Höhentraverse Faed – Foioi – Sevinera – Zota – Robiei


Publiziert von valser , 5. September 2016 um 15:46.

Region: Welt » Schweiz » Tessin » Locarnese
Tour Datum: 2 August 2016
Wandern Schwierigkeit: T5+ - anspruchsvolles Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: I (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: Gruppo Pizzo Castello   Gruppo Cristallina   Gruppo Pizzo San Giacomo   Gruppo Basodino   CH-TI 
Zeitbedarf: 2 Tage
Aufstieg: 1500 m
Abstieg: 500 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Postauto bis Faed (Bavona)
Zufahrt zum Ankunftspunkt:Postauto bis San Carlo (Bavona), Seilbahn nach Robiei
Unterkunftmöglichkeiten:Capanna Basodino CAS in Robiei
Kartennummer:1271 - Basodino

Diese zweitätige Tour verbindet die Alpen Foioi, Sevinera und Zota. Sie ist in der alten 25'000 Karte von vor 1960 eingetragen. Es ist eine äusserst interessante, aber anstrengende Tour, ab Foioi bis Zota praktisch weglos (ausser von Corte di Là bis Corte Grande). Der Alpweg nach Foioi ist einigermassen gut im Stande und mit offenen Augen, Erfahrung und Vorbereitung auch gut zu finden. Man muss sich mit verschiedenen Herausforderungen befassen: Schlafplatz, Wasserversorgung, Ausgesetztheit, Wegfindung und Ausdauer. Die Strecke Cupol – Corte di Là und fast noch mehr Corte Grande – Zota ist auch für erfahrene (Bavona-)Wanderer in ihrer Ausgesetztheit speziell und es ist von einer Begehung eher abzuraten. Zur Begehung dieser Passagen sind gutes Kartenmaterial und –studium, Höhenmesser/GPS und Pickel äusserst empfehlenswert wenn nicht sogar von Nöten. Es bestehen verschiedene Ab- bzw Ausstiegsmöglichkeiten: Ab Foioi über den Alpweg oder die Lücke ins Pecciatal, ab Corte Grande über den Alpweg oder ins Pecciatal sowie ab Zota über den Alpweg oder ins Pecciatal, wobei die Variante nach Robiei die einfachste und markiert ist. Die Seilbahn nach Sevinera kann nicht für Publikumsfahrten benutzt werden.

Foioi (Aufstieg mit Pausen und Verlaufen 6h, reine Laufzeit ca. 4h)
Den Alpweg nach Foioi findet man von Faed kommend nach dem überqueren des Ri di Foioi, dieser ist an der Stelle mehrfach verzweigt und es müssen alle Bachbette überquert werden. Danach rechts in den Wald hoch zum Einschnitt, es ist eine deutliche Spur sichtbar. Im Wald zeugen frisch herunter geflogene, kopfgrosse Steine von der Wildheit der Gegend. Der Weg führt zum Bachbett hin und dann diesem entlang hoch wieder im Wald, ohne dieses zu überqueren. Zwischen den Steinen verschwindet eine Aspisviper. Von dieser Art habe ich schon mehrere auf dieser Seite des Bavonatals gesehen. Nach einiger Zeit dreht der Weg zur Felswand links hin über ein Band, wo dann die Treppe mit der Inschrifttafel beginnt. Danach über begrastes Gelände Richtung Norden zum Punkt 1037(nur in den alten Landkarten markiert). Dieser ist mitten im Aufstieg und kam beim Gehen recht überraschend. Man befindet sich gleich vor einer Felswand, welcher nach links der Weg nach Foiazzöö und rechts der Weg nach Foioi entlang gehen. In unserem Fall war der Weg bis hierhin und weiter Richtung Foiazzöö gemäht, nach Foioi nicht, was die Abzweigung noch unscheinbarer machte. Von dort (Barbacane) also etwas weniger offensichtlich, über Bänder überwachsen mit hohem Gras, wieder in Richtung Einschnitt Foioi. Es gibt einige etwas ausgesetzte Stellen, aber (in meiner Erinnerung) mit Seil. Dann auf der Rippe zwischen Bavonatal und Foioital im Wald hoch nach Terasc. Diese Hütte ist wirklich in gutem Zustand und ein Bijou.
Weiter geht es nun das Tal nach hinten. Bald nach Terasc die bekannte Stelle mit dem Balkenloch, welches zum überqueren einer Bachrinne zu begehen braucht. Danach verlieren wir den Weg und gehen die Höhe haltend bis zur nächsten Rinne. Mit einiger Mühe müssen wir dann dort durch den Wald und Felsen hoch. Wir suchen in der Rinne nach „logischen“ Überquerungsorten, und ich sehe dann nach einiger Zeit eine der überall vorhandenen roten Markierungen. Jetzt aufmerksamer, gehen wir weiter ins Tal hinein. Nach einer weiteren Rinne steigt der Weg nach links den Hang hinauf bis zum Corte di Fondo. In diesem Anstieg sind einige grosse umgestürzte Lärchen zu umgehen, diese nicht übersteigen sondern auf der Seite, von der man kommt, entlang hochgehen. Wegen diesen Bäumen verliert sich die Spur, man kann gut ohne Spur den Wald hoch zur Alp steigen. Dort erwartet uns ein schöner Steinbock, welcher sich durch den Hinterausgang durch die Hütte flüchtet. Danach plötzlich ein Gesurr in der Luft – es überrascht uns eine Drohne, welche von zwei Leuten gesteuert wird, die auf dem Grat der Alpe Oglie stehen.
Nach Corte di Fondo ist der Weg etwas schwieriger zu finden, vor allem zwischen den Blöcken bei der Hütte.  Man geht leicht ansteigend über die Blöcke und dann ziemlich die Höhe haltend bis zum ersten Graben. Bei diesem und allen folgenden Gräben Markierungen auf beiden Seiten. Im ersten Graben endlich die erste Möglichkeit, Wasser nachzufüllen. Grosse Erleichterung, weil sonst hätte unser Plan, oben zu übernachten, gewackelt. Über zwei weitere Gräben auf die Rippe, auf welcher Corte di Mezzo steht. Diese ist nicht mehr so überwachsen, mehrheitlich Wiese und Alpenrosen. Hier auch eine erste flache Stelle wo man biwakieren könnte. Wenn man weiterginge, würde man im Graben des Ri di Foioi landen.  Der Aufstieg bis Corte di Mezzo ist trotzdem ziemlich anstrengend, man geht die Rippe senkrecht hoch durch die steile Wiese mit den Büschen.  Dann ist das Ziel erreicht, und gleich hinter den Ruinen ist sogar eine Fläche genau so gross wie unser Zelt! Auch hier ein Steinbock, welchen wir für die Nacht von seinem Stammplatz vertreiben. Polenta kochen und nach dem Sonnenuntergang schlafen. Eine herrliche Stimmung abends auf Foioi!

Foioi – Sevinera – Zota – Robiei (reine Gehzeit ca. 7-8h)
Wir stehen zeitig auf und machen uns auf den Weg nach Cupol. Wir folgen der Spur bis zum Bach westlich von Corte di Mezzo (führt auch etwas Wasser) und steigen zuerst weglos im Bachbett, später auf der westlichen Seite gerade auf. Weiter oben folgt ein Felsriegel, dort nach links Richtung Cupol, über eine weitere Rippe bis zum Punkt 2231, jetzt ist der Höhenmesser bzw GPS zur Orientierung sehr nützlich! Der grosse Steinmann dort trohnt herrlich über dem Tal. Wir pausieren lange und projizieren unsere zu gehende Route in den folgenden Kessel. Wir haben Respekt, der Kessel ist wirklich sehr steil. Schliesslich geben wir uns einen Ruck und traversieren bis zum letzten Gräblein gleich unterhalb der Wand am oberen Rand. Im dritten Graben über die Felsen absteigen und daneben auf die nächste grosse Rippe. Hier ein toter Baum und herrliche Rundsicht. Weiter, bei dem folgenden Bockfeld etwas absteigend bis zu P.2146. Im Blockfeld und beim Punkt einige Steinmänner. Wieder herrliche Rundsicht. Es folgt der grosse Kessel von Sevinera. Die Hütte von Corte di Là ist von P. 2146 aus als Steinhaufen in der Wiese zu erkennen, wobei es sich nicht um einen Haufen, sondern um das Pultdach von der Hütte handelt. Das Gelände ist übersichtlich und einfach zu begehen. In den Kessel absteigen, gleich unter dem Ausläufer von P. 2220 hindurch und über das einzige Grasband (mit Spuren) nach Corte di Là aufsteigen.
Der Weg nach Corte Grande führt dann (die Spur beginnt etwas nach Corte di Là) durch eine unüberwindbare Wildnis aus Wald, Gräben und Felsen hindurch, ziemlich der Luftlinie folgend. Meist überwuchert, aber die Spur immer ziemlich deutlich und auch logisch im Gelände. Eine grossartige Stelle führt über einen Grat und dann nach rechts nach unten wieder zurück, quasi mit 2 Serpentinen über Treppen. Beim ersten Bachgraben eher nach unten halten beim Queren. Am Schluss führt der Weg gemütlich geradeaus über die Wiesen bis Corte Grande. Auf untersten Teil halten wir Ausschau nach einer Abzweigung den Hang hoch Richtung Seilbahn, doch wir sehen nicht mal ansatzweise eine Spur. Pause bei der Hütte, dann zurück auf selbem Weg und ca. nach 50 Metern noch vor dem ersten Bachlauf frei den Hang hoch. Als es felsiger wird, links in Richtung Seilbahn. Sehr ermüdend ist dieser Aufstieg durch die überwachsene steile Wiese, bei der Station rufen wir spontan die Seilbahn Robiei an und fragen, ob es möglich wäre, die Transportbahn Sevinera zu benützen, erwartungsgemäss kommt aber eine klare Absage. Wir haben keine Wahl und müssen nach Robiei, trotz stark geschwundenen Kräften. Wir gehen also zum Graben nördlich der Seilbahnstation. Diese Passage (weglos) ist gleich ein Knaller: sehr exponiert queren wir in den Graben. Es scheint mehrere Möglichkeiten zu geben, wir gehen ziemlich genau auf 2000 Metern, leicht höher als die Station. Nach dem Graben nach Westen zum Punkt 1991, ein Knaller im Umgekehrten Sinne. Eine flache, liebliche Grasterrasse ziemlicher Grösse mit einer unschlagbaren Sicht übers ganze Bavonatal. Dann wieder ein Negativknaller, wir sind kurz vor dem Aufgeben: die Durchquerung des folgenden Grabens bis zur Stelle zwischen den Wörtern „dei Vanis“ auf der 25'000 Landkarte ist noch etwas schwieriger als die Stelle zuvor. Ich würde unsere Traverse ziemlich eindeutig als T6 einstufen. Der Aufstieg auf die Rippe wirkt, als ob man auf einem alten Weg ginge. Danach durchs Gestrüpp Richtung Zota, stellenweise mit Spuren, laut GPS genau auf dem alten Weg. Von Zota bis P. 1991 war bis 1975 ein Weg in der Karte eingetragen. In Zota angekommen, endlich auf bekanntem Terrain, völlig erschöpft, trinken aus dem Bach, hinlegen, ausgiebiges erholen. Die letzte Seilbahn in Robiei haben wir aufgegeben und reservieren uns ein Schlafplatz in der Basodino-Hütte. Ab Zota in 1.5h zur Hütte auf bekanntem, markiertem Weg. Kurz vor Robiei im letzten Abstieg noch eine sehr kritische Stelle, sehr rutschiges Kies, steiles Culoir, die angebrachte Kette viel zu kurz. Der Hüttenwart erzählt enttäuscht, dass sich die einheimischen Hirten nicht an seine neu markierte Wegführung halten, deshalb kommen immer wieder Leute zu dieser ausgesetzten Stelle. Die Erlösung wie die Erschöpfung ist gross, der Brasato umso besser. Am nächsten morgen fahren wir mit der ersten Bahn zu Tal zurück zum Auto in Faed.
 
 
                             

Tourengänger: valser


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Kommentare (11)


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Zaza hat gesagt:
Gesendet am 5. September 2016 um 20:38
Eine sehr schöne Route, wir haben sie im 2005 in umgekehrter Richtung mit dem SAC Locarno als Tagestour begangen. Das war natürlich nur möglich, weil der Tourenleiter die Route kannte. Teresio Valsesia hat dann noch einen kleinen Artikel im Giornale del Popolo über die Tour geschrieben (leider nicht online).

Lg zaza

valser hat gesagt: RE:
Gesendet am 6. September 2016 um 00:02
interessant! wie würdest du die route klassieren? T6 ok? würde mich sehr wunder nehmen ob ihr/wir wirklich auf der gleichen höhe traversiert haben... zwischen sevinera und zota waren wir stellenweise recht im "gjätt" und nicht sicher ob wir auf der route des ursprünglichen alpweg waren. zwischen cupol und sevinera wars relativ offensichtlich...

Zaza hat gesagt: RE:
Gesendet am 6. September 2016 um 06:35
Tendenziell habe ich es als nicht ganz so schwer in Erinnerung, aber viel ist mir nicht geblieben. Mir ist, dass wir recht lang zumindest auf einer Spur unterwegs waren. Ein paar wenige Fotos habe ich noch, aber daraus lässt sich wohl kaum was schliessen zum genauen Routenverlauf.

Welche Bavona-Alpen fehlen dir noch für dein Vorhaben?

Lg zaza

valser hat gesagt: RE:
Gesendet am 10. September 2016 um 11:23
jetzt kommen tendenziell die schwierigen bzw weiten alpen dran...
zb cazzana/pisom, orsalia, das ganze gebiet ganz hinten im val calnegia, paraula, oglie, schied, cadinc. nur halb geschafft oder begangen hab ich bedu und fiorasca...
ganz oben auf der liste sind schon orsalia und cazzana, aber da stehen mir noch einige bäume im weg :)

Zaza hat gesagt: RE:
Gesendet am 10. September 2016 um 15:43
Ich würde raten, zuerst Cazzana und Schied zu besuchen. Die sind meines Wissens noch wild geblieben, während die meisten anderen Alpwege jüngst aufgefrischt wurden (zuletzt Orsalia und Paraula).

lynx hat gesagt: Cupol
Gesendet am 6. September 2016 um 15:51
Hallo Valser

Eine abenteuerliche Tour in mystischer Gegend! Ich gratuliere dir/euch ganz herzlich zu dieser gelungenen Tour!

Von Corte Grande hätte ein noch über weite Strecken erkennbarer Weg (T3 bis T4) direkt hinunter nach San Carlo geführt. Wäre nur ca. eine Stunde gewesen.

Wie sieht es im Kessel von Sevinera - Corte di La mit Wasser aus?

Wie ist der Aufstieg von Corte di Cima/Corte di Mezzo auf der Alp Foioi bis zu dem grossen Steinmann von Cupol schwierigkeitsmässig zu bewerten?

Gruss Lynx

valser hat gesagt: RE:Cupol
Gesendet am 7. September 2016 um 12:17
genau, wir wussten halt nicht so genau, wie gut wir den weg finden würden, vor allem im abstieg, ohne ihn zu kennen...
wasser fanden wir vor allem südlich von corte di la, zwischen p.2146 und corte di là gibts (in meiner erinnerung) mehrere wasserführende bachläufe.
der aufstieg nach cupol ist in dem sinne nicht schwierig, einfach anstrengend und weglos über die überwachsenen wiesen und steil. das gelände ist aber übersichtlich und es gibt keine ausgesetzten stellen.

lynx hat gesagt: RE:Cupol
Gesendet am 7. September 2016 um 14:24
Hallo Valser

Danke!

Ich habe bereits das ganze Val Foioi mit Übergang auf Cresta del Piatto hinunter ins Valle di Peccia gemacht - mit ungeplanter Übernachtung im Freien.

Das Val Sevinera bis Corte Grande habe ich letztes Jahr gemacht. Das fehlende Zwischenstück über Corte di La ins Foioi fehlt mir noch. Es kann sein, dass ich das sehr bald in Angriff nehme. Deshalb bin ich dir für deine Antworten dankbar.

Ich wünsche dir weiterhin abenteuerliche Touren in der Tessiner Wildnis.

Gruss Lynx

valser hat gesagt: RE:Cupol
Gesendet am 17. August 2017 um 11:41
hallo lynx
habe gerade den weg nach sevinera begangen. nun ja, ausgesetzt ist er ja nicht, aber 1. verdammt steil weil der weg ohne zickzack den berg hoch führt und 2. sooo gut sichtbar war er jetzt auch wieder nicht... ich würde eher T4-T5 bewerten...

Seeger hat gesagt: Gratuliere
Gesendet am 6. September 2016 um 21:01
Hallo Valser
Das ist eine Top-Leistung. Vor Jahren hatte ich diese Traverse auf meiner Wunschliste.
Deine gewählte Route ist dank der exakten Beschreibung und den Bildtexten sehr gut nachzuvollziehen.
Wertvollster Bavona - Beitrag im HIKR.
Dein Durchhaltewille und Können sind einfach super.
Gruss
Andreas

valser hat gesagt: RE:Gratuliere
Gesendet am 7. September 2016 um 12:18
herzlichen dank!


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