Alle Pilatus-Gipfel von Luzern aus


Publiziert von Tobi , 29. Oktober 2011 um 00:15.

Region: Welt » Schweiz » Luzern
Tour Datum:12 Oktober 2011
Wandern Schwierigkeit: T6 - schwieriges Alpinwandern
Klettern Schwierigkeit: II (UIAA-Skala)
Wegpunkte:
Geo-Tags: CH-NW   CH-OW   Pilatusgebiet   CH-LU 
Zeitbedarf: 16:15
Aufstieg: 3850 m
Abstieg: 3300 m
Strecke:42.5
Zufahrt zum Ausgangspunkt:cff logo Luzern
Zufahrt zum Ankunftspunkt:cff logo Eigenthal, Talboden

Zwei Ideen geistern schon länger durch meinen Kopf: Die Besteigung des Pilatus von Luzern aus und der Besuch aller Pilatus-Gipfel an einem Tag. Eine Vollmondnacht scheint mir der ideale Zeitpunkt für eine Kombination der beiden Projekte zu sein. Da alle Routen hier auf hikr.org schon bestens dokumentiert sind, verzichte ich auf eine detaillierte Beschreibung der gewählten Pfade und konzentriere mich in meinem Bericht auf die erlebten Eindrücke.
 
Punkt drei Uhr in der Nacht starte ich von zu Hause aus. Etwas weniger als eine halbe Stunde später marschiere ich am Bahnhof in Luzern (435m) vorbei. Die letzten Gäste verlassen gerade die gegenüberliegende Bar, ansonsten herrscht tote Hose. Es verkehren kaum Autos, so dass ich immer auf der Ideallinie quer über die Kreuzungen laufen kann. Den langen Marsch über den Asphalt der Luzerner Strassen will ich meinen Bergschuhen nicht antuen: Meine ausgedienten Laufschuhe kommen nochmals zu Ehren.
 
Am neuen FCL-Stadion vorbei erreiche ich Horw (445m) und durchquere dieses auf den Quartierstrassen. Am See entlang geht es weiter nach Hergiswil (497m), wo endlich der Aufstieg beginnt. Der Vollmond hat sich gänzlich hinter dem Nebel verkrochen, dennoch ist es nun auch ohne Strassenbeleuchtung hell genug. Ich folge der Asphaltstrasse parallel zum Steinibach, auf knapp 700m zweige ich nach links zum Gehöft Schwändi ab. Hier montiere ich gerade rechtzeitig die Bergschuhe, der Wanderweg führt mich nun quer über die nassen Wiesen zur Hinter Rengg (790m). Um halb sechs Uhr stehe ich auf dem Renggpass (886m).
 
Der folgende Abschnitt stellt meine Psyche arg auf die Probe: Im dichten Nebel sehe ich mit der Stirnlampe keine fünf Meter weit, der von Herbstlaub bedeckte Boden erleichtert die Wegsuche auch nicht gerade und das Tropfen des Nebels von den Bäumen sorgt für eine gespenstische Stimmung. Auch wenn ich diesen Weg schon mehrmals begangen habe, stehe ich oft orientierungslos zwischen den Bäumen. Ich versuche mich an den Grat zu halten und bin immer wieder froh, eine Rot-Weisse-Markierung zu entdecken. Den Abzweiger zum Chrummhorn (1254m) erwische ich zum Glück ohne Probleme. Etwas mehr als drei Stunden nach dem Start stehe ich neben dem Gipfelkreuz des ersten Pilatus-Gipfels des heutigen Tages. Leider immer noch im dichtesten Nebel. Der Anblick einer Vollmondnacht über dem Nebelmeer bleibt mir verwehrt.
 
Erst bei der Tellenfadlücke (1382m) tauche ich aus dem Nebel aus. Ein traumhafter aber leider etwas eingeschränkter Blick über das Nebelmeer und eine feurige Morgenröte über der Rigi lassen meine Schritte schneller werden. Ich möchte möglichst schnell aus dem Wald und diese Stimmung mit dem vollen Panorama geniessen. Auf dem Felsklotz mit dem kleinen Eisenkreuz vor der Windegg setzte ich mich hin und lasse die Atmosphäre und den Augenblick wirken. Im kalten Wind warte ich auf den Sonnenaufgang. Doch leider versteckt sich dieser hinter einer Wolke.
 
Die Gipfelsammeltour führt mich weiter über den Ostgrat, dabei wird die Windegg (1673m) überschritten. Auf dem Ängifeld und auch links vom Grat äsen gegen dreissig Steinböcke und Steingeissen mitsamt Jungtieren. Für das Steiglihorn (1968m) ist ein kurzer Abstecher nötig, ebenso für die Rosegg (1972m). Hier statte ich zum ersten Mal auch der unter dem höchsten Punkt dieses Gipfels liegenden Aussichtskanzel einen kurzen Besuch ab. Dieser schöne Aussichtspunkt mit der metallenen Windflagge ist mir vorher gar noch nie aufgefallen.
 
Auf die Esel-Ostflanke muss ich heute leider verzichten. Stattdessen quere ich auf dem Pfad zu den Gleisen der Zahnradbahn. Ich überquere diese über den Steg unterhalb der beiden Gebäude und kraxle (T5 I-II) auf direkter Linie hinüber zu den Chilchsteinen. Von hier erreiche ich kurze Zeit später auf dem Bergweg und einigen Abkürzungen den Gipfel des Matthorn (2041m).
 
Der Abstieg erfolgt auf dem gleichen Weg. Für den folgenden Aufstieg zum Esel (2118.7m) wähle ich die hier schon genügend beschriebene Route über die Südflanke. Nach einigen Fotos überlasse ich den Gipfel wieder den Touristen und genehmige mir einen Kaffee im Restaurant Bellevue.
 
Nach der Stärkung statte ich dem Oberhaupt (2106m) einen Kurzbesuch ab, wo mich die Webcam beim Kraxeln auf den höchsten Punkt erwischt. Über das Chriesiloch geht es hinunter zur Klimsenkapelle. Leider kann ich den Schwung des rasanten Abstiegs für den folgenden Gegenaufstieg aufs Klimsenhorn (1907.2m) nicht ganz mitnehmen.
 
Vom Klimsensattel steige ich zunächst ab, um dann den Pfadspuren quer übers Geröll zu folgen. Unterwegs blockieren drei mächtige Steinböcke den Weg und geben diesen nur zögerlich frei. Dennoch erreiche ich kurz darauf mit dem Chastelendossen (1883m) den neunten Pilatus-Gipfel meiner Sammeltour.
 
Gerade vom Chastelendossen aufgebrochen, scheuche ich etwa fünf Schneehühner auf. Kaum in der Luft, schiesst wie ein Pfeil ein anderer Vogel heran und versucht eines der Hühner zu schnappen. Das Ganze geht so schnell, dass ich nicht mal genau sehen kann, was dies für ein Raubvogel gewesen sein könnte. In der Luft kann ich nur Kolkraben sehen. Nicht nur mich hat diese Aktion gewaltig beeindruckt, auch die Schneehühner sind nun ziemlich geschockt. Sie verharren regungslos in den Steinen und vertrauen ihrem tarnenden Federkleid. Meine Anwesenheit scheint nun die kleinere Gefahr als diejenige aus der Luft zu sein. Aus nächste Nähe kann ich die Hühner problemlos fotografieren. Um nicht noch für mehr Unruhe zu sorgen, schleiche ich mich behutsam davon.
 
Für den nächsten Gipfel wähle ich die ziemlich direkte Aufstiegsvariante. Zuerst dem Pfad zum alten Tomlishornweg hoch, bei dessen Einstieg aber weiter leicht links haltend hinauf. So stehe ich bald vor der Schwachstelle in der mächtigen Felsbarriere, durch die eine hübsche T6-Route mit II-Kletterstellen hochführt (siehe hier). Bohrhaken weisen den Weg. So erreiche ich die Wanderautobahn auf dem Grat und auf dieser mit dem Tomlishorn (2128m) den höchsten Gipfel meiner heutigen Tour.
 
Als nächster Gipfel wartet die Musflue (1757m) auf mich. Die eleganteste Route auf dieses Ziel ist der Abstieg über den Tomlishorn-Südgrat. In dieser Richtung ist die Routenfindung nicht ganz einfach, besonders bei einer Erstbegehung. Auch hier geben die Bohrhaken hin und wieder Gewissheit, noch auf der richtigen Spur zu sein. Von der Alp Tumli (1681m) ist die Schwachstelle auf der Nordseite der Musflue bald erreicht. Zwar erleichtern Stahlseile den Aufstieg durch die Flanke, doch habe ich mir diesen etwas einfacher vorgestellt. Aber vielleicht machen sich einfach schon die Höhenmeter bemerkbar?
 
Auf diesem am weitesten vom Pilatusgrat entfernten Gipfel gönne ich mir eine etwas verspätete Mittagsrast. Dabei kann ich gut den folgenden Aufstieg durch die Südflanke aufs Widderfeld (2076m) studieren. Diese Route ist dank den Markierungen und Wegspuren ziemlich einfach zu finden, doch die rund 400 Höhenmeter schenken nochmals ordentlich ein. So bin ich froh kurz nach zwei Uhr endlich wieder den Grat zu erreichen und auf dem höchsten Punkt des Widderfeld (2076m) zu stehen.
 
Im Abstieg über den Feldnätschen steigt die Vorfreude auf die Wiederbegehung des von mir „entdeckten“ T6-Aufstieges auf den Rot Dossen. Doch vorher muss ich am darunterliegenden Dossen-Brünneli noch rasch die Wasserreserven füllen. So schnell geht das allerdings nicht, aber wenigstens ist auf diese Quelle verlass: Ein dünner Strahl fliesst, bzw. tröpfelt immer. Der von mir hier auf Hikr.org veröffentlichte direkte Aufstieg auf den Rot Dossen (1777m) scheint in der Zwischenzeit einige Male begangen worden zu sein. Davon zeugen die Trittspuren und herausgerissenen Steine (Vorsicht: unten durch führt ein Bergwanderweg!). Auch bei der zweiten Begehung bin ich der Meinung, dass einige Passagen durchaus eines T6 würdig sind.
 
Ich bleibe nun strikt auf dem Grat und erreiche so ohne grossen Höhenverlust die Moorlandschaft Nätsch. Es folgen die letzten 100 Höhenmeter auf das Mittaggüpfi (1971m). Für den Besuch der restlichen Gipfel folge ich einfach dem Bergwanderweg, hier gibt es leider keine alternativen Routen mehr, die den Rest der Unternehmung hätten aufpeppen können. Die Stäfeliflue (1922m) und der Blaue Tosse (1802m) werden überschritten. Ich folge weiter den Wegspuren bis zum westlichsten Punkt der Pilatuskette, dem Risetestock (1759m). Somit sind alle Pilatusgipfel an einem Tag besucht und dies zudem noch von Luzern aus.
 
Für den Abstieg folge ich zunächst dem markierten Bergweg Richtung Alp Risete, verlasse diesen aber bei der ersten Kurve direkt unterhalb der mächtigen Felswand des Blaue Tosse. Von hier gelange ich über einen spannenden Pfad etwa auf der 1800er Höhenlinie hinüber zum rot-weiss markierten Zick-Zack-Weg, der von der Stäfeliflue direkt hinunter zur Risentenegg führt. Von diesem verabschiede ich mich nach einigen Kehren wieder bei Pt 1534 und folge dem Wanderweg leicht absteigend durch die Stäfeliwäng. Etwas oberhalb des Pt 1321 lande ich so auf der Forststrasse, auf der ich hoch zum Trochemattsattel (1461m) laufe.
 
Von hier wollte ich eigentlich noch dem Hüenerhubel, Ochs, Studberg und Regenflüeli einen Besuch abstatten und auf dem letztgenannten Gipfel den Sonnenuntergang geniessen. Doch aufgrund der fortgeschrittenen Zeit und des aufsteigenden Nebels, in welchem sich ein Abendrot einfach nicht geniessen lässt, verzichte ich auf diese Zusatzschlaufe. Ich beginne direkt mit dem Abstieg durch das lange Eigental. Um 19:15 treffe ich beim Parkplatz Gantersei (1006m) ein, wo das Taxi Lagopus netterweise bereits wartet.


Fazit: Zwei weitere Projekte konnte ich erfolgreich durchführen und dabei kam der Genuss nie zu kurz. Auch wenn es mit der Vollmondwanderung und dem Sonnenaufgang wegen dem Nebel nicht ganz geklappt hat, durfte ich viele schöne Momente im Pilatusmassiv erleben. Den Versuch, bei der Überschreitung aller Gipfel möglichst wenige Wegabschnitte doppelt zu begehen und alle interessanten Routen zu kombinieren, ist mir ziemlich gut gelungen. Mit den drei Südgratrouten habe ich nun auch (fast) alle interessanten Pfade am Pilatus begangen.

Tourengänger: Tobi
Communities: Monstertouren


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Kommentare (5)


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TomClancy hat gesagt: Eine würdige Monstertour!
Gesendet am 29. Oktober 2011 um 07:40
Hoi Tobi!

Ein tolle Tour hast Du da hingelegt! Deine fantastischen Bilder werden mir noch manchen Wintertag erhellen!

Merci!

Gruss
TC

Tobi hat gesagt: RE:Eine würdige Monstertour!
Gesendet am 7. November 2011 um 10:29
Hallo TC

Schön zu lesen, dass ich dir mit meinen Fotos die Wintertage erhellen kann. Dafür lohnt es sich doch Berichte zu schreiben...

Gruss Tobi

tricky hat gesagt: cool
Gesendet am 7. November 2011 um 08:57
Gratuliere zu dieser schönen Tour.
Und für den Track ;-)

Tobi hat gesagt: RE:cool
Gesendet am 7. November 2011 um 10:31
Gern geschehen. Wobei der Track insbesondere im weglosen Gelände etwas ungenau sein könnte, da von Hand gezeichnet. Aber die grobe Richtung dürfte stimmen.

Gruss Tobi

tricky hat gesagt: RE:cool
Gesendet am 7. November 2011 um 13:19
Freue mich schon auf die Monstertouren Saison :-)
Und diese Tour wäre auch noch eine davon.


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