Crispalt - einsamer 3000er beim Oberalppass


Publiziert von Bergmax , 29. August 2020 um 19:15.

Region: Welt » Schweiz » Graubünden » Surselva
Tour Datum:27 August 2020
Wandern Schwierigkeit: T5 - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-GR   CH-UR 
Zeitbedarf: 7:45
Aufstieg: 1150 m
Abstieg: 1150 m
Strecke:Oberalppass - Pass Tiarms - Val Val - Fuorcla da Crispalt - Crispalt - gleicher Weg zurück
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Auto zum Oberalppass, großer Parkplatz (CHF 5 für 24 Stunden)
Kartennummer:map.geo.admin.ch

Mehr als nur Schutt & Blockwerk

Der Crispalt könnte ein bekannter 3000er sein, denn er ist verhältnismäßig gut zu erreichen und eine durchaus markante Berggestalt. Vielleicht war er das sogar mal - die vielen Anstiegsbeschreibungen im SAC-Führer von 1905 lassen es zumindest vermuten. Jetzt aber sind er und seine Nachbarn außer Mode gekommen - zu schwer zum Wandern, zu leicht zum Klettern und manchmal - wegen der brüchigen Felsen auch nicht ganz harmlos. Ich mag solche Touren und diese finde ich landschaftlich ganz besonders reizvoll.

Am Oberalppass (2044 m) wuseln noch einige Leute herum, am Pass Tiarms (2148 m) schon nur noch wenige. Ab hier werde ich die nächsten sieben Stunden völlig allein unterwegs sein. Dort, wo der Bergweg Richtung Sedrun rechts abzweigt, könnte man sich links halten, um am Ende des Fahrwegs auf den Pfad ins Val Val zu treffen. Doch ein Zaun versperrt den Weg, deshalb steige ich direkt nach Norden hoch und treffe auf ca. 2220 m auf den nicht markierten, aber deutlichen Weg. Dieser zieht erst kräftig aufwärts, wird aber bald flacher und so erreiche ich den riesigen Steinmann auf ca. 2410 m. In der Querung (ca. 1/2 km) zum nächsten großen Steinmann an der Karschwelle ins Val Val muss ich ca. 30 Meter Höhenverlust in Kauf nehmen. Einige ganz kurze Felsstufen (T3) sorgen für Abwechselung.

Im Val Val angekommen stelle ich erfreut fest, dass es mehr Grün hat, als die Karte vermuten lässt. Die Wegspuren werden undeutlich, aber eigentlich kann man wenig falsch machen. Ich gehe recht gemütlich westlich des Bachlaufs taleinwärts. Unter der nächsten Karschwelle, auf ca. 2450 Metern entspringt dieser. Und wie - das Wasser sprudelt quasi aus den Felsblöcken heraus - reichlich sogar! Die Karschwelle überwinde ich etwas weiter östlich, immer die Rasenposter ausnutzend. Und auch darüber ist es noch nicht völlig karg. Bis zum Block P. 2561 gibt es immer wieder Schwemmebenen, auf denen man gut gehen kann.
Langsam, aber sicher gewinnen aber nun doch die Felsblöcke die Oberhand. Obwohl ich gelesen hatte, dass man sich noch etwas im Talgrund halten sollte, steige ich nun etwas rechts aufwärts. Die nächsten hundert Höhenmeter - teils über Blöcke (spätestens ab hier sollte man die den Blick nach unten richten, es gibt Kristalle), teils uber Erde und mageres Gras - sind weder schwierig noch übermäßig mühsam. Sobald es steiler wird, halte ich mehr auf die nördliche Grasflanke zu, in der sich tatsächlich ein recht deutliches Weglein verbirgt. Es erleichtert den Aufsteig bis auf etewa 2800 m. Die Fuorcla da Crispalt scheint nicht mehr weit zu sein, aber jetzt hilft endgültig kein Weg mehr durch das Blockwerk. Mit Vorteil hält man sich mehr nördlich, also unterhalb der Giuvstöckli, denn weiter südlich ist es (noch) instabiler.

In der Fuorcla da Crispalt (2944 m) deponiere ich meinen Stock und den unnötig mitgeschleppten Pickel. Der Nordgrat zum Crispalt sieht nicht sympathisch aus, wie auch in anderen Berichten vermerkt. Aber man muss sich nur trauen! Immer wieder denke ich, dass es nach 20 Metern nicht mehr weiterginge. Aber nach den 20 Höhenmetern denke ich dasselbe: Und so weiter. Bis zum Gipfelkreuz.
Tatsächlich wird das Bollwerk im unteren Gratteil westlich umgangen. Man hält erst auf die unübersehbare Felsflamme zu und steigt vorher (!) wieder zum Grat hoch. Zwei, drei IIer-Passagen müssen dort aus meiner Sicht zwingend geklettert werden, um wieder auf den Nordgrat zu gelangen. Die steilen Passagen auf dem letzten Gratstück lassen sich erst östlich, dann westlich umgehen, sodass man eigentlich im ersten Grad durchkommt.
Glücklich nehme ich die letzten Kraxelmeter zum Gipfelkreuz (3076 m) unter die Füße. Die Aussicht in alle Richtungen ist bemerkenswert gut, denn alle näheren Gipfel sind niedriger oder maximal etwa gleich hoch. Und es gibt ein schönes Gipfelbuch, das zehn Jahre alt ist und bei der üblichen Begehungsfrequenz noch mindestens 40 Jahre halten dürfte. Ich hoffe, dass es von Blitzeinschlägen verschont bleibt!

Der Rückweg zur Fuorcla bereitet mir keine besonderen Probleme. Bis auf zwei Stellen kann ich alles vorwärts abkraxeln, nur im unteren Teil finde ich nicht gleich eine gute Route und muss mich mit (noch) rutschigerem Gelände auseinandersetzen. Vorsicht geboten ist auch unterhalb der Fuorcla da Crispalt. Schwache Spuren verleiten mich, etwas weiter südlich abzusteigen. Doch dort sind die Blockhänge nicht nur steiler, sondern auch schlechter verfestigt. Ich komme kaum vorwärts und entscheide mich, sobald wie möglich wieder mehr nach Norden zu queren. So dauert der Abstieg bis zu dem Punkt, wo die Pfadspuren deutlicher werden, länger als der Aufstieg. Den Pfad nutze ich dann komplett, also bis zum Talgrund, der auf etwa 2600 m erreicht wird. Dort liegen sehr grobe Felsblöcke, die wieder nur mühsam zu begehen sind.

In Summe ist es aus meiner Sicht recht egal, ob man den Talgrund schon bei P. 2561 verlässt oder erst weiter hinten, wo der Pfad beginnt. Hauptsache, man nutzt den Pfad ab etwa 2700 m bis zum oberen Ende.

Der Talmarsch zieht sich hin, aber es ist schön zu sehen, wie das Gelände allmählich wieder lieblicher wird. Der markante Steinmann hilft dabei, den "Ausgang" zum Oberalppass nicht zu verfehlen. Nach dem letzten etwas exponierten Wegabschnitt in der Flanke sind alle Schwierigkeiten geschafft. Zurück am Oberalppass bin ich doch etwas verwundert, wie lange die Tour gedauert hat, nämlich gut sieben Stunden reine Marschzeit. Gelohnt hat es sich unbedingt!

Schwierigkeiten & Gehzeiten

Oberalppass - Pass Tiarms - Val Val P. 2561: T2 bis zum großen Steinmann, dann T3; hin 2 h, zurück 1h 40 min
P. 2561 - Fuorcla da Crispalt: T4 bei guter Routenwahl, hin 1h, zurück 1 h (Verhauer)
Fuorcla da Crispalt - Nordgrat - Crispalt: T5 / II; hin 45 min, zurück 40 min

Fazit - ein Gipfelziel, das mehr hält als es verspricht.


Tourengänger: Bergmax
Communities: Unbekannte Touren


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Kommentare (2)


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Ruston hat gesagt:
Gesendet am 31. August 2020 um 12:48
Kompliment. Tolle Berichte über interessante Routen und Gipfel findet man bei Dir.
Gruss und weiterhin viel Spass in der vertikalen.
Gianni

Bergmax hat gesagt: Danke!
Gesendet am 4. September 2020 um 11:46
Ich freue mich sehr, dass Dir meine Berichte gefallen.

Viele Grüße

Max



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