Glockturm (3353m) - Von Westen über das Hohenzollernhaus


Publiziert von hannes80 , 12. November 2018 um 22:46.

Region: Welt » Österreich » Zentrale Ostalpen » Ötztaler Alpen
Tour Datum:29 September 2018
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: WS
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 8:00
Aufstieg: 1850 m
Abstieg: 1850 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Parkplatz Wildmoos im Radurschltal. Durch Pfunds in Richtung Reschenpass hindurch, an der Kajetansbrücke links abbiegen. Zufahrt über eine lange, gut ausgebaute Forststraße mehrere Kilometer in den Wald hinein (Verbotsschild, aber offiziell für Hüttenbesucher freigegeben).

Die Argumente für eine Besteigung des Glockturm lassen sich schnell zusammenfassen:

  • hoch
  • einsam (zumindest von Westen)
  • spaltenarmer Gletscher (problemlos solo zu begehen)

So war es Ende September also endlich mal Zeit für "die Glocke". Nach kurioser, spätabendlicher Anfahrt (es geht auf freigegebener Forststraße in völliger Dunkelheit kilometerweit in den Wald hinein bis zum Hüttenparkplatz Wildmoos) und nur halbwegs erholsamer Nacht im Auto steige ich morgens auf mein Mountainbike und radel' noch knapp 5 Kilometer (300Hm) bis zur Materialseilbahn ins Radurschltal hinein. Die Strecke lohnt die Bikemitnahme absolut, vor allem am Nachmittag bin ich mehr als froh, das Ganze nicht mehr rauslatschen zu müssen. Nach dem Bikedopt geht's über den Sommerweg zum Hohenzollernhaus, welches ich schon nach einer Stunde hinter mir lasse.

Ab hier beginnt ein langer, einsamer, ja fast schon meditativer Marsch durch eine zauberhafte, herb-schöne Landschaft. Bis auf eine kurze Drahtseilstelle (I) technisch unproblematisch (T3). Auf halber Strecke zum Gipfel überhole ich zwei andere Bergsteiger, ansonsten herrscht an diesem Tag völlige Einsamkeit, was die tiefen Eindrücke der Tour noch verstärkt. Nach etwa zwei Stunden tauche ich durch die Nebeldecke in die Sonne und erblicke zum ersten Mal den alles dominierenden Glockturm. Traumhaft!

Aber der Weg zum Gipfel ist lang und windet sich u-förmig durch das Hüttekar bis man auf etwa 3000m den Gletscher eblickt. Zeitbedarf bis hier ca. 3 Stunden. Bevor es auf's Eis geht, muss man einige Meter absteigend durch ein Feld von ziemlich großen Granitblöcken eiern, die teils ganz schön wackeln und sich gelegentlich auch mal in Bewegung setzen, also Vorsicht. Der Hüttekarferner ist von ein paar harmlosen Querspalten durchzogen, die sich unproblematisch übersteigen bzw. umgehen lassen. Nur im unteren Teil ist er etwas steiler, bald wird's flacher und erst ganz oben kommt die (Schlüssel-)Stelle: die letzten Meter zum Riffljoch steilt er ordentlich auf und hier werden dann die Verhältnisse ganz schnell entscheidend. Da ich an diesem Tag auf spiegelglattes Blankeis (kein Wunder, so spät im Jahr) gestoßen war, zog ich es vor, die letzten 50Hm vor dem Joch linkshaltend entlang einer kleinen Wand aufzusteigen. Dort liegt einiges an Geröll, man stößt aber immer wieder auf's Eis durch, nicht ganz ohne, weil sehr rutschig und schon ein bisschen heikel. Im Frühsommer stapft man da im Schnee easy hoch, aber im Herbst schaut's eben schon anders aus.

Am Joch öffnet sich dann sich der Blick auf volle Pracht der Berge am Hauptkamm und man muss erst mal ne Pause einlegen, um sich minutenlang sattzusehen. Bis zum Gipfel geht es technisch unschwierig, aber mühsam durch eine große Schuttflanke hinauf bis man nach einer guten halben Stunde (ab dem Joch) endlich oben steht. Durch die freistehende Lage des Glockturm hat man eine unglaubliche 360°-Rundumsicht und kommt aus dem Staunen nicht mehr raus. Irgendwann muss ich mich fast zwingen, keine weiteren Fotos mehr zu machen, weil ich alles schon doppelt und dreifach geknipst hab'.

Nach einer langen, sonnigen Mittagspause trete ich den langen, aber wiederum wunderschönen Weg ins Tal an. Die kurze Stelle am oberen Gletscher ist auch runterwärts nicht ohne, aber innerhalb weniger Minuten passiert. Ab dann folgt Genuss pur, solange man auch mal einem Hatsch was abgewinnen kann. In dieser Umgebung und bei blauem Himmel aber ist jeder Meter schön.

Vorbei an der Hütte nehm' ich im Abstieg den Winterweg, der steiler, aber kürzer ist. Und dann das Beste: rauf auf's Bike und runterrollen bis zum Auto: Yeah! 1850 Höhenmeter sind eben doch kein Spaziergang. Nach gut 9 Stunden steh' wieder am Auto und bin mehr als froh, dass ich den weiten Weg in die südlichen Ötztaler endlich mal auf mich genommen hab' ...

Fazit: traumhafte Tour, unbedingt von Westen her machen (nicht von der Kaunertaler Seite, dort gibt's ne saftige Maut, mehr Leute und die Nähe zum hässlichen Skigebiet. Möglichst früh im Jahr angehen, dann sollte der Gletscher (bei ordentlich Schneeauflage) wenig Probleme bereiten. Bikemitnahme sehr zu empfehlen, Steigeisen sind Pflicht!

Tourengänger: hannes80


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Kommentare (2)


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klemi74 hat gesagt:
Gesendet am 13. November 2018 um 20:16
Einspruch Euer Ehren!

Auch die Ostseite lohnt sich, trotz der zugegebenermaßen nicht grad geringen Maut:
Bei beiden Versuchen war ich komplett alleine unterwegs, dazu kann man von dieser Seite aus eine Rundtour ohne jeden doppelten Meter machen - was auf der Westseite nicht möglich ist.
Das Skigebiet? Klar, es ist keine Schönheit, man sieht es aber eigentlich kaum.

Gruß,
Karsten

Nik Brückner hat gesagt: RE:
Gesendet am 21. März 2020 um 19:21
Stimme Karsten zu: Die Ostseite ist prima, und man kann ne schöne Überschreitung machen.

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Herzhafte Grüße,

Nik


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