Großer Lafatscher (2695 m) - Gratübergang vom kleinen Bruder


Publiziert von 83_Stefan , 20. August 2019 um 19:53.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Karwendel
Tour Datum:28 Juni 2019
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Mountainbike Schwierigkeit: WS - Gut fahrbar
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 10:30
Aufstieg: 1900 m
Abstieg: 1900 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Über die B 177 nach Scharnitz. Horrend teure, ausgewiesene Parkplätze. Optional kurz vor der Grenze auf kleinem, kostenfreiem Parkplatz oder in Scharnitz am Campingplatz (3 Euro).
Unterkunftmöglichkeiten:Hallerangerhaus (1768 m, DAV-Sektion Schwaben).
Kartennummer:AV-Karte 5/1 - Karwendelgebirge Westliches Blatt und AV-Karte 5/2 - Karwendelgebirge Mittleres Blatt.

Der Große Lafatscher ist ein mächtiger Berg im Karwendelgebirge, der mit steiler Wand nach Norden und mit viel Schutt nach Süden abfällt. Westlich vorgelagert ist ihm sein kleiner Bruder - durchaus eigenständig, aber im Namen vereint. Ein schmaler Grat verbindet die Verwandtschaft und ermöglicht den Besuch der beiden Brüder im Rahmen einer Tour. Auch wenn es auf dem Kleinen Lafatscher nicht so aussieht, übersteigt der Übergang nirgendwo den zweiten Schwierigkeitsgrad. Gewandtheit in brüchigem, alpinem Gelände ist allerdings Grundvoraussetzung, denn die Unternehmung bewegt sich bei optimaler Routenwahl im oberen T5-Bereich.

Günstiger Ausgangspunkt für die Lafatscher-Überschreitung ist das Hallerangerhaus, das am besten von Scharnitz aus per Radl erreicht wird: Es geht auf guter Schotterstraße immer an der jungen Isar entlang durch das Hinterautal ziemlich entspannt zur Kastenalm, wo der anstrengende Teil beginnt. Eine steile Rampe leitet hinauf ins Weidegelände der Lafatscheralm, am Ende geht es wieder deutlich steiler hinauf zur Hütte (detailliertere Beschreibung hier).

Von der Hütte folgt man dem Knappensteig hinauf zum Lafatscher Joch. Zunächst gewinnt er links der markanten Felsabbrüche auf einem Schuttfeld ordentlich an Höhe, um dann auf breiter Trasse nach rechts oberhalb der Wand in liebliches, gewelltes Gelände zu queren. Vorbei am Abzweig zur Speckkarspitze wird bald darauf das Lafatscher Joch erreicht, wo sich der Ausblick nach Süden öffnet.

Hier beginnt der abenteuerlichere Teil der Tour. Man verlässt den Weg und steigt am Südostrücken des Kleinen Lafatschers auf schwachen Trittspuren steil bergauf. Weiter oben prägt sich zunehmend ein Grat aus und schrofige Passagen lösen die schottrigen ab. Auch alte, verblichene Markierungspunkte finden sich nun vermehrt. Stets am Grat oder in unmittelbarer Gratnähe wird schließlich der Gipfel des Kleinen Lafatschers (Gipfelkreuz und -buch) erreicht, mehrmals muss man kurz Hand an den Fels legen (maximal I+). Hier oben prägen vor allem die Zacken der Hinterautal-Vomper-Kette das Bild, gegenüber des Inntals streben die Gipfel der Zentralalpen in die Höhe. Besonderer Blickfang sind im Osten die schneidige Speckkarspitze und der gewaltige Große Bettelwurf, im Westen droht der abweisende Große Lafatscher, der sogleich Besuch erhalten wird.

Am Verbindungsgrat steigt man zum tiefsten Punkt zwischen den beiden Gipfeln ab. Dabei umgeht man einen Gratabbruch ausgesetzt und schottrig auf der Nordseite (I+). Man bleibt am Grat, bis ein senkrechter Aufschwung zum Ausweichen zwingt. Hier finden sich sowohl Steinmänner, die auf die Nordseite leiten, als auch solche, die die Umgehung auf der Südseite markieren. Man hält sich hier am besten links (Süden), steigt ein paar Meter in einer gelben Rinne ab und umgeht den Aufschwung auf einem Felsband (Steinmann). Anschließend wird eine Rinne gequert und jenseits folgt man ihrer felsigen Begrenzung plattig (bis II) wieder hinauf zum Grat.

Dem Grat folgt man bis zur nächsten Steilstufe, die nordseitig umgangen wird (I+). Bald darauf verlässt man ihn auf einem Band in die Südseite und kraxelt durch unschwieriges Felsgelände hinauf zum Gipfelschuttfeld (I). Von hier ist es nicht mehr weit zum bereits sichtbaren Gipfelkreuz: Eine unbedeutende gelbe Einschartung (späterer Abstiegsweg, verblichene rote Punkte) wird überstiegen und über den schrofigen Grat erreicht man sodann den höchsten Punkt. Das Panorama von hier oben ist vergleichbar mit dem auf dem Kleinen Lafatscher, nur nach Westen sind die Blicke deutlich freier - dort regiert der gewaltige Roßkopf im Rund der bleichen Kalkberge.

Der sehr rustikale Abstieg führt über die Südflanke annähernd in Falllinie hinunter zum Wilde-Bande-Steig. Von der gelben Einschartung folgt man den verblichenen roten Markierungspunkten durch die Rinne, dann links davon durch Schutt und Schrofen steil bergab. Die Markierungen halten sich meist an eine wenig markante Felsrippe und führen hinunter zu einem Schuttfeld (I), wo sich mehr oder weniger deutliche Steigspuren ausprägen. Markierung gibt es hier keine mehr. Schließlich wird ein erstes, kleines Latschenfeld erreicht, das links umgangen wird. Danach gleich wieder rechts zu einem auffällig großen Steinmann mit roter Markierung. An ihm beginnt eine schmale Latschengasse, die zunächst direkt nach unten führt und dann nach rechts eine Rinne bergab leitet. Bei einem überhängenden Felsen erreicht man schließlich das Bachofenkar. Etwas rechts haltend steigt man zwischen den Latschenfeldern hinunter zum vorbildlich markierten Wilde-Bande-Steig.

Man hält sich links und folgt dem Steig zunächst bergab, um dann wieder über 100 Höhenmeter hinauf zum Lafatscher Joch zu steigen. Hierbei werden einige Gräben überschritten. Die schmale Querung einer felsigen Rinne ist mit Trittstiften versichert, bei guten Bedingungen aber kein Hindernis. Am Joch schließt sich der Kreis und man folgt dem bereits bekannten Weg wieder hinunter zum Hallerangerhaus.

Die Abfahrt nach Scharnitz erfordert nochmals Konzentration, denn die kurze steile Rampe gleich nach dem Start und die Abfahrt hinunter zur Kastenalm haben es durchaus in sich. Hier kommt Gegenverkehr besonders ungelegen. Ab der Kastenalm geht es deutlich entspannter und sehr kurzweilig wieder zurück zum Startpunkt.

Schwierigkeiten:
Radlauffahrt zum Hallerangerhaus: WS (bis zur Kastenalm L, dann teilweise sehr steil).
Von der Hütte zum Lafatscher Joch: T2 (prinzipiell unschwierig; im Frühsommer Vorsicht vor dem steilen Schneefeld im unteren Bereich).
Aufstieg zum Kleinen Lafatscher: T4+, I+ (Kraxelei in schrofigem, teilweise etwas ausgesetztem Terrain).
Gratübergang zum Großen Lafatscher: T5+, II (Kraxelei in teils brüchigem Fels, ausgesetztes Schrofengelände).
Abstieg zum Wilde-Bande-Steig: T4, I (sehr rustikaler Abstieg über Schutt und Schrofen, Orientierung vor allem im unteren Bereich nicht ganz einfach).
Rückweg zum Lafatscher Joch: T3 (vereinzelte Stellen am Wilde-Bande-Steig, sonst T2).

Fazit:
Eine rustikale 5*-Unternehmung, die typisch für das Karwendelgebirge ist: Die lange Radlauffahrt, ein brüchiger und ziemlich luftiger Verbindungsgrat sowie ein ausgesprochen rustikaler Abstieg über Schutt und Schrofen lassen keine Langeweile aufkommen. Ein klein wenig lästig ist nur der Gegenanstieg zum Lafatscher Joch, der allerdings den grandiosen Gesamteindruck nicht zu schmälern vermag. Für geübte Karwendel-Liebhaber ein absolutes Schmankerl.

Mit auf Tour: Bäda.

Anmerkungen:
Sowohl der Gratübergang vom Kleinen zum Großen Lafatscher, wie auch der Abstieg zum Wilde-Bande-Steig sind im Alpenvereinsführer meines Erachtens nach völlig unbrauchbar beschrieben. Die markante Steilstufe am Verbindungsgrat wird am besten südseitig (!) umgangen, der gängige Abstieg zum Wilde-Bande-Steig führt hinunter ins Bachofen-, nicht ins Lafatscherkar.
Die Tour ist hier zwar als Tagestour beschrieben, wir haben sie allerdings als Zweitagestour in Kombination mit der Speckkarspitze am Vortag durchgeführt.

Kategorien: Karwendel, Mehrtagestour, bike and hike, 5*-Tour, 2600er, T5.

Tourengänger: 83_Stefan


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