Piz dles Conturines 3064 und Piz de Lavarela 3055m - Im Tal des Todes


Publiziert von georgb , 27. Juni 2018 um 19:58.

Region: Welt » Italien » Trentino-Südtirol
Tour Datum:26 Juni 2018
Wandern Schwierigkeit: T4 - Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Klettersteig Schwierigkeit: K2- (WS-)
Wegpunkte:
Geo-Tags: I 
Zeitbedarf: 12:00
Aufstieg: 1950 m
Abstieg: 1950 m
Strecke:29km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Pustertal-Gadertal-St. Vigil-Pederü
Kartennummer:tabacco Alta Badia

Vor 30 000 Jahren war das Gebiet um Conturines und Lavarella eine blühende, vor Leben strotzende Landschaft. Die Vegetation reichte bis in die Gipfelregionen und es tummelten sich zahlreiche Wildtiere in den Urwäldern. Heute ist es nur noch eine Karstwüste, die Höhlenbären sind längst ausgestorben, sogar der Conturinessee ist nur noch eine Lacke, zum Aussterben verurteilt.
Selbst die Menschen haben den Tod in das Fanesgebiet getragen, im Ersten Weltkrieg war hier die österreichische Kommandozentrale, eine Artilleriestellung und ein verzweigtes Netz von Seilbahnen. Von hier aus sind sie auf die umliegenden Gipfel gezogen, um dort den Tod zu bringen und zu finden.
Nur eine Spezies bringt Leben in die Region, der homo touristicus, aus aller Herren Länder strömen sie in die Dolomiten und bevölkern das tote Gebirge. Einer von ihnen ist der Zing alias ZvB, das Dolomitenfieber hat ihn befallen und er weilt für mehrere Tage auf der Faneshütte. Er hat vor, dort sämtliche Klassiker abzuklappern und für Conturines und Lavarella bin ich bereit, ihm Gesellschaft zu leisten, die zwei Fanesgiganten habe ich lange nicht mehr besucht. Seine Eindrücke gibts hier
Bei 2 Grad starte ich in Pederü und der kalte Faneswind bläst mir ins Gesicht, mein Equipment ist für sommerliche Temperaturen ausgewählt und Handschuhe hatte ich für überflüssig erachtet!? Erst kurz vor der Hütte wärmen die ersten Sonnenstrahlen und ein doppio espresso, von Zing spendiert, weckt meine Lebensgeister wieder. Der lange Marsch ins Tal des Todes kann beginnen.
Wir lassen das Gewimmel und babylonische Sprachengewirr hinter uns und ziehen dem Limojoch und Großfanes entgegen. Es braucht ein wenig, um das Gehtempo zu harmonisieren, doch bald finden wir unser beider Wohlfühlgeschwindigkeit und kommen entspannt voran. Von den alten Stellungen ist nichts mehr zu erahnen, ein friedvolles Paradies liegt vor uns und wir traben locker Richtung Conturinessee. Meine Hoffnung auf Wasser wird zwar erfüllt, doch die Neige wird bald verschwunden sein, man erkennt sogar die Abflüsse am Seegrund. Von Lebewesen keine Spur, selbst die Blumenvielfalt ist hier sehr begrenzt, während es woanders nur so sprießt!?
Todesmutig ziehen wir weiter dem Klettersteig zur Conturinesspitze entgegen und Zings Miene versteinert mehr und mehr. Das steile Geröll, ein kleiner Schneerest vor der ersten Leiter und das Herz rutscht in tiefere Regionen, der geübte Kletterer und geniale Berichteschreiber wird plötzlich kleinlaut, wer hätte das gedacht? ;-)
Doch auch Todesangst kann einen Zing nicht vom Gipfelsieg abhalten und bald beglückwünschen wir uns zum ersten gemeinsamen Berg. Das Wetter ist wie bestellt hervorragend mit bester Fernsicht, nur der eisige Wind bläst mir unangenehm in die kurzen Hosen, gut, dass Zing freundlicherweise seine Ersatzhandschuhe zur Verfügung stellt.
Gegenüber grüßt die Lavarella und wenn man schon mal in der Todeszone weilt, nimmt man den Nachbargipfel natürlich auch mit. Also konzentriert hinab zur Lavarellascharte und mit knackigem Gegenanstieg unschwierig zum nächsten Berg. Den Westgipfel spar ich mir gerne, nur in Zing ist ein gewisser Ehrgeiz erwacht, plötzlich wird er zur Bestie und hüpft hinüber, während ich frierend am Hauptgipfel warte, die Zittereinlage an der Conturines wurmt ihn möglicherweise!?
Doch die nächste Zitterpartie folgt auf dem Fuß, denn beim Blick in die Nordflanke sichten wir unsympathische Schneereste und unsere geplante Überschreitung könnte heikel werden!? Wir zählen uns gegenseitig Argumente für und wider auf, doch letztendlich siegt die Vernunft und ich will Zing weitere demütigende Erfahrungen ersparen ;-)
Ok, dann die lange Variante zurück einschließlich 100 Höhenmeter Gegenanstieg zum Limojoch, meine Fußsohlen beginnen zu glühen. ZvB läuft jetzt zu Normalform auf und hüpft locker neben mir her, das Bier an der Großfaneshütte beschleunigt seinen Schritt und ich habe Mühe, zu folgen. Kuchen ist aus, also beschließe ich spontan, Zing beim Abendessen auf der Faneshütte Gesellschaft zu leisten. Vorher bringt mich der Gegenanstieg zum Limojoch noch fast um, aber dann gibts eine lecker-deftige Portion totes Rind in multinationaler Umgebung.
Der Tag neigt sich zu Ende, um noch vor Sonnenuntergang am Parkplatz zu sein, drücke ich meinem neuen Bergkollegen Zing die Hand und verabschiede mich wieder. Es geht nur noch ums Überleben, ich trotte halb in Trance, mit schmerzenden Zehen, die letzten 6 von 29 Kilometern nach Pederü, finde gerade noch Kraft für ein paar Fotos, lasse mich vom Wagen nach Hause rollen und falle tot ins Bett ;-)

Tourengänger: georgb, ZvB


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Kommentare (2)


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Menek hat gesagt:
Gesendet am 27. Juni 2018 um 20:31
Giro fantastico!

georgb hat gesagt:
Gesendet am 29. Juni 2018 um 15:27
bello da morire ;-)


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