Aletschhorn


Publiziert von frmat , 3. August 2018 um 15:56.

Region: Welt » Schweiz » Bern » Jungfraugebiet
Tour Datum:31 Juli 2018
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Hochtouren Schwierigkeit: ZS-
Klettern Schwierigkeit: III (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-VS 
Zeitbedarf: 3 Tage
Aufstieg: 2600 m
Abstieg: 3250 m
Strecke:ca. 40km
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Mittelstation Fiescheralp, Parkplatz Talstation Eggishorn Bahn

Nach unserer Eingeh- und Akklimatisierungstour am Gross Grünhorn stand im Anschluss der zweithöchste Gipfel der Berner Alpen, das Aletschhorn, auf dem Programm. Wie auch beim Grünhorn charakterisiert sich der Berg durch lange Anmarschwege, viele Höhenmeter und ein insgesamt recht exklusives Ambiente.

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Teil 1: *Gross Grünhorn

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Ablauf, Schwierigkeiten und Gehzeiten im Einzelnen:

Tag 3: Konkordiahütte - Mittelaletschbiwak
  • Konkordiahütte - Großer Aletschgletscher: T4, L; 3h
  • Großer Aletschgletscher - Einstieg Seitental ca. 2100m: T5+, zwei Stellen III; 1h
  • Einstieg Seitental ca. 2100m - Einstieg Platten ca. 2700m: T3; 2:30h
  • Einstieg Platten ca. 2700m - Mittelaletschbiwak: T5, mehrere Stellen II; 1h
  • Gesamt: 1000Hm Aufstieg, 850Hm Abstieg; ca. 16km; 7:30h (netto 6h)

Tag 4: Mittelaletschbiwak - Aletschhorn - Mittelaletschbiwak
  • Mittelaletschbiwak - Einstieg Gletscher ca. 3350m: T3; 1:15h
  • Einstieg Gletscher ca. 3350m - Aletschjoch: ZS-, 5m 50°, I; 1:45h
  • Aletschjoch - P. 3718: WS, II; 30Min
  • P. 3718 - Vorgipfel: WS+, 45°; 1:30
  • Vorgipfel - Aletschhorn: WS+, 40°, II; 1h
  • Abstieg: Schwierigkeiten wie oben; 5h
  • Gesamt: 1200Hm Aufstieg, 1200Hm Abstieg; ca. 10km; 11h (netto 9h)

Tag 5: Mittelaletschbiwak - Fiescheralp
  • Schwierigkeiten wie oben, bzw. Teil 1 Gross Grünhorn
  • Gesamt: 400Hm Aufstieg, 1200Hm Abstieg, ca. 14km; 5:15h (netto 4:15h)

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Gegen fünf Uhr ist die erste Schlafphase jäh unterbrochen. Ein Bergführer weckt uns unsanft im Glauben, wir gehörten zu seiner Gruppe. Danach war nur noch Dösen angesagt, ehe auch wir nach einem einfachen Frühstück in einen langen Wandertag starteten. Gegen acht Uhr verließen wir die Konkordiahütte auf dem Südweg, fanden diesmal die Idealroute bis auf Höhe des Seitentals hinab und begannen die Querung auf die andere, orographisch rechte Seite des Aletschgletschers (T4, L; 3h).

Diese Querung gelang uns nicht auf Anhieb und war mit etlichen Umwegen, Spaltensprüngen und Höhenmetern verbunden. Am Gletscherrand stiegen wir deutlich zu weit ab, kamen irgendwann nicht mehr weiter und nahmen eine Route in den Gletscherschliffplatten oberhalb. Hier stehen auch einige Steinmännchen, denen wir nun bergab zum Beginn des Seitentals des Mittelaletschgletschers folgten. Der Weg ist gar nicht mal so einfach und durch einen Abstieg von 10m mit zwei IIIer-Stellen gewürzt. Zudem bewegt man sich oft in kniffligem Gelände bestehend aus glatten Platten mit Schuttauflage, sehr unangenehm zu gehen (T5+, III; 1h). Der Einstieg ins Seitental erfolgt aktuell auf gut 2100m, bzw 2150m wenn man sich konsequent recht weit oben hält und nicht ganz zum tiefsten Punkt hinabsteigt (diese Route haben wir auf dem Rückweg genommen).

Der Weiterweg ist zunächst herrlich zu gehen, von Blumen gesäumt und eine wohltuende Abwechslung vom ewigen Eis. Nach einer Weile geht das Gelände wieder in Moränenschutt und schließlich geröllbedecktes Eis über. Im Hintergrund ist an den Gletscherschliffplatten bereits ein rieseiger rot-weißer Pfeil zu erkennen, der den Beginn des Schlussaufstiegs zum Biwak signalisiert (T3; 2:30h). Zum Biwak hinauf müssen wir dann nur noch zwei Steilstufen überwinden, v.a. der obere Teil ist von zahlreichen Kletterstellen (I und II) aufgelockert, rote Punkte erleichtern durchweg die Orientierung. Bereits der Hüttenzustieg hat es damit in sich und ist nichts für den Gelegenheitswanderer (T5+, II; 1h). Das Mittelaletschbiwak, 3013m, ist eine gemütliche Unterkunft, die wir zwei Nächte ganz für uns allein haben.
Ausstattung: 13L, Decken, Küche, Geschirr, Töpfe, Besteck, Funkgerät.
Mitzubringen sind: Hüttenschlafsack, Kocher, Gas, Verpflegung.
Kosten: 10 SFr pro Person und Nacht.

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Tagwache ist diesmal um zwei Uhr, gegen drei Uhr brechen wir auf. Da wir die Route bereits am Vorabend erkundet haben fällt die Orientierung nicht sonderlich schwer. Es hat etliche, durch Steinmännchen markierte, Varianten. Der Gletscher wird auf ca. 3350m betreten (T3, 1:15h). Wir seilen an und packen die Eisen aus. Am kältesten Berg der Alpen hätten wir allerdings andere Temperaturen erwartet, durchgefroren ist nix. Entsprechend heikel wird der Tag. Im Nachhinein wäre es wohl klug gewesen, umzukehren. Dennoch geht es zunächst sehr gut. Wir steigen über Kuppen aufwärts, traversieren hinüber Richtung Aletschjoch, und müssen bald die unschönen Verhältnisse anerkennen. An einer Felsinsel der Härtekategorie "Blätterkrokant" sichern wir notdürftig, krabbeln um diese herum und gelangen über steilen Firn auf die Schneide beim Aletschjoch, ganz schön heikel hier (ZS-, 50°, I; 1:45h).

Der folgende Abschnitt ist wieder einfacher aber ausgesetzt, sodass uns das Adrenalin durch den Körper schießt. Wenngleich der Abschnitt nur ca. 30Min. lang ist, hier muss jeder Schritt und jeder Stockeinsatz sitzen, möchte man nicht die Haslerrippe im Schneelldurchlauf erleben (WS, II; 30Min).

Nach einer Pause auf dem Plateau nehmen wir die Flanke zum Vorgipfel in Angriff. Spuren einer Gruppe vom Vortag erleichtern uns die Orientierung. Einige Serpentinen, dann schlicht direkt zum Hang wird die Firnkuppe auf 4086m angesteuert (WS+, 45°; 1:30h). Der im Steilen ordentliche Trittschnee macht die Passage gut gangbar, jedoch hat man auch hier reichlich Luft unter dem verlängerten Rückgrat. Leider hat es die Gipfelregion nun auch eingenebelt und wir können den Weiterweg nur erahnen. Hinzu kommt, dass die flacheren Bereiche mit tiefem Schnee derart aufgeweicht sind, dass wir bei fast jedem Schritt knöcheltief einbrechen. Ingo übernimmt die anstrengende Spurarbeit.

Bleibt noch der Gipfelgrat, der zunächst über ein kurzes Steilstück (40°) im Firn gewonnen wird. Auf der Schneide klettern wir über leichte Felsen (II) und kurze Firnabschnitte zum höchsten Punkt. Das Aletschhorn, 4195m, krönt ein Gipfelkreuz nebst Buch, in das wir uns gerne eintragen (WS+; 1h). Glücklicherweise reißt es auf, und wir können zumindest ein wenig die Aussicht genießen. Besonders das Bietschhorn beeindruckt, ein schöner Moment (Gesamtaufstieg 6h, netto 5h).

Noch spielen wir mit dem Gedanken evtl. bis zur Gletscherstube abzusteigen, doch erstmal müssen wir wieder vom Berg herunter. Und das wird mit fortgeschrittener Zeit und erhöhter Tagestemperatur durchaus knifflig. Insbesondere der Grat zum Aletschjoch hat es jetzt richtig in sich. Mehr als ein Rutscher lässt uns den Schreck durch die Glieder fahren, also hochkonzentriert den Pickeleinsatz optimieren. Von der Schneide herunter sichert Ingo vorzüglich, danke an dieser Stelle für die wie immer kameradschaftliche und topseriöse Begleitung, nebst Führungsarbeit! Erst im flacheren Teil des Gletschers kann ich mich wieder entspannen und bei einer Pause der Dehydrierung entgegenwirken. Pünktlich dazu fängt es hinter uns zu Donnern an. War wohl nix mit Gletscherstube. Mit den ersten Regentropfen erreichen wir das Biwak und genehmigen uns noch eine leckere Waldpilzsuppe (Abstieg 5h, netto 4h). Die mitgebrachte Gespenstersuppe musste wegen Mangel an Campinggas leider in Pulverform bleiben, und auch beim Abendessen stand nur "kalte Platte" auf dem Speiseplan. Bereits vor acht Uhr liegen wir im nasskalten Lager (Innenraum 12,5°C) in den Kojen.

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Noch einmal Motivation bitte. Zum Wandern gestern, zum Schreiben heute. Aber nein, ich muss mich nicht mehr wirklich zu noch mehr Zeilen aufraffen. Zum Wegverlauf ist oben alles gesagt. Wir optimieren die Route am und über den Gletscher noch ein wenig, treffen jenseits des Eises wieder auf Hundertschaften der Zivilisation und beschließen die Tour mit einer Dankeskerze bei der Madonna und einem Radler auf der Fiescheralp (5:15h, netto 4:15h).

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Fünf Tage Berner Oberland. Viele Höhenmeter, noch mehr Kilometer. Eine der wildesten, weitläufigsten Regionen der Alpen. Wir freuen uns über ein beeindruckendes Gesamterlebnis und sind dankbar für eine heile Rückkehr. So schauen wir, was der Bergsommer nocht bringt!

Tourengänger: frmat


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