Eigentlich müsste man es sich gar nicht so schwer machen und könnte in Hochzirl zu den beiden Solsteinen starten - das sind zwar auch beachtliche 1650 Höhenmeter, aber wenigstens hält sich der Anmarsch in Grenzen. Wer das Karwendel aber gerne so richtig erleben und seine Einzigartigkeit erkunden möchte, der startet besser in Scharnitz. Die sowieso schon nicht gerade kurze Unternehmung wird dann zwar noch um einiges länger und ohne Radlunterstützung macht die Tour überhaupt keinen Sinn, aber die vielfältigen Landschaftseindrücke rechtfertigen das Mehr an Aufwand allemal. Außerdem kann man die Tour mit einer Nacht auf dem Solsteinhaus auf zwei Tage aufteilen, sofern man mag. Kurios ist übrigens, dass der Kleine Solstein rund 100 Meter höher ist, als sein "großer" Bruder. Dieser ist zwar deutlich massiger, hat aber eben bei der Höhe das Nachsehen.
Von Scharnitz aus geht's mit dem Radl an der jungen Isar aufwärts. An der Gleirschhöhe verlässt man den Fahrweg ins Hinterautal und folgt der Schotterstraße bergab. Die Isar wird gequert und jenseits geht's recht steil wieder aufwärts ins Gleirschtal. Die Steigung legt sich schließlich zurück und zeitweise schwach fallend führt der Weg hinunter zum Gleirschbach, an dessen Ufer es weiter ins Herz des Karwendels geht. Kurz vor Erreichen der Amtssäge wird das Gleirschtal nach rechts auf guter Forststraße ins Groß-Kristental verlassen. Wieder steiler geht's an der Kristenalm vorbei und nach dem Überqueren des Kristenbachs ist am Abzweig des Steigs zum Solsteinhaus das Radldepot erreicht. Die Blicke auf die abweisenden Nordwände der beiden Solsteine sind beeindruckend!
Auf dem Steig geht's zunächst durch Wald, dann durch Latschen und schließlich durch freies Gelände hinauf zum Erlsattel, der Erlspitze und Großen Solstein voneinander scheidet; dort steht die Erlalm und es ist es nur noch ein Katzensprung zum Solsteinhaus, wo man nächtigen oder zumindest eine Pause einlegen könnten.
Knapp vor der Hütte zweigt der beschilderte Anstieg zum Solstein ab; durch freigeschnittene Latschengassen leitet der Steig steil hinauf ins freie Gelände, ab und zu darf der Wanderer ein kleines felsiges Hindernis überkraxeln. Im Zickzack geht's auf einem aussichtsreichen, breiten Rücken hinauf. Der Anstieg zieht sich ewig, aber irgendwann wird dann doch der höchste Punkt des Großen Solstein erreicht - am Kreuz auf der großen Gipfelwiese lässt es sich wunderbar im Gras liegen, auch ein Picknick wäre hier nicht verkehrt. Es zeigt sich die Crème de la Crème der Karwendelprominenz und jenseits des tiefgeschnittenen Inntals grüßen die vergletscherten Zentralalpen mit dem Olperer. Der Ausblick ist so schön, dass man eigentlich gar nicht mehr hinüber zum fast 100 Meter höheren Kleinen Solstein steigen müsste...
...aber natürlich lohnt der Weiterweg! Der markierte Steig leitet hinunter zum breiten Sattel zwischen Großem und Kleinem Solstein. Den dort abzweigenden Abstieg zur Magdeburger Hütte lässt man rechts liegen und folgt dem Steig in östlicher Richtung, der sich in der Wiese kurzzeitig verläuft, dann aber wieder deutlich in Erscheinung tritt. Eine Zwischenerhebung wird südseitig ziemlich spektakulär auf breitem Band umgangen, dann quert man den Gipfelaufbau, bis die Markierungen recht direkt durch schrofig-felsiges Terrain nach oben leiten. Zuletzt geht's am Gipfelgrat hinüber zum höchsten Punkt, den ein Gipfelkreuz (mit -buch) ziert. Hier oben ist die Aussicht noch umfassender als auf dem Großen Solstein, denn nun zeigt sich im Osten der gesamte Verlauf der Inntalkette - vor allem die Hohe Warte und die Hintere Brandjochspitze machen eine schneidige Figur. Über den Großen Solstein schaut man zur Zugspitze und im Tal kann man den Flugzeugen bei der Landung am Innsbrucker Flughafen zusehen. Was für ein Programm, doch am schönsten ist der Blick ins Herz des Karwendelgebirges!
Der Abstieg verläuft auf der Anstiegsroute. Den Zwischenstopp am Solsteinhaus hat man sich redlich verdient und die Rückfahrt mit dem Radl ist eine recht lässige Angelegenheit, wenn nur nicht der Gegenanstieg am Anfang des Gleirschtals wäre. Die restliche Abfahrt ist jedenfalls Genuss pur!
Schwierigkeiten:
Bike&Hike zum Solsteinhaus: L, T1 (Radlauffahrt auf breiten Schotterwegen, Anstieg einfach).
Aufstieg zum Großen Solstein: T2 (keine technischen Schwierigkeiten, einzelne felsige Absätze).
Abstecher zum Kleinen Solstein: T4-, I (ab und zu braucht man mal den Hände am Fels, Schwindelfreiheit und Trittsicherheit sind nötig, teilweise ist es etwas ausgesetzt).
Fazit:
Eine sehr aussichtsreiche 4*-Bike&Hike-Tour, an der jeder Gefallen findet, der gerne das Radln mit dem Wandern kombiniert. Der lange Anstieg vom Solsteinhaus zum Großen Solstein ist zwar etwas monoton, dafür aber sehr aussichtsreich; der Abstecher zum Kleinen Solstein bringt angenehme Würze in die Unternehmung und verläuft teilweise auf spektakulärer Trasse. Wer mag, kann die Tour durch eine Übernachtung im Solsteinhaus auf zwei Tage aufteilen. Achtung: An heißen Sommertagen wird man auf beschriebenem Anstieg durchgegrillt und Flüssigkeitsnachschub gibt's oberhalb des Solsteinhauses nicht (der
83_Stefan hatte sowohl Sonnencreme als auch Gipfelradler im Auto vergessen).
Kategorien: Karwendel, bike and hike, 4*-Tour, 2600er, T4.
Knapp vor der Hüt
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