Von der Kirschblüte im Tal hoch in den Schnee


Publiziert von Schubi , 12. April 2019 um 17:42.

Region: Welt » Deutschland » Südwestliche Mittelgebirge » Schwarzwald
Tour Datum: 6 April 2019
Wandern Schwierigkeit: T2 - Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 6:15
Aufstieg: 800 m
Abstieg: 800 m
Strecke:14 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Friedhof-Parkplatz in Seebach Mit den Öffentlichen: 77889 Seebach, Haltestelle Grimmerswaldstraße.
Zufahrt zum Ankunftspunkt:s.o.
Unterkunftmöglichkeiten:

Im Frühjahr lassen sich Gegensätze in der Natur ganz wunderbar zu einer Wanderung verbinden: nämlich die ersten Blüten auf den Obstwiesen im Tal mit dem letzte Schnee auf den Bergen der höheren Lagen. Im Nordschwarzwald bot sich dafür eine Rundwanderung von Seebach auf die Hornisgrinde an. Hin über den Aussichtsfelsen Hohfelsen und zurück entlang des Seebächles.
 
Als Soundtrack (für Anfahrt, Rückfahrt, Tourenbilder-Betrachten) empfehle ich  "Cherry Pink & Apple Blossom White" von Jerry Murad's Harmonicats.


Den Wagen parken wir am Seebacher Friedhof und starten ab da direkt bergan über die blühenden Obstwiesen auf einem geschwungenen Weg, der uns hoch zum Waldrand bringt. Der Weg wird zum Pfad und wir können uns nach den Wegweisern zum Mummelsee richten, die den Pfad durchgehend gut ausschildern.

Gleich im ersten Drittel der Wanderung treffen wir auf einen Schnapsbrunnen, wie es hier in der Ecke ja so einige gibt. Wir probieren den Walnuss-Kirsch-Likör, aber natürlich nur einen fingerbeit eingeschenkt, schliesslich haben wir noch den größten Teil des Weges vor uns ;-) Einen Obulus für den Likör werfen wir ins Kästchen und gehen weiter bergan, wo wir auf ca. 700 Meter auf die ersten Schneereste des Winters treffen. Aber sogar in den kältesten Ecken des Walds spriesst und knospt es mit frischem Grün, und zusammen bildet das einen feinen Farbkontrast. Auch an einer kleinen Blockhalde geht es vorbei, schön-schroffes Wirrwar aus Fels, Geröll, Totholz.

Wir erreichen des Hohfelsen. Er besteht aus Seebach-Granit, dem hiesigen Grundgebirge, und ist ein kleines, exponiertes Felsmassiv mit Gipfelkreuz (752 m) auf einem westlichen Ausläufer-Buckel der Hornisgrinde, mit wunderbarer Aussicht in die Rheinebene und auf die umliegenden Schwarzwald-Höhen. Damit qualifiziert sich der Hohfelsen quasi als der perfekte Platz für eine Rast mit Veschper! Premiere übrigens für meinen neuen Mini-Salz-Pfeffer-Streuer. Das Sicherungs-Geländer am Hohfelsen war durch einen umgestürzten Baum beschädigt und der kurze Steig auf die Spitze des Felsens deswegen mit Sicherungsband abgesperrt. Schlawiner, die wir sind: einfach unten durchgeschlüpft. Nicht aber, ohne vorher jede Felsstufe und den Handlauf auf Festigkeit zu prüfen.

Dieser umgestürzte Baum kündigt leider auch etwas an, was uns den Rest des Weges begleiten wird: der Schaden durch Wind- und Schneebruch im Forst ist heuer wirklich extrem. Es liegt echt viel kreuz- und quer, oft sind ausgewachsene Bäume sogar irgendwo in der Mitte der Stammlänge abgebrochen. Flachwurzler wie die omnipräsente Fichte haut's  immer komplett inkl. Wurzelballen um. An vielen Hängen des Walds sieht es furchtbar aus. Ausserdem beobachten wir ein seltsames Phänomen an vielen Fichten: ihre Spitzen, also ca. 50 bis 100 cm des Wipfels, fehlen. Sie sind von Schneelast, Stürmen, beidem (?) wohl irgendwie weggebrochen worden. Wir wundern uns darüber, weil man die Spitze eines Nadelbaums als ja recht flexibel kennt und sich soo viel Schnee da ja auch net reinhängen kann ... In manchen Ecken sind komplett intakte Bäume fast schon die Ausnahme. Wirklich traurig, sicherlich herb auch für die Waldbesitzer. Hier ist es eine Waldbauern-Genossenschaft aus Seebach, eiter oben begegnet uns schweres Gerät beim Ausforsten.

Der Wald öffnet sich und wir haben den wieder einen schönen Fernblick zur Rheinebene hinunter. Wir nähern uns schliesslich der Schwarzwaldhochstrasse (die sich durch die Bäume hindurch mit Motorenlärm ankündigt), überqueren diese und gehen rechts am Hotel vorbei ein kurzes Stück am Mummelsee entlang. Dank Samstag und Jahreszeit ist hier heut glücklicherweise nicht allzuviel Touristen-Gewusel. Nach ca. 100 m zweigt rechts ein Weg ab, der uns nach wenigen Metern zur Kapelle St.Michael am Mummelsee bringt. Ein Kleinod aus der Spätmoderne der Siebziger Jahre mit wunderschönen Farbglasfenstern. Hier setzen wir uns kurz in den Kirchenraum, geniessen die Ruhe und freuen uns über schlichte, aber andachtsame Kirchenarchitektur.

Wir laufen durch das hölzerne Mummelsee-Tor des Westwegs und folgen dem Pfad ca 50 m bis zum nächsten Forstweg. Hier links und nach zehn Metern gleich wieder rechts. Erst auch noch ein Wirtschaftsweg wird dieser kurz darauf zum Pfad, der uns hier ein paar feine Fernblicke rüber zum Altsteigerskopf beschert. Nach ca. 400 Metern wechseln wir auf den Pfad, der links herauf führt und rustikal felsig ist. Zunächst durch dichteres Unterholz (im Schatten der Bäume konnte sich noch viel Altschnee halten) führt dieser Pfad auch durch offeneres Gelände und dann wieder in ein kleines Waldstück auf der südöstlichen Nase der Hornsigrinde. Hier befindet sich zwischen den Bäumen der Drefürstenstein: eine Buntsandsteinplatte, die in früheren Zeiten die Grenze zwischen der Markgrafschaft Baden, dem Herzogtum Württemberg und dem Fürstbistum Straßburg markierte. Als Fotomotiv lasse ich ihn diesmal weg, wir wenden uns nämlich direkt wieder dem Waldrand zu, indem wir uns an der Wegkreuzung hier rechts halten.

Nun hinaus auf die Hochfläche der Hornisgrinde (1164 m) mit ihrem charakteristischem Hochmoor. Dank der Saverner Pforte im nahen Elsass ist sie einer der niederschlagreichsten Orte Deutschlands und kommt wohl locker an viel Allgäuer Regenwerte heran. Wir staunen nicht schlecht, wie viel Altschnee sich hier oben gehalten hat. Das Thermometer zeigt wenig über Null, abzüglich des üblichen Hornsigrinde-Windchills natürlich. Aber im Moor haben sich schon zahreiche Schmelzwasser-Pfützen und kleine Bächle gebildet. Der Weg führt nun ca 400 m auf einem Holzbohlen-Steg (ein Schutz für das tritt-emfindliche Moor, und natürlich damit die Wanderer sozusagen nicht darin steckenbleiben ...), SWR-Funkturm und Windrad rücken ins Bild, die Vegetation der Hochfläche wird hier neben ein paar verloren herumstehenden, aber wohl recht sturmresistenten) Birken viel von Latschenkiefern geprägt.  

Birken haben bekannterweise eh schon wenig Ansprüche und sind übrigens widerstandsfähig nicht nur im Sturm, sondern auch recht biegsam bei Lawinenabgängen. Deswegen sind sie sozusagen Pioniergewächse auf der Steilwand an der Ostflanke der Honisgrinde, der Karwand des sog. Biberkessels. Im Winter häuft sich der Schnee auf der sturmreichen Hornisgrinde durch den ständig pustenden Wind auf ihrer Ostseite an, solange, bis diese Wechten als Lawinen runter in den Biberkessel abgehen. Entsprechend karger ist die Vegetation an seiner Karwand, aber mit den Jahrhunderten/Jahrtausenden (und wohl auch wegen weniger Schnee dank desKlimawandels :-/) erkämpft sich der Wald diese Steilflanke nach und nach zurück. Zuerst durch die "biegsamen" Pioniere wie Birken, Vogelbeeren, Eschen. Ein historisches Fundstück zum Thema hab ich auch noch, siehe Foto-Galerie. Das Biberkessel-Kar hatte bis vor ein paar hundert Jahren auch einen See drin, der recht schön gewesen sein muss. Heute befindet sich dort ein Moor.

Es geht kurz auf den Bismarckturm an der höchsten Stelle der Hornisgrinde und rüber auf den (leider) asphaltierten Weg, hier dann wieder nach Süden. Für eine Einkehr in der (wegen ihrer anfangs saublöden Parkplatz-Idee ziemlich unglückseligen) neuen Grindehütte sind wir leider knapp zu spät, das Personal räumt schon auf. Wir erfahren, dass es vor zwei Tagen nochmal Schnee gab. Nebenan, auf der Freifläche zwischen Schwarzwaldvereins-Turm und Grindenhütte hat man nochmal den fabelhaften Fernblick runter zur Rheinebene und zu den benachbarten Schwarzwaldhöhen. Apropos Wetterlage: Ich find's hier oben immer toll, wie sich im Wetter eigentlich ständig was tut. Der ganzjährig pustende Wind tut stetige Arbeit, schiebt Wolken hin und her, ändert das Licht oft mehrmals innerhalb einer Minute, und als Fotografierender kommt man gar nimmer mit der Belichtungswert-Korrektur hinterher ;-)

Auf dem schönen Felspfad an der Bergwacht vorbei geht es wieder hinunter, diesmal auf der Südwestseite des Bergs. Hier nehmen wir noch die super Aussicht des Hornsigrinde-Südwetnase namens Katzenkopf mit: Ich staune immer wiedergern, was für riesige Felstrümmer hier herumliegen, es ist ebenfalls eine sehr wetter-exponierte Stelle. Hundert Meter weiter haben die Gleitschirm-Flieger eine Startwiese. Den reht versteckten Pfad zum Katzenkopf laufen wir jetzt auch wieder zurück bis zur Weggabelung und da dann links (in den trockenen Monaten könnte man vom Katzenkopf auch auf dem ebenfalls versteckten Pfad durch die Felsblöcke runter zum markierten Weg westlich abkürzen). Wir kommen wieder am Mummelsee heraus, diesmal von der anderen Seite, und überqueren die Schwarzwaldhochstraße. Früher konnte man hier wohl direkt einen Pfad in den Wald heruntersteigen, aber weil der Parkplatz auf dieser Seite der Straße gerade verlängert wird (es sind ja net eh schon genug Touristen da ...) gehen wir quer über die Baustelle und finden per GPS wieder einen passenden Waldweg. Ein weiterer Zickzack-Pfad, den wir hier ursprünglich für den Abstieg gehen wollten, ist arg überwuchert und teilweise zugeschneit. Also dann halt Wirtschaftswege :-/

Es geht jetzt durchgehend bergab. Auch in diesem Waldstück ist alles voller umgestürzter und abgebrochener Bäume. Streckenweis kraxeln wir alle zwanzig Meter über Querliegendes ... Irgendwann ist's uns dann zu blöd und wir gehen weglos runter zum nächsten Weg. Dann links unten etwas noch nie Gesehenes: ein Baum, der Länge nach gespalten, aber noch stehend. Holla die Waldfee ...  Die beiden Steinbrüche am Wolfsbrunnen rücken ins Bild. Wir passieren das Gasthaus Wolfsbrunnen an der Ruhesteinstraße, laufen kurz über den danebenliegenden Parkplatz und an seinem unteren Ende rechts wieder in den Wald. Entlang des munter plätschernden und mitunter recht laut rauschenden Seebächles (es entspringt übrigens im Mummelsee) geht es jetzt etwas gemächlicher bergab ins Tal. Vorbei auch an zwei kleinen Hütten am Bach, in denen es verdächtig surrt und brummt. Wasserkraftwerke, die Strom für die Steinbrüche erzeugen? Nach ca 1000 m rechts rein, den Abzweig übersieht man leicht. Hier geht es auf einer kleinen Holzbrücke übers Seebächle. Jetzt laufen wir am Waldrand entlang oberhalb von Hinterseebach Richtung Westen und in die Abenddämmerung hinein. Wiesen mit blühenden Obstbäumen gesellen sich wieder an den Wegesrand und im Tal von Seebach gehen nach und nach die Lichter des Abends an. Schliesslich erreichen wir unseren Wagen am Seebacher Friedhof.

Mit auf Tour: Amelie.

Fazit: abwechslungsreiche Frühlingstour, mal auf Wurzeln, mal auf Schotter. Wer vergisst, seine Veschper einzupacken, kann ins Mummelsee-Hotel oder die Grindehütte einkehren. Rund um Seebach gibt es übrigens zahlreiche Höfe, die sehr leckere Obstler brennen. Unter diesem Aspekt liesse sich die Tour also noch reizvoll verlängern ;-)


Tourengänger: Schubi
Communities: Photographie


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Kommentare (2)


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alpstein hat gesagt:
Gesendet am 12. April 2019 um 18:08
Hallo Schubiduuu,

es ist nicht gerade rühmlich für einen geborenen Schwarzwälder das sagen zu müssen, aber Deine Wegpunkte kenne ich nur vom Hörensagen.

Interessanter Bericht aus dem Nordschwarzwald. Die Höhenmeter summieren sich doch beachtlich.

Beste Grüße
Hanspeter

Schubi hat gesagt: RE:
Gesendet am 13. April 2019 um 09:11
Hallo Hanspeter.
Herzlichen Dank für dein Lob! Naja, wir als Zugereiste sind halt recht angetan vom schwarzen Wald ... auch wenn wir inzw. die Touri-Hotspots eher meiden. Oft gibt es aber rund um diese Hotspots auch noch Orte zu entdecken, die vllt. net den Marketing-Sensationswert eines Mummelsees, für den neugierigen Wanderer aber sehr wohl einen Aha-Effekt haben.
In diesem Sinne: schönes Wochenende!
Frank


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