Strahlhorn Südgrat
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Schon im letzten Jahr stand das Strahlhorn über den Südgrat fast ganz oben auf meiner Wunschliste.. nur so ein unbedeutender Zapfen Nahe bei Zermatt bzw Breuill war noch höher... nicht nur in Metern, sondern auch auf meiner Liste. Bekanntermaßen habe ich mittlerweile diesen Gipfel betreten dürfen und in gewohnter Tradition meine Gipfelgaben auch dort hinterlegt. ;-(
So durfte ich mich nun an das Strahlhorn wagen. Mein Schweizer Freund roger_h erklärte mir zwischendurch, das es gar nicht unbedingt notwendig ist, Opfergaben wie Eispickel, linke Handschuhe, Tblocks oder Ähnliches am Gipfel eines Berges zu lassen bzw feierlich in die Tiefe zu werfen. Zwecks Überprüfung, ob ich denn nun auch wirklich alle hinaufgeschleppten Gegenstände auch wieder artig mit hinunter trage, erklärte er sich bereit, mich auf das Strahlhorn zu begleiten.
Vom Mattmarkstausee sollte es losgehen. Der Weg am Chästenbach und über den Schwarzberggletscher zum Bivacco Citta di Luino wird in diversen Führern mit 4-5 Stunden angegeben. Da wir gerne auch etwas länger mit Sack und Pack unterwegs sind , hatten wir zunächst den kühlen Vormittag passieren lassen, um passend zur Mittagshitze im nun weichen Firn unterwegs zu sein.. wenn DAS jetzt mal keine pfiffige Taktik war??!!
Herrlich wie der Firn immer wieder überraschend nachgab und wir abwechselnd teilweise bis zur Ar...backe einbrachen. DAS macht großen Spaß, ist herrlich kraftraubend und die gute Laune geht des öfteren rasant in ungeahnte Tiefen. Auch der mal wieder nicht gerade leichte Rucksack drückte ordentlich auf`s Gemüt und immer wieder noch etwas tiefer in den Schnee. Juchzend vor so vielen Freuden kamen wir denn auch immer langsamer vorwärts und die veranschlagten Zeiten wurden feinstens verlängert. Erst versuchte sich roger_h darin, mir eine passable Spur durch den Firnmatsch zu ziehen, so dass ich kraftschonend in seine Fussstapfen treten konnte. Später wurde mir die "Ehre zuteil", voran zu maschieren....wobei das mit den Ehren so eine Sache ist!! Denn der letzte Firnabschnitt unterhalb des Biwaks hatte es in sich. 3 Schritte vor, 1,5 Schritte zurück ist ein doofer Rhythmus... Ehre hin oder her!!!!
Es war inzwischen später Nachmittag - andere sprechen da auch schonmal vom frühen Abend - als wir fix und alle das Bivacco Citta di Luino erreichten... unsere pfiffige Taktik war also vollstens aufgegangen.
Glücklicherweise waren wir an diesem Tage..(oder Abend :-) die einzigen Gäste dieser großzügigen Unterkunft. Ich möchte mir niemals vorstellen dort mit 4, 6 oder sogar 8 anderen Menschen das Lager teilen zu müssen. Selbst wir Beiden beharkten uns beim Ab- oder Anziehen des Klettergurtes. Obwohl mit 6 Schlafplätzen ausgestattet, hat das Biwak ansonsten gerade mal Platz für 2 Menschen, die stehen, sitzen, an-, aus-, oder sich umziehen wollen. Mit mehreren Personen im Lager käme bald schon ein recht sportlicher Charakter auf.
Leider war ausgerechnet heute die 4 Sterneküche des Biwaks geschlossen. Weder Hummerschwänze an Austernsoße, noch Champignons im Bierteig gab es serviert und auch kein Dialog der Früchte. Dafür kredenzte mir mein persönlicher Koch der zahllosen Sterne (am Himmelszelt) roger_h ein Risotto an Gletscherwasser, was ich soo schnell nicht wieder vergessen werde!! Hm, war das lecker.... (nach dieser Lobhudelei ist dir, lieber Roger, klar, dass du hiermit für immer zum Sternekoch im Biwak gewählt wurdest... aber vielleicht muss es dann nicht unbedingt Risotto sein :-)))
Schon gegen ca 20.30 lagen wir das Risotto verdauend im Leinenschlafsack und schlummerten mal mehr, mal weniger gut vor uns hin.
Die nun folgende Situation ist mir eigentlich noch nie passiert, will ich aber dem geneigten Hikr-Leser auch nicht vorenthalten. (ansonsten würde wohl mein Begleiter diesbezüglich noch ein paar Zeilen hinzufügen!). Für unseren Gipfeltag wurde einheitlich beschlossen, den Wecker auf 04.00 Uhr zu stellen. Und tatsächlich klingelte dann auch der Wecker.. meinte zumindest der Schweizhutträger klar und laut vernommen zu haben. Wohl kurz noch mal eingenickt, wachte ich dann wieder erschrocken auf und machte mich alsbald daran im Strinlampenfunzellicht schon mal meine Getränkeflasche zu füllen. Als ich nun auch den Kocher anstellte, um meinem Schweizer Freund einen köstlichen Coffeintrunk zu kreieren, tauchte aus seinem Schlafsack ein noch etwas verpennter roger_h-kopf auf und ließ anfragen, was um alles in der Welt ICH denn da gerade veranstalte?!!!!!!!!! Auf meinen Hinweis hin, er solle sich mal sputen, der Wecker hätt vor einiger Zeit gebimmelt, schüttelte er sein weises Haupt und verneinte dies. "Da hat kein Wecker geklingelt und schon garnicht meiner", entgegnete er. Leichter Ärger machte sich spontan in des Flachlandhausener Körper breit und ich wollte schon andere Maßnahmen ergreifen, den jungen Mann aus dem Bett zu kriegen. Im letzten Moment tauchte (gottseidank) irgendwo im tiefsten Inneren noch ein Geistesblitz auf und ich schaute auf meine (Handy)Uhr und siehe da....
... wir hatten gepflegte 02.46 Uhr!!!!!!!
Oh, Mann, WIE peinlich ist DAS denn JETZT!!!!! Ich hatte alles nur geträumt.
Mit einer genuschelten Entschuldigung trollte ich mich wieder in meine Koje und ließ den Schweizer Freund die restlichen 74 Minuten in Ruhe schlafen... um 04.00 Uhr klingelte dann tatsächlich der Wecker.
Der Gedanke aus den Untiefen des warmen Lagers nun in die harte und vor allen Dingen kühle Wirklichkeit zu steigen, ließ mich nicht gerade frohlocken, aber da mein Tourenbegleiter schon eine ansprechende Betriebsamkeit an den Tag legte, wollte ich mich nicht lumpen lassen und begann gleichfalls mal einen regen Aktionismus zu demonstrieren.... und kochte erstmal Kaffee.
Recht schweigsam mümmelten wir dann an weichen Brötchen vom Vortag herum, jeder schon in Gedanken an das gemeinsame Tageswerk.
Gegen 05.00 Uhr zogen wir los und hatten gleich mal nur die zweitbeste Idee des Tages. Bei der Wahl zwischen einem kleine Firnbalkon, der gequert hätte werden müssen und der Überschreitung des Schwarzberghorns, entschieden wir uns für`s Schwarzberghorn. Direkt oben am Gipfel verpassten wir dann einen Steinmann und liefen stattdessen den Grat entlang bis zu einer Stelle wo es nicht mehr weiter ging... als nur noch ziemlich steil hinunter. Mann, das fing ja gleich schon echt bescheiden an, dachten wir Beide und durften uns durch eine ungemütliche Geröllflanke einen Weg zum Findelgletscher suchen.
Aber ab Firn lief es dann richtig rund. Das flache Firnbecken wurde gequert, das bis zu ca 40 Grad steile Firncouloir wurde hinaufgesteigeist und schon standen wir auf dem oberen Gletscherterrasse. Einzig roger_h Taktik, dieses 40 Grad steile Couloir ziemlich gradlinig hinaufzusteigen (und nicht hinauf zu zickzacken) bemängelte der behelmte Nichtschweizhutträger, da dieser ziemlich keuchend am kurzen Seil versuchte, das (für ihn) recht forsche Tempo zu halten.... aber nur in Gedanken, denn wer keucht und außer Atem ist, kann nicht sprechen... warscheinlich war das die eigentliche Taktik von
roger_h...pfiffige Taktik, aber das kennen wir ja schon vom Vortag!!
Auch das obere Firnfeld muss gequert werden, um zum Punkt 3883 zu gelangen. Dort beginnt der Südgrat und es darf Hand an Fels gelegt werden. roger_h war nun in seinem Element und führte mich souverän und elegant den Felsgrat hinauf. Die Felsqualität läßt etwas zu wünschen übrig und stellenweise immer wieder ein eher vorsichtiges Klettern im II. Grad zu (2-3 Stellen kratzten auch mal am III. Grad). Gut, daß wir dort allein unterwegs waren:
es liegt da viel loses Zeugs herum und auch wir ließen unbeabsichtigt leider ein paar Bröckchen in die Tiefe gleiten...nicht schön, läßt sich aber manchmal nicht verhindern! Mein Tourenbegleiter war prächtig in Form und ohne auch nur den kleinsten Verhauer fand er den besten Weg immer weiter hinauf.
Mittlerweile befinden wir uns schon in den Ausstiegsmetern. Und diese kleine Szene muss ich dann doch kurz schildern. Da wir den letzten Felsturm bzw deren Schwierigkeit etwas umgangen waren, kamen wir unterhalb einer kleinen Schneewächte aus. Doch irgendwie gefiel Roger weder die linke,noch die rechte Umgehung der Schneewächte. Und was macht dieser Kerl? Mit einem lässigen Spreizschritt (in Fachkreisen wird diese Klettersituation auch schon mal "Sackreißer" genannt) erkletterte er den letzten Turm einfach von seiner anderen Seite ... und mir fielen fast die Augen aus über solch kühne Aktion und ich ärgere mich etwas, dass ich dies nicht in Bild oder sogar Ton festgehalten hab... aber sichern und filmen bzw fotografieren muss ich erst noch im Fortgeschrittenenkurs "Sichern und Filmen, leicht gemacht" erlernen.
Wir hüllen jetzt mal den Mantel des Schweigens über das Nachsteigen des behelmten Schweizhutträgers... denn DER ist erst nach mindestens 3maligem Nachfragen, ob die Sicherung auch wirklich seinen Ansprüchen entsprechend gesetzt wurde, nachgestiegen!! Aber pssst, dies wird nicht weitererzählt!
So, wer es bis hierhin gelesen hat, der hat es auch fast geschafft.. bis zum Gipfel des Strahlhorns. Wir müssen nun einige Meter im Firn querend bis zum Einstieg des finalen Felsgrates überwinden. Wobei dem Seilersten (roger_h nicht ganz klar war, wo der Seilzweite denn gerne in den Felsgrat einzusteigen wünschte. Erst korrigierte ich etwas nach rechts, dann wieder nach links.. bis Roger sich umdrehte und energisch fragte: "jetzt sag mir endlich mal genau, wo DU denn hin willst" :-))) herrlich, ich mag die deutsch-schweizerische Seilschaft sehr!!! (und dies ist tatsächlich auch echt ernst gemeint!!!).
Kurz darauf erreichten wir den Gipfel. Herrlich und mit Worten eigentlich nicht zu beschreiben, diese Tour mit einem tollen Tourenbegleiter geschafft zu haben. Ich sag`s mal nur mit einem Wort: "Gänsehaut" (und leichtem Pippi in den Augen.. aber dies hat gottseidank keiner gesehen..Sonnenbrillen sind nicht nur zum Schutz gegen die Sonne auf der Nase :-)
So, der Abstieg nun in aller Kürze! Erstens, weil es nicht viel zu berichten gibt. 2. weil er spätestens ab Adlerpass auch recht eintönig mit Tendenzen zum nulltönig hat. Und 3. weil die Sonne im Gletscherkessel das Hirn ziemlich zusammenbrutzelte. roger_h hat es treffend formuliert: "Den Weg auf das Strahlhorn über den Normalweg gehe ich höchstens noch einmal. Und dann im Winter und mit Ski... dann kann ich diesen sch....(hier darf sinngemäß gerne ergänzt werden:-) Abstieg hinunterfahren!!!"
ICH bin zwar kein Skifahrer, .. aber besser hätte ich es auch nicht beschreiben können!
Nachtrag 1:
Die Gerstenkaltschale (Mist, Weizenkaltschale gab es erst wieder im Tal) auf der Terasse der Britanniahütte verdunstete vor meinen Augen... oder WARUM sonst war der Bembel sooo schnell ohne Inhalt???
Nachtrag 2:
In 146 Tagen ist Weihnachten!!
Warum ich diese vielleicht unverständliche Notiz hier aufschreibe?
Ganz einfach! Ich habe heute schon meinen Weihnachtswunschzettel verfasst. Und ziemlich fast an oberster Stelle steht geschrieben: bitte eine weitere Hochtour 2014 mit meinem schweizer Freund roger_h... es hat verdammt viel Spaß gemacht mit DIR!
Anmerkung von roger_h: Danke mein Flachlandhausener Freund, ich kann das nur zurückgeben. Touren mit Dir sind Spass pur! Unbedingt auf ein Neues im 2014!
Tourenbeschreibung:
a.) Bivacco Citta di Luino:
Vom Mattmark Richtung Schwarzbergalp. Ca 300m nach der markanten Kurve zweigt links ein Bergweg ab. Diesen folgt man bis zum Punkt 2693, Blick Schwarzberggletscher. Über Wegspuren geht es den Moränenkamm entlang bis man bei ca 2800m auf den Gletscher wechseln kann.
Die laaaangen Firnfelder immer Richtung Schwarzberghorn haltend, gelangt man zu einem steilen Firnhang. Diesen hinauf bis man den Schneegrat etwas vor dem Schwarzberghorn erreicht. Auf dem Grat in wenigen Minuten zum Biwak.
b.) Strahlhorn:
Vom Bivacco Citta di Luino müssen wir die oberen Firnfelder des Findelgletschers erreichen, entweder über das Schwarzberghorn, oder über einen Firnbalkon unmittelbar hinter dem Biwak (siehe hierzu auch die Rubrik "Tips"). Der Gletscher wird etwas links haltend in Richtung Firnrinne gequert. Nun locker flockig die bis zu 40 Grad steile Firnrinne 300 Höhenmeter hinauf und schon hat man die obere Gletscherterasse erreicht. Auch diese wird gequert, nun aber rechtshaltend zum Punkt 3883 (siehe Foto Nr 7). Von dort nun im Fels immer fein an der Kante haltend bis zum Ausstieg bzw Punkt 4143. Über Firn weiter zum kleinen abschließenden Gipfelfelsgrat und schwuppdiwupp ist der Gipfel erreicht. Abstieg über Normalroute (also Adlerpass und Britanniahütte)
Tips und Trix vom WoPolix
- Da einige Hochtouren-Hikr gerne die Literatur "Walliser Alpen" von Silbernagel/Wullschleger zwecks Tourenvorbereitung und Tourenplanung zur Hand nehmen, hier noch ein wichtiger Hinweis: Kochgeschirr und Kocher sind im Biwak vorhanden und müssen deshalb NICHT mit hinaufgewuppt werden!!
- Im Alpinführer Walliser Alpen 4/5 wird der Biwakzustieg über den Roffelpass beschrieben. Wir sind den steilen Finhang mehr in Richtung Schwarzberghorn hinauf gestiegen (so das wir vom Grat aus nur noch 20-30m bis zum Biwak steigen mussten).
- Direkt nach dem Bivacco Citta di Luino gibt es 2 Möglichkeiten, die Tour zu starten. Firnbalkon oder über das Schwarzberghorn. Zumindest bei einigermaßen guten Firnverhältnissen erschien uns..leider erst im Nachhinein...der Firnbalkon als die bessere Alternative. Unter Umständen gerät man am Schwarzberghorn nämlich in Schuttgelände und muss einen umbequemen Abstieg in Kauf nehmen!
- Für die erfahrenen Hochtourengeher ist es selbstverständlich; ich schreib es trotzdem nochmal: die Kopfbedeckung sollte spätestens ab Einstieg Felsgrat der Helm sein.. dafür liegt leider zuviel loses Zeugs herum!
Tips und Trix vom Rogelix für erfolgreiche Touren mit WoPo
- Mit Vorteil übernimmt man freiwillig den Weckdienst, WoPo1961 neigt zu seniler Bettflucht :-)
- Eine penible Materialbestandes-Kontrolle sei dem WoPo1961-Tourenmitgeher am Schluss der Tour ebenfalls empfohlen. Tip: Vermisstes Material liegt vermutlich entweder auf der Saaser oder der Zermatter Seite des Grats :-))
- Im Tourenbericht spielt WoPo1961 die eigene Leistung konsequent herunter und ebenso konsequent lobhudelt er die Leistung seines Tourenpartners. Die Wahrheit liegt ungefähr in der Mitte :-)))
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