Speckkarspitze (2621 m) - bike & hike von Scharnitz


Publiziert von 83_Stefan , 1. August 2019 um 17:54.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:27 Juni 2019
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: WS - Gut fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 10:00
Aufstieg: 1800 m
Abstieg: 1800 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Über die B 177 nach Scharnitz. Horrend teure, ausgewiesene Parkplätze. Optional kurz vor der Grenze auf kleinem, kostenfreien Parkplatz oder in Scharnitz am Campingplatz (3 Euro).
Unterkunftmöglichkeiten:Hallerangerhaus (1768 m, DAV-Sektion Schwaben).
Kartennummer:AV-Karte 5/1 - Karwendelgebirge Westliches Blatt und AV-Karte 5/2 - Karwendelgebirge Mittleres Blatt.

Wer in Scharnitz mit dem Radl startet, um eine Wanderung zur Speckkarspitze zu unternehmen, der braucht ein gehöriges Maß an Ausdauer. 20 Kilometer geht es ins Karwendel hinein, bis endlich das Hallerangerhaus am Bergfuß erreicht ist. Vor allem die steile Rampe oberhalb der Kastenalm hat es in sich und zieht dem Radler (oder dem Schieber) die Kraft nur so aus den Waden. Respekt, wer dann noch zum Gipfel aufbricht! Aber warum startet man nicht einfach aus dem deutlich näher gelegenen Halltal? Ganz einfach: Die hier beschriebene Unternehmung führt an der jungen Isar entlang von außen hinein in dieses wilde Gebirge, lässt einen die Dimensionen hautnah spüren und die Eigenheiten erleben. Auf diese Weise taucht man tief ein und fühlt den Pulsschlag dieser abweisenden und zugleich anziehenden Welt aus Fels fernab unserer schnelllebigen und oberflächlichen Zivilisation.

Von Scharnitz folgt man der Isar flussaufwärts. Nach dem Schönwieshof geht die asphaltierte Straße in eine Schotterpiste über, auf der man bis zum Aussichtspunkt an der Gleirschhöhe etwas strampeln muss. Hier bietet sich ein ordentlicher Tiefblick auf die Isar und die Gleirschklamm. Schwach fallend geht es nun wieder hinunter zur Isar und ihrem Verlauf folgend weiter ins Karwendel hinein. Das Radeln durch diese herrliche Landschaft am türkisgrünen Fluss entlang hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Schließlich geht es am offiziellen Isar-Ursprung vorbei, man durchquert den Schuttstrom des Birkkarbachs und nach knapp 15 Kilometern ist die Kastenalm erreicht.

Jetzt trennt sich die Spreu vom Weizen: Sensationell steil führt der Fahrweg über eine Steilstufe nach oben - wer hier ohne Motor noch fahren kann, der hat definitiv das Richtige gefrühstückt. Otto Normalradler schiebt hier einfach. Nach einem kurzen Flachstück wird der Lafatscherbach (Oberlauf der Isar) überquert, dann wartet die nächste Steilstufe. Am Niederleger der Lafatschalm sind die Qualen vorerst beendet und der Weg führt aus dem Wald hinaus ins Almgelände. Im Auf und Ab geht es weiter taleinwärts. Die Abzweigung zur Hallerangeralm lässt man links liegen und fährt (oder schiebt) nun wieder knackig steil hinauf zum Hallerangerhaus, wo das Fahrrad deponiert wird. Wer hier bereits ein Sauerstoffzelt braucht, verschiebt den Gipfelbesuch am besten auf den nächsten Tag.

Zur Speckkarspitze folgt man dem Knappensteig hinauf zum Lafatscher Joch. Hierbei gewinnt man links der sperrenden Felsabbrüche auf einem Schuttfeld ordentlich an Höhe, um dann auf breiter Trasse nach rechts oberhalb der Wand in liebliches, gewelltes Gelände zu queren. Bald darauf zweigt nach links der Anstieg zur Speckkarspitze über die Westflanke ab (beschildert).

Der Steig gewinnt im teilweise begrünten Kar angenehm an Höhe und leitet dann zum begrenzenden Rücken hinauf, der weiter oben in den Nordwestgrat übergeht. Etwas unterhalb der Kammlinie wird eine plattige Passage gequert (Drahtseil), dann geht es am gutmütigen Grat hinauf zum felsigen Gipfelaufbau. Die deutlichen Markierungen leiten ziemlich direkt hinauf, etwas anspruchsvollere Passagen (maximal T4-, I) sind großzügig versichert. Nach einer Gedenkplatte rückt bald das Gipfelkreuz in Reichweite und der Gipfel ist so gut wie erreicht. Dort öffnet sich endlich der Blick nach Süden über das tief eingeschnittene Inntal mit der Landeshauptstadt Innsbruck in die Zentralalpen. Besonders beeindruckt aber der Große Lafatscher im Westen und der Große Bettelwurf im Osten. Die Hinterautal-Vomper-Kette mit ihren bleichen Bergen im Norden lässt sich vom Gipfel nahezu vollständig überblicken. 

Ein großer Vorteil der Speckkarspitze ist, dass es für den Abstieg einen zweiten markierten Weg gibt. Am Südwestgrat geht es alten Markierungen folgend im schrofigen Gelände abwärts, dann folgt eine steilere Stufe. Mehrmals ist der Einsatz der Hände erforderlich, eine naturbelassene Felsstufe im unteren Bereich stellt die Schlüsselstelle dar (I+, nicht ausgesetzt). Anschließend geht es am gutmütigen Rücken über Wiesen und Schutt hinunter zum Lafatscher Joch. Wenige Meter abseits des Hauptwegs bietet sich noch eine neu errichtete Sitzbank für eine Pause mit Inntal-Blick an.

Am Joch hält man sich rechts und wandert am Knappensteig in nördlicher Richtung durch kupiertes Gelände abwärts, bis der Aufstiegsweg erreicht wird. Dem bekannten Weg folgend, steigt man wieder zum Hallerangerhaus ab. Wer sich gegen eine Übernachtung entscheidet, der saust mit dem Radl wieder hinunter nach Scharnitz, ansonsten genießt man den wohlverdienten Feierabend auf der Hüttenterrasse.

Schwierigkeiten:
Von Scharnitz mit dem Radl zum Hallerangerhaus: WS (bis zur Kastenalm L, dann teilweise enorm steil).
Wanderung zum Lafatscher Joch: T2 (prinzipiell unschwierig; im Frühsommer Vorsicht vor dem steilen Schneefeld im unteren Bereich).
Via Westflanke zur Speckkarspitze: T4-, I (bestens markiert, anspruchsvollere Stellen mit Drahtseil versichert).
Abstieg über Südwestgrat: T4, I+ (eine Stelle; insgesamt ein kleines bisschen schwieriger als der Aufstiegsweg; deutlich schwächer markiert, naturbelassen).

Fazit:
Eine sehr lohnende 4*-Tour durch die Hintertür auf einen gewaltigen, sehr aussichtsreichen Karwendelberg. Auf- und Abstiegsweg lassen sich gut zu einer markierten Runde kombinieren, diesen Vorteil findet man im unwegsamen Karwendel selten. Der hier im Abstieg beschriebene Steig über den Westgrat ist aufgrund der Schlüsselstelle einen Tick schwieriger als der Anstieg durch die Westflanke - wer nicht ganz so sicher ist, sollte die Runde in entgegengesetzter Richtung unternehmen.

Mit auf Tour: Bäda.

Anmerkung:
Die Tour ist hier zwar als Tagestour beschrieben, wir haben allerdings nach dem Gipfelbesuch eine Übernachtung im empfehlenswerten Hallerangerhaus dem Rückweg nach Scharnitz vorgezogen.

Kategorien: Karwendel, Mehrtagestour, bike and hike, 4*-Tour, 2600er, T4.

Tourengänger: 83_Stefan


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Kommentare (2)


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Anton hat gesagt:
Gesendet am 2. August 2019 um 16:39
Servus Stefan,
super Bericht aus dem Quellgebiet der Isar. Vor 67 Jahren war ich das erste mal da oben. Es war die Zeit als der Karwendelbach noch ohne Brücke überquert wurde auf dem Weg ins Hinterautal und auf der Halleranger Alm die ersten Trauungen in der kleinen Hauskapelle statt fanden. Gewaschen hat man sich morgens am Brunnen vor dem Haus. Das Bergwerk hinter der Kastenalm war wohl auch noch in Betrieg. Alles Schnee von gestern, nur der gache Aufstieg nach der Kastenalm ist so geblieben. Damals durfte ich dort die Kühe hüten und erste Bergabenteuer erleben.
Beste Grüße aus Mittenwald von Anton

83_Stefan hat gesagt: RE:
Gesendet am 3. August 2019 um 07:47
Hallo Anton, vielen Dank! Dein Lob freut mich natürlich. Und auch deine Erinnerung aus vergangenen Tagen sind sehr interessant. Mir wird es irgenwann auch so gehen. Dann kann ich von einer unvorstellbaren Zeit erzählen, in der es zum Beispiel noch keine E-Bikes im Karwendel gab. Ist ja heute bereits kaum mehr vorstellbar. Wie schnell doch die Zeit vergeht... Viele Grüße!


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