Sonnenuntergang überm Nebelmeer - Von Norden auf den Geigelstein


Publiziert von maxl , 27. November 2014 um 16:16.

Region: Welt » Deutschland » Alpen » Chiemgauer Alpen
Tour Datum:23 November 2014
Wandern Schwierigkeit: T3 - anspruchsvolles Bergwandern
Wegpunkte:
Geo-Tags: D 
Zeitbedarf: 5:30
Aufstieg: 1300 m
Abstieg: 1300 m
Zufahrt zum Ausgangspunkt:Etwas südlich von Schleching von der B176 nach Ettenhausen abbiegen. Im Ort die lange Straße bis zur Talstation der Bergbahn. Dort (bei Betrieb kostenpflichtige) Parkmöglichkeit
Unterkunftmöglichkeiten:Die private Wuhrsteinalm

Im Alpenvorland ist dieser November mal wieder nur schwer zu ertragen. Würde man nicht dem lohnenden Hobby des Bergsteigens nachgehen, würde man wohl gar nicht mehr wissen, wie so etwas wie die Sonne überhaupt aussieht. Allerdings ist das flachländische Dauergrau nicht zähen Tiefdruckgebieten geschuldet, sondern einer hartnäckigen Nebeldecke, die wenige Meter über dem Boden auch die letzte Hoffnung auf den ein oder anderen wärmenden Sonnenstrahl im Keim erstickt. Steigt man nun eben diese paar Meter hoch, sieht die Sache freilich anders aus - und nun wirklich ganz anders war sie an diesem Sonntag, an dem nun wirklich makelloses AKW herrschte, vorausgesetzt, man hat eben die Nebeldecke unter sich gelassen. Zu diesem Behufe nehme ich mir mal wieder eine Runde um den Geigelstein vor. Im Gegensatz zur Frühjahrs-Tour mit Andrea will ich allerdings diesmal von Norden hinauf, um oben dann den Sonnenuntergang genießen zu können.

Los geht's also recht gemütlich um halb elf an dem Parkplatz der (derzeit ruhigen) Talstation der Breitenbergbahn in demjenigen Ort, der phonetisch so nah an einer gewissen, überwiegend von Enten bewohnten fiktiven Stadt in den USA liegt. Am Ortsende von Ettenhausen geht's also den Schildern nach den Fahrweg entlang, der später gen Wuhrstein-Alm führt. Ich verfolge diesen allerdings nur etwa 10min und biege dann nach rechts auf einen weiteren Fahrweg ab, der recht deutlich ansteigend die dicht bewaldeten Osthänge quert. Nach einer weiteren viertel Stunde geht's nach links auf den Fahrweg zur Haidenholzalm. Diesen verfolge ich nun ein ebenso schweißtreibendes wie aussichtsarmes Stünderl in einigen Kehren hinauf. Schließlich erreiche ich die schattige Mulde, in der die Haidenholzalm liegt - die Fahrweg-Hatscherei hat nun erstmal ein Ende, fein!

An der Alm führt ein sanfter Pfad zunächst durch etwas Wald, dann in Wiesengelände hinein. Er steuert in angenehmer Steigung auf eine schwach ausgeprägte Scharte zu, die ich nach einer weiteren halben Stunde etwa erreiche. Von dort muss man nur noch knappe 10min in leichtem bergab (sic!) auf den Gipfel (sic!!) des Weitlahnerkopfes steigen. Diesen als einen Gipfel zu bezeichnen, erscheint angesichts seiner Schartenhöhe schon als reichlich vermessen, aber was soll's, schließlich hat der Gupf nicht nur einen Namen und wartet mit einer schönen Aussicht auf, es findet sich hier auch ein stattliches Gipfelkreuz. Gute 2h ab Ettenhausen also, glatt T2.

Doch ich kann mir nicht helfen, ein gewisses Gefühl mangelnder Befriedigung ob dieses kümmerlichen ersten Gipfelsieges stellt sich bei mir schon ein. Zudem liege ich gut in der Zeit, bis zum Sonnenuntergang dauert's noch ewig - so fasse ich voller Tatendrang den Entschluss, den höchsten Punkt der Aschentaler Wände zu besuchen. Ein nur bedingt weiser Entschluss, wie sich kurze Zeit später herausstellen sollte: Zunächst spaziere ich den Weg (besser: das vom schmelzenden Schnee gespeiste Bächlein) retour, danach über Wiesenhänge einem weithin sichtbaren, schwach ausgeprägten Gras-Gipfelchen zu. Als ich - mit reichlich nassen Füßen - schließlich dort oben stehe und die immer stattlicher werdende Aussicht genieße, gewahre ich jedoch ebenfalls voller Schrecken, dass dies noch lang nicht der höchste Punkt ist. Ich spaziere also weiter hinauf, nun wieder in die umgekehrte Richtung und in eine breite Latschengasse hinein. Diese endet, wie ich wenig überrascht, aber stark enttäuscht feststellen muss: Zwar finden sich uralte Schnittspuren, jedoch sind diese nicht mehr wirklich hilfreich. In einem zuweilen sehr beschwerlichen Latschenkampf (LKK4) wühle ich mich vor zum höchsten Punkt, lohnend ist was anderes, aber was will ich, geschafft ist geschafft. Dem potentiellen Nachmacher sei an's Herz gelegt, dass ohne eine gehörige Portion Masochismus oder einer übermäßig stark ausgeprägten Gipfel-Sammel-Leidenschaft dieser Gipfelpunkt kaum einen Besuch wert sein dürfte.

Naja, was soll's, ich komme halbwegs wohlbehalten, da nur wenig zerkrazt aus den Latschen raus und begebe mich wieder in die Scharte zwischen Aschentaler Wänden und dem nördlich gelegenen Gipfelpunkt (oft als Tauron bezeichnet). Halb drei ist's inzwischen, also strebe ich dem Geigelstein zu. Zunächst geht's schattig auf der Trasse der Skiroute an der Roßalm vorbei, danach den latschenbewehrten Gipfel des Roßalpenkopfes auf westlicher Seite querend recht eben dahin. Letzteren Gipfel wollte ich mir eigentlich auch ansehen, aber auf den ersten Blick entdecke ich keinen passablen Durchschlupf durch die Latschen. Naja, dürfte auch nur wenig lohnend sein, ein Sammlerobjekt eben. Nach dieser weiteren landschaftlichen Recherchearbeit strebe ich nun also endfültig und wildentschlossen dem Geigelstein zu. Hierzu muss nur noch der aus den Latschen ausgeschnittene Steig durch die Nordflanke verfolgt werden - heute kein echtes Vergnügen, denn durch die zahlreichen Begehungen gleicht dieser eher einer Eispiste als einem Steig. Trotz dieses letzten Hindernisses stehe ich um halb vier endlich auf dem Geigelstein. Unter normalen Bedingungen wird T2 nirgends überschritten, heute freilich T3.

Einsam ist's hier, ruhig und schön. Und diese Aussicht, meine Güte, über 150km in jede Richtung, wann hat man das schon mal. Der einzige  Wermutstropfen ist der konstante Wind, der die gefühlte Temperatur doch in den Bereich des Unangenehmen treibt. Aber das ist ein geringer Preis hinsichtlich dessen, was es hier zu bestaunen gibt - die schier undurchdringliche Nebelsuppe im Tal, und die immer tiefer sinkende Sonne, die schließlich hinter der Grubenkarspitze verschwindet. Nach einer knappen Stunde Gipfelaufenthalt verlasse ich diesen heute einsamen wunderschönen Platz wieder und schlendere voller Glücksgefühle durch die fast schneefreie Südflanke hinab. Nach einer knappen viertel Stunde halte ich mich am Wegabzweig links und muss nun in die SO-Flanke, die durch den zaghaften Restschnee gut rutschig ist. Eine weitere viertel Stunde muss ich mich hinabeiern, dann bin ich auch schon an der Wirtsalm, einem kleinen Gebäude, an dem der Fahrweg nach Ettenhausen beginnt. Dieser führt mich in einer (recht flotten) weiteren viertel Stunde hinab zur bewirteten Wuhrsteinalm. Hier sehe ich Licht und Autos, die Wirtsleute packen grad zusammen. Ich schlendere weiter, immer noch zutiefst zufrieden, inzwischen aber ob der Dunkelheit mit Stirnlampe, da überholt mich das Auto der Wirte, bremst, und letztere laden mich zum Mitfahren ein. Was für ein Glück, dass es solche netten Leute gibt. So wird aus einer Stunde fadem Fahrweg-Gehatsche 5min rasante Abfahrt mit dem Allrad, das ist fein. Noch deutlich vor halb sechs bin ich wieder am Auto in Ettenhausen, froh über einen Tag, an dem (fast) alles perfekt funktioniert hat.

Tourengänger: maxl


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Kommentare (6)


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Erdinger hat gesagt:
Gesendet am 27. November 2014 um 17:52
Sehr schön! Ich kann es nur bestätigen, war an diesem Tage ja auch unterwegs: Eine Gipfelschau allererster Güte!

LKK4 :-)

maxl hat gesagt: RE:
Gesendet am 27. November 2014 um 20:32
= Latschenkampfklasse. Fast hätten sie mir meine Knipse entrissen....:-)

Chiemgauer hat gesagt: Aschentaler Wände
Gesendet am 6. Dezember 2014 um 17:10
Wenn man es durch die Nordflanke macht (Ausgangspunkt Scharte zwischen Aschentaler Wände und Weitlahner), dann ist es bei guter Routenwahl T3/I ohne Latschenkontakt. Musste mich auch einmal durch die Latschen kämpfen um diese Variante zu entdecken ;-)
Hans

maxl hat gesagt: RE:Aschentaler Wände
Gesendet am 6. Dezember 2014 um 20:24
ah, von der Seite also... ich war schon in der Scharte, hab aber keinen passablen Einstieg in die Latschen gefunden. Am östlichen Abbruch bin ich die Kante noch a bisserl hoch, hier ist einiges ausgeschnitten, wohl aber eher für die Viecher, danach geht nix mehr weiter. Der Schnee hat auch nicht gerade geholfen.... Und Latschen hatte ich auf den Aschentaler Wänden nun wirklich genug:-)

Chiemgauer hat gesagt: RE:Aschentaler Wände
Gesendet am 6. Dezember 2014 um 22:06
man quert im Norden unterhalb der Latschen/Felsen, bis man wieder zum Grat in einen Sattel aufsteigen könnte (oben steht ein Steinmann). Hier aber nicht hoch, sondern ein klein wenig nach unten und weiter queren, bis ein Rinne (Stelle I) nach oben führt und direkt am höchsten Punkt endet. Kurzen Latschenkontakt hat man dann höchstens dort wo abzusteigen ist und dann weiter zu queren, denn dort ist das Gelände nicht einzusehen, ob es wirklich weitergeht, was es aber problemlos tut.

maxl hat gesagt: RE:Aschentaler Wände
Gesendet am 7. Dezember 2014 um 15:23
schau an, danke für die Info!:-)


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