Bike & Hike: Schnyders Höri, Nolle, Hartlishore, Zahm Andrist
Die Idee zu dieser Tour entstand mit der Wunsch, einmal die beiden Gipfel «Schnyders Höri» und «Nolle» sowie den Hang «Chiebrunni» zu begehen. Diese Gipfel sind als Felskanzeln dem Zahm Andrist westlich vorgelagert, das Gebiet Chiebrunni liegt im Anschluss nordwestlich des Andrist-Massivs. Die Andrist-Gipfel selbst sowie das Hartlishorn kannte ich zwar bereits, aber in diese landschaftlich interessante Gegend gehe ich gerne ein weiteres Mal. So entstand eine interessante aber auch lange und sowohl in technischer wie auch in konditioneller Hinsicht herausfordernde Rundtour.
Wie immer starte ich meine Tour unten im Tal, diesmal in Spiez am Bahnhof kurz nach 8 Uhr. Mit dem Mountainbike fahre ich via Spiezwiler, Emdthal und Mülenen nach Reichenbach und dann die Strasse hoch nach Kiental. Noch ehe ich dieses Dorf erreicht habe, war aufgrund reger Transpiration meine 1.5 Liter Flasche bereits leer getrunken - so schwülwarm war es an diesem Morgen. Noch mehr ins Schwitzen brachte mich dann der weitere Aufstieg hoch in Richtung Griesalp. Auf diesem Wegabschnitt war ich etwas erstaunt und nicht unbedingt erfreut darüber, wie viel motorisierter Verkehr hier unterwegs war. Kurz vor der Griesalp zweige ich dann links in Richtung Goldere ab, nun mit nur noch mässigem Verkehr, da ab hier für die Öffentlichkeit die Weiterfahrt nicht gestattet ist. Ich folge der Strasse noch etwas weiter und zweige dann in einem Wald links in Richtung Obere Steinenberg ab (nicht beschildert). Nahe dem dortigen Gehöf lasse ich mein Bike stehen und rüste mich zum Wanderer.
Als erstes laufe ich in nordwestliche Richtung zum Stall bei Pt. 1'695. Ich habe mir anhand von Karten- und Luftbildstudium ausgemalt, dass es möglich sein sollte, ab hier das Schnyders Höri über die Flanke zu erreichen. Beschreibungen über mögliche Aufstiegswege fand ich aber weder im Internet noch im Voralpenführer. So ging's rein ins Abenteuer und hoch die Grashänge des Dürenberg-Schafbergs. Die Herausforderung dieses Aufstiegs liegt eigentlich nur in der Überwindung der Felsstufe, welche sich im unteren Teil entlang dem Hang befindet. Alles andere übersteigt punkto Schwierigkeit die T3-Marke nicht. Im Aufstieg geht's der orographisch linken Böschungsoberkante des westlich des Stall liegenden Bachtobels hoch. So gelangte ich in die ersten Bäume. Dann ging ich alsbald in Laufrichtung gesehen rechts hoch über eine Wiese (steile Stelle, T5) und dann wieder zurück nahe zur Böschungsoberkante durch Bäume hoch. So erreichte ich das darüber liegende, offene Wiesengelände. An gewissen Stellen waren in diesem unteren Teil Wegspuren im Gelände auszumachen. Das offene Wiesengelände erreicht steige ich direkt den Hang hoch bis auf einen Schafweg (auf rund 2'010 müM, vgl. Landeskarte). Diesem folge ich in westliche Richtung (etwa bis Koordinate 625'791 / 155'545) und steige dann weiter direkt den Hang hoch, in eine Mulde gelangend, östlich des Schnyders Höri. Zum Schluss geht's direkt auf diesen Gipfel. Der Gipfel bildet eine tolle Aussichtskanzel über das hintere Kiental und die Blüemlisalpregion, eindrückliche Tiefenblicke inklusive. Trifft man übrigens in der Region des Gipfel auf eine weisse Gämse, sollten man diese unbedingt in Ruhe lassen (klick)!
Mein weiterer Weg führte mich vom Gipfelkopf runter, dann Richtung Westen weiter über eine Zaun und leicht die folgende Wiese absteigend in Richtung eines markanten Wegs in einer auffälligen Schuttmulde (der Weg ist übrigens gut auf dem Luftbild erkennbar). Auf diesem Schafweg und auch begleitet von diesen Vierbeinern durchgehe ich in leichter Steigung diese Mulde recht angenehm und traversiere so durch den Hang. Nur hie und da war etwas Vorsicht beim setzen der Tritte erforderlich. So erreiche ich den Rücken östlich der Nolle. Hier lasse ich meinen Rucksack liegen und steige den Hang runter auf den Gipfel der Nolle. Dieser ist, ähnlich wie der vorherige Gipfel, eine eindrückliche, Gras-bewachsene Kanzel, allerdings mit einer besseren Aussicht das Tal runter und rüber zum Aabeberg. Nach einer kurzen Pause steige ich wieder zurück hoch zum Rucksack.
Nun starte ich mit der Begehung des Gebiets Chiebrunni. Dies gelingt insgesamt auf gut erkennbaren Spuren. Nur bei der Querung von Bächen war teilweise etwas Vorsicht und Kreativität gefragt. Der Weg teilt sich übrigens bald einmal. Ich blieb auf der oberen Spur, wobei ich mutmasse, dass auch die untere Spur nicht in eine andere Richtung verläuft. Während der westliche Teil dieses Weges noch durch eher flache Hänge führt, gelangt man im östlichen Teil zunehmend in steileres Gelände. Dies gipfelt in einer recht ausgesetzten Querung unter einem Felsband ganz zum Schluss (aber alles stets sicher zu begehen, da der Weg stets eine gute Breite aufweist). Insbesondere dieser zweite Wegteil hat einige Schönheiten zu bieten (z.B. ein grösserer Quellbach, welcher aus dem Berg sprudelt). Ferner gefiel mir das tolle Panorama in dieser Gegend, man hat einen tollen Blick in die Schwalmere-Region. Alles in Allem kommt man im Rahmen von einem T4- gut durch das Chiebrunni-Gebiet.
Kurz nach dem ausgesetzten Wegteil steige ich ein paar Meter die dortige Wiese runter in Richtung Hochie und beginne dann aber sobald als möglich die Traversierung des Hangs in Richtung Südosten, ein paar Gräben querend. Dies war zwar auf dem losen Schiefergelände etwas mühsam, es erlaubte mir aber direkt in den Aufstiegsweg in Richtung Hart zu gelangen. Auf diesem Weg überquere ich zu Beginn noch einige Karstfelsen und gelange so in die eigentliche Talmulde. Alsbald steige ich dann in Richtung Hartlishorn über Schotterhänge den Hang hoch, wobei ich ein auffälliges Loch im Fels ansteuerte. Diesmal wollte ich das Hartlishorn nämlich auf direktem Weg besteigen (natürlich kann man diesen Gipfel auch einfacher über den Grat erreichen, vgl. entsprechende Berichte hier auf Hikr).
Dafür eignet sich das links von diesem Loch befindliche Couloir (siehe Übersichtsdarstellung). Über einige Felsstufen steige ich noch relativ einfach in diese Felsspalte ein. Zunehmend wird die Sohle aber steiler, bis sie ein ausgeprägter Absatz bildet. Diese Steilstufe umgehe ich im unteren Teil in der, mit Blick nach oben, linken Flanke. Eine vollständige Umgehung in der Flanke ist aber nicht möglich, sodass der obere Teil der Steilstufe direkt erklettert werden muss. Über eine kleine Felsterrasse gelingt es einem, wieder etwas zum Absatzes heran zu kommen. Allerdings nicht nahe genug, denn die Terrasse verliert in diese Richtung allmählich an Breite und auch in der Höhe gibt es Einschränkungen. Etwas unterhalb der Terrasse finden sich aber ein paar auffällige Tritte im Fels, über welche man leicht absteigend den Absatzes erreichen kann. In Kletterei (Stellen II und Schlüsselstelle dieses Aufstiegs) geht es so den oberen Teil des Absatzes hoch. Darüber steigt man wieder angenehmer direkt in der Sohle weiter das Couloir hoch. Alsbald öffnet sich der Schrund auf der rechten Seite und einige abwärtsgerichtete Felsplatten kommen zum Vorschein. Unangenehm werden diese gequert (teilweise Griffe vorhanden) und man gelangt wieder auf gut gestuftes Wiesengelände. Dieses geht es einfach hoch zum Grat und von Nordosten her kommend direkt auf den Gipfel. Dieser Aufstieg ist im Führer mit WS, II bewertet. In der Wanderskala ausgedrückt ist der Aufstieg sicher als T6 zu klassifizieren.
Zunehmend stiegen Wolken auf, vor allem über der Blüemlisalp, was mich etwas besorgte, da auch Gewitter prophezeit wurden. So steige ich zügig über den Grat rüber auf den Gipfel des Zahm Andrist (T4-). Nach einer kurzen Pause auf diesem grandiosen Aussichtspunkt gehe ich den Abstieg über den Normalweg an bis etwa auf 2'400 müM (ab hier bis nach Obere Steineberg alles in der Schwierigkeit T3). Dieser Höhe folge ich plus minus in Richtung von Pt. 2'381. Dort steige ich über Karstgestein rüber zum Wanderweg auf den Rote Härd.
Mit etwas schweren Beinen gehe ich nun diesen Aufstieg auf dem Wanderweg an. Ich folge dem Weg hoch bis fast zum Wanderwegzeichen am Grat. Kurz vorher zweige ich aber in südliche Richtung direkt etwas tiefer zur Gratkante auf und gelange so in den blauen Wanderweg, welcher in Richtung Telli führt. Diesem folge ich abwechslungsreich durch die einzigartige Landschaft. Hier treffe ich auf etwa 10 Schneehühner, welche mit ihrem typischen Gurren auf sich aufmerksam machen. Kurz vor Telli setzte dann der Regen ein, nachdem bereits vorher einige Tropfen auszumachen waren. Dies und auch die bereits fortgeschrittene Tageszeit hielten mich davon ab, auch noch den Wild Andrist zu besuchen. So steige ich, den Tellipass erreicht, direkt runter in Richtung Dürreberg. Alsbald liess der Regen wieder nach, die Wolken blieben aber und in der Distanz war ein starkes Gewitter über dem Engstligental auszumachen. Steil laufe ich nun den blauen Wanderweg runter nach Obere Dürreberg und dann mässig steil nahe zum Hof Untere Dürreberg. Kurz vorher aber verliess ich den Weg und querte weglos den dortigen Bach um alsbald in Richtung Norden wieder auf einen Pfad zu gelangen (vgl. Landkarte). Diesem folge ich wieder zurück zum Obere Sternenberg und zum Velo. Das Gewitter im Engstligental hat sich seither auch ins Kiental hochgearbeitet, dabei aber auch stark abgeschwächt. So starte ich unbesorgt zur Abfahrt.
Vorerst blieb es von oben her trocken, aber die nasse Strasse runter nach Reichenbach vermochte die Kleidung ordentlich einzunässen. In Reichenbach angekommen sorgte dann bereits die nächste Gewitterzelle für einen ordentlichen Platzregen, was mich davon abhielt, noch nach Spiez weiter zu fahren. So stieg ich um 17:30 wieder auf den Zug und fuhr nach Hause.
Als Fazit kann die Region, auch nordwestlich, des Andrist Massivs sehr empfohlen werden. Sie hat einige Schönheiten und Wildniss parat.
Bemerkungen:
-Die Überwindung der Felsstufe beim Aufstieg zum Schnyders Höri gelingt möglicherweise einfacher, wenn man das westlich des Stalls (Pt. 1'695) liegende Bachtobel quert, in dieser Flanke bis rund 1'850 bzw. 1'900 müM aufsteigt und dann wieder über das Tobel zurück nach Osten traversiert. Dort finden sich jedenfalls Wegspuren über das Fliessgewässer (vgl. Luftbild).
-Das Schnyders Höri hat seinen Namen vom Jäger Hannes Schnyder, welcher gemäss einer Sage einst im Kiental lebte. Gemäss dieser Erzählung konnte dieser dem Erlegen einer seltenen weissen Gämse trotz Mahnung eines mysteriösen Mannes (in gewissen Erzählungen ist es der Teufel) nicht wiederstehen und fand kurz nach einem vermeintlich tödlichen Schuss auf das Tier bei einem Sturz über die Felsen selbst den Tod. Die lange Version der Geschichte findet sich hier.
-Den Nollen erreicht man auch von Nordwesten her via Uf der Schöni, die Felszacken im Steilgras umgehend (siehe entsprechender Bericht von Kollege Zaza und dieses Bild aus meinem Bericht).
-Das Couloir am Hartlishorn ist mit Vorsicht zu begehen, da es viel loses Gestein enthält und es aus lockerem Schiefer aufgebaut ist. Zeitweilig fühlte ich mich an den Aufstieg auf das Türmlihorn erinnert.
-Das Gebiet, welches ich in dieser Wandertour beschreibe, würde sich hervorragend zum Biwakieren eignen. Leider ist dies aber aufgrund des Jagdbanngebietes nicht zulässig.
-Der Sattel zwischen den beiden Andristen soll gemäss dem Voralpenführer ab Steinenberg in einer Tour der Schwierigkeit EB (!) relativ direkt erreichbar sein. Wie das gehen soll? Ja, das frage ich mich auch und nein, der Führer bietet hierzu keine detaillierteren Infos.
-Auf der gesamten Strecke trifft man immer wieder auf Wasserquellen, was gerade an heissen Tage sehr praktisch ist.
Distanz horizontal: 57 km (davon 16 km zu Fuss)
Höhenmeter: 2‘750
Zeit: 9.5 h
Tour im Alleingang

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