslich seilten wir uns in zwei Gruppen à drei Nasen an und machten nochmals kurz Trink-/Fotopause. Auf Steigeisen haben wir verzichtet. T3.

Der ca. 2km lange Glärnischfirn ist an seinem oberen und unteren Ende leicht steiler als in der Mitte, insgesamt aber doch ziemlich flach. Der Gletscher war mehrheitlich noch mit Schnee bedeckt, gespurt war auch schon. Wahrscheinlich dürften wir so ca. 1h bis zum P. 2860m oben am Gletscher gebraucht haben. Von den ca. 20 Leuten, die auch auf dem Gletscher unterwegs waren, waren wir die einzigen, die angeseilt waren. Oben nochmals ca. 15min Pause. L.

Danach folgte der technisch "schwierigste" Teil, die ca. 40 Meter hohe Stufe runter auf den Schwander Grat. Obwohl es inzwischen eine Abstiegs- und Aufstiegsroute mit Eisentritten und Ketten gibt, war das Kraxeln als "Einheit" am Seil doch sehr gewöhnungsbedürftig. Schlussendlich war ich froh, dass es nur 40m waren. Ich fand die Stelle im Abstieg deutlich mühsamer als im Aufstieg. WS/Kletterschwierigkeit II nach UIAA.

Der weitere Wegverlauf zum Gipfel ist in Form von Wegspuren auf dem Schwander Grat einfach zu erkennen. Die letzten paar Dutzend Höhenmeter gewinnt man unter Hilfenahme der Hände in recht einfachem Blockgelände, an einen etwas ausgesetzten Moment von ein paar Metern Länge mag ich mich auch noch erinnern. So um ca. 1 Uhr waren wir dann oben "uf em Vreneli". T5.

Wir blieben etwa eine Stunde oben und genossen das Wechselspiel zw. Sonnenschein und Wolken, die auf unserer Höhe den Gipfel umgarnten. Dann auf gleichem Weg zurück zur Hütte, wo wir um 16:30 Uhr ankamen und ein feines Znacht geniessen durften. Am Sonntag liefen wir dann zurück zu unseren Velos und fuhren zuerst zum Zmittag ins Hotel-Restaurant Rhodannenberg bei der Staumauer, bevor wir mit den Bikes noch bis Netstal hinunterrauschten. 

Fazit: Es war alles in allem eine super Tour mit coolen Menschen in einer schönen Umgebung. Der Bergführer schlug ein super Tempo an und die Gruppendynamik war top. Das war ein wesentlicher Faktor, dass wir es alle zusammen ohne jegliche "Lämpen" auf den Gipfel und wieder herunter geschafft hatten, trotz der zusätzlichen Höhenmeter.

Objektiv gesehen ist die Tour eher leicht. Der hochalpine Teil auf dem Gletscher ist Gehgelände und fast ganz spaltenfrei, der Schwander Grat und die Gipfelpyramide sind ebenfalls leicht zu meistern. Die Stufe, an der man kurz klettern muss ist objektiv gesehen auch ziemlich einfach, Metallsprossen, Ketten und die richtungsgetrennten Routen sind ziemlicher Luxus. Für uns Noobs bzw. insbesondere für mich war die psychische Komponente da viel massgeblicher, da am Seil rückwärts runter klettern für mich ein Novum war, man die gemachten Höhenmeter spürt und es links doch ziemlich weit runter geht. Wieder hinauf war dann deutlich einfacher. Trotzdem sollte gesagt werden, dass es trotz allem eine Hochtour bleibt mit all ihren objektiven Gefahren und eine dementsprechende Ausrüstung sollte schon mitgebracht werden. Dass wir auf dem Gletscher und dem Grat Leute ohne Seil, Helm und in kurzen Hosen und bestenfalls Trekkingschuhen antrafen, fand ich schon etwas mutig, denn das Vrenelisgärtli ist trotz aller Bekanntheit keine Halbtageswanderung. Da waren wir im Vergleich zu denen richtige Streber und sehr safe unterwegs. Dadurch haben wir im Nachhinein auch einiges an Ausrüstung für nichts da raufgeschleppt, ich bereue es aber keinesfalls. 

Durch das kurzfristige Umdisponieren des Gipfelsturms vom Sonntag auf den Samstag ging die technische Ausbildung mit dem Bergführer etwas unter, sie wäre ursprünglich am Samstag geplant gewesen, musste dann aber dem Gipfel weichen. Am Sonntag mochten wir dann nicht nochmals zum Gletscher hoch gehen. Wettertechnisch wäre eine Besteigung wohl auch am Sonntag kein Problem gewesen, auch wenn es in der Nacht bei der Hütte kurz geregnet hatte.

Die Glärnischhütte und das Team kann ich wärmstens weiterempfehlen. Das Essen war fein und ich habe selten so gut geschlafen wie dort. 

Werben: ca. 07:30 Uhr
Glärnischhütte: ca. 09:30 Uhr
Vrenelisgärtli: ca. 13:00 Uhr
Glärnischhütte: ca. 16:30 Uhr

Reine Wegzeit: ca. 7h 30min - 8h
Schwierigkeit: max. T5 resp. WS mit Kletterstelle II nach UIAA
Bedingungen: am Morgen bewölkt, nachmittags mehrheitlich sonnig
Anforderungen: Trittsicherheit, Schwindelfreiheit, Erfahrung im alpinen Gelände (v.a. wenn ohne Führer), Hochtourenausrüstung empfohlen

Cheers,
raphiontherocks

Tourengänger: raphiontherocks


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Kommentare (2)


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Primi59 hat gesagt:
Gesendet am 18. April 2021 um 14:06
Guter Bericht und tolle Bilder.... Bergführer, war es Roman F. ??

Gruss
Priska

raphiontherocks hat gesagt: RE:
Gesendet am 19. April 2021 um 18:50
Hallo Priska, nein es war ein anderer Bergführer :)
LG, GetHigh


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