Enchainement Fontanellabach - Über Sonnenköpfle, Glatt- und Türtschhorn


Publiziert von Nyn , 25. Oktober 2020 um 08:57.

Region: Welt » Österreich » Nördliche Ostalpen » Bregenzerwald-Gebirge
Tour Datum:22 Oktober 2020
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: A 
Zeitbedarf: 12:15
Aufstieg: 1400 m
Abstieg: 1400 m
Strecke:16 km
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Via Bregenzerwaldstraße-Au-Damüls-Faschinajoch oder Bludenz-Großes Walsertal-Sonntag nach Fontanella. P bei Säge/Abzweig zum Seewaldsee

Für den fönig-warm angesagten Tag  will ich noch ein kleines Enchainement versuchen. Wo hat es genügend getaut? Südseitig, das ist klar und bis etwa unterhalb 2200m Höhe dürfte dort kaum mehr Schnee liegen.
Ich gehe in eine meiner Lieblingsecken für den (Spät-)Herbst. Ins Bregenzerwaldgebirge!
Von Süden her auf den Grat zwischen Sonnachöpfli /Sonnenköpfle und Glatthorn hinauf, dann obenrum bis zum Türtschhorn. Von da irgendwie zurück.

Der weglose Abschnitt vom Sonnenköpfle bis fast zum Glatthorn und weiter ist von Nik sehr schön hier beschrieben, der Übergang ab Glatthorn zum Türtschhorn ist zwar ohne Markierungen, aber öfters begangen und bestimmt gut zu finden (immer am Grat)
Was auch spannend wird, ist mein geplanter Abstieg über den Türtschhorn-Ostgrat. In meinem AV-Führer steht nur, dass der "mittlere Ostgrat "des Türtschorns durch Geübte gangbar wäre, sonst...Njet, nichts Näheres. Das kann nun sehr viel oder gar nix heissen. Also genau das Richtige für mich :D
Zum Glück muss ich mich nicht ins komplett Ungewisses stürzen, habe ich doch den Tag über von Gegenüber Zeit und Muse, die geplante Abstiegsflanke zu beäugen. Sollten die Verhältnisse dort ganz übel sein - was sich nur vor Ort klären lässt - kann ich (notfalls nach GA) auch über den Südgrat des Türtschhorns absteigen.

Auf gehts
Nach Anfahrt über Au/Damüls und das Faschinajoch bin ich bei Hellwerden an meinem Ausgangspunkt. Nahe markanter Kehre (Säge an der Abzweig zum Seewaldsee) parkiere ich und stiefle nach 2tem Frühstück hinüber zu den Häusern von Fontanella-Hanger. Dort habe ich die Wahl über den Güterweg oder den Fußsteig zur Fatnellalpe zu gelangen. Ich wähle Zweiteren, da dieser laut Beschilderung etwas kürzer ist.
Ein Stück geht es noch eben, dann bald steil auf leider durch Viehtritte komplett marodierten Steig sehr mühsam empor. Auch ein Ausweichen in die Flanken neben dem Steig hilft kaum, alles ist ziemlich zertreten. Dafür sind die Ausblicke hinüber ins LQG um so schöner.

An der und um die Alpe selbst ist ein Älpler schwer am älpeln, er bedient sich dazu einer Höllenmaschine von Mistschleuder - die so ähnlich wie eine Schneekanone funktioniert. Das Teil ist ziemlich laut, der Krach begleitet mich für eine gute Weile, so daß ich die sehnsüchtig erwartete Pause notgedrungen verschiebe, bis ich den Gerüchen ganz und dem Lärm fast entronnen bin.

Spärlich markiert führt der Steig nun Richtung Oberes Hornjoch weiter. (Bis hierher T2)
Ich zweige etwa 10 Minuten nach einem Tobel (markanter Steinmann) nach rechts ab und steige an einer Alphütte, dann teils auf Ziegenpfaden, teils weglos über moderat steiles Gras mehr querend als ansteigend hinüber bis ans Ende des auf der Karte gepunkteten "Weges" - der ist ganz gut zu finden, aber nicht durchgängig bepfadet. (ca T3). Wegende.

Die letzten Meter zum Fürkili sind etwas steiler, aber das Gras trocken, alles komplett schneefrei.
Der Grat-Spaß kann beginnen. Zunächst auf das Sonnenköpfle. Es geht endlich los mit der lustigen Turnerei und dem "Baumschwenken", wie Nik das so überaus  treffend bezeichnet.

Glatt- und Türtschhorn
Au da lasse ich meine Bilder erzählen...

Abstieg
Über den oberen und mittleren Ostgrat des Türtschhorns
Zuerst ein kurzes Stück den Südgrat hinab bis zu einer breiten Schulter, dann folge ich östlich dem bald sich verschmälernden und stärker fallenden Grat. Die Anforderungen sind zunächst moderat. Laut Karte (Hangneigungsanzeige) und meiner Observierung von vorhin bieten sich wohl 2-3 Stellen an, um zurück ins Kar des Fontanellabachs zu gelangen.

Boerscht ist wohl relativ weit westlich von diesem Grat runter( edit:-gerutscht bei viel viel mehr Schnee), wenn ich das richtig verstehe. Dort in der Nordostflanke des Türtschhorn-Ostgrats liegt aber nur oben noch relativ viel Schnee und dieser hat keinerlei  Bindung zum Untergrund (s. Bild Schneerutsch), so folge ich lieber dem Ostgrat weiter abwärts, der sich alsbald schmal und schmaler zusammenschnürt und stellenweise stärker bewaldet ist. Ein kurzes Ausweichen in die steilen Flanken wird unumgänglich. Ich weiche zumeist rechts, südseitig aus, da schneefrei.

Eine weiter östlich in der Nordflanke des Grats nach Nordosten abfallende eingelagerte flachere Zunge hatte ich von Gegenüber schon in Augenschein genommen, sie ist die wahrscheinlichste Option, jedoch ist der Zugang "am Beginn" zu dieser abschüssiger als gedacht, zudem sehr feucht, mit Schneeresten durchsetzt. Vielleicht doch besser noch weiter "unten". So turne ich den Ostgrat noch weiter abwärts.

Ich komme schließlich an einem kümmerlichen Rest von Gattermaterial vorbei, an dieser Stelle enden auch die Reste von Ziegen- und Gamsspuren. Ein eher schlechtes Zeichen?

Ich bin unschlüssig. Die Flanke nach Norden ist hier zwar kürzer zu dieser eben angesprochenen Zunge, aber weglos, gehörig steil. Die Südseite ist fast ebenso steil und sieht ebenfalls gangbar aus, diese würde mich jedoch -sofern ich es finde- hinab Richtung Stellialpe führen und mit einem gehörigen Umweg über Mittelberg? Auf der Karte sah das kurz aus vom Grat runter südlich zum Forstweg, aber ich kann von hier gar nichts erkennen.
Beide Flanken sind recht steil, in Gratnähe selbst beidseitig nochmals deutlich aufgesteilt.

Was tun? Ich teste zunächst die Fortsetzung über den Ostgrat an.
Einige Bäume krallen sich fest, die unmittelbaren Gratflanken links und rechts nehmen an Steilheit und Höhe  zu. Nach Baumschwingen und Ast-in-der-Luft treten kommt eine merglige Passage, dann wird der Gratrücken selbst wieder steiler, noch schmaler und ich stehe ca. 15m über einem nur wenige Meter hohen, aber von meiner Position nicht recht einsehbaren, jedenfalls  deutlich luftigen, ev. überhängenden Gratabbruch. Den Spitzen der Bäume nach zu urteilen, bleibt es nach einer Art Scharte sehr stark bewaldet, gehörig steil, sehr schmal, links und rechts fast senkrecht.
Vor mir ist der Abschnitt hin zu dem Abbruch schon sehr abschüssig,...

...zu dem ich nicht mehr hinuntersteige! Ich kehre um. Wenn ich da weiterkommen würde, komme ich vermutlich nirgends mehr vernünftig vom Grat runter...

Das ist mir zu heikel und zu unwägbar! Wenn selbst die Gamsen da nicht rumturnen, dann ist das hier auch für mich eine Sackgasse.

Ich kehre also brav um und turne vorsichtig die wenigen Minuten zurück zu dem Punkt, an dem ich zuvor den Abstieg für gangbar hielt und wähle den nach Norden, da kürzer und für mich einschätzbarer, zumal ich diese Flanke von Gegenüber schon einsehen konnte.
Einige heikle Meter im feuchten, steilen GrasschrofenMix, dann bin ich an der "Zunge". Püh!
Ziegen und Gemsen waren hier schon unterwegs. Gut! Deren schwache, zuweilen unterbrochene Pfadspuren leiten einige ausgewaschene Rinnen querend durch die sonst ziemlich ätzend abschüssige Flanke und schließlich hinüber in leichteres Gelände. GESCHAFFT!

Für den weiteren Abstieg ab FatnellaAlpe wähle ich den Güterweg.

Fazit
Mir hat es sehr gefallen. Mit dem "Enchainement um den Fontanellabach" kombiniere ich auf hübsche Weise einige markierte Steige mit Passagen von Wegelosigkeit, dazu kommt anregende Gras-und Baumkletterei an Graten mit hervorragender Aussicht ins LQG, die Silvretta, das Rätikon und die Ostschweiz, sowie den Bregenzerwald.
Übliche Skills für derartige Unternehmungen sind Pflicht. Ich konnte fast alle schneeigeren Passagen im Bereich des Bakmädli sehr hart am Abgrund umtänzeln.
Wer die Schwierigkeiten umgeht, landet technisch bei etwa I-II, dafür ev. im Schnee der Nordflanke, sonst bewegt sich die Runde vielfach um T3-T4, Stellen ~T5, bei konsequenter Beibehaltung der Grathöhe bis UIAA II. Trocken sollte es schon sein.
Die überwiegende Südlage lässt eine Besteigung auch spät im Jahr zu.

Herzlichen Dank an Nik für die Inspiration

Tourengänger: Nyn


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Kommentare (9)


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rihu hat gesagt: Die Fotos
Gesendet am 25. Oktober 2020 um 16:02
sind wunderschön ;-)))

Nyn hat gesagt: RE:Die Fotos
Gesendet am 25. Oktober 2020 um 16:30
Danke schön, Richard.
Die Natur, die Sonne,Wolken und Jahreszeit haben das tolle Licht und die Motive dazu gezaubert...

georgb hat gesagt: Große Runde
Gesendet am 25. Oktober 2020 um 17:04
Bravo! Und dann soll man auch noch Gipfel erraten ;-)))

Nyn hat gesagt: RE: erraten
Gesendet am 25. Oktober 2020 um 18:05
Hallo georg,
hast du Besondere (Bilder) im Blick, wo Du gerne die Berge kennen würdest?

Ich habe bei den Panoramen einige Berge "betitelt", möchte aber nicht bei jedem Bild diese "Orte mit Pfeil" hinzufügen, da es MMn das Bild verschandelt.
Bei Manchen werde ich gerne noch Untertitel ergänzen, wenn gewünscht.

VG, Nyn

georgb hat gesagt: Biberkopf
Gesendet am 25. Oktober 2020 um 18:23
Ich meinte deine Verzweiflung um das epische Gipfelquiz ;-)

Nyn hat gesagt: RE:Biberkopf
Gesendet am 25. Oktober 2020 um 18:31
Aso..ja -jetzt....ich steh echt ein wenig auf der Leitung hihi
Gestern abend war ich mit dem Kopf völlig woanders, am Berichtschreiben und Fotos raussuchen, körperlich eh noch zur Hälfte im BWG und LQG :D

Nik Brückner hat gesagt:
Gesendet am 5. November 2021 um 18:08
Grat-Tour-Lation zum Gipfelsieg am Bakmädli, Markus

Nyn hat gesagt: RE: ....mädli...
Gesendet am 5. November 2021 um 20:17
Hihi, danke dir, Nik

Wer sich wohl diesen Namen ausgedacht hat?

Nik Brückner hat gesagt: RE: ....mädli...
Gesendet am 6. November 2021 um 09:41
Jemand, der versucht hat, auf der kleinen Mahd darunter Tabak anzufangen vielleicht.

Gruß,

Nik


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